Markus Vahlefeld / 21.02.2018 / 16:00 / Foto: Ralf Roletschek / 31 / Seite ausdrucken

War das jetzt Nazi-Sprech? Oder Tagesthemen?

Der Politikwissenschaftler Yascha Mounk hat ein neues Buch auf dem Markt. Deswegen tourt der in Harvard Lehrende durch die Republik und gibt Interviews. Sein Thema ist „Der Zerfall der Demokratie", und das ist natürlich brandaktuell. Gestern war er im Interview mit Caren Miosga von den tagesthemen zu sehen. Tenor seiner Analyse: Die Demokratie zerfällt, weil a) in den westlichen Gesellschaften der Reichtum bei vielen abnimmt, b) durch das Internet die Gereiztheiten der Einzelnen zu einer kritischen Masse gebündelt werden und weil c) die gesellschaftlichen Verwerfungen zu groß sind.

Bei allen diesen Punkten kann man Mounk durchaus zustimmen, auch wenn es dafür wirklich keines Lehrstuhls in Harvard bedarf. Interessant ist vielmehr, wie Mounk die Verwerfungen, unter denen die westlichen Gesellschaften leiden, beschreibt. Hier ist der Wortlaut (ab Minute 26:00):

„dass wir hier ein historisch einzigartiges Experiment wagen, und zwar eine monoethnische und monokulturelle Demokratie in eine multiethnische zu verwandeln. Das kann klappen, das wird, glaube ich, auch klappen, dabei kommt es aber natürlich auch zu vielen Verwerfungen."

Das hat er schön gesagt, der Herr Mounk, der bis 2015 Mitglied der SPD war und dann mit Trara sein Parteibuch zurückgegeben hat, weil ihm die SPD-Politik bei Euro-Krise und „Flüchtlingskrise" schlicht nicht links genug war. Das Faszinierende daran ist: Wenn es die Bösen sagen, die mit dem Hinkefuß, die nach Schwefel stinken, setzt das mediale Getöse von „Verschwörungstheorie" und „Nazi-Parolen" ein.

Warum fragt Caren Miosga nicht nach?

Wenn es ein Guter sagt, interessiert es jedoch kein Schwein. Denn zu meinen, Caren Miosga wäre in diese Aussage gegrätscht und hätte investigativ nachgefragt, würde bedeuten, dem Flagschiff der öffentlich-rechtlichen Nachrichtenvermittlung journalistische Standards zu unterstellen.

Nach Mounk wagen wir also gerade ein einzigartiges Experiment, das eine monoethnische Demokratie in eine multiethnische verwandelt. Das zu benennen, ist das eine. Aber hier geht es ja nicht nur um Verwerfungen, sondern um die elementare Frage der Demokratie: Wer hat dieses Experiment beschlossen, und wo war die politische Debatte zu diesem Experiment? Sollten diese Fragen nicht beantwortet werden können, braucht man keine Analysen eines Harvard-Dozenten, sondern kann schlicht konstatieren: Der Zerfall der Demokratie ereignet sich, wenn es keine demokratische Legitimation für dieses Sozialexperiment gibt. Aber das dürfte schon total rechts sein.

Die Funktionsweise dieser Art Tatsachenbehauptungen („einzigartiges Experiment") unter Verzicht auf politische Debatte kennt man bereits aus dem, was landläufig „Flüchtlingskrise" genannt wird. Als diese „Flüchtlingskrise" langsam abzuebben begann, stellte sich als erster der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil hin und sprach:

„Lassen Sie uns nicht groß drum herumreden: Wir haben eine Million Menschen hinzubekommen, und deren Integration wird viel Geld kosten. Es ist doch eine Illusion zu glauben, dass die meisten Flüchtlinge wieder zurückkehren.“ Das war am 9. März 2016.

Ein Tenor, der sich durchgesetzt hat

Mit Flüchtlingskrise hat die Tatsache, „eine Million Menschen hinzuzubekommen", jedoch wirklich nichts zu tun. Der Tenor: „Nun sind sie halt da und die gehen nicht mehr weg“ hat sich seitdem durchgesetzt. Wer gegen diese „Tatsachenbehauptung" verstößt, wird schnell als Nazi geoutet.

So geschehen dem FDP-Spitzenkandidaten Christian Lindner, der im Bundestagswahlkampf 2017 vorsichtig darauf hinzuweisen wagte, dass nach Ende des Bürgerkriegs die Flüchtlinge wieder heimzukehren hätten. Er mache selbstredend, so wurde ihm vorgeworfen, jetzt gemeinsame Sache mit der AfD. Eleganter wurden bestehende Gesetze und überhaupt das Asylrecht nie ausgehebelt. Aber das ist eben der Preis des Experiments.

Und jetzt also Mounk: Wir führen momentan ein einzigartiges Experiment durch, das unsere monoethnische Demokratie in eine multiethnische Demokratie verwandelt. Zum  Glück hat er nicht „Umvolkung" gesagt, sonst wäre der Skandal aber da! Das Ganze aber so hübsch wissenschaftlich verbrämt und mit dem Siegel eines SPD-Aussteigers und Harvard-Dozenten, da kann man sich dann weiter klug fragen, woher nur der ganze Zerfall der Demokratie wohl kommt?

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Fellechner,Klaus / 21.02.2018

Eine wichtige Frage,was wird da in Harvard gelehrt? Wir müssen uns über die Zustände in den Universitäten nicht mehr wundern,wenn derartige,für mich wahnsinnigen,Thesen unter die Studenten gebracht werden.Ergebnis: Antifa und die Zerstörung unserer Gesellschaftsform,das alles unter den Augen und mit Billigung,ja Förderung der Regierung! Es ist das erste Mal,dass ein ganzer Kontinent seine Eroberer freiwillig und kampflos ins Land holt.Man kann nur hoffen,dass die Visagrad Staaten hart bleiben und noch mehr Anhänger bekommen,sonst ist Europa verloren.

Martin Lederer / 21.02.2018

” zwar eine monoethnische und monokulturelle Demokratie in eine multiethnische zu verwandeln”: Das habe ich sogar durch Zufall auch gehört. Und war sehr überrascht, dass es in den Mainstream-Medien einmal jemand klar ausspricht. Normalerweise werden ja immer nur Teile rausgepickt, ohne das Gesamtbild überhaupt nur anzusprechen. Es wird von “humanitären Gründen Flüchtlinge aufzunehmen” geredet. Was aber bedeutet: Die kehren wieder zurück. Was natürlich allem widerspricht, was derzeit gemacht wird. Dann wird “argumentiert”: “Jetzt sind sie mal da und wir müssen sie integrieren.” Und das “wird die zentrale Aufgabe für dieses Land für die nächsten Jahrzehnte”. Gleichzeitig reißt aber der “Nachschub” für die Integration nicht ab. Also eine Endlosaufgabe? Genau wie bei der “Eurorettung” wird niemals das Gesamtbild besprochen, weil sie zu Recht vermuten, dass die Mehrheit das ablehnt. Deshalb wird immer nur ein Teilaspekt herausgestrichen und emotinal hochgepuscht. P.S.: Und wenn z.B. die Identitären von der “Umvolkung” sprechen (also genau das sagt, was der Herr hier auch bestätigt hat), ist es natürlich “Nazisprech”. P.P.S: Ich glaube, würde es ein einziges Massenmedium (am besten Glotze) geben, welche vom medialen Einheitsbrei abweicht, hätten sie nicht den Hauch einer Chance, das alles an der breiten Masse vorbei durchzusetzen.

Sebastian Gumbach / 21.02.2018

Man kann das wissen, wenn man will. Nicolas Sarkozy hat das einmal ziemlich offen gesagt, Frans Timmermans ebenfalls. Und niemand denke bitte, dass die ‘Vorschläge’ der UN aus dem Jahre 2001 zu ‘migration replacement’ nicht ernstzunehmend sind. Nein, es wurde auf offener Bühne verkündet, und wer es hören wollte, der hat es gehört. Dass Journalisten allerdings gemeinsame Sache mit verbrecherischen Politikern machen, das ist sehr wohl ziemlich perfide. Sie werden damit ebenfalls zu Verbrechern.

Chris Lock / 21.02.2018

Monoethnisch - das kann ich gerade noch so akzeptieren, auch wenn das m. E. so nicht ganz stimmt, viele Deutsche haben zugewanderte Vorfahren und wir sollten auch die dänische und sorbische Minderheiten nicht vergessen. Was wir aber ganz gewiss nicht sind, ist monokulturell, im Gegenteil, Deutschland ist reich an allen Arten und Formen der Kultur, man bedenke alleine die Bandbreite der Musik oder der Künste. Auch im Hinblick auf sprachliche Varianz, Literatur und kulturelle Gepflogenheiten ist Deutschland keinesfalls monokulturell. Dahingegen ist mir nicht bekannt, dass die aus dem arabischen Raum zugewanderten Migranten eine reiche Kultur mitbringen würden. Wieviele Maler, Musiker und Tänzer sind z. B. mit den Russlanddeutschen gekommen im Vergleich zu den arabischen Migranten !?  Oder was haben die Hugenotten den Preussen an Handwerkskunst mitgebracht im Vergleich zu den jetzigen Migranten !? Nur weil etwas fremd ist, ist es noch lange nicht reich an Kultur, im Gegenteil, es werden bereits Bilder und Statuen verhängt, weil der Islam keine Nacktheit duldet. Keine Frage, die Migration könnte kulturelle Bereicherung bringen. Das würde aber erst einmal die Akzeptanz der bestehenden Kultur in Deutschland voraussetzen, un die sehe ich im Großen und Ganzen bisher nicht, im Gegenteil, der nicht eingedämmte Islamismus könnte hierzulande vieles kaputt machen. Darauf verzichte ich gerne.

Andreas Rochow / 21.02.2018

Mindestens eine parlamentarische Untersuchungskommission sollte sich diesen Fragen widmen. Notfalls könnten wegen der Dringlichkeit andere UKs ihre Tätigkeit einstweilen einstellen. Frau Miosga ist ganz offenkundig wie ihr Interviewpartner Yascha Mounk intellektuell nicht in der Lage, das wahre Gewicht dieser Frage angemessen zu behandeln. Wie verwirrt und verzweifelt muss die Tagesthemen-Redaktion nur sein, wenn Sie ihrer Nachtredakteurin und dem Zwangsgebührenzahler einen solchen Pseudoexperten serviert.

P.Gross / 21.02.2018

“...Harvard-Dozenten” - da kann doch auch eine Frau Miosga nicht noch einmal nachfragen. Herr Vahlefeld: HARVARD!! Da bebt das Mädel vor Respekt und Hochachtung. JaJa, der nach Schwefel stinkende Ziegenfuss ist da schon einfacher fertig zu machen - mit der geballten Power der ÖR im Nacken und den auxilarien aus linken Schlägertruppen und den tumb-folgsamen Neo-Blockwarten aus Kirche und Verein sowieso. Nachgefragt wird hierzulande nicht mehr - “Frau Merkel darf das!” Die Physikerin (...LOL) und ihr Experiment. Herr Vahlefeld, seit dieser Berliner-Frauendemolektion vom Wochenende weiss ich was Demokratie im Verständnis der Versuchsleiterin ist. Und ja, ich werde das Gefühl nicht los, die wirklichen “Nazis” drängeln sich um die besten Plätze am Versuchstisch - in diesem Laboratorium tremens namens Deutschland. Da könnte man beinahe guten Gewissens das Unwort mit dem U… benutzen.

Peter Seidler / 21.02.2018

auf absehbare Zeit wird es keine Politiker ausserhalb der AfD geben, die nicht aus Angst vor Repressionen offen die Rechtsbrüche anzusprechen und verurteilen, die dieses Land seit 2015 in einen Ausnahmezustand versetzt haben und auf Jahrzehnte zeichnen werden. Das ist insbesondere an der Einmann-Partei der FDP festzumachen, dessen Vorsitzenden man die Angst im Gesicht förmlich ansieht, wenn er vorsichtig die Flüchtlingspolitik überhaupt wagt anzusprechen. Mit einem Mark Rutte von den holländischen (Rechts-)Liberalen hat Christian Lindner da nichts gemein und das wird sich auch sicher nicht ändern. Man erinnere sich nur an den Aufschrei in FDP, dass sie rechts neben der CDU im Bundestag Platz nehmen solle. Nein, die FDP ist eine liberale Partei links der Mitte und wird Deutschland in dieser drängensten Frage nicht voranbringen.

Ralf Pöhling / 21.02.2018

Ein Geständnis erster Klasse und das vor laufenden Kameras. Laut Wikipedia ist Mounk letztlich aus der SPD ausgetreten, weil: “Den letzten Ausschlag für seinen Austritt habe die Griechenlandpolitik der SPD gegeben, die er schlichtweg einen „Verrat am sozialdemokratischen Traum eines vereinten Europas“ nannte.” Erinnert man sich nun noch an Martin Schulz’ Vision eines geeinten Europas ohne Nationalstaaten bis 2025, sollte nun endlich klar sein, dass es sich bei der forcierten Massenumvolkung Europas nicht um die “jüdische Weltverschwörung”, sondern um eine Agenda der Sozis handelt. Bei genauer Betrachtung, versuchen sich die europäischen Sozis an dem selben Experiment in und rund um Israel. Dort allerdings mit weit weniger Erfolg. Daraus sollte man lernen.

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