Wolfgang Meins / 18.07.2019 / 11:00 / 28 / Seite ausdrucken

Von Leichtmatrosen und Kapitänen

Als kürzlich Außenminister und Leichtmatrose Maas allen Ernstes erneut eine „europäische Lösung“ für die aus „Seenot“ geretteten Migranten forderte, glaubte ich unter Halluzinationen zu leiden, was sich leider als unwahr herausstellte. Dass dann ausgerechnet Innenminister Seehofer ebenfalls sein Herz für die immer wieder unverschuldet in Seenot geratenen Migranten entdeckte, besserte meinen seelischen Zustand nicht.

Zumal parallel dazu unsereiner auch noch gequält wird mit Aussagen von Käpt‘n Rackete, die darauf hinaus laufen, dass es sich bei den in Libyen befindlichen Migranten in spe um Menschen handele, die auf jeden Fall per Boot gen Europa aufbrechen würden, egal ob nun Seenotretter unterwegs seien oder nicht. Überhaupt kommen Pull-Faktoren jeglicher Art in der Vorstellungswelt unserer Seenotretterin offenbar nicht vor.

Die Argumentation von „Seenotrettern“ und ihren diversen Unterstützern ist entweder bloß verlogen oder gar rassistisch. Verlogen, weil man in Wirklichkeit als No-Border-Aktivist von Herzen will, dass alle, aber auch wirklich alle, die es wünschen, zu uns kommen. Einige trauen sich durchaus, das auch offen zu fordern. Was ja legitim ist, wenngleich aus vielen Gründen leider völlig unbedarft. Andere trauen sich das nicht so offen zu sagen und verstecken sich lieber hinter der moralischen Maske des edlen Seenotretters.

Wenn sie aber tatsächlich glauben, dass der Schwarzafrikaner gänzlich unabhängig von der Wahrscheinlichkeit, Europa lebend zu erreichen, aus seiner Heimat gen Libyen und von dort gen Italien aufbricht, dann ist das schlicht rassistisch. Denn damit wird unterstellt, dass für den geistig offenbar unterbelichteten potenziellen Migranten aus Schwarzafrika nicht gilt, was ansonsten wirklich für nahezu alle Menschen gilt: dass die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Verhaltens sehr stark von den Konsequenzen abhängig davon ist, ob es belohnt oder bestraft wird, ob der Tod wartet oder eine Rettung samt eines Tickets ins gelobte Land.

Lehren aus Australien

Man braucht zu diesem Thema auch gar nicht lange zu theoretisieren. Es gibt dazu nämlich einen großen Feldversuch in Australien. Als vor einigen Jahren die damalige Labour-Regierung die per Boot von Sri Lanka, Bangladesh, Indonesien oder Anderswo aufgebrochenen Migranten zur Prüfung ihres Asylbegehrens auf das australische Festland ließ, schwoll die Zahl der ankommenden Boote zügig und drastisch an. Erst als Labour darüber abgewählt wurde und die neue liberalkonservative Regierung die Parole ausgab und umsetzte, dass jeder, der illegal per Boot versuche, Australien zu erreichen, nie einen Fuß auf den Kontinent setzen werde, gingen die Ankünfte der Schlepper-Boote rasch zurück bis auf null – anhaltend bis heute.

Interessanterweise – und in Deutschland wahrscheinlich nicht zur Kenntnis genommen – wurde kurz nach dem erneuten Wahlsieg der Liberalkonservativen im Mai dieses Jahres ein größeres Fischerboot aus Sri Lanka mit illegalen Migranten an Bord vom australischen Grenzschutz aufgebracht. Das Schiff war noch während des australischen Wahlkampfes, in dem es durchgehend so aussah, als würde die Labour Party einen haushohen Sieg einfahren, in Sri Lanka gestartet. Man setzte ganz offensichtlich darauf, dass Labour nach dem Wahlsieg beim konsequenten Umgang mit illegaler Migration wieder einknickt. Stattdessen erfolgte bereits einige Tage später, von einer Pazifikinsel aus, der Heimflug nach Sri Lanka. Seitdem herrscht wieder Ruhe an der Bootsfront.

Aber die jüngere australische Geschichte weist noch auf ein weiteres Problem im Umgang mit illegaler Migration hin. In dem Moment, wo ein Zielland die Regeln ändert, gibt es Verlierer. Nämlich die Migranten, die sich gerade aufgemacht haben und dann irgendwo stranden. Das Zielland sollte dann versuchen, für die Gestrandeten einen Ausweg zu finden, etwa die Finanzierung ihrer Rückkehr. Man darf aber nicht einknicken, trotz eines enormen Drucks, der weltweit durch die moralisch Bessergestellten aufgebaut wird. Ansonsten nämlich würde das ganze Drama wieder von vorne losgehen.

Bekämpfung von Fluchtursachen durch die EU?

Das australische Beispiel zeigt, dass illegale Migranten durchaus sehr lernfähig sind, und zwar in beide Richtungen. Die von den Zielländern ausgesandten Signale müssen aber eindeutig sein und das auch bei Gegenwind bleiben. Sie sollten nicht in Verbindung gebracht werden mit irgendwelchen größenwahnsinnig anmutenden Plänen, die meist hinter Überlegungen zur „Bekämpfung der Fluchtursachen“ stehen. Beispielsweise ist es trotz riesiger jahrelanger Transferzahlungen der EU nicht gelungen, Süditaliens Rückständigkeit wesentlich zu bessern, von Griechenland mal ganz abgesehen. Zu glauben, dass nun ausgerechnet die EU in der Lage wäre, in Nordafrika Projekte auflegen zu können, die in großem Umfang auch Arbeitskräften aus Schwarzafrika eine Perspektive bieten, mutet schlicht grotesk an.

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Leserpost

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Marcel Seiler / 18.07.2019

Autor Wolfgang Meins hat recht: So einfach ist es. – Die europäischen Linken und viele andere wollen aber die Migrantenkrise nicht lösen. Ihnen geht es um den Kampf gegen die westlichen Gesellschaften. Die Migranten benutzen sie nur beim Versuch, diese Gesellschaften moralisch zu diskreditieren. Wenn Migranten ertrinken, dient das genau diesem Anliegen. Einsicht in die vom Autor dargelegten Zusammenhänge darf man daher von der Linken nicht erwarten.

Alexander Mazurek / 18.07.2019

Frau Rackete & Friends von diversen NGO’s betreiben nur eine Art Shuttle-Service, die Position/Haltestelle ihrer Schiffe sind dank GPS und Internet z. B. über http://www.vesselfinder.com auffindbar und können gezielt angesteuert werden. So sieht moderner Menschenschmuggel aus, vom Staat bzw. der EU mindestens nur geduldet.

Maria Czerny / 18.07.2019

Da Sie in diesem Zusammenhang wieder auf Kapitän(-in)  Rackete hinweisen, möchte ich dazu nur einmal auf etwas bemerken. “Rackete” entspricht meiner Meinung nach nicht einem falsch geschriebenen deutschen Abwehrgeschoss,  sondern leitet sich vermutlich aus dem ungarischen Begriff “racket”, gesprochen “razket”,  für Schläger im Sinne eines Schlaggerätes her. Und daraus könnte man doch eine Motivation für ihr versuchtes schlagkräftiges Handeln ableiten. Und außerdem ist die ganze Angelegenheit damit eigentlich eine Sache für den Orban ;-))

Ilona G. Grimm / 18.07.2019

@Arno Besendonk: Nein, nein, Sie irren sich! Die UNO hat kürzlich ermittelt und mitgeteilt, dass Deutschland 240 Mio. Menschen unterbringen kann. (Von Versorgung habe ich nichts gelesen.) Warten Sie mal, bis Angela Merkel zur UNO Generalsekretärin gewählt worden ist; dann werden wir’s schon erleben. Nach EU-Uschis und AKKs Beförderungen ist das unumgänglich.

Volker Seitz / 18.07.2019

Unsere Politiker und Chefchristen ( im Gegensatz zu manchem afrikanischen Bischof) merken es nicht einmal. Der Verein Sea-Watch hat eine gute Geschäftsidee und lebt sehr gut von den Spendengeldern. Den Unterhalt der Migranten nach der Übergabe in Italien oder Malta soll dann der EU Steuerzahler übernehmen. Wollte Frau Rackete nur Leben retten, dann wäre es doch auch eine Option die Menschen in den nächsten tunesischen Hafen zu bringen. Tunesien ist keine Diktatur. Migranten - das könnte man durch das Abhören afrikanischer Sender im Internet wissen- werden durch diese Rettungsschiffe erst ermutigt, sich auf einen gefahrvollen Weg zu begeben, der leider viel zu oft in einer Katastrophe endet. Darüber sollten sich die Verantwortlichen der Seenotretter und ihrer Unterstützer in Politik und Kirchen Gedanken machen. Sie sind verantwortlich für diese Fluchtphase unglücklicher Menschen auf seeuntüchtigen Booten. Und nicht nur das: dieses subversive Handeln gegen unsere Gemeinschaft wird uns alle, speziell unsere Jugend noch teuer zu stehen kommen.  Nicht zu vergessen, es kommt nicht nur in Italien schlecht an, von uns Deutschen ständig Moral gepredigt zu bekommen.

Karin Brandl / 18.07.2019

Und es muss sich halt auch Mal einer trauen zu sagen , ja, dann müssen sie eben ertrinken. Bei den DDR Flüchtlingen habe ich eigentlich nie Mitleid gehort.

Gottfried Meier / 18.07.2019

Wikipedia: Australien ist dünn besiedelt. Es hat etwa 25,3 Millionen Einwohner. Australien ist eines der wohlhabendsten Länder der Welt. Beim Index der menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen nahm es 2016 den zweiten Rang ein. Das Land verfügt über eine hochmoderne Service- und Dienstleistungsökonomie und über bedeutende Rohstoffvorkommen. Seine Kultur und Wirtschaftskraft machen es zu einem attraktiven Ziel für Migranten, jedoch ist die Einwanderung streng reguliert. Meine Ergänzung: Australien verfügt über intelligente und weitsichtige Politiker.

Martin Stumpp / 18.07.2019

Eines der Totschlag-Argumente der “Seenotretter” und ihrer Fans ist die Frage “Sollen die Menschen etwa absaufen?”.  Der Fragesteller geht in der Regel davon aus, dass er damit gewonnen hat. Er kommt allerdings in die Defensive, wenn man ihm erklärt, dass man in dieser Frage doch vermutlich ein und derselben Meinung sei und falls nicht, er doch bitte am nächsten Tag mit einem Köfferchen, Inhalt 1 Mio. €, vorbei kommen möge, ansonsten man sich gezwungen sehe Selbstmord zu begehen. Man kann sicher sein, er lehnt dies ab, weil er davon ausgeht, dass man die Drohung nicht wahr macht. Womit sein Argument hinfällig ist, denn jetzt erklärt man ihm, dass man selbstverständlich davon ausgeht, dass auch die Migranten ohne “Seenotrettung” ihre Drohung, sich in Seenot zu begeben, ebenfalls nicht wahr machen. Und dass dem so ist, dafür ist Australien das beste Beispiel. Man darf also die Frage des “Rettungsfan”, obwohl geschlossen, also keinesfalls mit einem Ja oder Nein beantworten. Im Zweifel ist die Diskussion spätestens dann beendet, wenn man den “Rettungsfan” bittet die Million doch am nächsten Tag vorbei zu bringen.

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