Candace Owens war ein Star der konservativen US-Medien, bis sie durch antisemitische Kommentare auffiel. Wer genau hinsah, konnte sie schon vorher als Mogelpackung erkennen.
Die US-Amerikanerin Candace Owens wurde zu einem Star der rechten US-Medien, als ich 2016 nach Berlin zog. Ich sah in der politischen Kommentatorin ein Vorbild und eine verwandte Seele. Als schwarze Frau ermutigte sie ihre eigene Community, ihre historische Loyalität zur Demokratischen Partei in Amerika infrage zu stellen und forderte den „Blexit“, den Austritt der Schwarzen aus einer Partei, die ihrer Meinung nach das Leid der Schwarzen nur ausnutzt, um Wählerstimmen zu gewinnen. Sie war schön, wortgewandt, mutig und charismatisch.
Etwa zur gleichen Zeit wurde ich in Deutschland zu einer medialen Kuriosität. Als eine der wenigen jüdischen Stimmen, die den Deutschen sagte, dass die Aufnahme muslimischer Migranten aus Ländern, die von Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit und Faschismus geprägt sind, keine Korrektur ihrer Nazi-Vergangenheit sei, sondern vielmehr eine gestörte Fortsetzung dieser Vergangenheit. Für einige, auch für Juden, war ich ein frischer Wind, vielleicht so wie Owens für schwarze Konservative, die selbstständig denken wollten und nicht so, wie es ihnen linke Organisationen für soziale Gerechtigkeit wie die NAACP (National Association for the Advancement of Colored People, Deutsch: „Nationale Vereinigung für die Förderung farbiger Menschen“) vorgaben.
Ich erinnere mich sogar daran, dass ich, als ich meine „Orit Arfa Show“ für Achgut startete, dazu neigte, sie mit der „Candace Owens Show“ zu vergleichen, die vom konservativen US-Mediengiganten Prager University (gegründet von Dennis Prager) produziert wurde. Sie befragte ihre Gäste leidenschaftlich, witzig und einfühlsam. Ich habe sogar ihr Buch „Blackout“ gekauft, das sie auf ihrem Instagram-Kanal bis zum Abwinken beworben hat.
Aber ich kam über die ersten beiden Kapitel nicht hinaus. Es las sich nicht wie die bodenständige, ehrliche Entwicklungsgeschichte einer konservativen schwarzen Frau, die von ihren Großeltern aufgezogen wurde. Es las sich eher wie ein Bewerbungsaufsatz für eine Elite-Universität, strotzend vor überflüssigen, großen Worten. Ich fragte mich, wie Schwarze aus ärmeren Vierteln damit überhaupt etwas anfangen sollten. Ich schickte es an Amazon zurück.
Den Ruhm Anderer aussaugen
Trotzdem gefielen mir ihre Videos in den sozialen Medien, wie zum Beispiel eine 18-minütige Brandrede nach den Unruhen um den Tod von George Floyd, in der sie Floyds Vorgeschichte mit Drogenmissbrauch und häuslicher Gewalt scharfsinnig skizzierte und uns deutlich machte, dass er kein Held war.
Etwa ein Jahr später schickte mir meine beste Freundin in Israel ein Instagram-Video aus dem Jahr 2021, in dem Owens mit ihrem wohlhabenden, gutaussehenden britischen Ehemann George Farmer durch die Straßen der Country-Hochburg Nashville fuhr, auf der Suche nach einer Werbetafel für ihre neue Sendung auf The Daily Wire, einem von Ben Shapiro mitbegründeten konservativen US-Mediennetzwerk. Owens spickte den Text mit Aussagen wie: „Kämpfe bei jeder Gelegenheit, um du selbst zu sein. Lass dich nicht einschüchtern. Authentizität ist Größe“, um ihre Selbstverliebtheit zu rechtfertigen.
„Es gibt niemanden, der so cool ist, dass er nicht ausflippt, wenn er sich nicht auf einer Plakatwand sieht“, sagte sie in dem Video. Eigentlich sind die Leute, die nicht ausflippen, die Leute, die es vielleicht tatsächlich verdienen, auf Plakatwänden zu sein. Meine Freundin wies darauf hin, dass sogar Owens eigener Mann von ihrer Überheblichkeit irritiert schien. Dann bemerkten wir ihre Angewohnheit, Prominente nicht nur zu kritisieren, sondern sie ständig öffentlich in Streitereien zu verwickeln, wie ein Parasit, der ihren Ruhm aussaugt, um noch berühmter zu werden. Wir folgten ihr beide nicht mehr in den sozialen Medien.
„Nicht gleichzeitig Gott und dem Geld dienen“
Unser Verdacht bezüglich ihrer mangelnden Aufrichtigkeit und Rechtschaffenheit bestätigte sich, als sie begann, die antisemitischen Tiraden des Rappers Kanye Wests zu verteidigen, etwa als er ankündigte: „I'm going death con 3 On JEWISH PEOPLE“ (auf Deutsch etwa: „Ich gehe bei jüdischen Menschen auf Alarmstufe Gelb.“) Owens verteidigte ihn, indem sie twitterte: „Wenn man ein ehrlicher Mensch ist, hat man diesen Tweet nicht antisemitisch gefunden.“ Nun, ich verstehe, wenn sie einen Freund nicht öffentlich kritisieren will, aber ein Monopol auf Ehrlichkeit zu beanspruchen? Das ist Narzissmus. Als jüdische und konservative Stimmen begannen, ihr Antisemitismus vorzuwerfen, nahm ihr ebenfalls jüdischer Unterstützer Dennis Prager sie in Schutz, indem er sagte, dass ihre Verdienste ihre Nachteile überwiegen und dass sie aus ihren Fehlern lernen sollte. Wie nett von ihm.
Offenbar haben Juden ihren erstaunlichen Aufstieg beschleunigt. Vor etwa sieben Jahren wurde Owens' Karriere zugegebenermaßen bei einem Treffen konservativer Entscheidungsträger ins Rollen gebracht, das vom David Horowitz Freedom Center (ins Leben gerufen vom gleichnamigen jüdischen Publizisten) veranstaltet wurde. Nachdem sie die Situation der Araber in Israel fälschlicherweise mit der ehemaligen Rassentrennung in den amerikanischen Südstaaten verglichen und angedeutet hatte, dass Israel einen „Völkermord“ begehe, weil es sich gegen die Hamas-Gräueltaten vom 7. Oktober verteidigt habe, bedauerte das Zentrum öffentlich, jemals an sie geglaubt zu haben.
Die Twitterwelt wartete ungeduldig darauf, dass Shapiro diesem Beispiel folgen würde. Owens hatte sich öffentlich mit diesem modern-orthodoxen Juden, ihrem Chef bei The Daily Wire, angelegt und unterstellte ihm, dass er sich mehr um Israel als um Amerika kümmere und nannte ihn „unprofessionell und verstört“. Es ist klar, dass sie projiziert. Um ihre christliche Basis anzusprechen, zitierte sie die Heilige Schrift, um sich als Märtyrerin gegen, wie es schien, geldgierige Juden darzustellen, und twitterte: „Niemand kann zwei Herren dienen. Entweder du hasst den einen und liebst den anderen, oder du bist dem einen treu ergeben und verachtest den anderen. Man kann nicht gleichzeitig Gott und dem Geld dienen.“
Shapiro überlistete sie mit: „Candace, wenn du das Gefühl hast, dass es irgendwie zwischen dir und Gott steht, Geld von The Daily Wire anzunehmen, dann kündige auf jeden Fall.“ Am 22. März gab The Daily Wire schließlich bekannt, dass die Zusammenarbeit mit Owens beendet sei, ohne die näheren Umstände zu benennen. Owens „feierte“ daraufhin in einem X-Post: „Ich bin endlich frei“, um dann gleich darauf ihre Fans um ... Geld zu bitten.
Keine Inspiration, sondern eine Warnung
Letztendlich sind es nicht ihre abstoßenden Äußerungen über Juden und Israel, die sie zum Paria machen, sondern ihr völliger Mangel an Integrität. Sie hat ihren Chef öffentlich beleidigt, während sie auf seiner Gehaltsliste stand. Sie wandte sich von der Nation einiger Menschen ab, die an sie glaubten und deren Erfolg sie großzügig für ihren eigenen ausgab.
Jetzt ist sie ironischerweise zu Locals gewechselt, einem Medium für unabhängige Autoren, die befürchten, wegen ihrer konservativen Ansichten keine Plattform zu bekommen. Sie wurde von zwei Juden gegründet, dem Medienunternehmer Dave Rubin und seinem israelischen Schwager Assaf Lev. Entweder weiß sie tief in ihrem Inneren, dass sie ohne brillante Juden im Rücken keinen Erfolg haben kann, oder sie stellt ihnen eine Falle, um sie als „Antisemitin“ abzusetzen, damit sie sich im Gegenzug gegen die „jüdische Medienkabale“ auflehnen kann.
Letztendlich bin ich froh, dass ich die Weitsicht hatte, sie schon vor ihrem antisemitischen Wahnsinn abzulehnen. Vielleicht geht mangelnde Integrität Hand in Hand mit Antisemitismus, denn der Hass auf die Juden spiegelt einen Hass auf die hebräische Bibel wider, die der Welt eine Moral der Ehre und Ehrlichkeit vermittelt hat.
Owens ist nicht länger eine Inspiration, sondern eine Warnung. Meine „Orit Arfa Show“ reicht nicht einmal ansatzweise an Owens' Popularität heran, aber das ist in Ordnung. Wahrer Erfolg entsteht nicht durch parasitäres Schaffen oder schlagzeilenträchtige Beleidigungen, sondern durch Demut, die das Produkt harter Arbeit, authentischer Leistungen und intellektueller Kämpfe um Ideen, nicht um Klicks, ist.
Orit Arfa, geb. in Los Angeles, lebte über 12 Jahre in Israel und schreibt regelmäßig für den Jewish News Service und andere jüdische Publikationen. Ihr erstes Buch, „Die Siedlerin“, behandelt die Folgen des Abzugs aus dem Gazastreifen; „Underskin“ ist eine deutsch-jüdische Liebesgeschichte.