Peter Grimm / 14.09.2024 / 13:30 / Foto: imago / 20 / Seite ausdrucken

Wahlempfehlungen vom Papst

Die deutschen Wähler kennen das ja schon, dass ihnen die Bischöfe erklären, welche Partei nicht wählbar ist. Jetzt mischt auch der Papst in einem Wahlkampf mit.

In den frühen Zeiten der Bundesrepublik, so erzählen es ältere Westdeutsche, gab es Regionen, in denen so mancher Pfarrer den Gläubigen von der Kanzel verkündete, welcher Partei ein guter Christenmensch am Wahlsonntag seine Stimme zu geben habe. Dieser Erzählung lauschten die Jüngeren jahrzehntelang mit dem Gefühl, in eine muffige, vormundschaftliche Vergangenheit zurück zu blicken.

In jüngster Zeit sind etliche Pfarrer und Bischöfe in Deutschland der Politik wieder zu Diensten und geben Wahlempfehlungen. Und weil es vor den Kanzeln inzwischen meist an zuhörenden Gläubigen mangelt, werden ihre Erklärungen zur richtigen Wählerstimme im Namen des Herrn eher in den Medien verbreitet als in Gottesdiensten.

Heutzutage empfehlen die Kirchenbeamten allerdings keine Partei, für die die Menschen votieren sollen, sondern erklären eine für unwählbar und ergänzen dies oft mit dem Hinweis auf ganz wichtige Inhalte wie „Klimarettung“ oder „Vielfalt“, also Versatzstücke, die zufälligerweise am ehesten zur Programmatik der Grünen passen. Aber was soll man sich darüber ärgern? Wer mit dem christlichen Glauben ohnehin fremdelt, dem kann das egal sein. Und die Christen müssen das entweder mit ihrer Kirche klären oder dem Prinzip folgen, dass man ja auch als glaubender Christenmensch, um dem Herrn zu dienen, keiner Körperschaft des öffentlichen Rechts als zahlendes Mitglied angehören muss.

Das „kleinere Übel“

Damit wäre ja eigentlich alles gesagt, aber eines ist schon bemerkenswert: Zumindest in der katholischen Kirche geschieht das, wovon fortschrittsbeseelte deutsche Regierungspolitiker in ihrem Beritt immer vergeblich träumen: Die Welt folgt dem deutschen Beispiel. Auch der Papst schickt sich an, seiner Anhängerschaft Wahlempfehlungen zu geben. Noch etwas ungeschickt und uneindeutig, aber immerhin, er tut es. Zumindest, wenn man den deutschen Medien glaubt.

Natürlich äußert sich der Papst noch nicht zu einer deutschen Wahl. Aber zur US-Präsidentschaftswahl hält der Heilige Vater einen Ratschlag an die Gläubigen für geboten. Er forderte amerikanische Katholiken auf, das „kleinere Übel“ zu wählen. Aber wer ist denn das „kleinere Übel“? Die meisten deutschen Medienschaffenden hätten diese Frage sicher schnell und klar beantwortet. Aber so klar ist es beim Papst nicht. „Wer ist das kleinere Übel? Diese Dame oder dieser Herr? Ich weiß es nicht“, wird Franziskus zitiert. Oder wie der deutsche Agenturmeldungsautor berichtet:

„Der Papst nannte am Freitag weder die Demokratin Kamala Harris noch den Republikaner Donald Trump beim Namen, sondern verwies auf ihre Geschlechter und politischen Programme. ,Ob es derjenige ist, der Migranten vertreibt, oder diejenige, die Kinder tötet, beide sind gegen das Leben.“ 

Deutsche Bischöfe zeigen klarer Haltung

Aber das kann man doch nicht so unentschieden stehenlassen. Wo bleibt die einordnende Erklärung des deutschen Medienschaffenden? Recht neutral heißt es nur: „Der Papst hatte Trump bereits bei der Wahl 2016 für dessen einwanderungsfeindliche Politik kritisiert und erklärt, der Republikaner sei nach seiner Auffassung kein Christ. Bei der amtierenden Vizepräsidentin Harris kritisiert er die Haltung zur Abtreibung. Sie hat angekündigt, das vom Obersten Gericht 2022 kassierte landesweite Recht auf Abtreibung wieder einzuführen, sollte ihr der Kongress ein entsprechendes Gesetz vorlegen.“

Da zeigen deutsche Bischöfe doch klarer Haltung. Obwohl der Papst seine Schlagseite schon klar zeigt, wenn er explizit  behauptet, dass Trump kein Christ sei, obwohl sich der – aufgewachsen mit der presbyterianischen Kirche – als Christ ohne Konfession versteht.

Also wenn sich der Papst im nächsten Jahr in den deutschen Wahlkampf einmischen möchte, dann heißen ihn die Mächtigen dazu sicher willkommen, werden sich von ihm aber schon klareres Bekenntnis wünschen. Ansonsten reicht ihnen die Wahlhilfe der deutschen Bischöfe schon. Bis dahin kann man abwarten, wer denn nun US-Präsident wird. Vielleicht möchte dieser dann, falls wieder eine Papstwahl anstehen sollte, den Kardinälen in Rom dann raten, für wen sie stimmen sollen.

 

Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com.

Foto: imago

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Leserpost

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Wolfgang Richter / 14.09.2024

“„Der Papst hatte Trump bereits bei der Wahl 2016 für dessen einwanderungsfeindliche Politik kritisiert und erklärt, der Republikaner sei nach seiner Auffassung kein Christ.”—Wievielen der inzwischen Millionen über Italien gen Versorgungshorte in Europa sich verteilenden Migranten haben Papst und “Untergebene” eigentlich inzwischen in ihrem Vatikanstaat eine neue Heimat gegeben, ggf. mit der Aussicht der Ausgabe eines dortigen Passes, wenn sie lateinische Sprachkenntnisse vorweisen und sich dort um einen Brotjob bemühen? Man wird ja mal fragen dürfen, vor allem wenn an das Mitmachen das Christsein verknüpft wird.

Gerd Heinzelmann / 14.09.2024

Sie haben da eine süße, winkende Katze (und ihren Schatten) im Hintergrund. Bedeutet Geld mehr oder weniger? Western Europe is still alive. I will defend it with all my might. Vielleicht bin ich Ihnen das ja schuldig.

Bertram Scharpf / 14.09.2024

Man muß Empfehlungen nur richtig interpretieren. Zum Beispiel so, wie Kommissär Matthäi zu Frau Heller sagt: „Sie wurden mir empfohlen.”

maciste rufus / 14.09.2024

maciste grüßt euch. am vatikan finden die bibliothek und die schweizergarde meine zustimmung. letztere sollte massiv aufgerüstet werden, denn die entscheidungen in der zukunft über die zukunft werden den waffen vorbehalten sein. battle on.

Bärbel Witzel / 14.09.2024

Papst Franziskus ist ein Jesuit (lat. Societas Jesu) und katholisch. Der Katholizismus ist römisch. Jesus Christus, einige nennen ihn auch Jesus Sirach oder Ben (Vater) Sirach, war aber nicht römisch-katholisch und in Rom ist er auch nicht gewesen. Viele Jesuiten geloben die Keuschheit, Armut und Gehorsam gegenüber den jeweiligen Päpsten. Ich halte das für Unsinn. Der Katholizismus ist eine Erfindung der Päpste. Woher will Papst Franziskus wissen ob Donald Trump christlich ist oder nicht? Donald Trump weiß sicherlich besser was für die Amerikaner besser ist als Papst Franziskus. Das Imperium der jeweiligen Päpste, also die römisch-katholische Kirche sehe ich als deren eigenen Zweck, als ein betreutes Glauben. Glaube ist jedoch kein Zwang. Rom regiert anscheinend bis heute. Dass die Menschen alle an das gleiche glauben ist mehr als unwahrscheinlich.  Lt. Wikipedia habe Papst Franziskus u. a. im Juni 2019 den globalen „Klimanotstand“ ausgerufen und erklärt, dass ein Versäumnis zur Treibhausgas-Reduzierung ein brutaler Akt der Ungerechtigkeit gegenüber den Armen und künftigen Generationen“ wäre.

Walter Weimar / 14.09.2024

Papst, ist das der Chef der Heilsarmee? Früher mal Kreuzritter genannt. Ich frage als überzeugter Atheist. Hat der Mann außer einer Wahlempfehlung vielleicht noch die Lottozahlen für heute Abend genannt? Nicht mal das Wetter?

Klaus Keller / 14.09.2024

Wer vertrieben wurde kann wo anders weiter leben. Wer abgetrieben wurde kann das nicht und somit ist klar wer oder was das kleinerer Übel ist. Ich sollte mich von den Zeugen Jehovas taufen lassen. Der gute Mann der mich regelmäßig besucht, sagt das er sich aus der Politik heraushält. Im übrigen ein Migrant.  (Vinc)enzo wurde 1948 in Sizilien geboren.

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