Thomas Rietzschel / 11.02.2025 / 10:00 / Foto: K.I / 71 / Seite ausdrucken

Vom Ende des Mainstreams: Die Zeit ist reif 

Die Demonstrationen gegen Rechts sind bloß ein verzweifelter Versuch der Herrschenden zu retten, was nicht mehr zu retten ist. Es ist etwas Grundsätzliches in Bewegung: die Abkehr vom bisherigen Mainstream. Die Zahnpasta geht nicht in die Tube zurück.

Es spricht manches dafür, dass es so kommt, wie uns viele glauben machen wollen. Friedrich Merz wird nach seinem Wahlsieg in einer Koalition mit der SPD, den Grünen oder mit beiden zusammen wieder klein beigeben müssen, wie es die CDU bisher immer getan hat. Ebenso liegt aber auf der Hand, dass der provisorisch amtierenden Bundesregierung in die Karten spielt, wer diesen Teufel bereits vorab an die Wand malt. Nichts kann dem taumelnden Scholz-Verein lieber sein, als dass ihr politischer Kontrahent schon vor der Wahl als Umfaller entzaubert wird. Nachdem er gefährlichen Mut bewiesen hat, als er den Bundestag zu einer Abstimmung über die Abkehr von der bisherigen Flüchtlingspolitik nötigte, sind die alten Eliten in heller Aufregung. Sie schwirren panisch wie Wespen, in deren Nest gestochen wurde.

Denn: Ein bloß wahltaktisches Manöver war das nicht, womit Friedrich Merz die Abgeordneten auf die Probe stellte. Wer die Abstimmungen, die erfolgreiche sowie die gescheiterte, als ein solches herunterzuspielen versucht, will davon ablenken, dass das Ganze ein Zeichen war für etwas von grundsätzlicher Bedeutung, für die Abkehr vom bisher dominierenden Mainstream. Der Vorstoß wäre nicht denkbar gewesen, wäre die Zeit nicht reif für die Abwendung vom links-grünen Hedonismus, von der Leichtigkeit des Seins, auf die die sozialistisch und ökologisch indoktrinierten Eliten Anspruch erhoben, nachdem sie die Politik und mehr noch die Meinung der Bürger unnachgiebig dominierten. 

Es könnte sein, dass ihnen die Macht zu dieser Gleichschaltung des Denkens, dieser weltanschaulichen Alleinherrschaft, zusehends entgleitet und im Volk die Ahnung aufkommt, dass die Wortführer des multikulturellen Klassenkampfes, die antikapitalistisch Verblendeten sowie die ökonomisch unbeleckten Gutmenschen auf verlorenem Posten stehen, weil sie noch nie etwas zu sagen hatten, was zukunftstauglich gewesen wäre. Weil sie nichts vorweisen können, worauf sich bauen ließe, mag die Maulhelden die Furcht vor ihrem Abstieg am stärksten bedrängen. Daran ändern auch die Aufmärsche nichts, zu denen sie jetzt Tausende mobilisieren, von den Gewerkschaftsmitgliedern über die Kirchenvertreter bis zu den "Omas gegen Rechts", dem letzen Aufgebot einfältiger Zeitgenossinnen. Wenn dieser Straßenkarneval auch kaum etwas sein mag, das politisch ernst zu nehmen wäre, zeugt er doch noch einmal von einem beachtlichen organisatorischen Vermögen der Linken; ein Erbe des Klassenkampfes überlebter Epochen. 

Ein fauler Zauber, der an das Singen verängstigter Kinder im Wald erinnert

250.000 Menschen, wie am vergangen Samstag auf der Münchner Theresienwiese, laufen nicht spontan zusammen. Sie müssen mobilisiert, mit Bussen und Bahnen herangeholt werden. Viel Mühe für nichts. Sind doch die vorbereiteten Aufmärsche, eingestimmt auf den Widerstand gegen die „Faschisten“, ohne Einfluss aus die Wahlprognosen geblieben. Die CDU steht weiter bei 30 Prozent, während die SPD Mühe hat, sich mit der Hälfte zu behaupten, in manchen Umfragen auch mit 16 Prozent. Die Grünen dümpeln weiter im flachen Wasser bei 16 Prozent. Die AfD hält sich bei über 20 Prozent, heute wie vor Wochen. 

Die Demonstrationen gegen Rechts sind bloß ein verzweifelter Versuch der vormundschaftlich Herrschenden, zu retten, was nicht mehr zu retten ist. Ein fauler Zauber, der an das Angstsingen verängstigter Kinder im Wald erinnert. Das Volk ist es leid, sich den Weg von ideologisch verbohrten Politikern und deren öffentlich rechtlicher Gefolgschaft weisen zu lassen. Zu offenkundig ist, dass sie nur obenauf waren, solange sie von der Substanz zehren konnten. Ein gesellschaftlicher Umbruch steht bevor, durchaus vergleichbar mit der Situation kurz vor dem Untergang der Sowjetunion, des kommunistischen Weltreichs überhaupt. 

Auch Michail Gorbatschow war zunächst ein einsamer Rufer unter den Genossen, aus deren Reihen er selbst hervorging. Und dennoch hat er mit seiner Forderung nach Perestroika und Glasnost Zeichen gesetzt, die stärker wirkten als die überlebten Lehren der greisen Klassenkämpfer. Gorbatschow war nicht aufzuhalten, weil das, was er verlangte, einen Umbruch ankündigte, nach dem die Verhältnisse verlangten. Gegen diesen Strom der Geschichte war mit Panzern und Gummiknüppeln nicht mehr viel auszurichten. 

In einer Sackgasse verrannt

Nun wollen wir bestimmt nicht der Verführung erliegen, Friedrich Merz’ Forderung nach einer Umkehr in der deutschen Asylpolitik mit dem zu vergleichen, was der sowjetische KP-Vorsitzende seinerzeit bewegte, als er den Kommunismus zu Grabe trug. Deutschland ist keine Weltmacht und wird es hoffentlich nie werden. Die Haltung der politischen Anführer des Landes hat sich heute aber ebenso überlebt wie die der über Jahrzehnte allmächtig herrschen KPdSU vor beinahe fünf Jahrzehnten. In den Ländern rings um Deutschland hat das längst zu einem Umbau der Regierungen geführt. Weg von Träumereien, hin zu dem, worauf sich das bürgerliche Gemeinwesen verlassen kann, auf wirtschaftliche Prosperität im Kapitalismus und die Gewährung individueller Freiheit, die jeder nach seinen Möglichkeiten nutzen kann, ohne ideologischen Vorgaben genügen zu müssen.

Die Bürger, um es noch einmal zu sagen, gehen den linksgrünen Hedonisten von der Fahne. Scholz, Heil, Habeck Baerbock e.a. verlieren ihre Glaubwürdigkeit, weil sie im wahrsten Sinne des Wortes abgewirtschaftet haben und nicht länger in der Lage sind, dem Volk anstrengungslosen Wohlstand zu garantieren. Mit ihrer scheinheilig humanitären Flüchtlingspolitik haben sie sich in einer Sackgasse verrannt, in der die Bürger anfangen, um ihren Wohlstand, um den Besitz und sogar um die persönliche Unversehrtheit zu bangen.

Das heißt, selbst wenn Friedrich Merz nach der Wahl wieder klein beigeben sollte, um überhaupt eine Regierung bilden zu können, ist das Menetekel, das er mit seiner erzwungen Abstimmung über die Asylpolitik an die Wand malte, nicht mehr zu übertünchen. Die nächste Regierung wird eine auf Abruf sein, wenn sie sich nicht als das verstehen sollte, was der CDU-Chef mit dem Votum des Bundestages durchsetzen wollte. Die Zeit ist reif für einen Wechsel, nicht nur in der Asylpolitik.  

 

Dr. phil. Thomas Rietzschel, geboren 1951 bei Dresden, verließ die DDR mit einer Einladung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Er war Kulturkorrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung FAZ und lebt heute wieder als freier Autor in der Nähe von Frankfurt. Verstörend für den Zeitgeist wirkte sein 2012 erschienenes Buch „Die Stunde der Dilettanten“. Henryk M. Broder schrieb damals: „Thomas Rietzschel ist ein renitenter Einzelgänger, dem Gleichstrom der Republik um einige Nasenlängen voraus.“ Die Fortsetzung der Verstörung folgte 2014 mit dem Buch „Geplünderte Demokratie“.   

Foto: K.I

Achgut.com ist auch für Sie unerlässlich?
Spenden Sie Ihre Wertschätzung hier!

Hier via Paypal spenden Hier via Direktüberweisung spenden
Leserpost

netiquette:

Karsten Dörre / 11.02.2025

Selbst eine rechtsnationale Regierung wird nicht auf Dauer bestehen. Dass Linke sich nach 1989 wieder etabliert haben, liegt nicht an Nostalgie oder verirrter Weltanschauung. Alle werden scheitern. Erst eine linke und/oder rechte Diktatur werden länger bestehen, um irgendwann entweder gewaltlos oder blutig abzutreten. Die westliche Gesellschaft hat weder ausreichend Arbeitskräfte für die Wirtschaft, noch Personal für die Verteidigung. Sie hat sich derart grundlegend verändert, da bedarf es vieler Generationen, bis wieder sowas wie Heimatliebe und Gewaltbereitschaft zur Verteidigung der Heimat entstehen. Immer auf Andere zeigen bzw. diese in irgendwas zwingen - das ist keine erstrebenswerte Zukunft. Trump wird nicht ewig leben bzw. nicht wiedergewählt und die USA sind mit ihrem maroden Zweipartensystem sowieso kurz vor dem gesellschaftlichen Supergau.

Karl-Heinz Böhnke / 11.02.2025

Sollte es zu einer Koalition der CDU mit Roten oder Grünen oder beiden kommen, wird sich das Kabinett danach richten müssen, wer in den USA noch erscheinen darf. Denn Linke werden noch nicht einmal eine Landererlaubnis bekommen, geschweige denn Zutritt zu Regierungsstätten, sodaß für sie nur Kellerministerien blieben von Kultur über Innen und Justiz bis Finanzen, weil Kanzler, Außen, Verteidigung und Wirtschaft nur mit weißer Weste gegenüber Trump möglich sind. Jedenfalls würden sich alle an jeden Strohhalm klammern.

Jürg Casanova / 11.02.2025

So durchorchestrierte Aufmärsche sind doch ein charakteristisches Kennzeichen der Nationalsozialisten der Dreissigerjahre. Die Internationalsozialisten der heutigen Tage haben noch immer dasselbe Ziel vor Augen: Die klassenlose Gesellschaft mit einer grünroten Elite (nur die Farben ändern sich), die selbstverständlich alle Vorrechte geniesst, wie es George Orwell in Animal Farm so schön und eindrücklich beschrieben hat. Diese selbsternannten «moralisch Überlegenen» (Robert Jesus Habeck) jetten luisaneubauersch in der Welt herum, die dann ihnen ganz allein gehört, während die glücklichen insektenfressenden Armen in 15-Minuten-Städten einander auf die Nerven gehen und sich gegenseitig die Butter vom Brot klauen. Ich glaube, werter Herr Rietzschel, das neue Lüftchen ist noch zu jung, um schon in Hurraschreie auszubrechen, so gerne ich das auch tun würde. Die Nomenklatura im westlichen Wokistan hat ihr repressives ideologisches Pulver noch lange nicht verschossen. Warten wir noch ein paar Jahre, bis sich die Fronten klarer herausgebildet haben.

Andrea Lorenz / 11.02.2025

Alle, die sich nicht mit der aktuellen Stimmenverteilung bei der Wahl abfinden wollen, sollten sich fragen, wer denn jahrelang auf die Zahnpastetube gedrückt hat.

Jochen Lindt / 11.02.2025

Ein Bundeskanzler Merz wird von der ersten Minute an in Zugzwang sein.  Er muss in Sachen Immigration liefern, sonst ist er weg.  Wenn er aber liefert - sprich die Zahl der Einreisenden um mindestens 70% senkt -  dann wird er von SPD/Grün/Merkelfraktion abgesägt.  Einzige Möglichkeit wäre Minderheitsregierung von Gnaden der AfD. Ich denke dass hat er mit dem Asylbeschluss ausprobiert. Und das Ergebnis war dafür eigentlich eher knapp, aufgrund der Abweichler in seiner eigenen Fraktion.

sybille eden / 11.02.2025

Ach Herr Rietzschel, sie träumen einen schönen Traum. Sie vergessen eins;  die deutsche Kontinuität der Beharrlichkeit, der Statik des gesellschaftlichen Zustandes, seit dem Abgang Ludwig Erhards Stillstand mit ein paar wenigen liberalen Reförmchen anfang der 90er Jahre. Seitdem sozialistischer Mehltau, vor sich hin schimmeln. Der Nährboden für Fanatiker, weil ” die Jahre im Seichten ankern “. ( M. Holub )

A. Quesseleit / 11.02.2025

„ Aber klar sicher. Ende des Mainstreams, Gelächter.“ So empfinde ich das auch. Dieser (vor)schnelle Zweckoptimismus, der hier, bei Tichys Einblick und andernorts zu Tage tritt…eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, auch wenn sie Elon Musk heißt. Werden die Umwälzungen in den USA, die gerade einmal seit drei Wochen laufen, genug sein, um den jahrzehntelang angewachsenen Misthaufen zu beseitigen? Werden sie auch nachhaltig sein? Der Gegner wird doch nicht untätig bleiben, so groß das Überraschungsmoment aktuell noch sein mag. Will sagen, stehen wir schon am Ende von Episode 4 und haben den Todesstern erfolgreich gesprengt? Oder haben wir gerade mal dessen Pläne an die Rebellen übergeben können? Und nicht vergessen: danach ging das Imperium erst einmal zur kräftigen Gegenwehr über. Sind wir, sind Trump/Musk/Homan, dagegen gewappnet? Wie sollten gerade die Deutschen das sein, die doch außerhalb der TE/AG/JF-Blase von diesen ganzen Umwälzungen doch kaum etwas mitkriegen? Und selbst wenn sie es täten, doch nur Schnappatmung bekommen und gegen Trump geifern würden? Eben.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com