Gerald Wolf, Gastautor / 28.03.2020 / 16:00 / Foto: Tomaschoff / 23 / Seite ausdrucken

Viren – winzig, doch sehr bösartig. Auch politisch.

Das neue Virus hat alle anderen Themen vom Markt verdrängt, sogar Greta. Selbst die Uhren würden angehalten, wenn das irgendwie hülfe. Ganz im Nebenher hat man nun auch gelernt, dass es das Virus heißen muss. So wie bei Corpus und Opus – das und nicht der. Auch weiß ein jeder, dass sie klein sind, die Viren, für unser Auge unsichtbar, und trotzdem kreuzgefährlich.

Klein gegen groß, das kennt man von der biblischen Geschichte her: Um den Riesen Goliath zu besiegen, bedurfte es nicht eines noch riesigeren Riesen, nein, der kleine David reichte aus. Seine Steinschleuder war es, die im Kampf gegen die brutale Gewalt obsiegte. Seitdem wurden die Waffen zum einen immer größer und immer gewaltiger – Kanonen, Panzer, Kampfflugzeuge, Raketenwaffen entstanden – die der Davidschen Art aber wurden immer kleiner. Und raffinierter. Heute wiegen sie gar nichts mehr, sie bestehen nur noch aus Information. Entwickelt für einen sehr speziellen Krieg, den Cyber War.

Die Biologie kennt sie schon lange, diese Waffen, die im Eigentlichen nur noch aus Information bestehen. Als Waffenträger dienen die Viren und als Träger für die Information deren Nukleinsäuremoleküle, entweder eine DNA oder eine RNA. Fast immer kommt noch eine Hülle dazu, in die die Nukleinsäure verpackt wird. Winzige Teilchen ergeben sich so, ihre Größe beträgt je nach Virus-Art zwischen einem hundertstel und einem halben Mikrometer (15 bis 450 nm).

Ist mit der Infektion die Virusinformation in Form der DNA beziehungsweise der RNA erst einmal in die Zellen eines jeweiligen Wirtsorganismus gelangt, dann diktiert sie, was die Wirtszellen forthin zu tun haben. Vor allem, wie nach dem virus-eigenen Strickmuster weitere Viren zu produzieren sind. Denn die Viren können sich nicht selbst vermehren. Sie sind so raffiniert gebaut, dass sie auf einen eigenen Stoffwechsel verzichten und sich für die Vermehrung den der Wirtszelle ausborgen. Die Viren sind mithin keine „echten“ Lebewesen, vielmehr werden sie von ihren Wirtszellen gelebt! Und das klappt. Seit Urzeiten schon. Mit mindestens zwei Millionen Virusarten wird gerechnet, und diese befallen die Zellen ganz unterschiedlicher Arten von Tieren (unter ihnen eben auch wir Menschen), von Pflanzen und von Pilzen sowie von den unterschiedlichsten Bakterienarten.

Die Wirtsorganismen sind den Viren nicht etwa hilflos ausgeliefert. Bakterien zum Beispiel produzieren Enzyme, Nukleasen genannt, mit denen sie die Virusnukleinsäure zerschneiden. Hochspezifisch machen sie das, denn die zelleigenen Nukleinsäuren bleiben verschont. Viele Tiere hingegen und mit ihnen wir Menschen nutzen vor allem das Immunsystem, um sich einer Virusinfektion zu erwehren. Dies alles provoziert wiederum die Viren, die Abwehrmaßnahmen der Wirte durch Neuentwicklungen unschädlich zu machen. Ihnen gelingt das mittels zufälliger Änderungen der Virusnukleinsäure, Mutationen genannt.

Wiederum rein zufällig funktioniert eine von ihnen, eine unter Millionen, indem sie, ohne die Kampffähigkeit des Virus zu beeinträchtigen, die Abwehrmechanismen der Wirtsorganismen überraschen. Die meisten von uns kennen das aus eigener Erfahrung. Wohlweislich hatte man sich eine Grippe-Schutzimpfung verpassen lassen und erkrankte im nächsten Winter dennoch an einer Grippe. Eben weil sich mittlerweile ein neuer Influenzavirus-Typ entwickelt hat, einer, der von dieser Art der Aktivierung unseres Immunsystems nicht betroffen wurde.

Was ist neu beim Corona-Virus?

Ist es überhaupt neu, dieses Virus? Gemessen an unserem bisherigen Kenntnisstand, durchaus. Erstmalig wurde der Erreger Ende des vorigen Jahres in China entdeckt. Seitdem hat er eine der schlimmsten Virus-Epidemien verursacht – eine Pandemie, die womöglich schlimmste überhaupt. Äußerlich unterscheidet sich dieses Virus von anderen Viren durch einen Kranz von Molekülen auf der Hülle, der bei elektronenmikroskopischer Betrachtung einen strahlenartigen Eindruck vermittelt, den einer Corona (lat. Corona – Kranz). Unter vielen weiteren solcher Corona-Viren gibt es sieben Typen, die beim Menschen Krankheiten verursachen, zumeist in der Art einer eher harmlosen „Erkältung“. Anders das ebenfalls zu den Corona-Viren zählende SARS-Virus (Severe Acute Respiratory Syndrome), das in den Jahren 2002/2003 eine Pandemie verursacht hatte. Wegen der engen Verwandtschaft wird die neue, dem chinesischen Wuhan entstammende Virus-Art als SARS-CoV-2 bezeichnet, die Erkrankung als COVID-19.

Die große Frage: Woher kommt das neue Corona-Virus? Naheliegend scheint zu sein, dass es, bislang unentdeckt, die gesamte Zeit über bei irgendeiner Tierart zu Hause war und von da durch Zufall oder durch Verzehr auf den Menschen überkommen ist. Verdächtigt wurden Fledermäuse und, besonders wohl, die Schuppentiere, auch Pangoline genannt. Alternativ könnte eine bislang eher harmlose Corona-Virus-Art durch eine Reihe von Mutationen eine so gefährliche Variante hervorgebracht haben. Solchen Vermutungen kommt entgegen, dass es sich bei den Corona-Viren wie auch bei den Grippe-(Influenza)-Viren um Erreger handelt, deren Erbinformation aus RNA besteht. Die RNA ist viel wandlungsbereiter als die DNA, die bekanntlich nicht nur bei uns Menschen die Erbsubstanz stellt, sondern bei sämtlichen echten Lebewesen und so eben auch bei den DNA-Viren.

Bei genauerer Analyse der molekularen Struktur von SARS-CoV-2 treten Besonderheiten zutage, die sich nicht so einfach als natürlich entstanden interpretieren lassen. Manche sehen darin einen Hinweis auf eine künstliche Konstruktion. Ein Ergebnis von Biowaffenexperimenten etwa, durch Unachtsamkeit aus einem Labor entwichen? Verschwörungstheorie – schallt es da an allen Ecken und Enden. Mag sein. Der Zukunft vorbehalten bleibt, das Rätsel Coronavirus SARS-CoV-2 zu lösen. Und, vor allem, ein Gegenmittel zu entwickeln. Wer wird der Schnellste sein? Endlich mal wieder unser Deutschland? Immerhin – Ehre, wem Ehre gebührt! – ist von angeblichen Versuchen zu hören, uns ein ganzes Labor abzukaufen.

Demgegenüber stehen die verantwortungstragenden Politiker unseres Landes in der Kritik. Erst als in Deutschland pro Tag mehr als 1.000 neue Erkrankungsfälle auftauchten, beschloss man wirksamere Maßnahmen. Darunter rigorose. „Warum so spät?“, tönt es auf allen Ebenen. Andere Länder waren längst vorangegangen, auch innerhalb der EU. Grenzen dicht, Schengen adé! – ruft es dort, während innerhalb Deutschlands die Kleinstaaterei weitergepflegt wird. Doch diesmal geht es um das physische Überleben, nicht um das von Parteien und deren Protagonisten. Man braucht jetzt viel Kraft, mehr als man hat. Und man zeigt sie – der Opposition. 

„Es gibt nichts Schlechtes, was nicht auch sein Gutes hätte“, lautet ein Spruch. Sollte die Corona-Pandemie tatsächlich auch etwas Gutes im Gewand führen? Abgerechnet wird später.

Foto: Tomaschoff

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Archi W. Bechlenberg / 28.03.2020

Im Disney Film “Die Hexe und der Zauberer” findet man eine eindrucksvolle Darstellung des Potenzials von Viren. Hexe Mim und Zauberer Merlin duellieren sich, indem sie per Zauberkraft die Gestalten immer größerer und grausigerer Wesen annehmen und so versuchen, den Anderen zu verschlingen oder zu überwältigen. Die Gegner werden immer gigantischer und zahnreicher. Es gewinnt schließlich Merlin, indem er sich in das kleinste Wesen, ein Virus, verwandelt und in die Hexe eindringt. Man findet die sehr lustige Szene bei Youtube.

Dov Nesher / 28.03.2020

Na wenigstens ist der Virus ordentlich durchgegendert. Auch ich merke, wie mein in der Kindheit erlernte “Der Virus” allmählich durch “Das Virus” ersetzt wird. Die praktisch erlebte neuronale Plastizität macht doch Hoffnung, dass die Gesellschaft die ein oder andere Lehre aus dieser Krise zieht. Hoffen wir auf die Richtigen.

H. Schmidt / 28.03.2020

Aha, stelle gerade fest das bei AG die Mails auf Gültigkeit überprüft werden. Warum wohl? Damit man kritische Meinungen an die Stasi 2.0 weiterleiten kann wenn diese es anfordert? Sorry AG, das war es dann wohl mit meinen Kommentaren!

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