„Brat“ ist der Sommer-Trend der Generation-Z, hat aber nix mit Braten zu tun. Kamala Harris und Angela Merkel sind auch dabei.

Auch wenn wir uns mittlerweile dem Spätsommer nähern, möchte ich Ihnen noch einen weiteren Sommertrend der Gen-Z präsentieren: 2024 ist der sogenannte „Brat Girl Summer“ („Rotzgören Sommer“). Der Ausdruck stammt vom Albumcover der Künstlerin Charlie XCX (siehe Foto), die mit ihrem Song „Apple“ einen viralen Hit startete.

Kennzeichnend ist die Farbe Grün. Um genau zu sein und nicht überraschend: Apfelgrün. Falls Sie zufällig über einen TikTok-Account verfügen, geben Sie mal das Stichwort „Brat“ ein und beobachten Sie, was Ihnen in den Feed gespült wird (hier nur ein Beispiel). Ganz anders als Barbie Core, Clean Girl oder das Vanilla Girl, die ebenfalls auf TikTok gehypt wurden, präsentiert sich das Brat Girl weniger typisch mädchenhaft und weniger auf Perfektion ausgerichtet. Es ist frecher, unabhängiger, chaotischer und cooler.

Sozusagen die feministische kleine Schwester der bisherigen Trends.
Selbstbewusstsein, Unbeschwertheit und Provokation sind die neuen Schlagworte. Auf mich wirkt er ein wenig zu gewollt trotzig, ein bisschen zu sehr wie Pippi Langstrumpf. Auch die Outfits der Brat Girls lassen auf eine „Null-Bock“-Stimmung schließen.

„Coconut-pilled“

Laut der Sängerin Charlie XCX ist man ein Brat Girl, wenn man eine „Packung Kippen plus Bic Feuerzeug bei sich hat und ein weißes Trägertop ohne BH trägt.“ Die 2000er scheinen zurück zu sein. Weite Hosen, knallige Farben, cropped Oberteile, kurze Röcke und auffällige große Schmuckstücke stehen auf dem Plan. Und natürlich darf auch eine Sonnenbrille nicht fehlen. „Unkonventionell“ lautet das Stichwort. Also schon durchdacht. Als Brat Girl lässt man sich nicht vollkommen gehen. Genau wie bei den Outfits der Clean Girls steht auch hier eine Taktik dahinter – wie bei jedem anderen Trend auch.

Und was wäre ein Trend ohne entsprechende Style- und Personality-Vorbilder? Das wohl bekannteste Brat Girl neben der Sängerin des Brat-Songs Charlie XCX – ist …Trommelwirbel… Kamala Harris. Ja, Sie haben richtig gehört. Die Präsidentschaftskandidatin gilt bei vielen Gen-Z-Angehörigen als cool – oder sollte ich lieber sagen, sie gilt als „Brat“. Ihre Memes gingen viral, nachdem Charlie XCX postete „kamala IS brat.“ Statt Trump verehrt die Gen-Z anscheinend Kamala Harris. Da heißt es zum Beispiel „kamala for president 2024“. Harris‘ offizielles X-Wahlkampfkonto Kamala HQ hat ein Titelbild im Stil des Brat-Albums – ihr Social Media Auftritt scheint erfolgreich. Der Tweet hat ihr enorme Präsenz verschafft.

In einem Beitrag des Deutschlandfunks schreibt eine Kommentatorin: „Kombinationen aus einem Palmen-Emoji, einer Kokosnuss und der US-Flagge sind zum viralen Erkennungssymbol der Unterstützerinnen und Unterstützer von Kamala Harris geworden.“ Warum gerade diese Emojis? 2023 hielt Harris eine Rede im Weißen Haus und erzählte, was ihre Mutter einmal zu ihr gesagt hatte: „Sie sagte zu uns: ‚Ich weiß nicht, was mit euch jungen Leuten los ist. Glaubst du, du bist gerade von einem Kokosnussbaum gefallen?‘“ Gemeint war damit, dass man sich darüber bewusst sein sollte, dass bereits vor einem selbst zahlreiche Generationen existiert und Dinge geschaffen haben. Daher kommt auch der Ausdruck „Coconut-pilled“, der ebenfalls des Öfteren in den sozialen Netzwerken auftaucht und von Kamala Harris‘ Unterstützern genutzt wird. Doch wie immer kann man nicht pauschal darüber urteilen, ob Harris tatsächlich beliebter als Trump bei der Gen-Z ist.

Merkel als Brat Girl

Newsweek veröffentlichte am 6. August folgenden Artikel: „Die jüngste landesweite Umfrage von SurveyUSA, die zwischen dem 2. und 4. August durchgeführt wurde, zeigt, dass Trump bei den Wählern im Alter von 18 bis 34 Jahren –  zu denen die Generation Z und einige Millennials gehören – mit vier Prozentpunkten Vorsprung führt. 50 Prozent unterstützen den ehemaligen Präsidenten und 46 Prozent Harris. Weitere vier Prozent waren unentschlossen oder gaben an, sie würden einen anderen Kandidaten wählen.“

Befragt wurden insgesamt 1.950 Personen – 1.668 davon waren wahlberechtigt. Doch auch hier sollte man Vorsicht walten lassen. Die zweiwöchige Tracking-Umfrage bis zum 21. Juli von Civiqs ergab beispielsweise, dass 18 bis 34 Jahre alte Wähler Harris bevorzugten. Sie erhielt 57 Prozent der Stimmen, Trump hingegen nur 37 Prozent. Es bleibt spannend, zumal Newsweek auch festhielt, dass laut dem Pew Research Center unter 30-Jährige in den USA kaum wählen gingen. 2016 waren es nur 13 Prozent.

Im Übrigen ist auch Angela Merkel ein Brat Girl. Wegen eines grünen Hosenanzugs, den sie bei den Bayreuther Wagner-Festspielen getragen hat, wurde sie von einer TikTok-Nutzerin als „the original brat“ bezeichnet. Und darunter unter anderem das Hashtag #angiepleasecomeback – so schnell kann man als Stilikone gelten.

Trotz des globalen Hypes ist der Trend vorwiegend in den USA zu Hause. Wie könnte es auch anders sein mit den anstehenden Präsidentschaftswahlen und dem Hype um Kamala Harris? Medial wurde er in Deutschland zwar ebenfalls aufgegriffen, scheint aber nicht die Bekanntheit zu erlangen wie etwa die „Talahons“.

Marie Wiesner, geb. 1999 in Sachsen, ist gelernte Ergotherapeutin.