Ramin Peymani, Gastautor / 12.11.2018 / 14:00 / Foto: Aatu Itkonen / 37 / Seite ausdrucken

Wahl in Frankfurt: Wie Betrug zur Panne wird

Es ist nicht das erste Mal, dass sich nach einer Wahl herausstellt, wie leicht es für die Auszähler ist, zum Erfolg ihrer Wunschpartei beizutragen. Einen der spektakulärsten Fälle der jüngeren Vergangenheit gab es 2015 in Bremerhaven, wo eine unbeaufsichtigte Schülergruppe die Stimmauszählung vornahm. Die jungen Weltverbesserer sorgten dafür, dass die AfD zunächst die 5 Prozent-Hürde verfehlte. Später wurde das Ergebnis infolge einer Klage der Partei korrigiert, die den geraubten Sitz in der Bremischen Bürgerschaft nachträglich zugesprochen bekam. Der Betrug fand damals allerdings wenig mediale Beachtung, waren die Schüler aus Sicht vieler Journalisten und der Landespolitik doch in ehrenwerter Mission unterwegs.

Derartige Falschauszählungen kommen ohnehin selten ans Licht, denn häufig genug haben sie auf den Ausgang keinerlei Einfluss. In Frankfurt ist einer der größten Schwindel der Wahlgeschichte aber jetzt aufgeflogen. Er könnte für ein politisches Erdbeben sorgen. Ganze 94 Stimmen Vorsprung vor der SPD hatten die Grünen bei der Landtagswahl in Hessen vor zwei Wochen – landesweit. Nun sieht es so aus, als würden sie eine dreistellige Stimmenzahl verlieren und die SPD in ähnlichem Maße hinzugewinnen. Dadurch wären die öffentlich-rechtlichen Wahlsieger nur noch auf Platz drei und die knappe Mehrheit für Schwarz-Grün dahin. Noch ist es nicht offiziell, aber die Spatzen pfeifen es bereits von den Dächern: Die aktuelle Regierungskoalition kann ihre Zusammenarbeit wohl nicht ohne Partner fortsetzen.

Lediglich “geschätzt” wurden in einigen Frankfurter Wahllokalen die abgegebenen Stimmen. In anderen waren ganze Stapel mit Stimmzetteln beiseitegelegt und “vergessen” worden. Wieder andere Auszähler hatten die Parteien vertauscht oder Zahlendreher fabriziert. Natürlich können Fehler passieren, gerade in der Hektik des Auszählens und unter dem Druck, schnell ein Ergebnis liefern zu müssen. Doch die Systematik, mit der fast durchweg Grüne und Linke von diesen “Pannen” profitierten, macht es schwer, an menschliches Versagen auf breiter Front zu glauben.

88 von 490 Wahlbezirken mussten ihre Zahlen korrigieren

Die CDU war durch die Falschauszählungen am stärksten benachteiligt worden, aber auch auf FDP und AfD hatte so mancher es offenbar abgesehen. Die auffällige Diskrepanz zwischen benachbarten Stimmbezirken, in denen die AfD mal mehr als 10 Prozent, mal fast gar keine Stimmen erhalten haben soll, ließ den Schwindel schnell auffliegen. Noch eklatanter waren die Ausreißer bei der CDU, die in einem Wahllokal in Frankfurt-Höchst angeblich gerade einmal 4,4 Prozent erhalten hatte. Das ist selbst für einen sozialen Brennpunkt ein kaum vorstellbares Ergebnis.

Sage und schreibe 88 von 490 Wahlbezirken mussten ihre Zahlen korrigieren, in fast einem Dutzend muss gar neu ausgezählt werden. Die Auffälligkeiten beschränken sich jedoch nicht aufs Auszählen: In einigen Altenheimen erzielten die Grünen erstaunliche Werte. Wer hat da wohl die Hand geführt? Am Freitag werden wir das wirkliche Ergebnis der Landtagswahl erfahren. Dann könnten sich völlig neue politische Konstellationen eröffnen. Selbst eine SPD-geführte “Ampel” scheint nicht mehr ausgeschlossen.

Es ist in höchstem Maße peinlich für ein Land, das weltweit immer noch besonderes Ansehen für seinen Verwaltungsapparat genießt, dass Manipulationen so leicht möglich sind und Computerpannen sowie fehlende Sachkenntnisse keine ordnungsgemäße Auszählung am Abend einer Landtagswahl zulassen. Ein Staat, der selbst die Verfolgung von Falschparkern perfektioniert hat, sollte in der Lage sein, die fehlerfreie Ermittlung von Wahlergebnissen nicht erst Wochen später sicherzustellen. Wer Fahrverbote nach penibel gemessenen Schadstoffwerten ausspricht, macht sich lächerlich, wenn er Wahlergebnisse bloß schätzt. Das hat schon etwas von der viel zitierten Bananenrepublik.

Dass es im 21. Jahrhundert in Deutschland offenbar keine geeigneten technischen Hilfsmittel gibt, dass Wahllokale seit Jahrzehnten unter dem folgenreichen Regiment der immer gleichen Person stehen und dass ein zum Selbstzweck mutierter Schutz der Persönlichkeitsrechte Videoaufzeichnungen vom Auszählungsvorgang verhindert, lässt die Anstrengungen des Staates verrückt erscheinen, selbst den unbedeutendsten Behördengang mit einer Fülle bürokratischer Hürden zu versehen, um Missbrauch zu verhindern.

Schlimmer noch erscheint aber die mangelnde Bereitschaft der Presse, das Kind beim Namen zu nennen. Wer Betrug zu Pannen verniedlicht, sollte sich nicht wundern, wenn die Bürger das laxe Rechtsverständnis für ihren Alltag übernehmen. Damit tragen nicht nur die Wahl-“Helfer”, sondern wie schon bei der Verklärung der “Flüchtlinge” die Medien eine Mitschuld am schwindenden Vertrauen in unseren Staat.

Foto: Aatu Itkonen CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Bernd Schöneck / 12.11.2018

Es erinnert mich an die Kommunalwahl in Köln 2014, bei der in einem Stimmbezirk ebenfalls ein eklatanter Fehler unterlief: Dort waren die Stimmen von SPD und CDU glatt vertauscht worden. Der Stimmbezirk war in Rodenkirchen, einem “tiefschwarzen” bürgerlichen Viertel; laut des zunächst verkündeten Ergebnis wäre dort die SPD meilenweit vor der CDU gelandet – im Gegensatz zu allen benachbarten Stimmbezirken und auch zum entsprechenden Briefwahlbezirk, an dem der Urnen-Stimmbezirk Anteile hat.  Letzten Endes, nach etlichem Hickhack wurde dann doch neu ausgezählt und das Ergebnis korrigiert. Das Brisante: Weil auch das Endergebnis, bezogen auf den einzelnen Sitz, in der Gesamtstadt so knapp war, verlor durch die nachträgliche Korrektur ausgerechnet SPD-Chef Jochen Ott sein Ratsmandat! Ein Vorschlag, den ich schon damals gedanklich entwickelt habe, um solche Fehler – unbeabsichtigt (was ich in dem Fall denke) oder auch beabsichtigt – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen: eine Art “doppelblinde” Auszählung der Stimmen. Das heißt: Auszählgruppe 1 zählt den Stimmbezirk wie gehabt normal aus. Das Ergebnis geht versiegelt an den Wahlleiter; danach zählt eine zufällig ausgewählte Auszählgruppe 2 das Ergebnis abermals. Wenn, und nur wenn, die beiden Ergebnisse übereinstimmen, wird das Stimmbezirks-Ergebnis amtlich, sonst muss unter Aufsicht neu gezählt werden.

Roland Stolla-Besta / 12.11.2018

@ Hjalmar Kreutzer Bei genauer Überlegung muß ich Ihnen in allen Punkten recht geben! Tatsächlich bewundere ich die Wahlhelfer, jedenfalls die in dem Wahllokal meines Kreises, die sich den Sonntag in dem ungemütlichen Ambiente und mit sicherlich nicht immer angenehmen wählenden Zeitgenossen vertreiben müssen. Ich gebe zu, daß ich, wie wohl die meisten Bundesbürger, mir solches aus Bequemlichkeit nicht antun möchte. Andererseits sind die aus Frankfurt geschilderten Vorfälle im höchsten Maße bedenklich, auch wenn ich mich scheue, darin vorsätzlichen Wahlbetrug zu sehen und mehr auf pure Schlamperei tippe. Obgleich die den Ruf deutscher bürokratischer Gründlichkeit ebenso gründlich ruiniert. Tja, alles ändert sich halt, aber nicht alles, was ehemals üblich war, ist deshalb schon schlecht.

Ralf Aretz / 12.11.2018

In einem Land indem geltende Gesetze bezgl. Asyl nichts wert sind, sind Gesetze bezgl. Wahlbetrug erst recht nichts wert. Aber wie sagt man so schön .... Irgendwann kommt alles ans Tageslicht. Wenn es nicht so wäre, wüsste ja jetzt niemand etwas von diesen Ungereimtheiten. Kommt Zeit, kommt Rat. Abwarten und Tee trinken.

Gabriele Klein / 12.11.2018

@Mora Auf der Webseite von Ivanka Trump finden sich ein paar hochinteressante Eintraege: Eine Dame regt an, doch endlich einen Ausweis bei der Wahl zu fordern. Dies provozierte die Nutzer nun alle ihre Erfahrungen in den jeweiligen Wahllokalen zu schildern, Ich traute meinen Augen nicht was da anscheinend alles abging und wer da z. B in Kalifornien alles zur Wahlurne schritt….

Gabriele Klein / 12.11.2018

So ist das mit dem Gewissen. Bestimmte Kreise vor allem konservativ christliche haben noch eines und zaehlen korrekt die anderen halt nicht. Die Stimme des Gewissens wird leiser je nachdem wie viele Generationen man von den noch .religiös geprägten Vorfahren entfernt ist. Und, bei Auszählungen sind diese Kriese die so etwas nicht tun würden dann natürlich im Nachteil…ich habe das Ergebnis von Anfang an nicht geglaubt…für so dumm und grün halte ich die Waehler nicht

Gabriele Klein / 12.11.2018

Bei die Ergebnisse von Alten, Behinderten könnte man doch mit den noch selbstständigen Altersgenossen auf auffällige Diskrepanzen vergleichen. Wäre machbar, man will es wohl nicht, warum?

Rainer Hanisch / 12.11.2018

Für die richtigen “Wahlergebnisse” sorgen offenbar schon die im Vorfeld veröffentlichte “Umfrageergebnisse”. Den Rest besorgen die vertrottelten Wahlbürger, wenn’s nicht reicht, eben noch manipulierte Stimmauszählungen. Hatten wir zu DDR-Zeiten auch schon: 99,8 % Zustimmung für die Kandidaten der Nationalen Front”. Was bitte schön soll das ewige Gefasel von “Freiheit und Demokratie” auf der einen, von “kommunistischer Diktatur und Unrechtsstaat” auf der anderen Seite? Ich sehe kaum noch Unterschiede!

Hjalmar Kreutzer / 12.11.2018

Ja, im Nachhinein ist immer gut räsonieren über die Wahlergebnisse. Meinen Respekt gegenüber den Leuten, die den Betrug aufgedeckt haben. Fazit: 1. Wählen gehen ist immer noch das kleinere Übel, als die Politiker vorgesetzt zu bekommen, die man gar nicht haben will. 2. Selbst als Wahlhelfer tätig werden ist anstrengend, aber man kann selbst dafür sorgen, dass es zumindest in einem Wahllokal mit rechten Dingen zugeht. 3. Jeder Bürger hat das Recht, als Wahlbeobachter sowohl die Stimmabgabe als auch die Auszählung zu überwachen. Letzteres schmeckt nicht allen Wahlleitern, es wird z.T. versucht, den Wahlbeobachtern Störung zu unterstellen, sie an der Beobachtung zu hindern, des Wahllokals zu verweisen, mit der Polizei zu drohen. Im Netz existieren genaue Dokumentationen über zweckmäßiges Verhalten als Wahlbeobachter und die Rechte der Wahlbeobachter. Meine Hochachtung jedem ehrlichen Wahlhelfer, der seinen Sonntag opfert und jedem Wahlbeobachter.

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