Peter Grimm / 08.02.2018 / 06:28 / Foto: nzdefenceforce / 18 / Seite ausdrucken

Versprochen: GroKo exportiert deutsche Sparbücher

Welch ein Wortgeklingel um den Kontrakt der Wahlverlierer, der vermessen überschrieben ist mit: „Ein neuer Aufbruch für Europa. Eine neue Dynamik für Deutschland. Ein neuer Zusammenhalt für unser Land.“ Ein neuer Aufbruch mit dem alten Personal? Die Wähler waren im vergangenen Herbst wohl zu leise und zurückhaltend, als sie den Politkern mittels Stimmzettel eigentlich ziemlich deutlich sagten, dass sie kein „Weiter so“ wünschten, den etablierten Parteien aber dennoch eine Chance gaben, selbst einen Neuanfang zu gestalten. Doch das politische Personal auf der bundesrepublikanischen Kommandobrücke hat diese Chance ausgeschlagen. Kein Aufbruch.

Dieselbe Kanzlerin, auch die Verteidigungsministerin bleibt, obwohl unter ihrer Führung die Luftwaffe immer öfter am Boden bleibt, Hubschrauber nicht mehr fliegen sowie Schiffe und U-Boote nicht mehr fahren können. Ein paar alte Köpfe bekommen neue Ämter, eigentlich ließ nur eine Neuigkeit wirklich aufmerken: Die SPD erhält das Finanzministerium. Da bekommt dann die erste Zeile der vollmundigen Koalitionsvereinbarungs-Überschrift plötzlich einen neuen, bedrohlichen Klang. „Ein neuer Aufbruch für Europa“, für die teuren Träume der Herren Macron und Juncker könnte diese Koalition in der Tat einleiten.

Die Vertrags-Textbausteine zum Thema wirken vielleicht auf den ersten Blick vertraut beliebig, dabei sollten sie für deutsche Steuerzahler wie Alarmglocken klingen:

„Wir wollen die EU finanziell stärken, damit sie ihre Aufgaben besser wahrnehmen kann. Dafür werden wir bei der Erstellung des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens Sorge tragen. Dabei befürworten wir auch spezifische Haushaltsmittel für wirtschaftliche Stabilisierung und soziale Konvergenz und für die Unterstützung von Strukturreformen in der Eurozone, die Ausgangspunkt für einen künftigen Investivhaushalt für die Eurozone sein können. Wir sind zu höheren Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt bereit.“

Dem letzten Satz wird der neue Genosse Finanzminister in den Brüsseler Gesprächen mit den Kollegen und der EU-Führung zur Freude vieler seiner Gesprächspartner bestimmt folgen. Zum einen muss der Hunger des überbordenden EU-Apparats gestillt werden, dem schließlich mit dem Vereinigten Königreich ein Nettozahler abhanden kommt, während man gleichzeitig mit neuen Kostgängern über den Beitritt zur Gemeinschaft verhandelt.

Die Vergemeinschaftung der Schulden in der Eurozone

Vor allem aber geht es um den Weg in die Vergemeinschaftung der Schulden in der Eurozone, um stetige Zahlungen der wirtschaftlich erfolgreicheren an die erfolgloseren Euro-Staaten, die Umverteilung aus den Ländern, die bei ihren wertschöpfenden Bürgern noch penibel Steuern eintreiben, an jene Gemeinwesen, die dies eher nachlässig tun und bei Steuerprivilegien großzügig sind. 

All die ohnehin schon so oft gebrochenen Verträge, durch die die europäische Währung einst mit einem Stabilitätsversprechen versehen wurde, können dann endlich auch offiziell zerrissen werden. Der Vertragsbruch, der teure Betrug an den zahlenden Bürgern der Euro-Zonen-Staaten, hätte dann endlich ein Ende, weil es die gebrochenen Verträge einfach nicht mehr gibt. Stattdessen könnte der Genosse Finanzminister darauf verweisen, dass er ganz im Sinne der Koalitionsvereinbarung handelt. 

Letztlich ist das ja kein grundlegender Bruch mit bisherigem Regierungshandeln. Trotzdem sah es doch in den letzten Jahren so aus, als hätte der frühere Bundesfinanzminister Schäuble an einigen Stellen bei der Fahrt in die Schulden- und Etatvergemeinschaftung auf der Bremse gestanden. Sein SPD-Nachfolger dürfte sich da geschmeidiger zeigen. Seiner Partei jedenfalls, die dem Traum ihres Vorsitzenden von den Vereinigten Staaten von Europa und der Entmachtung der souveränen Einzelstaaten folgt, muss kein Minister beweisen, dass er Irgendjemandem gegenüber die Interessen des deutschen Steuerzahlers vertritt.

„Mit Mathe wird das nichts, Schulz. Werd’ Politiker!“

Auf welchem Wege genau die Bürger die Zeche zahlen werden, darüber kann man nur spekulieren. Auch die Milliardensummen, um die es gehen wird, könnten nur Experten etwas genauer umreißen. Aber jeder Laie kann erkennen, dass das sehr teuer wird. Dazu muss man nicht einmal besonders gut rechnen können. Auch Martin Schulz, dem ein Lehrer schon in der Schule empfahl: „Mit Mathe wird das nichts, Schulz. Werd’ Politiker!“, dürfte ermessen können, dass es hier um Beträge geht, die man nicht einfach verschieben kann, ohne dass es die Bürger zu spüren bekommen.

Die Euro-Krise wurde lange von der Zuwanderungskrise überlagert, und dank guter deutscher Wirtschaftsdaten und der Politik der Europäischen Zentralbank war sie hierzulande allenfalls durch das Verschwinden der Zinsen wirklich spürbar. Doch ihr erneutes Aufbrechen dürfte unvermeidlich sein.

Mario Draghi hat mit vielen, vielen Milliarden Zeit für die Euro-Politiker erkauft. Zur Arbeit an der Lösung der Euro-Krise wurde die aber nicht genutzt. Da ist die Versuchung groß, mit zusätzlichen Milliarden noch ein bisschen mehr Zeit zu kaufen, vor allem dann, wenn es jemanden gibt, der bereit ist, die Rechnung zu zahlen.

Das alles ist noch reichlich unkonkret, was verständlich ist, denn wie die Zuwanderung ist die Euro-Krise ein Thema, von dem politische Verantwortungsträger ungern reden, weil es nur Unruhe schafft und sie keine Lösung haben, die nicht gleichzeitig eine Abkehr von der bisherigen Politik erforderte. Im Gegensatz zur Zuwanderung ist die Euro-Krise aber tatsächlich auch für die meisten Bürger derzeit kein Aufregerthema. Sie soll sich nach dem Willen der Koalitionäre auch nicht früher als nötig zu einem solchen entwickeln.

Die Rentenversicherung braucht mehr Geld

Doch neue Rechnungen werden nach dem Koalitionsvertrag nicht nur in Form von Steuern und nicht nur für die EU aufgemacht. Auch die gesetzliche Rentenversicherung braucht mehr Geld, und hier sollen nun Menschen zur Beitragszahlung gesetzlich verpflichtet werden, die bisher selbst über ihre Altersvorsorge entscheiden konnten. Ganz konkret kündigen die Koalitionäre eine Rentenversicherungspflicht für Selbstständige an:

Um den sozialen Schutz von Selbstständigen zu verbessern, wollen wir eine gründerfreundlich ausgestaltete Altersvorsorgepflicht für alle Selbstständigen einführen, die nicht bereits anderweitig obligatorisch (z.B. in berufsständischen Versorgungswerken) abgesichert sind. Grundsätzlich sollen Selbstständige zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und – als Opt-out-Lösung – anderen geeigneten insolvenzsicheren Vorsorgearten wählen können. Wobei diese insolvenz- und pfändungssicher sein und in der Regel zu einer Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen müssen.

Was hier wie eine fürsorgliche Maßnahme der Sozialbürokratie für unvernünftige Freiberufler klingt, ist für etliche Betroffene nur eine weitere teure Bevormundung. Es gibt tatsächlich viele kleine Selbstständige und Freiberufler, die ohne hinreichende Altersvorsorge leben. Das tun sie meist allerdings nicht aus Leichtsinn, sondern weil sie das Geld dafür nicht erübrigen können. An der prekären Einkommenssituation vieler Freiberufler und Selbstständiger, die als Steuerzahler den Sozialstaat dennoch mitfinanzieren, ändert auch eine Rentenversicherungspflicht nichts.

Wer Geld für die Altersvorsorge anlegen kann, der tut dies, insbesondere, wenn er auf jeden Cent achten muss, möglichst so, dass es sich lohnt. Die gesetzliche Rentenversicherung wählt man da natürlich nicht freiwillig, denn wie das Umlagesystem in knapp zwei Jahrzehnten den Übergang der geburtenstärksten Jahrgänge von den Einzahlern zu den Zahlungsempfängern verkraften soll, kann niemand glaubhaft erklären. Und was ist mit der Opt-out-Lösung?

Eigenverantwortlichkeit ist künftig ein Fremdwort

Das lässt sich erst sagen, wenn konkretere Pläne vorliegen. Sollten die so ähnlich aussehen, wie vor sechs Jahren im vorvorigen Kabinett Merkel, dann gäbe es für die, die nicht auf berufsständige Versorgungswerke gesetzt haben, nur wenige Alternativen zur gesetzlichen Rentenversicherung. Damals meldete dpa:

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will ab 2013 auch Selbstständige dazu verpflichten, für das Alter vorzusorgen, um Altersarmut zu verhindern. Wofür sie sich dabei entscheiden, ob Lebensversicherung, private oder gesetzliche Rentenversicherung oder Rürup-Rente, bleibe ihnen überlassen, berichtete die Süddeutsche Zeitung. Diejenigen, die nichts nachweisen können, will von der Leyen aber in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichern.

Vielleicht wird es helfen, kurzfristig neue Beitragszahler für die Rentenversicherung zu verpflichten. Doch was ist, wenn es die Einkommen der Betroffenen einfach nicht hergeben, weil sie am Ende vom übrig bleibenden Geld nicht mehr leben können? Vor sieben Jahren gab ein Ministeriumssprecher darauf eine kaltschnäuzige Antwort: „Wer diesen Beitrag nicht leisten kann, sollte sich fragen, ob das Modell der Selbstständigkeit das richtige für ihn ist".

Offenbar kommt manch ein Verantwortungsträger mit Kostgängern der Sozialbürokratie leichter klar, als mit Menschen, die einfach versuchen, trotz aller Risiken selbst für ihr Leben zu sorgen, auch wenn dies zeitweise nur mit dem Existenzminimum geführt wird. Diese Geisteshaltung dürfte sich bei den Sozialstaatsingenieuren seither nicht grundlegend gewandelt haben.

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Leserpost

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Hannelore Thomas / 08.02.2018

Herr Grimm genau. Kollektivismus und Planwirtschaft pur. Ich hoffe dass spätestens nach zwei Jahren die Menschen merken, was Sozialismus bedeutet

Dr. Walther-Klaus / 08.02.2018

Die SPD als Vertreter der sozialen Gerechtigkeit sollte sich in Grund und Boden schämen. Die Kinderarmut nimmt zu, die Altenarmut nimmt zu, viele Familien - so im BR - können ihren Kindern kein Eis kaufen, aber die SPD kann Milliarden nach Europa senden. Und für eine Flüchtlingsfamilie müssen pro Monat im Schnitt 10 Arbeitende mit mittlerem Verdienst mit ihren Steuern aufkommen, wenn man die Abrechnung aus Leipzig sieht. Und damit ist dann kein Geld mehr übrig für Straßen, Polizei, Schulen, Glasfasernetze, Altenpflege,  ..... Es muss wirklich noch viel schlimmer kommen, ehe wir Deutschen - mit Absicht nicht “wir länger hier Lebenden” aufwachen und uns wehren. Apropos: wir leben schon seit vielen, vielen, vielen Jahren und Jahrhunderten hier, wie Grabungsfunde zeigen. Nicht nur Mathe, sondern auch Geschichte, die nicht erst im 20. Jahrhundert beginnt, täte den Damen und Herren der SPD, den Grünen und Linken gut, dass gehört zu ihrer Integration.

Thomas Rießinger / 08.02.2018

Dieser Koalitionsvertrag trägt eine mafiaartige Handschrift. Der Bürger wird erpresst und enteignet.

Bärbel Schmidt / 08.02.2018

Ich glaube, die Abschaffung des Bargeldes wird einige Probleme der Regierung lösen.

Werner Arning / 08.02.2018

Da stellt sich doch langsam die Frage, wohin mit uns und für die, die Geld auf der hohen Kante haben, wohin mit dem Geld? Kluge Auswanderungsvorschläge sind erwünscht. Vielleicht bietet die Achse ja mal ein Forum an, auf dem man all diese Fragen diskutieren könnte. Natürlich bevor es zu spät ist. Wollen wir wirklich Macron sein Präsidentenamt und Griechenland ihr frühes Renteneintrittsalters absichern, oder können wir uns interessantere Tätigkeiten vorstellen?

Jens Keller / 08.02.2018

Tja, Auflösungserscheinungen der Republik. Nichts Anderes ist es, wenn der Staat seine Hoheit über Grenzen und Finanzen an seine Nachbarn übergibt. Da weder die Parteien noch das Staatsvolk den eingeschlagenen Weg verlassen wollen, geht es weiter auf der Strasse in die „europäische“ Zukunft. Daran wird auch die AFD nichts ändern, repräsentiert sie doch auch nur die etwas deutschfreundlichere Variante staatlicher Bevormundung und Besitzstandwahrung.

Wulfrad Schmid / 08.02.2018

Es sind Verräter, Diebe, Antidemokraten. Es sind Rechtsbeuger und -brecher - sie bleiben völlig unbehelligt, weil das Volk schweigt.

R. Bunkus / 08.02.2018

“Wir sind zu höheren Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt bereit.” Wenn Frau Merkel und Herr Schulz und die gesamte SPD das mal aus ihrer Privatschatulle bezahlen würden! Aber die, die zahlen sollen, wurden sicher nicht gefragt. Ich konnte auch in den Wahlprogrammen eine solche Aussage nicht finden. Im Übrigen wollte Martin Schulz zwar offiziell deutscher Bundeskanzler werden. Aber in Wirklichkeit hatte er mit der Kandidatur ganz anderes im Sinn, lautete doch der Titel des Wahlprogramms “Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit: Zukunft sichern, Europa stärken”. Also bitte nicht wundern.

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