Gastautor / 10.05.2021 / 06:20 / Foto: Pixabay / 34 / Seite ausdrucken

Vier Nullen für ein Halleluja

Von Okko tom Brok.

Haben Sie jemals den Wunsch verspürt, nichts zu tun? Absolut NICHTS? Das tun, was man eigentlich schon von Natur aus am allerbesten kann? Wenn dann nur nicht immer das schlechte Gewissen nagen würde. Wie wäre es, das schlechte Gewissen dann einfach „auf Null zu setzen"? Lassen Sie uns entdecken, welch befreiende Kraft von der leeren Menge ausgeht.

N-U-L-L. Was für ein schönes Wort. Als einsilbiges Wort mit einem nur schwach betonten Vokal vor einem Doppelkonsonanten ist es angemessen knapp und somit kongruent zu seinem Inhalt, der Menge Null, in Zahlen: 0. Auch und gerade, weil ich mit dem Fach Mathematik als Pennäler so meine liebe Müh und Not hatte, muss ich bekennen: Die „0“ ist wirklich eine wunderschöne Zahl. Sie ist rund und freundlich, transparent und unmissverständlich. Sie ist multilingual und multikulturell, ja sie funktioniert sogar nonverbal. Wie viele andere Zahlen könnten Sie mit einem leisen Kopfschütteln oder mit der Berührung von Daumen und Zeigefinger veranschaulichen? Bei vielen Rechenoperationen, die eine „0“ enthalten, steht das Ergebnis immer schon fest: 0. Ob Sie an einem windstillen Tag 1.000 oder 10.000 Windräder betreiben, ist irrelevant. Es kommt einfach kein Strom an. Die Null ist also berechenbar, und das schafft Vertrauen in schwierigen Zeiten.

Während die „großen Zahlen“ nur noch verwirren und Angst verbreiten („3.700 Corona-Tote pro Tag in Indien“ oder auch „1,3 Billionen Kosten der Corona-Krise“), ruht die Null in sich. Sie ist bescheiden, aber nicht unterwürfig. Sie ist stabil. Als „schwarze Null“ garantiert sie uns seit vielen Jahren ein Leben im „besten Deutschland aller Zeiten".

Im Kurzfilm "Null" erleben wir die Faszination der Null ganz anschaulich. Ich zitiere den Pressetext der FBW-Webseite:

„Sie [die Hauptfigur im Film] steht auf, macht Frühstück, geht unter die Dusche, geht arbeiten, geht feiern, trinkt zu viel, landet im Bett. Und am nächsten Morgen wahrscheinlich dasselbe. Vielleicht nicht immer alles gleich. Meistens aber doch! Diese Routine, die man auch als „Teufelskreis“ bezeichnen kann, porträtieren die Filmemacher David Gesslbauer und Michael Lange in ihrem Kurzexperimentalfilm. Das Besondere: Durch eine enge Vignettierung ist lediglich ein runder Kreis zu sehen. Und alles, was so rund ist im Leben, wird darin gezeigt. Der Boden einer Kaffeetasse, der Abfluss der Dusche, der Gullydeckel, vor dem sie sich übergibt. Und natürlich das Hamsterrad als Metapher für eine Endlosschleife. Doch gegen Ende des Films passiert etwas, das die Routine durchbricht. Und eine neue Entwicklung beginnt. Aber keine Sorge: Das Runde geht auch hier als Gestaltungsmerkmal nicht verloren. Gesslbauer und Lange gelingt eine sehr kurzweilige, augenzwinkernde Betrachtung dessen, was jeder von uns „Alltag“ nennt und was, sieht man es so konzentriert, nicht mehr viel mit „Leben“ zu tun hat. Umso schöner der Schluss. Denn das Leben, so unkontrolliert und unpassend es sein mag, findet seinen Platz. Ein kleines feines Kurzfilmvergnügen!"

Wir kommen aus der Null und kehren in sie zurück

Die Leistung des Films kann gar nicht überschätzt werden: Eigentlich negativ besetzte Begriffe wie „Hamsterrad" oder „Teufelskreis", die wie Fußgeruch der Zahl und dem Wort Null anhaften und als Assoziationen im Film mitschwingen, werden einfach umgedeutet: Negativ wird positiv. Routine. Positiv. Endlosschleife. Positiv. Alles, was zum Leben gehört, hat in der Null Platz. Oder anders ausgedrückt, was nicht in die Null passt, ist zum Leben nicht erforderlich. Wir kommen aus der Null und kehren in sie zurück.

In der jüngsten Zeit sind jedoch die Anhänger der Null etwas in die Defensive geraten. Um etwa das erstrebenswerte Ziel vollkommener Freiheit von einer tödlichen Krankheit verständlich und populär werden zu lassen, besann man sich auf einen heute gängigen Marketingtrick: den Anglizismus.

Anglizismen sollen oft eigentlich langweilige oder sogar abstoßende Begriffe und Sachverhalte aufhübschen. Wer würde nicht lieber in einer „Patchwork-Familie“ leben statt in einer „Familie mit mehr als zwei Eltern“. Auch der „Outsider“ ist doch deutlich cooler als der „Außenseiter“. Der „Workshop“ klingt auch eher nach „Shop“ als nach „Work“ und macht die Notwendigkeit des Arbeitens dadurch so viel leichter erträglich.

Warum nicht auch „ZeroTravel“, „ZeroBildung“ und „ZeroTrost“?

Die zurückhaltende Taktik der Regierung ist zwar halbherzig, aber durchaus verständlich. Mutige Verfechter der leeren Menge hätten die Bekämpfung der Corona-Pandemie schlicht und ergreifend „NullCovid“ genannt. In einem Klima der Angst und der Einschüchterung mochte aber verständlicherweise niemand mehr diesen Begriff benutzen, und so hoffte man wohl, mit der englischen Übersetzung eine Brücke bauen zu können zu allen Skeptikern und Leugnern der Gefahr, die grundsätzlich von den großen Zahlen ausgeht.

Nun also ZeroCovid. Natürlich möchte ich keineswegs den von der geschätzten Frau Bundeskanzlerin favorisierten, überaus erfolgreichen Weg der Pandemiebekämpfung aufgrund philologischer Spitzfindigkeiten infrage stellen. Im Gegenteil. Ich möchte Anregungen geben, wie der eingeschlagene Weg zum Erfolg führen kann – und wird.

Hier ein paar weitere Vorschläge:

  • ZeroTravel: Wir haben mit drei Lockdowns hier schon große Erfolge erzielt und kommen weiter gut voran. Kostspielige und kaum realisierbare Flughafen- und Autobahnausbauten werden überflüssig, der CO2-Ausstoß wird verringert, der Klimawandel wird gestoppt. Die früher scheinbar unerreichbaren Ziele des globalen Naturschutzes werden mühelos umgesetzt, wenn kein Reisender und keine Reisende die ungewaschenen Füße auf zarte Blumen und empfindliche Insekten setzen kann.
  • ZeroBildung: Zwar wurden deutsche Schulen während der Pandemie oft geschlossen, leider jedoch oft im Distanzunterricht weiterbetrieben. Das war falsch, wie wir jetzt sehen. Solange immer noch Reste von Bildung existieren, werden viel zu viele falsche Fragen gestellt, die wiederum den Falschen in die Hände spielen. Das muss aufhören.
  • ZeroKontakte: Wir wissen, dass Viren durch Kontakt verbreitet werden. Daher müssen alle Kontakte eingestellt werden. Wer keinen Kontakt zu Mitmenschen hat, kann nicht krank werden und niemanden krank machen.
  • ZeroTrost: Lange genug haben wir erlebt, wie Menschen vertröstet wurden: auf Masken, Tests, Impfungen und Lockerungen, um nur einige zu nennen. Die erwartbare Folge war Enttäuschung. Unsere Aufgabe wird sein, auf Trost zu verzichten. „Verzweifeln Sie ruhig, aber zweifeln Sie nicht“, hat es der Schauspieler Jan Josef Liefers jüngst auf den Punkt gebracht.

Wer jetzt jedoch angesichts dieser Überlegungen geneigt ist, ZeroMerkel zu fordern, beweist doch nur, dass er (oder sie) noch immer NICHTS verstanden hat. Zero. Niente. Rien.

 

Der Autor arbeitet als Fremdsprachenlehrer an einem niedersächsischen Gymnasium. 

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Edgar Jaeger / 10.05.2021

Hier zu möchte ich den in Vergessenheit geratenen Aphoristiker Sanislav Jerzy Lec zitieren: Aus einer Reihe von Nullen kann man leicht eine Kette machen. Regierung Merkel ist der beste Beweis.

Volker Kleinophorst / 10.05.2021

@ K.H. Zeidler Da hülfe Zero Einwanderung. Und für “Zero CO2” wär auch super.

klaus brand / 10.05.2021

Es gab doch in den 80-er und 90-er Jahren die NULL-Bock Generation, äußerlich erkennbar an Sicherheitsnadeln, Irokesenfrisuren usw. Und wo sind diese Leute heute, im Alter von Mitte 40 bis Mitte 50?  Richtig, an den Schaltstellen der politischen und wirtschaftlichen Macht. Und was tun sie da? Genau, sie vollenden die apokalyptischen Visionen ihrer Jugend. Das führt über kurz oder lang für die meisten davon Betroffenen zur NULL-Diät, was uns aber, insbesondere mir, zunächst nicht schaden wird. Und wenn das EKG dann endlich NULL-Linie zeigt, ist wieder ein lästiger Parasit weniger auf der Erde. Insofern NULL-Problemo.

Klaus-Dieter Zeidler / 10.05.2021

In meinem Lebensabschnittswohngebiet sind die unerbittlichen Supermarkt-Wachposten bis zu 5000km für diesen Traumjob gelaufen. Der aus dem Nachbardorf kam sogar mit dem Schlauchboot.

Frank Holdergrün / 10.05.2021

Zero Denken: Je weniger wir denken, umso mehr können die beruhigenden Gebete eines Lauterbach, Drosten und Wieler ihre Funktion erledigen. Den Rest schaffen KI und Bloom, die Zeit, die Mannschaft und der Tatort.

Gerhard Volkmar / 10.05.2021

“... leider jedoch oft im Distanzunterricht weiterbetrieben” Wenn das wenigstens gewesen wäre, was glauben sie wieviele Schulen nicht mal Distanzunterricht hinbekommen haben? Zumindest an vielen Schulen hier in NRW. 1 - 2 die Woche ein Online Meeting wo Aufgaben verteilt wurden. Andere Schulen wiederum hatten wenigstens richtigen Distanzunterricht zu normalen Schulzeiten. Eigentlich ein Riesenskandal, denn ich frage mich was das Lehrpersonal in dieser Zeit machte, wo es nicht unterrichten musste? Nicht, dass ich das denen nicht gönnen würde, aber die SuS blieben, bleiben auf der Strecke. Warum ist dieser Online Unterricht, wenn regulär nicht möglich, nicht verpflichtend?

W. Hoffmann / 10.05.2021

Da fehlt doch was. Richtig! ZeroPower. Null Strom. Damit auch das letzte Fitzelchen CO2 aus unserem Netz verschwindet. Gas wird einfach abgedreht, Elektrizität wird abgeschaltet. Endlich Ruhe. Und der Letzte spart sich das Licht auszumachen.

lutzgerke / 10.05.2021

Wir leben seit 30 Jahren mit dem schleichenden Gift der Diktatur, und nehmen sie bis heute nicht für voll. Wir reden auch auf unterschiedlichen Ebenen. Das sind wirklich bösartige Typen, die uns hier beherrschen, und ist der Wolf erst in der Wohnung, braucht er sich nicht mehr zu verstellen.      

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