Joachim Nikolaus Steinhöfel / 27.11.2016 / 16:00 / Foto: Laslovarga / 7 / Seite ausdrucken

Viva Cuba Libre – Zum Tod von Fidel Castro

Eines meiner politischen Lieblings-T-Shirts zeigt das Konterfei von Adolf Hitler. „Meine Mao und Ché Guevara-T-Shirts sind gerade in der Wäsche“ ist darunter zu lesen. Eine rücksichtlose Abrechnung mit den Dummköpfen, die voller Bewunderung mit der Mao-Fibel oder T-Shirts herumlaufen, die den lächerlichen „Revolutionär“ Ché Guevara zeigen. Massenmörder beide, wenn auch die Opferzahl sich unterscheidet. Wer diese Verbrecher auf dem Hemd trägt, kann auch gleich ein Hitler-T-Shirt anziehen, lautet die Botschaft. Anlässlich des Todes des Unterdrückers und Folterers Fidel Castro könnte man dessen Namen auf dem Shirt ergänzen, postete ich gestern. Und fing mir eine 24-Stunden-Sperre bei Facebook, über die das letzte Wort noch nicht gesprochen wurde.

"Adios Commandante! 'Ein Kämpfer kann sterben – nicht aber seine Ideen!' Die kubanische Revolution hat die Welt verändert. Ohne Fidel Castro, Che Guevara und all die anderen..wären auch die sozialistischen Revolutionen von Hugo Chavez bis Evo Morales nicht möglich gewesen…Der Kämpfer Fidel ist gestorben, aber seine Ideen leben weiter.“ Oskar Lafontaine auf Facebook

Als Castro am 1. Januar 1959 die Macht ergriff, wurde er von den westlichen Medien als der Held gefeiert, der den Diktator Batista gestürzt hatte und der Insel und dem Volk Demokratie versprach. Castro machte schnell deutlich, dass er tatsächlich den Kommunismus einzuführen gedachte. Er sei immer schon Marxist-Leninist gewesen, ließ er seine sprachlosen Anhänger wissen. Erschießungskommandos und Kerker nahmen sich schnell seiner Rivalen und deren an, die Widerspruch wagten. Castro kreierte einen repressiven Polizei-Staat mit völliger Kontrolle der Presse, des Rundfunks, der Künste, des Rechts auf freie Meinungsäußerung der Versammlungsfreiheit. Spitzel überall, Folter und grundlose Inhaftierungen an der Tagesordnung, von Zugang zu unabhängigen Gerichten bis heute keine Spur.

"Revolutionär, Sozialist & eine große Stimme der Unabhängigkeit des Südens gegen den reichen Norden. ¡Hasta siempre comandante! #FidelCastro" Katja Kipping, Vorsitzende „Die Linke“ auf twitter 

Überhaupt waren die rechtsstaatlichen Vorstellungen des großen Revolutionärs sehr eigen. Im März 1959 wurden 44 Piloten und Mechaniker der Luftwaffe Batistas wegen angeblicher Verbrechen gegen die Guerillas Castros angeklagt und von einem „Revolutionsgericht“ freigesprochen. Ein tobender Fidel schuf im Handstreich Berufungsgerichte, die nach kubanischem Recht nicht zulässig waren. Castros Antwort auf diesen Hinweis: „Revolutionäre Gerechtigkeit beruht nicht auf rechtlichen Vorschriften, sondern auf moralischen Überzeugungen.“ Die Männer wurden zu Gefängnisstrafen von 30 Jahren verurteilt.

„With the death of #FidelCastro, the world has lost a man who was a hero for many.“ EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf twitter

Bis in die 1970er hinein ließ Castro Homosexuelle und Langhaarige in Arbeitslager sperren. Frauen werden noch heute auf dem Weg in die Kirche verprügelt, selbst blinde Bürgerrechtler misshandelt, zusammengeschlagen.

Castro verbündete sich mit der Sowjetunion, Kuba wurde ein sowjetischer Satellitenstaat. Die „Cuba Missile Crisis“ brachte die Welt 1962 an den Rand eines Atomkrieges. Sein Terror verursachte eine Massenflucht. Bis zum Ende des letzten Jahrhunderts haben etwa 3 Millionen Kubaner, mehr als 20% der Bevölkerung, die Insel „illegal“ verlassen, den „Republikflucht“ ist auch in Kuba strafbar. Wir Deutsche kennen das.

Als Castro die Macht übernahm, war Kuba ein – relativ wohlhabendes – Entwicklungsland. Die Versorgung mit Lebensmitteln war gut, die mit Ärzten ebenfalls. Die Kubaner waren gebildet, hatten eine lebhafte Zivilgesellschaft. Castro hat mit all dem Schluß gemacht. Er selbst verfügte laut „Forbes“ 2006 über ein Privatvermögen von  900 Millionen US-Dollar, das durchschnittliche Monatseinkommen der Kubaner beläuft sich auf  20 US-Dollar. Castro ruinierte die Landwirtschaft mit Produktionsgenossenschaften, außerhalb von Havanna findet man ein Land in einer früheren technologischen Epoche vor.

Eselkarren bringen die Menschen zur Arbeit und Ochsen statt Traktoren ziehen die Pflüge. Erst war Kuba von den Zuwendungen der Sowjets abhängig, danach dann vom Öl des Venezolaners Hugo Chavez‘. In den letzten fünfzig Jahren war Kubas Export geringer als der Haitis. Und heute sind selbst Ärzte rar, weil sie als Touristenführer mehr verdienen, als im Krankenhaus. Wie tief die kubanische Wirtschaft nach dem Ende der Sowjetunion gesunken war, macht deutlich, dass Castro selbst die Rückkehr der Prostitution (vorher als „gesellschaftliche Krankheit“ gegeißelt) im großen Stil willkommen hieß. 1992 brüstete er sich vor der Nationalversammlung damit, die Armee der kubanischen Huren, die Havanna auf der Suche nach Touristen durchkämmten, sei die kultivierteste der Welt.

„Today, the world marks the passing of a brutal dictator who oppressed his own people for nearly six decades. Fidel Castro’s legacy is one of firing squads, theft, unimaginable suffering, poverty and the denial of fundamental human rights.“ President-elect Donald Trump

Am zu späten Ende seines Lebens machte sich der große Revolutionsführer nur noch zum Gespött. 1991 hielt Castro eine dreistündige Rede über Ché Guevaras Einsatz der Dialektik. Die Zuschauerschaft bestand aus 6-Jährigen. Kurz danach überließ er Benetton ein Foto von sich zu Werbezwecken. Der große Revolutionsführer, der bourgeoise Dekadenz und den Kapitalismus zu zerstören versprach, war am Ende zum Helden einer Wegwerfreklame verkommen. Außer seinem Tod wohl die letzte Möglichkeit, dass noch irgendjemand vom ihm Notiz nahm.

„Menschen werden nicht besser, wenn sie tot sind; man redet dann bloß so über sie, als ob. Aber es stimmt nicht! Die Leute sind immer noch Arschlöcher, aber eben tote Arschlöcher.“ Lemmy Kilmister (Motörhead) in seiner Autobiografie „White Line Fever“

Die eingestreuten Zitate zeigen, wer das Vermächtnis des Diktators Castro zutreffend einzuschätzen verstand und wer Ergebenheitsadressen an einen brutalen Unterdrücker den Vorzug gab.

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Dieter Schilling / 27.11.2016

Viva la Revolucion? Viva Las Vegas!

Thomas Rießinger / 27.11.2016

Unsere Qualitätsmedien werden es Donald Trump übel nehmen, dass er die schlichte Wahrheit über Castro gesagt hat.

Wolfgang Richter / 27.11.2016

Gut, daß er endlich weg ist. Vielleicht bekommt Kuba jetzt die Chance auf eine bessere Zukunft. Wie wenig z. B. Juncker die immer wieder beschworenen Werte der EU tatsächlich wert sind, zeigt er u. a. mit dieser seiner Botschaft in Richtung Kuba, die die dortigen Opfer von Folter und staatlicher Gewalt außen vor läßt. Aber in Richtung Türkei legen er und die Brüssel-Berliner Politdarsteller den selben Maßstab an. Insofern offenbaren die Damen und Herren auch, was die beschworenen Werte tatsächlich sind, jedenfalls in keiner Weise positiv besetzt hinsichtlich der Auswirkungen auf das “normale” Volk.

Michael Scheffler / 27.11.2016

Lieber Herr Steinhöfel, ich dachte ähnlich beim Hören der Elogen auf Castro. Ein Menschenhasser hat die Welt verlassen, das ist wahrlich kein Grund zur Trauer. Beste Grüße Michael Scheffler PS: Das mit den 900 Millionen wusste ich noch nicht, aber es passt ins Bild.

Peter Hansen / 27.11.2016

Es ist abscheulich und erschreckend zugleich, wenn man sieht, wie viele Geisterfahrer es hierzulande und innerhalb der EU gibt. Da wird Diktatoren und Menschenfeinde gehuldigt, als ob es die Toten in dreistelliger Millionenhöhe niemals gegeben hätte. Gleichzeitig machen diese Menschen deutlich, worum es ihnen in Wirklichkeit geht und wessen geistig Kind sie sind. Der rote Wahn ist nicht tot, er ist lebendiger als jemals zuvor. Eine breite Front aus Politikern und Medien stärken ihm den Rücken und verbreiten weiterhin sein Gift. Schließlich garantiert er ihnen lukrative Posten und Einkommen, die sie anderweitig niemals erzielen könnten. “Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.” sagte Erich Honecker auf den letzten Tagen der DDR. Ochs und Esel vielleicht nicht, die Wähler ab 2017 hoffentlich schon!

Christoph Jochum / 27.11.2016

Manchmal ist es wichtig, dass man von außen mal daran erinnert wird, wie die Dinge liegen, damit in der Milde retrospektiv posthumer Betrachtungsweisen nicht auch bei den vernünftig Denkenden die Verharmlosung der vergangenen Verbrechen Oberhand gewinnt. Die Toten haben es verdient, dass man keine Lügen über sie verbreitet. De mortuis nihil nisi vere

Mark Schild / 27.11.2016

Sehr geehrter Herr Steinhöfel, sie sprechen mir aus der Seele. Ab und an juckt es mir in den Fingern die Linke zu wählen, aber die Reaktionen von Lafontaine, Kipping und Wagenknecht auf das -von den Kubanern lang ersehnte- Ableben Castros macht noch einmal deutlich, wo diese Leute zu verorten sind. Nicht in der gesellschaftlichen Mitte unseres Landes, sondern am häßlichen menschenverachtenden Rand.

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