In Zeiten eines eskalierenden Krieges erinnern manche Kommentatoren gern an alte Friedenshoffnungen und Friedenspläne. So auch beim Blick auf den Nahen Osten. Einer der interessantesten Pläne kam vom früheren US-Präsidenten Donald Trump. Vielleicht lohnt ein Rückblick darauf, denn immerhin hat der Mann Chancen, sein altes Amt wieder zu übernehmen.
Die US-Präsidentschaftswahlen 2024 werfen ihre Schatten voraus. Trump ist angeblich der Teufel, Massenmörder in spe – Biden und seine Demokraten sind das Gegenteil. Was Trump tatsächlich im jeweiligen Kontext sagt, erfahren die erschrockenen Leutchen in Deutschland jedenfalls nicht. Filtrate erreichen die aufgescheuchte Öffentlichkeit.
Ein Beispiel aus der medialen Geisterbahn ist Trumps 2020er Drohung an die NATO-Partner, diese nicht zu schützen, wenn diese nicht ihre Verteidigungshausaufgaben machen.
Ja, wie hätte er mit diesen politischen Selbstmördern in Europa denn reden sollen? Die Hand schlagen, die sie schützt, darin sind vor allem die Deutschen Weltmeister. Hilflose Außenministerdarsteller wie Heiko Maas lachten den US-Präsidenten sogar in der UNO demonstrativ aus. Im Ergebnis aber bewegten die Jammergestalten ihre Hintern und erhöhten die Verteidigungsausgaben. Trump hatte erreicht, was er wollte. Seine Wortwahl war nichts für Warmduscher.
Biden spielte den Extremisten in die Hände
Jetzt brennt es im Nahen Osten gewaltig. Donald Trump sah das voraus und legte 2020 seinen Friedensplan vor. Dieser Plan scheint keinem Experten mehr erinnerlich zu sein. Was von Trump kommt, ist von vornherein böse und gehört der Vergessenheit anheimgestellt. Hinsichtlich des alten Roms sprechen Historiker von dieser Praxis als damnatio memoriae.
Abbas und die Hamas lehnten damals Trumps Plan ab, weil sie sich von einem kommenden Präsidenten Biden eine günstigere Lösung erhofften. Biden erfüllte, kaum ins Amt gekommen, diese Hoffnungen, ließ wieder unkontrolliert Gelder in die terroristischen Regionen fließen, und vor allem gab er den Mullahs im Iran wieder den Spielraum, den Trump ihnen genommen hatte. Alle vier waren zufrieden. Biden, weil er seine muslimischen Wähler in den USA stärker anfüttern konnte. Abbas und die Hamas, weil sie, statt ihren Bevölkerungen zu helfen, irrsinnige Tunnel bauen konnten, und der Iran konnte sich weiter aufrüsten und sein Atomwaffenprogramm vorantreiben. Biden ging es um seine Wähler, den Nutzen für den Terrorismus und den Iran nahm er als Kollateralschäden überheblich in Kauf.
Mit Trump wäre das nicht passiert. Der legte der Weltöffentlichkeit mit den Abraham Accords sogar das historisch bedeutsame Husarenstück der Annäherung Israels, den Vereinigten Arabischen und Bahrain auf den Gabentisch. Selbst Saudi-Arabien näherte sich diesem Weg.
Ein realistischer Plan
Wie sah Trumps Plan aus? Ein Blick in die Time lohnt sich. Am 28. Januar 2020 stand dort unter der Überschrift „Wie der israelisch-palästinensische Friedensplan der Trump-Regierung den Nahen Osten verändern wird" sinngemäß Folgendes:
Im Mittelpunkt des neuen Plans stand die Unterstützung der Trump-Administration für einen unabhängigen, souveränen Staat Palästina mit einer Hauptstadt am Rande von Ost-Jerusalem. Er zielte darauf ab, die israelischen Siedlungen einzudämmen, nicht zurückzudrängen, und gab den Palästinensern ein kleineres Stück Land für ihren Staat, etwa 70 Prozent des Westjordanlandes. Außerdem wurde der seit langem bestehende palästinensische Anspruch auf die Kontrolle über den Tempelberg/Haram al-Sharif abgelehnt, der unter jordanischer Obhut bleiben sollte.
Die Trump-Regierung hatte zugesagt, über einen Zeitraum von 10 Jahren 28 Milliarden Dollar zur Unterstützung Palästinas bereitzustellen, wobei 22 Milliarden Dollar an zusätzlichen Mitteln an Jordanien, Ägypten und den Libanon gehen sollten. Diese Hilfe würde in Form von Investitionen geleistet werden. Das Geld würde in die Infrastruktur und die Verkehrsverbindungen fließen, den Lebensstandard anheben und einen breiteren regionalen Handel ermöglichen. Außerdem sollten Mittel für die Verbesserung des Bildungs- und Gesundheitswesens und die Entwicklung von Arbeitskräften bereitgestellt werden.
Sowohl Netanjahu als auch Gantz sprachen sich für die Anerkennung eines Staates Palästina aus. Sobald der Plan von der israelischen Regierung offiziell umgesetzt würde, käme es zu einem Stopp des Siedlungsbaus für mindestens vier bis fünf Jahre.
Lauter Gewinner – außer den Terroristen
Die US-Regierung hatte bei der Ausarbeitung dieses Plans mit europäischen und arabischen Diplomaten zusammengearbeitet. So gesehen, war der Plan ein außenpolitischer Ausreißer an durchdachter Strategie. Er betonte das diplomatische Engagement und besaß einen multilateralen Ansatz – damals recht ungewöhnlich für das Bild, welches Donald Trump gemeinhin abgab. Zumal der Trump-Plan den Palästinensern eine Möglichkeit gab, das territoriale Ausbluten ihrer Gebiete zu stoppen.
Aus heutiger Sicht war Trumps Plan das weitreichendste Projekt, das die Palästinenser für sich hätten erreichen können: ein eigener Staat mit Rede- und Religionsfreiheit und der Chance auf Prosperität mitsamt dem Aufschließen an den High-Tech-Standort Israel.
Wichtigste Bedingungen waren der Ersatz der Hamas-Regierung durch die Palästinensische Autonomiebehörde, ein Gewaltabschwören der Hamas, deren Entwaffnung sowie die Anerkennung des Existenzrechtes des Staates Israel.
Alles hängt von den USA ab
Stand November 2023 wird nach dem Krieg der Gaza-Streifen ent-hamasisiert sein und möglicherweise unter internationale Kontrolle gestellt werden. Der Status des Westjordanlandes wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern. Ein Staat, der Israel auslöschen will, der wird definitiv nicht neben Israel geschaffen. Die Mordsehnsucht der Palästinenser bleibt ihr eigenes Hindernis. So viel zu Trumps Friedensplan, den sein Nachfolger in die Tonne trat. So wie er Trumps Iran-Druck, die Sperre der Hamas-Gelder und die Mauer zu Mexiko rückgängig machte.
Doch wie geht es jetzt weiter? Die Waffenbrüderschaft Russland-Nordkorea-Iran-Hamas-Hisbollah-Huthis steht. Im Visier sind die Ukraine und Israel. Fällt die Ukraine, müssen wir uns warm anziehen. Fällt Israel, fällt der Westen. Nicht sofort, aber zuverlässig Stück für Stück. An Israel und der Ukraine wird das nicht liegen. Die machen ihre Hausaufgaben und kooperieren. Überlebt der Eine, überlebt auch der Andere.
Nicht alles, aber fast alles, hängt vom Willen oder Nichtwillen der Vereinigten Staaten ab, weiterhin westliche Führungskraft und Schutzschild zu sein. Setzen sich die muslimischen Kräfte bei den Demokraten und die Isolationisten bei den Republikanern schon im Wahlkampf durch, werden die Ukraine und Israel schlechte Karten bekommen. Im Ergebnis wird die Luft für die europäischen Demokratien, die sich dem Islam gegenüber völlig wehrlos gemacht haben, dünner.
Der Westen muss zusammenhalten
In dem Moment, in dem ich das schreibe, findet in Essen eine Großdemonstration mit der Forderung nach der Errichtung des Kalifats in Deutschland statt. Auch wenn diese Forderung nicht morgen, nicht übermorgen realisiert werden kann, die entsprechende Dummheit hinsichtlich ungezügelter Zuwanderung aus muslimischen Ländern und den damit verbundenen Import der dortigen Konflikte nach Deutschland und in die EU hinein ist in der politischen Liga Deutschlands mehr als beachtlich.
Das alles kann auch nicht im Interesse der Vereinigten Staaten sein. Die USA allein können mit all ihrer Wirtschafts- und Militärmacht dem geballten Druck Russlands, Nordkoreas, des Irans und Chinas nicht dauerhaft standhalten. Die Staaten der Europäischen Union brauchen die Vereinigten Staaten, die USA brauchen ihre europäischen NATO- und Wirtschaftspartner. Ein US-Präsidentschaftskandidat, egal welcher Partei, muss das wissen. Davon hängt auch das Wohl und Wehe des Staates ab, den er führen möchte.
In diesem Zusammenhang verweise ich auf Ulrich Schödlbauers heute erst recht lesbares Buch „T – Die Stufen des Kapitols“ von 2020.
Gunter Weißgerber war Gründungsmitglied der Leipziger SDP. Für die SDP/SPD sprach er regelmäßig als Redner der Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90. Gunter Weißgerber war von 1990 bis 2009 Bundestagsabgeordneter und in dieser Zeit 15 Jahre Vorsitzender der sächsischen Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion (1990 bis 2005). Den Deutschen Bundestag verließ er 2009 aus freier Entscheidung. 2019 trat er aus der SPD aus. Die Gründe dafür erläutert er hier. Er sieht sich, wie schon mal bis 1989, wieder als „Sozialdemokrat ohne Parteibuch“. Weißgerber ist studierter Ingenieur für Tiefbohr-Technologie. Er ist derzeit Unternehmensberater und Publizist.