Große Ereignisse werfen Ihre Schatten voraus. In zwei Jahren, voraussichtlich im Spätsommer 2017, gibt es die nächste Wahl zum Deutschen Bundestag. Und schon jetzt hat die Berliner Fernsehproduktionsgesellschaft der Holtzbrinck Publishing Group angekündigt, rechtzeitig vor dem Ereignis das Leben Angela Merkels in die Kinos zu bringen. Die Kanzlerin, sagt der Chef des Unternehmens, Walid Nakschbandi, „hat eine spannende Biographie. Sie ist charmant und weltweit bekannt. Sie erregt die Gemüter, sie mischt mit. Es wird Zeit, ihr Leben auch für ein weltweites Publikum zu verfilmen.“
Nimmt man den Produzenten beim Wort, dann steht uns ein Filmereignis ins Haus, das es mindestens mit dem Gandhi-Film von Richard Attenborough aufnehmen kann. Freilich war der indische Freiheitskämpfer damals, als die filmische Glorifizierung seines Lebens entstand, auch schon über drei Jahrzehnte tot. Zu der Oscar-Verleihung 1983 konnte man ihn nicht mehr einladen. Angela Merkel indes lebt und erfreut sich gottlob bester Gesundheit.
Ohne ihren Segen könnte die Kino-Saga über das Leben der mächtigsten „Mutti“ der Welt nicht entstehen; und sie hätte ihre Zustimmung wohl kaum gegeben, wenn sie es 2017 nicht noch einmal wissen wollte, nicht vorhätte, das Zepter weitere vier Jahre in der Hand zu halten.
Heute schon dürfen wir uns auf ein Wahljahr freuen, in dem das politische Entertainment alles übertrifft, was man sich bisher vorzustellen wagte. Gerhard Schröder mag da noch im Nachhinein blass vor Neid werden. Das Filmchen über seine Regierungszeit flimmerte erst über die Bildschirme, als er den Schreibtisch im Kanzleramt längst hatte räumen müssen. Selbst Margaret Thatcher wurde erst zur Leindwandfigur, als sie bereis dement war. Soweit will es Angela nicht kommen lassen. Mit „Agitation und Propaganda“ kennt sie sich aus. Dafür war sie schon in der FDJ, dem kommunistischen Jugendverband der DDR, zuständig.
Mögen die anderen, Grüne, Rote oder Blaue, Gift und Galle spucken, sie des Personenkults bezichtigen, die Kanzlerin und ihre Truppe wissen, wie man sich „charmant“ aufstellt, ohne die Leute mit der ernsthaften Erörterung drängender Probleme zu verschrecken. Selbst die Verteidigungsministerin hat sich ja unterdessen ein eigenes TV-Studio einrichten lassen, um besser ausgeleuchtet auf die Bildschirme zu kommen.
Bei diesem Vorlauf braucht es nicht viel Phantasie, sich die glamouröse Eröffnung des Wahlkampfs 2017 mit der Premiere des Merkel-Films auszumalen: Die Titelheldin auf dem roten Teppich Arm in Arm mit der Schauspielerin, von der sie dargestellt wird, umlagert von der internationalen Presse. Da wird Sigmar Gabriel froh sein müssen, wenn er noch eine Freikarte für die dritte Reihe ergattern kann.
Der Hype ist nicht zu toppen. Kaum dass die Meldung für das Filmprojekt heraus war, schossen die Spekulationen über die Besetzung der Hauptrolle ins Kraut. Von Katharina Thalbach über Veronica Ferres (die schon einmal die Kanzlerin in einer Liebesaffäre mit Sarkozy gab) bis zu Hape Kerkeling wird alles für möglich gehalten. Sogar Hollywood rückt dabei in greifbare Nähe. Böte die Bundestagswahl 2017 doch auch die Chance, für eine Nominierung des Merkel-Films zur Oscar-Verleihung zu votieren.
Und sage bitte niemand, dass das den Deutschen nicht am Herzen läge. „Mutti“ kennt ihr Volk. Sie weiß, worauf sie sich mit den Leuten vom Film einlässt. Eine Hand wäscht die andere. Business as usual in der geplünderten Demokratie.