Redaktion / 21.03.2025 / 06:15 / Foto: Montage achgut.com / 112 / Seite ausdrucken

Vor der Wahl – Merz. Nach der Wahl – April, April!

Viele CDU-Mitglieder haben für Schuldenbremse und Politikwechsel Wahlkampf gemacht, doch die Parteiführung steuert nun einen gegenteiligen Kurs. Den Unmut vieler Mitglieder bringt der Brief eines CDU-Stadtverbands auf den Punkt: "Wir fühlen uns betrogen".

Heute stimmt der Bundesrat über die Grundgesetzänderung für die Rekordschulden und die Erwähnung der "Klimaneutralität" als Finanzierungsziel ab. Die Zustimmung der Zweidrittelmehrheit gilt als ziemlich sicher. Einer, der das "Durchwinken" hätte verhindern können, Bayerns Freie-Wähler-Chef und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, hatte bereits zwei Tage vor der Abstimmung im Bundesrat kapituliert, obwohl er seine inhaltliche Ablehnung des schwarzrotgrünen Schuldenplans weiterhin betont.

Doch hauptverantwortlich für diesen Beschluss sind vor allem CDU und CSU, denn sie haben im Wahlkampf das Gegenteil versprochen. Daran haben nicht nur viele Wähler geglaubt, sondern auch die eigenen Parteimitglieder. Was sagen die dazu?

"Wir fühlen uns von Ihnen betrogen und blicken mit noch größerer Sorge als zu Ampel-Zeiten in die Zukunft Deutschlands". So endet ein Brief, den der CDU-Stadtverband aus dem sächsischen Naunhof an den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz geschrieben hat. Geschrieben und vorab per E-Mail wurde der Brief am Tag vor der Bundestagsabstimmung, also am 17. März. Die Christdemokraten aus Naunhof gingen offenbar davon aus, dass es nicht genügend Abweichler unter ihren Parteifreunden im Bundestag geben würde, die gegen den neuen Kurs der Fraktions- und Parteiführung stimmen. 

Aber sie geben eine Stimmung wieder, die sicher viele engagierte CDU-Mitglieder umtreibt. Gerade die, die in den Wochen des Wahlkampfs direkt und persönlich bei den Bürgern um Stimmen für die CDU warben, die den Einsatz ihrer Partei für einen Politikwechsel und gegen überbordende Neuverschuldung durch Schattenhaushalte versprachen. Die bekommen jetzt sicher viel Unschönes von CDU-Wählern zu hören, gerade in kleineren Städten und Orten, wo jeder jeden kennt, bzw. jeder die Engagierten kennt, die auf der Straße Wahlkampf gemacht haben.

Der Stadtverband Naunhof jedenfalls hat in seinem Brief an die Parteiführung, den wir hier dokumentieren, prägnant und deutlich gesagt, was er vom Merzschen Kurswechsel weg vom Politikwechsel hält: 

"Wahlbetrug, Legislaturperiodentrickserei und Schuldenkanzler

Sehr geehrter Herr Bundesvorsitzender,

wir hier im CDU-Stadtverband Naunhof bei Leipzig waren jahrelang Ihre Unterstützer und haben mit Ihnen nach den teilweise problematischen Merkel-Jahren auf eine realistischere und erfolgreichere CDU-Politik gehofft. Auch Ihr energisches Eintreten Ende Januar 2025 für eine echte Migrationswende hat uns beeindruckt. Um so enttäuschter sind wir jetzt von Ihrer 180 Grad-Wende in der Finanzpolitik und die Übernahme links-grüner Positionen zum Schaden Deutschlands.

Im Wahlprogramm der CDU zur Bundestagswahl 2025 hieß es noch: Wir halten an der Schuldenbremse des Grundgesetzes fest, denn die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen von morgen. Mit einer Reform würde man gegen die Generationengerechtigkeit verstoßen, weil unsere Kinder und Enkel mit Schulden belastet werden.

Stattdessen kommt jetzt ein XXL-Schuldenpaket, dass die Staatsverschuldung Deutschlands mit einem Schlag von bisher 2,5 Billionen EUR auf 3,5 Billionen EUR erhöhen wird. Die zusätzlichen Milliarden werden zum Ende aller Spar- und Endbürokratisierungsbemühungen führen, da künftig der finanzielle Druck entfällt. Bequeme Schulden statt unbequemer Reformen für Politiker, die nur an ihr eigenes Amt und die laufende Legislaturperiode denken. Die Staatsquote wird sich weiter erhöhen und die wirtschaftlichen Aktivitäten weiter erschweren, wie es z.B. die dramatische Erhöhung der Bauzinsen während der letzten Tage zeigt. Der weitere Niedergang Deutschlands ist vorprogrammiert.

Wir dürfen Ihnen hier ganz deutlich sagen:

1. Wir halten dies für einen eklatanten Wahlbetrug, wie es ihn in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bisher noch nicht gegeben hat.

2. Die geplante Legislaturperiodentrickserei mit der Noch-Verabschiedung im alten abgewählten Bundestag ignoriert den Wählerwillen und delegitimiert die Demokratie.

3. Sie werden der größte Schuldenkanzler in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland werden, ein in unseren Augen sehr zweifelhafter Ruhm.

Im Ergebnis dürfte Ihre Kanzlerschaft schon vor deren Beginn gescheitert sein. Wir fühlen uns von Ihnen betrogen und blicken mit noch größerer Sorge als zu Ampel-Zeiten in die Zukunft Deutschlands.

Mit freundlichen Grüßen

CDU-Stadtverband Naunhof"

Foto: Montage achgut.com

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Leserpost

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Harald Hotz / 21.03.2025

Manche Menschen haben den Staatszweck oder auch den Zweck von Politik und Parteien offensichtlich noch nicht verstanden, oder sie haben jedenfalls ein völlig antiquiertes Bild davon. Nach 1945 war der Staat mal gedacht als Gemeinschaftsprojekt zu Förderung des allgemeinen Wohlstands, zur Organisation eines gedeihlichen demokratischen Zusammenlebens, zum Ausgleich unterschiedlicher Interessen, zur Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit etc. und die politischen Parteien sollten die unterschiedlichen Interessen der einzelnen Bevölkerungsgruppen repräsentieren und in den öffentlichen und parlamentarischen Diskurs einbringen, um einen gerechten Ausgleich zu erreichen. Im postdemokratischen Staat geht es vielleicht garnicht mehr um die Bürger, ihre Interessen, das Land, sondern nur um ein Renditeprojekt. Ein Kartell findet sich zusammen, um das von den Bürgern erarbeitete Vermögen abzuschöpfen. Es handelt sich beim postmodernen Staat vielleicht nur um ein als Demokratiesimulation getarntes Unternehmen. Die Kunst dabei ist aber: der Parasit muß den Wirt am Leben und bei Laune lassen, wenn die Rendite weiter sprudeln soll. Auch die Mafia wird dem Pizzabäcker den Laden nicht vollständig demolieren, wenn sie weiter Schutzgeld von ihm erpressen will. Ein Teil der hiesigen politischen Klasse hat das anscheinend vergessen ;-)

Emilie Leuteringer / 21.03.2025

Sehr geehrter CDU-Stadtverband Naunhof, was bezwecken Sie eigentlich mit Ihrem offenen Brief? Öffentlich machen, dass Sie mit der ganzen Sache nichts zu tun hätten? Das ist doch nur die konsequente Fortsetzung der Merkel-Politik? Und die haben Sie doch auch schon 16 Jahre lang unterstützt? Wenn Ihre Sorge ehrlich wäre, dann würden sie jetzt geschlossen ihren Partei-Austritt erklären! Denn das, was Sie fordern, finden Sie bei der CDU nicht, schon lange nicht! Die CDU ist weder von außen noch von innen reformierbar. Wenn Sie sich der AfD schon nicht anschließen wollen, wie wäre es dann mit einem massenhaften Eintritt in die Werte-Union von Herrn Maaßen? Da finden Sie bestimmt die Werte, die Sie zu Recht bei der Merz-CDU vermissen. Für alle CDUler, die die Schnauze voll haben von der CDU eines Merz, eines Wüst, eines Günther und wie die Merkelianer alle heißen: wechselt in die Werte-Union oder die AfD. Dort findet ihr Grundgesetz-Treue, Rechtsstaatlichkeit, Ernsthaftigkeit bzgl. des Wählerauftrags, Demokratietreue, Akzeptanz bei unserem bedeutendsten politischen Partner USA. Oder tut das nicht und versinkt mit Merz und Konsorten im korrupten rotlinksgrünen Sumpf und letztendlich im Krieg mit Russland. Ihr habt die Wahl.

Robert Schleif / 21.03.2025

@ Felix Händel: Die Millarden für die (ausländischen) Rüstungsbonzen und die mit der Geschäfts- und Kreditanbahnung beauftragten Finanzhaie begrüßen Sie? Sie zittern auch vor der unmittelbar bevorstehenden russischen Invasion, obwohl Putin nicht mal mit der kleinen Ukraine fertig geworden ist? Sie glauben Merz, dass die Lage noch nie so ernst war, wie jetzt? Dass die Aussicht auf einen baldigen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen eine derartige Gefahr und „neue Lage“ darstellt, dass sie exorbitanteste Hochrüstung („Whatever it costs“) und neue Atomwaffen-Doktrin rechtfertigt? Und was wollen Sie – unter Inkaufname des wirtschaftlichen und sozialen Ruins und gar eines Dritten Weltkrieges – eigentlich verteidigen? Selenskyj? Unsere Werteordnung? Buntschland? Ich versichere Ihnen als Zeitzeuge der letzten zwei Jahrzehnte der sowjetischen Besatzung: Es war bloß ein gaaanz kleines bisschen schlimmer, als es jetzt ist.

Gert Lange / 21.03.2025

Und trotzdem treten die CDUler aus Naunhof nicht aus der CDU aus, oder?

Ulla Schneider / 21.03.2025

Die sind hier völlig hilflos. Da ist nix mehr. Merkels Jahre haben Blei über die Synapsen gelegt. Und Blei ist giftig,zumindest fürs Nachdenken. Pferdeschwanz und dünne Beinchen machen keine Kämpfer. Vorbei, vorbei. Der Untergang begann mit dem Ende der BW. Nur als ein Beispiel: Um 6 Uhr aufstehen bedeutet Disziplin und das regelmäßig. Es schult die Überwindung des inneren Schweinehundes. - Heute gibt es die zweite Welt: Daddeln, knabbern und herumsitzen. Prost! - Tja, und Anton turnt von Quasselrunde zu Quasselrunde und erzählt den Ungläubigen mit großen Augen, daß das Paket schon stand,  mit der Ampel. Hatte er doch angekündigt der gute Friederich “das war ein arger Wüterich” H.Hoffmann, gegen die Afd.

JMoennig / 21.03.2025

Viele scheinen das schon vor den Wahlen geahnt zu haben, denn 28 Komma% sind ein schlechtes Ergebnis. Wieso hat das der CDU-Stadtverband Naunhof bei Leipzig nicht geahnt und einige andere CDU Mitglieder, die sich jetzt empören und zB austreten? Man sollte doch , wenn schon nicht wissen, so doch zumindest ahnen was in der eigenen Partei läuft. Das schien ja fast ein offenes Geheimnis zu sein , wie es nach den Wahlen laufen wird. Oder wollen diese Leute ihre Hände einfach nur in Unschuld waschen?

Stefan Ahrens / 21.03.2025

Wann werden wohl ganze CDU-Ortsverbände meutern oder geschlossen zu einer anderen Partei übertreten? Das wäre doch mal ein „Zeichen“!

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