Gesellschaft der Smartphone-Begleiter

Am Testzentrum im Flughafengebäude hat ein Mensch aus Fleisch und Blut, der räumlich anwesend ist und von Angesicht zu Angesicht einen Test buchen möchte, ohne Smartphone keine Chance. Nur die digitale Kompetenz zählt.

Von Martina Binnig.

2. Januar 2022, Flughafen Köln/Bonn. 

Reges Treiben. Auch am Testzentrum im Flughafengebäude, das durch weiße Stellwände von der Check-In-Halle abgetrennt ist, finden sich kontinuierlich Reisende ein. Ich selbst bin nicht zum Reisen hier und habe Zeit, das Prozedere zu beobachten. Angeboten werden Schnell-, PCR- und Antikörpertests. Die Testwilligen müssen sich zunächst an einem Schalter anmelden und danach ein paar Schritte weiter zum Testen anstellen. Dazu ist eine vorherige Terminvereinbarung erforderlich, die jedoch vor Ort ausschließlich über einen QR-Code funktioniert, der am Eingang zum Schalterbereich auf einer Tafel prangt und abfotografiert werden muss. Es ist nicht möglich, am Schalter persönlich einen Termin zu buchen. Auch die Bezahlung muss online erfolgen.

Ein Mensch aus Fleisch und Blut, der räumlich anwesend ist und von Angesicht zu Angesicht einen Test buchen möchte, hat hier ohne Smartphone keine Chance. Er wird abgewiesen. Es reicht nicht aus, einen gültigen Personalausweis und entsprechendes Bargeld oder eine EC-Karte mit sich zu führen; nur die digitale Kompetenz zählt. Doch auch für diejenigen, die in der Lage sind, den QR-Code mit ihrem Smartphone zu erfassen, bedeutet der Vorgang einen beträchtlichen Aufwand: Zahlreiche persönliche Daten inklusive Passnummer müssen eingetippt werden. Dann muss der Bezahlvorgang abgewickelt werden, vorzugsweise über Paypal. Wenn alles korrekt vollzogen worden ist, erscheint zur Belohnung der QR-Code auf dem Smartphone, das in diesem Moment für nichts anderes einsetzbar ist. Jetzt heißt es, sich schnell am Schalter anzustellen. Hier wird von den Mitarbeitern der Code gescannt und in zwei Zettelchen umgetauscht, auf denen wiederum jeweils der QR-Code aufgedruckt ist. Ein Zettelchen darf der zu Testende behalten, das andere muss er bei den Testern abgeben.

Die einzige Dienstleistung, die die Mitarbeiter am Schalter erbringen, besteht darin, aus den Smartphone-Codes Code-Zettelchen zu generieren. Sämtliche andere Arbeitsschritte der Anmeldung müssen von denjenigen übernommen werden, die die Dienstleistung in Anspruch nehmen und bezahlt haben. Die persönliche Kommunikation von Mensch zu Mensch spielt keine Rolle; der digitale Ablauf ersetzt den direkten Kontakt. Die Testung selbst erfolgt dagegen dann in geradezu drastischer Körperlichkeit: Nur notdürftig blickgeschützt nehmen die zu Testenden, nachdem sie aufgerufen worden sind, auf einem Höckerchen in einer an der Seite offenen Kabine Platz. Sie sind die Einzigen im gesamten Flughafengebäude, die kurzzeitig ihre Maske absetzen dürfen und deren Gesicht für wenige Minuten zu sehen ist. Wer sich ebenfalls gerade in der Teststation befindet, wird unwillkürlich Zeuge eines medizinischen Eingriffs, der an ihnen vorgenommen wird. Das Testergebnis wird anschließend wiederum nicht vor Ort ausgestellt, sondern per Mail zugesandt.

Natürlich könnte ich die Szenerie auch ganz anders beschreiben. Ich könnte die Effizienz und Schnelligkeit des nahezu kontaktlosen Testvorgangs loben. Könnte die digitalen Möglichkeiten, die sich von Jahr zu Jahr erweitern, bewundern. Könnte die Beschleunigung des Digitalisierungsprozesses durch die Corona-Krise würdigend hervorheben. Zwar gehören technische Innovationen zum Menschen dazu, und ich lehne sie keineswegs generell ab. Ganz im Gegenteil. Aber Hand aufs Herz: Ist es nicht doch eine Kränkung, zu erleben, dass das eigene Smartphone wichtiger ist als man selbst? War es nicht doch schöner, als analoger Mensch zu reisen statt als unwesentlicher Begleiter seines Smartphones? Sind die Kontrollmöglichkeiten, die mit der flächendeckenden Nutzung von QR-Codes einhergehen, wirklich eher ein Fortschritt oder nicht doch eine immer unentrinnbarere Dystopie?

Übrigens: Habe ich schon erwähnt, dass ich selbst nur ein beinahe als historisch zu bezeichnendes Handymodell mein Eigen nenne?

Doch ich komme nicht umhin, die gegenwärtige Lektion zu lernen: Wer im Jahr 2022 kein Smartphone besitzt, mit dem er QR-Codes einlesen und vorweisen kann, hat sein Menschsein verwirkt.

Foto: Tom Sodoge tomsdg CC0 via Wikimedia Commons

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E. Franke / 06.01.2022

Ich scheine dann wohl zu einer ganz speziellen Spezies zu gehören. Ich besitze weder ein Smartes Telefon (ich habe auch noch nie eines besessen)  noch einen Impfausweis. Desweiteren habe ich das Online Banking wieder abgeschafft und freue mich mittlerweile darüber, einem charmanten Bankmitarbeiter meine ausgefüllten Überweisungsträger überreichen zu dürfen. Der schenkt mir dann sogar noch ein Lächeln gratis dazu. Das Geld, dass ich nicht mehr ausgeben darf, solange ich diesen Firlefanz nicht mitmache wird auch immer mehr. Gut so…. es kommen auch wieder andere Zeiten, soviel sei gewiss. Bereits als Kind hat es bei mir äußersten Wiederstand erzeugt, wenn mir jemand etwas aufzwingen wollte. Strafen waren da kein probates Druckmittel. Gerne zitiere ich hier mein heissgeliebte Großmutter aus Niederbayern: Ma muas ned jeden Schmarrn midmacha und a ned überoi dabei sei. Wünsche noch einen entspannten Abend allerseits.

L. Bauer / 06.01.2022

Frau Binnig, das haben Sie schon ganz treffend beobachtet. Auch wenn der Herr Knust und Herr Weimar das irgendwie noch nicht durchschauen. Der QR Code als Teil des Impfpasses ist in China schon völlig normal. Dort dürfen sie dann bestimmte Shopping malls, Kinos etc. sowieso, sogar bestimmte Stadtteile ohne scannen ihres Handys garnicht erst betreten. Da ist auch gar niemand mehr mit dem sie diskutieren oder nachfragen können. ID 2020 ist ja offiziell genug, in Kombination mit der WHO um sich da zu belesen. Ich habe mich auch immer lange gefragt, wenn Politiker von zügiger , großer Digitaligierung sprachen, wo es für mich denn so dringend nötig wäre im täglichen Leben. Das sie damit eben nicht das ummelden des Autos online meinten, dämmerte dann sogar mir irgendwann. Denn in Kombination mit der Abschaffung von Bargeld macht ID2020 erst richtig Spaß. Dann können sie garnichts mehr unbemerkt, nicht einmal einen gescheiten Furz lassen, denn ihr Smartphone hört heute schon mit. Und Herr Knust, der Trick ist ja auch der, alles kompliziert zu machen. Aber wenn Sie dann ihr Smartphone einsetzen dürfen, ist die Welt auf einmal wieder so schön einfach und so groß wie vorher. So schafft man bequeme Abhängigkeiten. Die sind schon viel weiter als wir und wir diskutieren hier noch. Das wird ziemlich bald, ziemlich schmerzhaft. Beste Grüße!

Emmanuel Precht / 06.01.2022

Ich habe nicht mal so einen “Handgehaltenen Computer mit Anruffunktion”. Ich habe nicht mal eine Telefon! Nur einen Rechner der über ein offenes WLAN mit dem WWW verbunden sein kann und jetzt ist. Wohlan…

Marc Greiner / 06.01.2022

Ich musste mir nach 9 problemlosen Jahren mit einem 2G-Handy ein neues zulegen, da 2G in der Schweiz abgeschaltet wurde. So habe ich mir vielleicht das letzte Tastenhandy mit 4G gekauft. Ich weigere mich einen Minicomputer zuzulegen der mich überwachen kann. Ein bekannter hat, nachdem er (wieder) ein neues Smartphone gekauft hatte, unaufgefordert und völlig überraschend eine Meldung vom BAG (Bundesamt des Grauens, äh, Gesundheit) bekommen, er habe sich in der Nähe einer “Infizierten” Person aufgehalten. Hier geht es nicht um technischen Fortschritt oder Gesundheit sondern um Überwachung und Steuerung. Je mehr sich dem verweigern umso besser für unsere Freiheit. Leider wird die Bequemlichkeit siegen.

Lisa D. Rygg / 06.01.2022

Die allermeisten, die bereitwillig ihr ganzes Leben auf dem Smartphone mit sich herumtragen, sind alles mögliche - nur nicht digital kompetent. Das zu sein bedeutet, die zugrundeliegende Technik, ihre Möglichkeiten und Risiken in Grundzügen zu verstehen und das eigene Nutzungsverhalten daraufhin auszurichten. Versuchen Sie mal, eine Diskussion über Datensicherheit zu führen. Die meisten “haben nichts zu verbergen”. Aber beim Vorschlag, einen Porno zu drehen und den dann hochzuladen, sieht’s dann schon anders aus… Keiner von denen würde die Bilder der eigenen Kinder mit Namen etc. auf ‘ne Litfaßsäule pinnen. Aber in soziale Medien gehören alle diese Dinge ‘rein!

Karla Kuhn / 06.01.2022

“Übrigens: Habe ich schon erwähnt, dass ich selbst nur ein beinahe als historisch zu bezeichnendes Handymodell mein Eigen nenne?  Doch ich komme nicht umhin, die gegenwärtige Lektion zu lernen: Wer im Jahr 2022 kein Smartphone besitzt, mit dem er QR-Codes einlesen und vorweisen kann, hat sein Menschsein verwirkt.” Mein Handy wird auch bald den Status “historisch” erreichen. Ich behalte es trotzdem so lange, bis es den Geist aufgibt. Ich unterwerfe mich auch keiner Code Pflicht.  Der Test kann problemlos an den versch. Teststationen AUßERHALB des Flughafens gemacht werden, KOSTENLOS ! Das MENSCHSEIN habe ich schon LANGE verwirkt !! Als “Aussätzige”, die mit der PEITSCHE behandelt werden muß, der man noch die erarbeitete RENTE wegnehmen will, die fast nur noch online einkaufen darf,  was ich übrigens sehr praktisch finde, zumal ich NUR auf RECHNUNG kaufe,  auch bei AMAZON möglich, und ich volle Kaufhäuser noch nie mochte, warte ich nur auf den Tag, an dem die GESCHÄFTSLEUTE pleite gehen, die sich dem ganzen Schwachsinn NICHT widersetzen. Fliegen geht auch mit dem GELBEN IMPFAUSWEIS. Es scheint genug Menschen zu geben, die sich diesem CODE widersetzen, offenbar um der STÄNDIGEN ÜBERWACHUNG zu entgehen. Die Spa-ka muß jetzte die gerichtlichen Vorgaben neuer GB umsetzen, dazu wurde mir ein CODE geschickt, den ich ablichten soll und fertig ist ( damit die “NACHHALTIGKEIT” gewährleistet ist) Nachdem ich angerufen und gesagt habe, ich will diesen CODE nicht, “Dann kommen Sie in die FIliale und unterschreiben Sie einfach. Aber lesen Sie bitte vorher die neuen Bedingungen.” Nur wieder pure VORSCHRIFT, die, wenn sie KEINER einhalten würde, in kurzer Zeit vom Tisch wäre. SO WIE ALLES, wenn sich nur genug Menschen NICHT unterdrücken lassen würden!

Lutz Herrmann / 06.01.2022

Und die Schwurbler reden von implantierten Chips. Braucht man offenbar nicht, wenn die Leute freiwillig ihre social credits überall per QR vorzeigen.

Markus Knust / 06.01.2022

Zitat aus dem Artikel: “Übrigens: Habe ich schon erwähnt, dass ich selbst nur ein beinahe als historisch zu bezeichnendes Handymodell mein Eigen nenne?” Eigentlich unnötig, dass war schon am Anfang des Textes klar. Ich habe mir gleich ein Lesezeichen gesetzt und freue mich auf die Kommentare, die unisono bekunden, ebenfalls ein uraltes Smartphone zu besitzen….oder gar keines. Was sich natürlich als Ausweis übermäßiger Intelligenz und Überlegenheit darstellen wird, ich feiere jetzt schon. Dabei schmeißen sie einem die Dinger heute nun wirklich hinterher, ist ja nicht so, als müsste man tausende Euro investieren, um dabei sein zu können. Wer kein aktuelles Smartphone besitzt, der möchte keines besitzen - Punkt. Es bemisst auch niemand den Wert eines Menschen danach, diese Larmoyanz ist wirklich atemberaubend komisch.  Die Welt wird jedenfalls nicht anhalten, um ein paar anachronistisch romantische Träumer zufriedenzustellen, womit auch immer. Deal with it.

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