In ihrer Ausbildung lernen Sanitäter einzuschätzen, welchen Verletzten sie in welcher Reihenfolge helfen sollen, falls sie an einem Unfallort mit mehreren Opfern eintreffen. Wichtige Regel dabei: Schau zuerst nach jenen, die reglos sind, nicht jammern, nicht stöhnen und nicht um Hilfe bitten, denn denen geht es am dreckigsten. Es gäbe diese Regel nicht, wenn sie selbstverständlich wäre. Es ist nämlich gar nicht so leicht, eine direkte Bitte oder einen Hilferuf zu ignorieren, um sich zuerst um die wirklich schwer Verletzten zu kümmern. Außerdem winkt dem Belohnungssystem im Kopf des Helfers ein durchaus ehrlich gemeintes „Danke“, was für Ersthelfer (aber nicht nur die) ein innerer Antrieb sein kann.
Der Mensch ist nämlich im Großen und Ganzen ein solidarisches Wesen, das gern und selbstlos hilft, nur muss er sich für die Prioritäten dieser Hilfe Regeln geben, die er sonst vielleicht unwissentlich verletzten würde, weil er die Übersicht über die Lage und die Ursachen einer Katastrophe aus dem Blick verliert. Der Überblick auf Ursachen und Symptome für die weltweiten Bewegungen der Migration hat Europa zur Zeit gänzlich aus dem Blick verloren, und die selbstlosen Helfer stürzen sich auf jene Opfer, die am lautesten schreien.
Seit Jahren tobt auf dem Mittelmeer ein Krieg. Nicht zwischen Ländern, sondern zwischen Realität, Selbstermächtigung und Utilitarismus. Schiffe wie die „Aquarius“ fahren dicht an die nordafrikanische Küste, um dort diejenigen zu „retten“, die sich auf den Seelenverkäufern der Menschenhändler auf hohe See begeben und dort – wer würde dies bezweifeln – in Seenot geraten. Das ist ja Sinn des Spiels und die Garantie der Rettung nach den vielen Ertrunkenen der letzten Jahre die einzige Möglichkeit für die Schlepper, ihre „Kunden“ auf die Schlauchboote zu bekommen.
Niemand, nicht ein Einziger der Betrogenen geht davon aus, es mit 600 Menschen, ohne Navigation und nur ein paar Litern Benzin auf einem solchen Stück Gummi nach Lampedusa oder Malta zu schaffen. Die „Aquarius“ und ihre Schwesterschiffe sind kalkulierter Bestandteil dieses perversen Spiels, und diese wissen, dass das, was sie da tun, nicht Seenotrettung, sondern Notrettung ist. Denn Seenotrettung würde bedeuten, die Geretteten nach internationalem Seerecht in den nächstgelegenen sicheren Hafen (Sicherheit vor dem Ertrinken, nicht die Sicherheit, ein besseres Leben oder Versorgung zu finden) zu befördern. Ein Taxidienst ist im Seerecht nicht vorgesehen.
Doch Italien spielte nicht mehr mit
Der Notrettung wird durch die Schlepper somit eine Nötigung beigefügt, indem man die Leute wissentlich ins Meer treibt und ihren Tod in Kauf nimmt. Das ist etwa so, als würden Sie sich, liebe Leser, im Wartezimmer Ihres Arztes die Pulsadern aufschlitzen, um die volle und prioritäre Aufmerksamkeit des Doktors zu erlangen. Ob Sie diese verdient haben oder jemand anderes, der weder die Kraft dazu noch das nötige Werkzeug besitzt, sich derart in Szene zu setzten, die Hilfe aber viel dringender benötigt, wäre Ihnen egal. Sie schreien laut, das Blut sprudelt, und wenn eine Kamera vor Ort ist, haben Sie die volle mediale Aufmerksamkeit. Der Arzt, egal wie empört er auch wäre, würde jeden Vorwurf der Sonderbehandlung mit dem Ausruf “Hätte ich ihn verbluten lassen sollen?” zurückweisen. Leidtragende sind die Patienten im Wartezimmer, die sich still verhalten.
Zurück zur „Aquarius“, die nach einer wirklich dramatischen Rettungsaktion ihre Fracht nicht, wie gewöhnlich, in Italien abladen konnte. Dies funktionierte über Jahre hinweg automatisch und sorgte dafür, dass die Crews der verschiedenen „Rettungsfähren“ das Ergebnis ihrer Kollaboration mit den Menschenhändlern einfach irgendwo anderen Leuten vor die Füße kippen konnten. Das gute Gefühl, geholfen zu haben, bleibt.
Doch Italien spielte nicht mehr mit, und die Retter hatten plötzlich ein Problem, an das sie nie gedacht hatten: Ihnen gingen die Vorräte aus. Eigentlich logisch für einen Fährdienst im Linienbetrieb, wenn sein Zielhafen plötzlich Quarantäne verhängt. Spanien sprang ein. Dort hatte erst vor kurzer Zeit die Regierung gewechselt, und die neu am Ruder stehenden Sozialisten sahen die Gelegenheit, ihr Image aufzupolieren. Also fuhr die „Aquarius“ nach Alicante und löschte dort ihre Fracht, während dutzende Kameras begeistert den Landfall hunderter Kriegsflüchtlinge ablichteten. Kriegsflüchtlinge? Schauen wir doch mal in die Passagierliste:
Algerien: 43, Afghanistan: 1, Bangladesch: 3, Kamerun: 6, Komoren: 2, Kongo: 1, Elfenbeinküste: 11, Eritrea: 60, Äthiopien: 5, Gambia: 11, Ghana: 3, Guinea Bissau: 4, Guinea: 22. Liberia: 1, Mali: 11, Marokko: 11, Niger: 1, Nigeria: 148, Pakistan: 11, Senegal: 13, Sierra Leone: 20, Somalia: 5, Sudan: 152, Süd Sudan: 49, Togo: 9
Verglichen mit einem Loft im Prenzlauer Berg oder dem Ferienhaus eines linken Politikers in der Toskana sind dies natürlich alles Orte des Jammers. Und doch gibt es Abstufungen. Guinea, Marokko, Togo, Gambia, Ghana, Komoren, Algerien… wie kann es sein, dass von dort, wo kein Krieg herrscht, Menschen ausgerechnet nach Libyen fliehen? In ein Land also, in dem es im Gegensatz zu ihren Heimatländern tatsächlich Krieg gibt.
Flieht man also jetzt schon vor Elend und Perspektivlosigkeit in Kriegsgebiete? Es sind die Anreize und Versprechen der Schlepper und die Tatsache, dass ein wesentlicher Teil dieser perversen Reiseplanung eben jene „Rettungsschiffe“ sind, die vor der afrikanischen Küste patrouillieren. Doch zurück zur „Aquarius“ und der medialen Schlussblende mit „Happy End“. Denn die Geschichte endete in unseren Medien beim Zeitpunkt der Anlandung. Die schönen Bilder waren im Kasten und die Retter und deren Unterstützer sicher, Gutes geleistet zu haben. Die Stadt Alicante hatte nun das Problem, 600 Neuankömmlinge irgendwo unterzubringen.
„Willst du diese Menschen ersaufen lassen?“
Man entschied sich für ein Wohnheim der Uni in Alicante, dessen Bewohner man kurzerhand vor die Tür setzte (siehe hier und hier). 24 Stunden gab man ihnen Zeit, ihre Zimmer zu verlassen, für die sie im Übrigen bis zu 750 Euro Miete zahlen. Am 1. Juli wäre das Gebäude zwar leer gewesen, weil die Uni es im Sommer als Jugendherberge nutzt, aber zum Zeitpunkt der Räumung waren es noch gut zwei Wochen bis zum Semesterschluss. Ein Treppenwitz der Extraklasse ist es, wenn einer der geräumten Studenten berichtet, dass er sich in einem Deutschkurs auf einen Job in Deutschland vorbereiten wollte, da er in Spanien keine Arbeit fände.
Und so haben dieser Student und die Neuankömmlinge von der „Aquarius“ letztlich dasselbe Ziel, nämlich Deutschland. Doch während der eine Qualifikationen erwerben will, die er auf unserem Arbeitsmarkt benötigt, werden die anderen nichts dergleichen mitbringen, sondern sich von der nächsten Rettungsmannschaft in der Rettungskette vor die Füße der übernächsten Retter legen lassen, und die Wasserträger in dieser Kette werden mit dem guten Gefühl, geholfen zu haben, nach Hause gehen.
Niemand von den Rettern stellt sich die Frage, welche Probleme er eigentlich wo löst oder ob er durch sein Handeln womöglich mehr davon schafft. Der Modus Operandi wird nie in Frage gestellt, und wenn doch mal jemand Zweifel anmeldet, wird er mit dem Argument „Willst du diese Menschen ersaufen lassen?“ zum Schweigen gebracht. Dieser Vorwurf der Unmenschlichkeit erstickt jedes Argument, auch jenes, dass es die Schlepper sind, die den Geretteten durch die „Überfahrt“ in untauglichen Booten gewissermaßen vor den Augen der Weltöffentlichkeit die Pulsadern aufgeschlitzt haben. Ich glaube, wenn jedes der Rettungsschiffe einmal mit seiner Fracht Tunis oder Algier anliefe, hörten die Schlauchbootrennen schlagartig auf.
Wäre das nicht eigentlich das höchste Ziel der „Seenotretter“? Wenn niemand mehr ersöffe? Oder vermisste man das erhebende Gefühl, ganz toll geholfen zu haben, ohne sich darum zu scheren, was später aus den Menschen wird und ob der Verfrachtung nach Europa unweigerlich eine ganze Kette von kleineren und größeren Ungerechtigkeiten und Rechtsbrüchen folgen wird, für die dann andere verantwortlich sein sollen? Die Vorwürfe an die Schiffsbetreiber, mit den Schleppern zusammenzuarbeiten, sind ja nicht neu. Ich gehe aber noch einen Schritt weiter und behaupte, dass sie durch die Art ihres Einsatzes im Grundes selbst zu Schleppern werden. Nur dass als Bezahlung für diesen Dienst nicht schnödes Geld fließt, sondern schöne Bilder und ein gutes Gefühl winken.
Immer neue Schiffsladungen
Niemandem ist vorzuwerfen, für sich und seine Familie ein besseres Leben zu suchen. Das ist in allen Zeiten so gewesen, und wenn der Entschluss nicht auf falschen Versprechen vom Paradies oder Zwang beruht, entspricht er genaugenommen dem, was die europäische Aufklärung zum höchsten Ziel erklärt hat: der willentlichen und individuellen Entscheidung, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und Verantwortung für seine Zukunft zu übernehmen. Gerät man aber in die Fänge der europäischen Menschenhändler, wird man zum Objekt der Fürsorge und eines selbstsüchtigen Mitleids, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt. Die Tatsache nämlich, dass die allermeisten der auf diesen perversen Treck geschubsten Menschen in Europa nie wirklich reüssieren werden, ist den Helfern nicht nur egal, sondern ist die unterbewusste Basis für deren Engagement.
Wer in der Rettungskette am Anfang steht und auf den Schiffen das Mittelmeer durchkämmt, bekommt von der Verzweiflung der Helfer am Zielort und der Resignation der meisten Migranten natürlich nichts mit. Immer neue Schiffsladungen kippt man den rückwärtigen Helfern vor die Füße. Erst dort entsteht das Bewusstsein der Vergeblichkeit, weil man feststellt, dass für viele der hier Gestrandeten keine tragfähigen Perspektiven in Europa zu finden sind. Man wird es den Menschen deshalb früher oder später überlassen, sich hier bei uns eben jene Strukturen zu schaffen, die sie aus ihren Heimatländern kennen, nur, um „Ruhe“ zu haben. Zweifellos wird man uns dies später als großen Erfolg verkaufen.
Mir scheint, dass der „Westen“ – also Europa und Nordamerika – Afrika in Gänze längst verloren gegeben haben. Der Phase des Kolonialismus folgte eine bis heute anhaltende Phase aus Korruption, Diktatur und Tribalisierung, der wir weitestgehend ohnmächtig zugeschaut haben. Die Entwicklungshilfe diente im Großen und Ganzen als Schmiergeld, denn wirkliche Entwicklungen hat es – mit einigen wirklich löblichen Ausnahmen – nicht geschaffen.
Noch vor zwanzig Jahren wurde die drohende Bevölkerungsexplosion in Afrika als das größte Problem für die Entwicklung des Kontinents gesehen, heute spricht niemand mehr darüber. Der fatalistischen Feststellung, in welchem Maße sich die Bevölkerung gerade in den Staaten Zentral- und Westafrikas entwickeln werde, der die dortigen Volkswirtschaften unmöglich standhalten können, folgten keine Programme für Bildung und Aufklärung, sondern sehr merkwürdige UN-Pläne zu „Resettlement and Relocation“ (Global Compact on Refugees), denen ein inhumaner Utilitarismus geradezu aus jeder Zeile tropft.
Bevölkerungwachstum vom Problem zur Ressource erklärt
Man will den „Bevölkerungsüberschuss“, den sogenannten Youth-Bulge der afrikanischen Länder, dazu nutzen, um die schrumpfende Bevölkerung Japans, Russlands oder Europas „aufzufüllen“. Das Ganze hört auf den Namen „Bestandserhaltungsmigration“ und klingt wie der Wortschatz eines Hundezüchtervereins. Man hat Afrika offenbar aufgegeben und glaubt nicht mehr daran, dass sich die Staaten dort je in eine bessere Richtung entwickeln werden und – auf eigenen Füßen stehend – selbstbewusste und tragfähige Gesellschaften entwickeln können.
Die Bevölkerungsexplosion wird vom Problem zur Ressource erklärt, derer man sich zur „Bestandserhaltung“ bedienen kann. Der Zweck heiligt die Mittel, sagt der Utilitarist, und die Fährdienste im Mittelmeer werden unter diesem Blickwinkel zur vorauseilenden Erfüllung künftiger UN-Pläne. Spinnt man den Faden etwas weiter, was ich mit Abscheu und unter Protest tue, kann das „Abschöpfen“ des Youth-Bulge afrikanischer Länder jedoch nur der Anfang sein. Die „importierten Menschen“ sind schließlich nicht optimal kompatibel mit dem, was in Europa oder Japan auf sie zukommt, weil sie durch Kindheit und Jugend in ihren Herkunftsländern bereits geprägt sind.
Deshalb wird man die Ressource früher „abschöpfen“ müssen und bereits Kinder importieren – dies ist die Letztkonsequenz der Pläne, die von Spatzenhirnen bei der UN und ihren willigen Helfern bei europäischen NGOs erdacht und umgesetzt werden. Es liefe also auf nichts weniger als legitimierte Sklaverei hinaus. Ich habe keine Worte, um meinem Ekel vor solchen Plänen Ausdruck zu geben. Das Kalkül der UN ist, dass die Migranten schon heute mehr Geld in ihre Herkunftsländer schicken, als an Entwicklungshilfe dorthin fließt. Jedoch haben beide Geldströme eines gemeinsam: Sie verhindern die Entwicklung dort, wo sie landen und zementieren die Abhängigkeit von Almosen. Die Pflicht, Geld in die alte Heimat zu schicken, verhindert zudem langfristig und gründlich die Perspektiven auf ein selbstbestimmtes Leben in der neuen Heimat. Die Kette der Abhängigkeit bliebe für die Migranten auf beide Seiten fest geschmiedet.
Wann genau haben wir eigentlich den Überblick über die Konsequenzen unseres Handelns verloren? Ich vermute, als wir damit begannen, Entscheidungen an Instanzen zu delegieren, denen wir eine höher stehende Moral und größere Kompetenz attestierten. Je weiter weg vom Problem jedoch darüber entschieden wird, umso schwerer ist es, die entstehenden Belastungen richtig einzuschätzen.
Es gibt keine Gewinner in diesem perversen Spiel
Der römische Rechtsgrundsatz, dass niemand über seine Fähigkeiten hinaus verpflichtet werden kann, wird nur zu oft durch eine unzulässige Abwägung ersetzt. Von Madrid aus ist es leicht, ein paar Studenten auf die Straße zu setzen, um in deren Wohnungen Migranten einzuquartieren, weil man die Not letzterer als größer einschätzt. Aus Sicht des Studenten, dessen Solidarität man einfach requiriert hat und der dadurch vielleicht einen Abschluss nicht schafft, der ihm einen guten Job ermöglicht hätte, ist „ultra posse“ aber vielleicht längst überschritten. Er wurde jedoch nicht gefragt, man entscheidet über dessen Kopf hinweg, genauso, wie über die Köpfe derer, die man zu Hunderttausenden nach Europa lockt. Man tritt die Interessen der einen mit Füßen, ohne damit den Interessen anderer wirklich zu dienen und sorgt dadurch für Ärger und Verbitterung auf allen Seiten. Es gibt keine Gewinner in diesem perversen Spiel.
Der Staat löst ein Problem, schafft dadurch aber unmittelbar neue. Selbiges gilt für alle Glieder in der Kette aus Kausalitäten der Migration. Die afrikanische Familie wird in Zukunft den Verlust von Söhnen durch Auswanderung und strapaziöse Wege dorthin durch noch mehr Kinder „ausgleichen“ oder den „Marktwert“ dieses perversen Jugendexports stärker gewichten. Die erfolgreiche Rettung von 600 Menschen durch die „Aquarius“ produziert genau jene Bilder, die die Schlepper ihren nächsten Opfern zeigen. Schließlich wird der ausbleibende Widerstand durch die Studenten die spanische Regierung künftig bei ähnlich spontanen „Problemlösungen“ noch kreativer werden und die Studenten das Vertrauen in den Rechtsstaat verlieren lassen.
Ein Teufelskreis aus kleinen, scheinbar richtigen Entscheidungen, die in der Summe jedoch eine verheerende Entwicklungsrichtung ergeben. Solange nicht alle Beteiligten „Stopp“ sagen, wird diese Kausalkette aus gefühlter Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft nur eines bleiben: Heuchelei! Und die wird auf dem Rücken der Völker Afrikas und Europas ausgetragen.
Kommen wir auf unser Eingangsbild mit den Sanitätern zurück und schauen nicht nach den schreienden, sondern den stillen, tiefen Problemen, also den Ursachen der Erkrankungen der Gesellschaften in Europa und Afrika, die sich momentan in so fataler Weise gegenseitig die Hände um den Hals pressen. Statt einen Freihandelsvertrag mit der EU, der nur der produktiveren und durch Subventionen bevorteilten europäischen Seite nützt, sollten insbesondere die landwirtschaftliche Produktivität Afrikas durch Exporthilfen verbessert werden.
Es ist absurd, dass Afrika, dessen riesige Flächen die Welt ernähren könnten, auf Lebensmittelspenden oder -importe aus Europa angewiesen ist. Es gälte außerdem, Know-how nach Afrika zu bringen und die Unterstützung korrupter Regime umgehend einzustellen. Entwicklungshilfe muss an Entwicklung gekoppelt werden und darf nicht endlos fließen. Europa sollte auch endlich damit beginnen, sich von der Idee der ewigen Schuld zu lösen, die man während der Kolonialzeit angehäuft habe, ohne zu vergessen, was damals geschehen ist.
Kein afrikanisches Land strebt ernsthaft danach, zurück in die Zustände vor der Kolonialisierung zu gelangen. Straßen, Schienen, Fabriken, Schulen und Städte will man haben, am besten solche, wie in Europa. Wer hier bei uns etwas anderes predigt und das Streben nach Entwicklung und Wohlstand verteufelt, möchte Afrika in Wirklichkeit klein halten und auf ewig alimentieren, um Macht über seine Menschen zu behalten.
Und Europa? Unsere Probleme im Zusammenleben sind immanent – und das, obwohl wir uns für so unglaublich fortschrittlich halten, obwohl wir jede Menge supra-staatlicher Organisationen haben und Weltmeister im Pläneschmieden sind. Unser Hang zum Etatismus und der sich daraus ergebenden immer stärker werdenden Übergriffigkeit von Bürokratie und Politik in unsere Leben sind es, die uns schrumpfen lassen. Aber das ist Stoff für einen eigenen Artikel, ja, eine Artikelserie! Migration zuzulassen, ist eigentlich eine logische Konsequenz des Strebens nach Freiheit. Unsere Probleme jedoch kann sie nicht lösen. Im Gegenteil.
Es wird Zeit, dass wir Afrika loslassen, damit es auch uns loslassen kann. Machen wir so weiter wie bisher, erwürgen wir uns gegenseitig.
Dieser Beitrag erscheint auch auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.