Von Brockenpapagei, Grinsekatze und Koboldpfau

Aus aktuellem Anlass recherchierte das mediale Redaktionsnetzwerk Achgut (mRNA) der Achgut Mediengruppe in wissenschaftlichen Kreisen. Es ging um aktuelle Eponyme von Spezies mit Politikbezug.

Dieser Tage rauschte folgende Meldung durch die Medienlandschaft:

„Der kleine braune Hitler-Käfer (Anophthalmus hitleri) wird auch weiterhin nach Adolf Hitler benannt bleiben. Wie das Mitglied der Internationalen Kommission für Zoologische Nomenklatur (ICZN), Daniel Whitmore, erklärte, gab es bisher keine Anträge, wissenschaftliche Namen von Tierarten aus ethischen Gründen zu ändern – auch bei Anophthalmus hitleri nicht. Das Gremium, dem der Taxonomist vom Naturkundemuseum Stuttgart angehört, gibt die Regeln zur Benennung neuer Tierarten heraus.“

Laut Whitmore sei es „nicht unsere Aufgabe, darüber zu urteilen, ob Namen beleidigend oder ethisch nicht vertretbar sind, denn das ist eine sehr subjektive und persönliche Angelegenheit.“ Das gilt für den Hitler-Käfer wie auch für den Mussolini-Falter. „Etwa 20 Prozent der Tiernamen sind nach einer Schätzung der internationalen Kommission für zoologische Nomenklatur sogenannte Eponyme ­– Namen, die Personen ehren sollen.“, weiß GEO zu berichten.

Anlass für das mediale Redaktionsnetzwerk Achgut (mRNA), sich investigativ unter Wissenschaftler zu begeben, um in Erfahrung zu bringen, welche neuentdeckten Arten mit Eponymen aus der Welt der Politik bedacht wurden. Neben einer bisher unbekannten Art, die Jynx soederis getauft wurde, einem einzigartigen Wendehals, ist hier vor allem die Gemeine Grinsekatze (Felis scholzus) zu nennen, die zumeist einen an den Risus sardonicus erinnernden Gesichtsausdruck zur Schau trägt, bei anderen Gelegenheiten aber gar nicht weiß, wie traurig sie gucken soll. Bei der leisesten Andeutung von Gefahr schlägt sich die Grinsekatze schnurstracks in die Büsche und wird dementsprechend selten gesichtet. Pressfeinde hat die Grinsekatze nicht, legt aber dennoch meist ein passiv-aggressives Verhalten an den Tag.

Schrille, meist unverständliche Laute

Deutlich auffälliger ist der Psittacus ricardus, im Volksmund auch Brockenpapagei genannt. Die offenbar in einem Labor gezüchtete Kreuzung aus Papagei und Kolibri, die etwa 40-mal in der Sekunde wild mit den Flügeln schlägt und bis zu 22 Stunden am Tag redet (selbst im Schlaf!), hält sich bevorzugt in Fernsehstudios auf, die ihren natürlichen Lebensraum zu bilden scheinen. Auffällig ist die Diskrepanz zwischen Rumpflänge und Gewicht: der Brockenpapagei ist nur 14 cm lang, aber als ausgewachsenes Exemplar gut drei Kilo schwer.

Noch hektischer, mitunter orientierungslos, erscheint der Sciurus karlatanus, das omnipräsente „Eichhörnchen auf Ecstasy“. Das sich salzlos und hauptsächlich von Lachsfich ernährende Nagetier ist ähnlich vergesslich wie die meisten Eichhörnchenarten. Oft hält sich der Sciurus karlatanus, der früher nur in Gesellschaft von Fliegen wahrgenommen wurde, in der Nähe von Goldgruben auf, wo er auf fette Beute lauert. Unentwegt stößt er mit verstörtem Blick Warnrufe aus, auf die Menschen aber wegen der seltsamen Laute eher belustigt reagieren.

Im nördlichen Teil des amerikanischen Doppelkontinents entdeckten Biologen überraschend eine neue Spezies der Kraniche (Grus grus bidenus, „Asufutimaehaehfutbw“), die am Boden stets zu taumeln, zu stolpern und zu stürzen pflegt. Ältere Tiere schlafen bis zu 21 Stunden am Tag oder wirken jedenfalls so, zwischen den krächzenden Lauten liegen oft lange Pausen. 

Seit zweieinhalb Jahren beobachten Biologen vielerorts rund um den Globus den Pavo baerboccus, der unter dem volkstümlichen Namen Koboldpfau bekannt ist. Anders als bei anderen Pfauenarten ist es hier das Weibchen, das ein phänomenales Rad zu schlagen pflegt, vorzugsweise Richtung Jerusalem. Sein buntes Federkleid wechselt der Koboldpfau, dessen Gehirn mit nur 3 Gramm verblüffend wenig wiegt, mehrmals täglich und stößt dabei schrille, meist unverständliche Laute aus. Der Koboldpfau ernährt sich von Holefleisch, Speck der Hoffnung und Kerosinen. Er meidet das heimische Nest und die eigene Brut, ist am liebsten unterwegs. Sein Verbreitungsraum erstreckt sich weltweit, teilweise in bis zu hunderttausende Kilometer entfernte Länder. Es wurde allerdings nie mehr als ein Exemplar zeitgleich gesichtet.

Für unsere Rubrik „Achgut zum Hören“ wurde dieser Text professionell eingelesen. Lassen Sie sich den Artikel hier vorlesen.

Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten.

Foto: Montage achgut.com / pixabay.de

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Leserpost

netiquette:

Heiko Stadler / 20.05.2024

Es sind zwar nur Namen, aber es ist trotzdem eine Verhöhnung der Tiere. Tiere sind intelligente Wesen und kein Tier rottet seine eigene Art aus. Wenn Tiere in Gruppen zusammen leben, ist nicht das dümmste, sondern das klügste Tier das Leittier. Von Affen, Hunden, Katzen, Ratten und blauen Schlümpfen kann die Politik Vieles lernen.

alf graef / 20.05.2024

Lieber Herr Casula, denken Sie bitte daran. Sollte mich ein nicht enden wollender Lach&Schreikrampf; um die Ecke schubsen - trifft Sie als alleiniger Verursacher, die volle Schuld! LG

Klara Altmann / 20.05.2024

Herr Casula, Ihrer hervorragenden Beschreibung der Neobiotika und andererseits der von Deutschland ausgehenden invasiven Arten ist fast nichts mehr hinzuzufügen. Ihre Schilderung erinnert mich auch lebhaft an Douglas Adams “Die Letzten ihrer Art”, insbesondere an die Kakapo, flugunfähige Papageien in Neuseeland, die im Angesicht jeglichen Räubers einfach erstarren und sich darauf verlassen, dass er ein Adler ist. Und die bei der Paarung auf folgende fatale Schwierigkeit treffen: “Der Ruf des Männchens ist so tief, dass ihn das Weibchen, wenn es ihn hört, nicht genau lokalisieren kann – es hängt also vom Zufall ab, ob sich die beiden treffen.” Sie sehen also - man sollte die Hoffnung niemals aufgeben.

Roland Magiera / 20.05.2024

Unter den Wissenschaftlern ist nun ein heftiger Streit entbrannt, ob Pavo baerboccus nicht doch eher der Gattung: Dromaius zuzuordnen sei. Dromaius, auch als Emu bekannt, zeichnet sich durch große Augen aus, die alles sehen und von denen jedes einzelne größer als das Gehirn von Dromaius ist.

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