Wahlen: Rechnen wider die Medien-Mythen

Was sagen uns die Wahlergebnisse in den beiden Südwest-Ländern? Trotz medialer Dauerpropaganda gab es keinen linken Durchmarsch. In beiden Ländern könnten schwarze Ministerpräsidenten regieren, in Stuttgart sogar ganz real und nicht nur theoretisch-zahlenmäßig, nämlich so: In Baden-Württemberg kämen CDU, SPD und FDP zusammen – quasi als „Deutschland-Koalition“ – auf 24,1 plus 11 plus 10,5, also 45,6 Prozent der Stimmen, gegenüber 32,6 Grünen und 9,7 AfD, was zusammen nur 42,3 Prozent wären.(12 Prozent der Wählerstimmen in Baden-Württemberg sind quasi an der Fünfprozent-Hürde gescheitert. Von den verbleibenden 88 Prozentpunkten, die es darüber geschafft haben, braucht man für eine Mehrheit im Landtag also nur knapp über 44!)

Natürlich, die CDU ist der große Wahlverlierer von gestern. Gerade deshalb sollten SPD und FDP mit ihr koalieren, denn die Union wäre dann nicht annähernd so dominant in einer Koalition wie es Herr Kretschmann definitiv ist, als Über-Landesvater. Die SPD kann höchstens hoffen, zusammen mit der FDP die CDU als Koalitionspartner der Grünen zu ersetzen, aber warum sollte die FDP sich darauf einlassen, Feigenblatt einer grünroten Linksregierung zu werden, ausgerechnet in ihrem starken Stammland? 

Natürlich, Herr Theurer mag anders denken, aber klug wäre das nicht. Man kann nicht in Berlin richtigerweise Jamaika verweigern, weil man genau weiß, wie man von einer vergrünten Kanzlerin vorgeführt würde, sich dann aber in Stuttgart Herrn Kretschmann und Rotgrün an den Hals werfen. Dass eine Ampelkoalition der FDP eher nicht so gut bekommt, hat sich ja in Mainz gestern klar bewiesen, wo die Liberalen trotz Regierungsbeteiligung noch gerade so über der Hürde geblieben sind. Wer glaubt, die Zukunft der FDP läge in trauter Gemeinsamkeit mit dem linken Lager, muss ein wirklicher Ignorant sein, mit Verlaub, oder etwas noch Dümmeres.

In einer schwarzrotgelben Deutschland-Koalition wäre die SPD andererseits die einzige „linke“ Partei und könnte darin für Akzente sorgen, während sie unter Kretschmann nur ein mehrheitssichernder Wurmfortsatz wäre. Aber natürlich ist das genau die Rolle, die das SPD-Führungs-Duo infernale anstrebt, in masochistischer Selbstzerstörung. Also wird es in Stuttgart eine Fortsetzung der schwarzgrünen Koalition geben, denn Kretschmann wäre schön dumm, seine Koalition komplizierter zu machen mit drei Parteien und auf die gedemütigte Union als bequemen Partner zu verzichten, zumal das genau den Wunschtraum seiner Partei für den Bund darstellt.

Kein Linkstrend, trotz Kretschmann

Übrigens: Es würde in Stuttgart rechnerisch sogar für eine bürgerlich-rechte Koalition reichen, mit 44,3 Prozent für CDU-FDP-AfD gegenüber 43,6 für Grünrot, wenn auch nur knapp. Natürlich, das macht niemand, und das wäre im Vorfeld der Bundeswahlen auch saudumm von Union und FDP, sich gegenüber der AfD jetzt auch nur hypothetisch zu öffnen. Tatsache ist gleichwohl, dass es selbst mit Kretschmann und einem fast beispiellosen taktischen Tief für die Merkel-CDU – und wegen Corona ohne echten Wahlkampf, was die Rolle der linksgrünen Medien noch einmal stärkt – in Stuttgart nicht für eine linke Mehrheit reicht, wobei die über 30 Prozent der Grünen ohnehin nur denkbar sind, weil da unten im Südwesten dank Kretschmann so viele Wähler die Grünen für eine bürgerliche Partei halten, was sie natürlich nach wie vor nicht sind – inhaltlich betrachtet, auch wenn der Landesvater mit seinem privaten Daimler kokettiert.

Auch die Verschiebungen seit 2016 zeigen keinen signifikanten Linkstrend: Die CDU verliert 2,9 – aber 2,2 davon landen schon bei der FDP. Die AfD verliert 5,4 – aber 4,8 landen bei den „sonstigen“, vor allem bei den Freien Wählern, also quasi einer anderen, im weitesten Sinne konservativen Protestwähler-Plattform. Und die SPD verliert gleichzeitig noch einmal 1,7 – von ohnehin schon lächerlich geringem Niveau; während die SED-Linke mit lächerlichen plus 0,7 auf nun 3,6 kommt. Diese Verschiebungen insgesamt bedeuten quasi eine Stagnation zwischen dem linken und dem rechten Lager, trotz strahlendem Wahlsieger Kretschmann.

Auch in Mainz könnte die CDU eine Landesregierung führen: Rotgrün kommt auf 35,7 plus 9,3, also 45 Prozent, aber das reicht nicht für eine Landtagsmehrheit, denn nach Abzug der „sonstigen“ 8,1 Prozent (einschließlich der SED-Linken) bleiben noch fast 47 Prozent für die restlichen Parteien übrig, unter Einschluss der AFD. Aber auch hier gilt natürlich: das ist nur theoretisch.

Grün geht klar auf Kosten von Rot: Mainz beweist es

Immerhin, die Grünen haben in Rheinland-Pfalz deutlich zugelegt – aber von lächerlich niedrigem Niveau. Wenn sie jetzt auf 9,3 Prozent kommen, dann ist das in einem ziemlich normalen westlichen Bundesland immer noch ausgesprochen überschaubar und kein Grund für irgendeinen Überschwang, zumal die Grünen in Mainz als Regierungspartei Punkte sammeln konnten. Eigentlich sind die 9,3 Prozent sogar eine regelrechte Katastrophe, wenn die bundesweiten Umfragewerte laut „Sonntagsfrage“ ein Potenzial von etwa 17 bis 20 Prozent anzeigen. 

Wie kann es überhaupt sein, dass die Grünen in Mainz gleichwohl noch einstellig geblieben sind? Die naheliegende Erklärung ist die, dass es in Rheinland-Pfalz dank Frau Dreyer eben immer noch eine stabile SPD gibt. Die „Größe“ der Grünen im Bund verdankt sich weitestgehend dem Wechsel der diffus halb-linken Wähler von der SPD. Grünrot oder Rotgrün scheint so ungefähr ein System kommunizierender Röhren zu sein, und die Stärke der Grünen ist nur ein Spiegelbild des Abstiegs der SPD. Nein, das ist nicht neu, aber immer noch eine zentrale Erkenntnis. Und gerade weil es nicht neu ist, fragt sich, warum die SPD-Funktionäre es immer noch nicht kapieren.

Gleichzeitig hat zwar die AfD stark eingebüßt, aber ein großer Teil der Protestwähler ist offensichtlich zu den Freien Wählern gewechselt, die jetzt mit 5,4 Prozent souverän in den Landtag einziehen. Also ja, das linke Lager hat in Mainz etwa drei Prozentpunkte gewonnen – vor allem wegen des Debakels der CDU, aber das ist wohl weitgehend der aktuellen taktischen Situation geschuldet, mit Masken-Skandal und Merkel-Müdigkeit. Und der Erfolg der Freien Wähler lässt ein zusätzliches Gegengewicht zu den grünroten Etatisten entstehen. 

Die Stabilität ist nur scheinbar und oberflächlich

In beiden Ländern haben die Amtsinhaber sich souverän verteidigt und etwa jeden dritten Wähler für sich gewonnen. Aber wie beeindruckend ist das in Wirklichkeit bei einer Wahlbeteiligung von nicht einmal zwei Dritteln? Herr Kretschmann hat am Ende 20,8 Prozent der Wahlberechtigten für sich zur Urne gebracht; Frau Dreyer 23 Prozent. Also der grüne Landesvater weiß einen von fünf Wahlberechtigten überzeugt hinter sich, die rote Malu nicht mal einen von vieren. Für selbstgerechte Überheblichkeit haben beide nicht den geringsten Grund. 

Das Parteien-Gefüge sieht – ungeachtet der kleinen und mittleren Verschiebungen – mit den beiden Wahlergebnissen insgesamt stabiler aus, als es in Wirklichkeit ist. Und das Potenzial für eine echte Alternative ist angesichts der riesigen Zahl der Nichtwähler enorm. Ein Teil davon ist einfach nur desinteressiert, aber ein anderer Teil ist angewidert und kann sich vorläufig noch für keine der Parteien aufraffen, zumal es bei Landtagswahlen in Wirklichkeit auch kaum um etwas ganz Bedeutendes geht. Die Pandemie hat ein weiteres Mal beeindruckend vorgeführt, dass es mit dem Föderalismus in Deutschland nicht weit her ist und das wahre Machtzentrum in Berlin sitzt. Die Ergebnisse in Stuttgart und Mainz könnten nur die Ruhe vor einem Sturm sein.

Foto: Mini Misra

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Wolfgang Brugger / 15.03.2021

Richtig, bezogen auf die Gesamtheit der Wahlberechtigten, hat nur jeder 5. Grün gewählt. Ein zugegebenermaßen schwacher Trost angesichts des absoluten Absturzes, den die AfD erlitt, die in Baden-Württemberg ein Drittel ihrer Wähler verloren hat, die entweder gar nicht wählten oder zu den Freien Wählern oder anderen sonstigen überliefen. Die AfD hat sich wirklich Mühe gegeben, dieses katastrophale Wahlergebnis zu erzielen. Wozu wird der Verfassungsschutz benötigt, wenn es Leute wie Frau v. Storch und Meuthen gibt. Die Positionen von Frau v. Storch sind “frauenfeindlich”. Am Schwangerschaftsabbruch haben nicht nur Frauen sondern auch Männer Interesse. Dessen Ablehnung würde die AfD der Mehrheitsfähigkeit berauben. v. Storch scheint auch der Vorstellung zu erliegen, Vermehrung statt Wirtschaftswachstum sichere die Renten. In einen Vermehrungswettlauf mit unseren Neubürgern und Zuwanderern einzutreten, werden weder Frauen noch Männer akzeptieren. Es gibt ferner genug sachliche Gründe für die Begrenzung der Migration ohne Panikmache vor einer islamischen Republik BRD, die ohnehin niemand abnimmt, und es wundert mich, dass die Schäden durch die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU nie thematisiert werden. Auch die Hetze gegen Papst Franziskus ist absolut kontraproduktiv. Er will einige völlig unhaltbare Positionen der Kirche beseitigen wie Zölibat, Ausschluss der Frauen vom Priesteramt und Verbot von Empfängnisverhütung. Es wird der AfD nicht gelingen, ultraorthodoxe Katholiken zu gewinnen und wenn, wird es nichts nützen, weil man mit solchen Positionen viel mehr Wähler vergrätzt als gewinnt. Meuthens Behauptung, man müsse die Wähler der Mitte gewinnen also die Konformisten, die gar keine Meinung haben, passt im Augenblick überhaupt nicht. Erst müssen einmal die kritischen Menschen aktiviert werden, die den Regierungsschwindel durchschauen. Meuthen fand über Schriften Benedikts XVI zur Kirche zurück. Irgendwann traf Meuthen dann die Erleuchtung, dass er das Geschäft

A. Ostrovsky / 15.03.2021

“Rechnen wider die Medien-Mythen”. Toll. Aber auch gegen die Mathematik?  Für mich scheinen jedenfalls 45,6 Prozent noch keine regierungsfähige Mehrheit zu sein. Und das sind erst mal die Basics!!

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