Julian Marius Plutz, Gastautor / 11.05.2021 / 13:00 / Foto: Pixabay / 10 / Seite ausdrucken

Wann kommt die Locktose-Intoleranz?

Anscheinend lassen sich die Menschen alles gefallen. Während in Frankreich die Straßen aufgrund einer Erhöhung des Benzinpreises um ein paar Cent voll sind von Protest, regt sich beim Deutschen nichts, wenn die Regierung 30 Prozent auf den Sprit aufschlägt. Was ist los mit ihnen? Der Druck steigt, die Wut muss raus. Also gehe ich zum iPad und tue das, was eine Kollegin mal als meine Inselbegabung bezeichnete: Ich schreibe.

Eine kleine Geschichte: Im Infektionsschutzgesetz steht geschrieben, dass bei einer Inzidenz von unter 100 auf drei darauffolgenden Tagen die Kitas wieder öffnen dürfen. Doch im Gesetz liest man eben auch, dass Landkreise diese Regelung verschärfen, aber – oh Wunder – jedoch nicht lockern können. Genau diese Verschärfung veranlassen einige Landkreise bereits.

Eine Kollegin hat ein vierjähriges Kind. Da die Kindertagesstätte geschlossen hat, ist sie seit Wochen, wie auch letztes Jahr, im Homeoffice. Nun lag die Inzidenz in diesem Landkreis die letzten drei Tage unter 100. Eigentlich würde sie am Montag wieder im Büro sein. Aber nichts da. Der Kreis entschied per Verordnung, dass die Inzidenz fünf Tage unter 100 liegen muss, damit die Kitas wieder Kinder betreuen dürfen. Und da die Faxgeräte in Gesundheitsämtern am Wochenende geschont werden, zählen Samstage und Sonntage nicht mit. Sie bleibt also zu Hause. Stay at home. Wow.

Ich kann mir kaum ausmalen, wie kompliziert die Betreuung eines Kleinkindes über Wochen aussehen muss, wenn man nebenbei arbeiten muss. Die Kollegin hält sich wirklich wacker. Und bevor jemand einwendet, man müsse ja zu Hause bleiben und von dort aus arbeiten, dem sei gesagt: nein. Ganz davon abgesehen, dass sie vor Ort gebraucht wird und ganz davon abgesehen, dass es für ein Team ungesund ist, wenn es so aufgeteilt wird: Arbeit ist auch ein sozialer Faktor. Wir alle haben uns auf sie gefreut, sie hatte sich auf uns gefreut. Endlich mal wieder unter Leute kommen, das wollte sie. Eine erneuter Hausarrest war das, was sie bekam. Und wie das für ein vierjähriges Kind sein muss, auf Dauer von der gestressten Mutter im Homeoffice erzogen zu werden, kann man sich vorstellen. Über dieses Thema schrieb ich an anderer Stelle bereits hier

Das Schweigegeld – Kurzarbeit und Soforthilfen

Aber kaum jemand, außer uns direkt Betroffenen, regt sich auf. Es geht den Leuten noch zu gut. Vor einigen Wochen schrieb mir ein Leser, dass er sich frage, wo die Berufsverbände geblieben sind. Wo ist die IHK, bei der wir Mitglied sein müssen? Kaum ein Aufschrei, keine Lobby, nichts. Ich frag‘ mich immer, was von der ewig beschworenen Wirtschaftslobby übrig geblieben ist. Gar nichts. In den Gremien sitzen Politiker, die nichts anderes tun, als den Regierungskurs mitzutragen. Anscheinend ist der Schmerz noch nicht groß genug. Offensichtlich ist das Schweigegeld – Kurzarbeit und Soforthilfen – als Mittel noch ausreichend, die Leute ruhigzustellen. Doch bei jedem Medikament entwickelt man irgendwann eine Toleranz. Toleranz bedeutet in diesem Fall, dass dieselbe Dosis eines Arzneimittels bei einer wiederholten Verabreichung einen schwächeren pharmakologischen Effekt hervorruft. Ich hoffe deshalb, dass die Menschen irgendwann eine Intoleranz entwickeln: Gegenüber den Lockdown-Maßnahmen. Gewissermaßen eine Locktose-Intolleranz.

Ich sehe zwar Licht am Ende des Tunnels, aber noch geht es den Menschen zu gut. Oder zu wenigen geht es schlecht. Lichtblicke gibt es. Ob es die Schauspieler waren, die mit #allesdichtmachen ein dickes Zeichen gesetzt haben, oder Bürger, die bei „Ich mach da nicht mehr mit“ ihre Stimme erhoben. Oder die vielen Twitter Spaces, eine neue Funktion, in der man Räume schaffen kann, um sich im Live-Gespräch auszutauschen. Es tut sich etwas, doch noch zu wenig. Der Druck ist bei vielen noch nicht hoch genug. Der Schmerz ist mit Mitteln betäubt, die uns bald schon auf die Füße fallen werden. Doch noch wirkt das Narkotikum. 

Der Druck, er steigt zwar, ja. Aber die Panik wird noch erfolgreich von geneigten Medien, wobei viele umdenken, geschürt. Gazetten sind seuchengeil. Jedoch verspüre ich, sogar in Altmedien, ein Umdenken. Doch es sind noch viel zu wenig. Wie immer geht es nicht um links oder rechts, sondern um Freiheit oder Knechtschaft. Ich möchte gerne frei sein. Wenn das in diesem Deutschland zu viel verlangt ist, dann ist das, um Angela Merkel zu zitieren, tatsächlich „nicht mehr mein Land.“

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Julian Marius Plutz' Blog Neomarius.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Hans-Peter Dollhopf / 11.05.2021

Herr Plutz, Sie schreiben: “Es geht den Leuten noch zu gut.” In diesem Satz liegt ein faustdicker Widerspruch und Sie als PDLer sollten es eigentlich wissen. Wenn einer ihrer Kunden nicht so funktioniert, wie er soll, was machen Sie? Genau, Sie setzen ihn unter Druck, bis er spurt. Wie das? Nun, Sie rechnen mit seinem Opportunismus. Jeder Mensch strebt nach Wohlbefinden. Selbst der Masochist macht nichts anderes als Lust aus Unbehagen saugen. Jeder kümmert sich egoistisch um die Befriedigung seiner Bedürfnisse, indem er dabei vorläufige Zwischenziele, Unwohlsein, “Mühsal und Plage”, in Kauf nimmt. Das nennt man strategisches Vorgehen. Es zeugt von Intelligenz. Abgerechnet wird immer zum Schluss! Maslow hat zu befriedigende Bedürfnisse hierarchisch geordnet. Aber es gibt als auch generellere Ansätze als seine Pyramide: Die Ziele aller Menschen sind soziale Anerkennung und körperliches Wohlbefinden! Rob Henderson hat dieses Postulat in “Wer ist leichtgläubiger: Feine Leute oder gemeines Volk?” neulich auch hier auf Achgut vorgestellt. Wenn “der Druck steigt”, passen die Menschen sich an. Nehmen Sie das Bild von einem Regelkreis: Die Störgröße wird über das Stellglied weggeregelt. Das geht lange gut. Die Menschen fügen sich.

Dipl.-Ing. Erwin Obermaier / 11.05.2021

Licht am Ende des Tunnels? Ich befürchte, der Tunnel kommt erst noch, wir sind noch garnicht drin.

g.schilling / 11.05.2021

Das ist Regieren ala Merkel. Alles mit Geld zu schütten. Funktioniert weltweit schon seit Jahren. Nach der Wahl (so sie denn stattfindet) schlägt die Stunde der Wahrheit. Insolvenzen und Arbeitslose en masse. Die Milliardenschulden wollen auch zurück gezahlt werden. Dazu gibt es Steuerausfälle in enormer Höhe. Das bedeutet Abgabensteigerungen für den Michel. Aber der gibt ja gern.

Klaus Biskaborn / 11.05.2021

Sehr guter Artikel, auf den Punkt gebracht. Den meisten Deutschen geht es noch zu gut! Die wollen deshalb gar nicht bemerken was in und mit diesem Land passiert. Die glauben fest daran, ihr Wohlstand sei natürlich nicht in Gefahr. Erst Recht nicht wenn die Grünen regieren. Die verteilen Wohltaten und retten das Klima, na ja, naiver geht es wohl kaum noch. Wie wird sich diese Klientel erschrecken, wenn die Wohlstandsblase platzt. Ich freue mich drauf.

S.Wietzke / 11.05.2021

Irgendwann werden die Jungs an der Druckerpresse merken das es gar keines Schweigegeldes bedarf. Mir hat da die Griechenlandkrise vor Jahren die Augen geöffnet. Dort hat man ein gutes Drittel der Bevölkerung ins Elend getreten, in dem sie bis heute stecken. Und was war die Reaktion? Null, nada, nothing. Es wird der Masse so lange zu gut gehen, bis es ihnen so schlecht geht, das für Widerstand keine Kraft mehr da ist. Wer hofft, das mit der Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen der Widerstandsgeist wächst, der dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit vergeblich hoffen.

Stanley Milgram / 11.05.2021

So langsam nimmt die Inflation Fahrt auf. Das wird irgendwann auch die Schmierfinken in den MSM treffen. Natürlich ist es dann schon zu spät…

Karl Vogel / 11.05.2021

Wenn wir unsere Freiheit zurückerobern wollen, müssen wir selbst etwas tun. Ganz einfache elementare Dinge, die Menschen tun seit es Menschen gibt. Spazierengehen im Park, ganz ohne Maske. Nachts ganz selbstverständlich draussen sein und die Freunde und Helfer, die Mensch da so trifft, an- und auslachen. Solange wir das nicht tun, signalisieren wir, dass uns unsere Freiheit wichtig ist, dass wir uns als Sklaven verstehen mit denen beliebig umgesprungen werden kann. Zumindest sollten wir, nachdem nun 14 Monate mit uns umgesprungen wurde, einen Punkt definieren und formulieren an dem wir nicht mehr mitmachen.

Gudrun Meyer / 11.05.2021

Solange Regime, Regimefunk und -presse, eine regimenahe Wirtschaftselite und nicht zuletzt die GO-Szenerie zusammenhalten, ist sehr wenig zu machen. Wer sich erfolgreich wehren könnte und müsste, sind die Polizeibeamten und Soldaten. Aber solange sie regimeloyalen Vorgesetzten untergeben sind, ist Widerstand auch da mehr als schwierig. Mit der Abschaffung der Grundrechte - denn jederzeit rückziehbare Gnadenerweise sind keine Grundrechte mehr - ist zwar der Punkt erreicht, an dem das Grundgesetz ein Widerstandsrecht für alle Deutschen vorhersieht. Aber ein Widerstandsrecht, zu dem das Regime “nein und bätschi!” sagt, ist eines, das nur noch eine Verschwörung weniger Sicherheitsoffiziere ausüben könnte. Sie tun es nicht. Und die Bevölkerung ist zu einem gefährlich großen Teil erfolgreich gehirngewaschen. Am 09.05. habe ich mit einer netten, toleranten und in unpolitischen Fragen klugen, aber eben gehirngewaschenen Freundin gesprochen. Sie war der Meinung, wir hätten doch alle Grundrechte, nur seien Politiker und Behörden halt von der Seuche gezwungen worden, einige relativ unbedeutende Grundrechte vorübergehend einzuschränken. Ein zukünftiger Klima-Ausnahmezustand sei überhaupt eine Verschwörungstheorie. Was der “Tagesspiegel” an Dreck über die 53 ausgegossen hat (mit dem Thema fing das Gespräch an), ging ihr zwar auch zu weit, aber sie glaubte wirklich, man müsse die Haftregeln aufrechterhalten, ohne den Dauerschleifenlockdown wäre die Lage in D apokalyptisch, und dass die Inzidenzen rückläufig seien, liege nicht etwa daran, dass der Sommer naht, sondern an der weitgehenden Einhaltung der Regeln. Wohlbemerkt, meine Bekannte ist keine Denunziantin. Mitten im Winter behielt sie etwas für sich, das schon der mäßigste Denunziant sofort einer sehr interessierten Obrigkeit gemeldet hätte,  Aber sie glaubt halt amtlichen Verlautbarungen. Mit einem so naiven Volk geht Aufstand nicht.

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