Gastautor / 08.09.2019 / 06:15 / Foto: Pixabay / 32 / Seite ausdrucken

Verspätete Antwort für einen jungen Familienvater

Von Uli Weber.

Ich ärgere mich etwas, und zwar über mich selbst. Neulich war ich an einer Diskussion über den „menschengemachten“ Klimawandel beteiligt, und da fiel von einem jungen Mann sinngemäß das Argument, „die Alten scheuen doch bloß die Veränderung“. Und an dieser Stelle hätte ich als „alter weißer Mann“ einfach abbrechen sollen, anstatt mit wissenschaftlichen Fakten zu argumentieren. Denn ein solch abschätziges Alters-ad-hominem bedeutet nichts weniger als „lass‘ mich in Ruhe meinen kindlichen Aberglauben ausleben“. Ein passendes Zitat dazu: „Die gesellschaftliche Ausgrenzung von ‚alten weißen Männern‘ repräsentiert damit aber auch die Abkehr von einer überlebensnotwendigen Rationalität zugunsten einer selbstverzehrenden Konsensgemeinschaft“.

Denn die gesellschaftliche Diskussion über den „menschengemachten Klimawandel“ scheint tatsächlich beendet. Inzwischen kann sich nämlich jeder aus einem Sammelsurium von emotionalen Weltverbesserungsträumen, die sich alle unter der Überschrift „Klimagerechtigkeit“ subsummieren lassen, sein individuelles Wolkenkuckucksheim zusammenstellen und ganz fest daran glauben, dadurch die Welt zu retten. Nun waren alte weise Männer und Frauen im steinzeitlichen Sinne aber immer die Hüter des Wissens einer Gemeinschaft (= Familienrudel -> Sippe -> Stamm -> Nation). 

Sie waren in ihrem Konservativismus damit auch gleichzeitig der Filter für jede Innovation, denn Neues musste sich stets an Bewährtem messen lassen, um überhaupt wirksam werden zu können. Die technologische Entwicklung des Industriezeitalters hatte diesen gesellschaftlichen Filter zunehmend wirkungslos gemacht, weil zunächst die erforderliche Mobilität gewachsene Sozialstrukturen aufgebrochen hatte und der technische Generationswechsel inzwischen deutlich schneller verläuft als der menschliche. Trotzdem gibt es immer noch Bereiche, in denen die konservativen Alten weiterhin als gesellschaftliche Filter fungieren (könnten), nämlich alles das, was mit Grundlagen, Erfahrungen und menschlicher Interaktion über längere Zeiträume zusammenhängt, kurz alles, was einem pubertären Wunschdenken entgegensteht.

Wenn wir also die Filterwirkung der „Alten“ einmal in „technologisch“ und „gesellschaftlich“ trennen, dann beruht deren technologische Kompetenz auf den gesicherten technisch-wissenschaftlichen Grundlagen von Innovation, während die gesellschaftliche Kompetenz unvermindert fortbesteht. Diese Alterskompetenzen werden nun wiederum in Form einer „Gender-Zwangsindividualisierung“ infrage gestellt, deren gesellschaftlicher Grenzwert auf ein individuell-buntes „Wünsch-dir-alles-Mögliche“ hinausläuft. 

Und ein solches hochemotional-individuelles „Wünsch-dir-was“ wäre dann jederzeit durch beliebige „hochmoralische“ politisch-mediale Skandalisierungen kurzfristig global steuerbar.

Der Autor hatte das mal so formuliert: „Die Betrachtungsperspektive für gesellschaftliche Veränderungen in unserem Land hat sich diametral verändert. Der aktuelle gesellschaftliche Wandel wird nämlich nicht etwa aus einer wertekonservativen gesellschaftlichen Mitte heraus kommentiert, wie wir das bei unserer sogenannten 68er Studentenrevolution erlebt hatten, sondern vielmehr ist heute diese wertekonservative gesellschaftliche Mitte selbst, vorgeblich als ‚alte weiße Globalisierungsverlierer‘, das Subjekt einer vernichtenden öffentlichen Kritik.“

Selbstbestätigung ihrer alternativlosen Einheitsideologie

In unserem Land hat unbemerkt eine gesellschaftliche Revolution stattgefunden, mit der sich radikale gesellschaftliche Randgruppen zu einer Beseitigung der vormals stabilisierenden wertekonservativen Mitte ermächtigt haben. Heute überschlagen sich bei uns beide christlichen Kirchen, die Parteien der politischen Mitte und die öffentlichen Mainstreammedien, einstmals also die Träger eines wertekonservativen Bewusstseins in unserem Lande, in gegenseitiger Selbstbestätigung ihrer alternativlosen moralisierenden Einheitsideologie und immer neuen Geißelungen einer vorgeblich wertekonservativen Nazi-Haltung.

In diesem Land scheint man vergessen zu haben, dass die demokratische deutsche Geschichte weit über das vergangene Jahrhundert mit seinen beiden Diktaturen auf deutschem Boden zurückreicht. Dabei wird jegliches nationale Gedankengut reflexhaft mit dem barbarischen Dritten Reich assoziiert, während eine stramm kommunistisch-totalitäre Gesinnung niemals mit der DDR-Diktatur, den Massenmorden unter Stalin und Mao oder dem Autogenozid eines Pol-Pot-Regimes in Verbindung gebracht wird. 

Unsere gemeinsame Grundordnung, das Grundgesetz, wurde von alten weisen Männern und Frauen im Angesicht der Nazidiktatur formuliert. Diese braune Schreckensherrschaft hatte nämlich einstmals mit einer selbst ermächtigten Einheitsmeinung, mit gleichgeschalteten Medien und mit dem Verstummen kritischer Stimmen ihren Anfang genommen. An dieser Stelle sei die Schneeflöckchen-Allianz aus Honeckers Enterbten, der vollalimentierten Resterampe unserer 68er Generation und deren klerikalen Trittbrettfahrern daher noch einmal an einen Grundpfeiler unserer Demokratie erinnert:

Meinungsfreiheit ist nicht die Befreiung von einer unerwünschten Meinung, sondern das grundgesetzlich verbriefte Recht, solch eine unerwünschte Meinung jederzeit öffentlich äußern zu dürfen, solange diese auf dem Boden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht. Demokratie ist also, entgegen dem herrschenden Zeitgeist, der ausdrückliche Schutz dieser unerwünschten Meinung durch die sie ablehnende Mehrheitsgesellschaft.

Häufung von hysterischen Einzelmeldungen

Nachrichten sind selektive Sekundär- und Tertiärinformationen, denen wir nicht ohne Weiteres ansehen können, ob sie das volle Meinungsspektrum abbilden und wie groß ihr wirklicher Wahrheitsgehalt ist; einzig die journalistische Qualität der betreffenden Informationsquelle entscheidet über deren Seriosität.

Man sagt nun, eine Lüge müsse nur oft genug unwidersprochen wiederholt werden, um trotz besseren Wissens von der betreffenden Zielgruppe schließlich als Wahrheit akzeptiert zu werden. Es ist demnach gar nicht so leicht, die Häufung von hysterischen Einzelmeldungen auf einen grundlegenden Workflow zu reduzieren, aber manchmal hilft der Zufall mit einem Selbstdarsteller. Jeder Einzelne ist also frei in seiner Entscheidung, den Meinungsschaffenden zu vertrauen oder selbst entsprechenden Quellen auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen. 

Ebenso wie materieller Besitz sollte auch der „Reichtum an Bildung“ eine gesellschaftliche Verantwortung für die gemeinsame „res publica“ implizieren. Aber es gibt eine Gruppe von Menschen in unserem Lande, die sich trotz einer entsprechenden Schul- und Hochschulausbildung mit ihrem unkritischen Schweigen einer solchen gesellschaftlichen Verantwortung zu entziehen sucht. Selbstverständlich bleibt es jedem erwachsenen Menschen selbst überlassen, ob er sich mit den zukunftweisenden Herausforderungen unserer Zeit verantwortlich auseinandersetzt oder sich wie ein Friday for Future-Schüler verhält; stehen doch schließlich beide vor einem bunten Regal voller Weltverbesserungswünsche in dem kindlichen Verständnis, andere würden später schon für sie bezahlen. Noch irgendwelche Fragen, junger Mann?

Dieser leicht gekürzte Beitrag erschien zuerst hier auf Kalte Sonne.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Sabine Schönfelder / 08.09.2019

Jugendliche erfassen zum ersten Mal einen Zusammenhang und glauben dabei das Ei des Kolumbus erfunden zu haben (völlig normal). Gleich einer Ameise, die, eingeordnet in ihren kleinen Ameisenstaat, diesen ihren kleinen Ameisenhaufen, irgendwo auf einem winzigen Stück Waldboden auf dieser Erde in diesem Universum, als einzigen und alleinigen wahren Kosmos ihres Lebens wähnt;  ohne Überblick, ohne Wissen, ohne Reflexion, ohne Erfahrungen, aber mit ihrer einzigen Gewissheit, die sie besitzt. Sie gehören zum ‘alten Eisen’! Sie stören das ‘Narrativ’ des menschgemachten Klimawandels durch Erfahrungen, naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Vernunft. Mit Ihnen wird nicht diskutiert, Sie werden einfach nur zur ‘Schnecke’ gemacht! Wappnen Sie sich lieber, statt sich zu ärgern. Packen Sie den Feind am Pickelgesicht und z w i n g e n sie ihn in die Diskussion. Er wird immer verlieren, Sie aber vorher ‘düschtsch’ beschimpfen und versuchen Ihnen das Wort abzuschneiden. Die Vorteile des erfahrenen, deutschen Mannes wurden umgeframt und unter rückwärts gewandter Altersstarre subsumiert. ‘Bürgerliche Zurückhaltung und Fairness sind deshalb v ö l l i g fehl am Platze. Wir befinden uns bereits mitten im Kampfmodus. Wer zurückweicht, verliert! Sie haben es mit genudgten, unwissenden, hohlen, unerfahrenen, u n s e l b s t s t ä n d i g e n Zeitgeistmitläufern zu tun. Phantasie -und kenntnislos, bar jeder eigenen Überlegung und unfähig oder zu faul zum Selbstdenken. Suchen Sie sich was aus, für Ihre nächste Diskussion!

Werner Arning / 08.09.2019

Das Rebellische, der linke Protest spielte sich in Westdeutschland stets vor dem Hintergrund eines staatstragenden Konservativismus ab. Dadurch wurde der Protest relativiert. Er hatte seine Daseinsberechtigung, blieb jedoch eine Position einer Minderheit. Er wurde getragen von jungen, idealistischen Leuten, die etwas Neues ausprobieren mochten. Er verblieb am Rand der Gesellschaft. War „ungefährlich“, verspielt, innovativ, neugierig, kindisch, lustig. Heute spielt sich dieser rebellische, linke Protest nicht mehr am Rand der Gesellschaft ab, sondern in ihrer Mitte. Er wird zur maßgeblichen Doktrin. Er setzt alle gesellschaftlichen Maßstäbe. Wird zum Maßstab schlechthin. Zuvor konservative Kräfte, staatstragende Kräfte, vernünftige Kräfte, der Verantwortung verpflichtete Kräfte, richten sich neuerdings nach diesen neuen, idealistischen, linken, teilweise weltfremden Maßstäben. Die idealistische Jugend übernimmt das Regiment. Konservative, rationale Menschen verstummen, oder reden den Weltverbesserern nach dem Mund, biedern sich bei ihnen an. Versuchen mitzuhalten, Es ihnen gleichzutun. Diese Entwicklung ist gefährlich für unsere Gesellschaft und sie wird möglicherweise kein gutes Ende nehmen. Es ist, als hätten wir die Verantwortung in die Hände von unreifen Kindern gelegt. Als würden die Erwachsenen den Kindern nacheifern. Sich deren Rebellentum zueigen machen. Die Unvernunft zur neuen Vernunft erklären. Es braucht jedoch beide Seiten. Die Erwachsenen und die Kinder. Nur auf diese Weise kann es gutgehen. Konservativismus und Erneuerung müssen sich die Waage halten.

Karsten Dörre / 08.09.2019

Das Argument „die Alten scheuen doch bloß die Veränderung“ haben in der Geschichte der menschlichen Evolution alle Generationen ihren eigenen vorherigen Generationen mehr oder weniger offen kundgetan. Das 21.Jahrundert bringt dahingehend nichts neues. Neu ist lediglich, dass Ängste und lähmende Visionen über die Zukunft durch jüngere Generationen von älteren Generationen und Öffentlichkeit übernommen werden und somit die Gefahr besteht, dass das humane Wissen und KnowHow ähnlich nach dem Wechsel der Spätantike ins Frühmittelalter in Europa für einige Jahrhunderte verloren geht.

Andreas Rühl / 08.09.2019

Kleine Anmerkung dazu. Immer wieder höre und lese ich, dass eine meinung dann nicht geäußert werden duerfte, wenn sie nicht verfassungskonform ist oder ähnliches. Auch durch ständige Wiederholung wird das nicht richtiger. Eine solche Schranke kennt das Grundgesetz gerade NICHT. Selbstverständlich darf ich eine meinung aeussern, die nicht mit der freheitlich demokratischen Grundordnung kompatibel ist. Einzig Hochschullehrer sind, wenn sie auf dem katheder stehen, ein wenig eingeschränkt. Aber als Privatperson auch nicht. Das Grundgesetz kennt keine meinungsverbote, es gibt, was Meinungen angeht, keine wehrhafte Demokratie. Der Nationalsozialismus ist als Weltanschauung nicht verboten. Ultrarechtes Gedankengut darf jeder kundtun, solange er nicht das Volk aufhetzt. Eine Meinung ist verboten. Die Behauptung, den Holocaust, habe es nicht gegeben. Aber nur deshalb, weil das eine beleidigung der Opfer darstellt. Das wars dann aber auch.

Gabriele Kremmel / 08.09.2019

Was der junge Mann in seiner Beschränktheit außen vor lässt: Die Alten haben keine Angst vor Veränderungen sondern sie haben selbst den Grundstein dafür gelegt, dass überhaupt Veränderungen statt finden können. Sie haben, angefangen vom Telegrafen über das Telefon und viele weitere Entwicklungsstufen den Computer und die Mobiltelefonie erfunden. Und vieles andere auch. Sogar das Windrad. Und hygienische Lösungen für viele Probleme früherer Zeiten, wozu nicht nur der Kühlschrank gehört sondern auch die vielgescholtenen Plastikverpackungen. Die (und vieles andere auch) jetzt zu verteufeln anstatt sich auf die ständig statt findenden Weiterentwicklungen zu konzentrieren und immer noch bessere Lösungen zu finden, das wäre doch eine Aufgabe für die jungen Motzer. Dazu sind sie aber offenbar nicht in der Lage - es ist ja viel einfacher, immer nur “alles muss weg” zu krakeelen.

J. Solcher / 08.09.2019

“...sondern vielmehr ist heute diese wertekonservative gesellschaftliche Mitte selbst, vorgeblich als ‚alte weiße Globalisierungsverlierer‘, das Subjekt einer vernichtenden öffentlichen Kritik.“ Sie ist das Objekt, würde ich meinen.

beat schaller / 08.09.2019

Sehr schön und treffend geschrieben Herr Weber. Sie schreiben auch perfekt was Meinungsfreiheit ist mir Ihrem Satz .....Meinungsfreiheit ist nicht die Befreiung von einer unerwünschten Meinung, sondern das grundgesetzlich verbriefte Recht, solch eine unerwünschte Meinung jederzeit öffentlich äußern zu dürfen,......... und betten diesen genau richtig ein. Wenn ich allerdings sehe und lese, was da täglich in Berlin alles “neu verdreht, installiert und ausgehandelt wird, und dieser Bazillus dann ganz leicht auf den Bundestag übertragen wird, dann weiß ich, dass wir schon längsten viel zu weit von jeglicher Umkehrmöglichkeit sind.  Da hilft nichts anderes als “Die Wand”  um die ganze Kaste aufzuwecken. Die Leute brauchen wieder ein existentielles Problem! Gebt es ihnen und bezahlt eure Steuern nicht mehr! Danke Herr Weber. b.schaller

Fritz Hoffmann / 08.09.2019

Und was sagen unsere Führenden in Politik und Medien zu diesem hervorragenden Beitrag? Vermutlich so etwas wie: “nicht hilfreich”. Deren individuelle wirtschaftliche Interessen stehen dem langfristigen Denken diametral entgegen. Ein vereinfachtes Besipiel: wenn alle Migranten mit Smartphones ausgerüstet sind, werde ich als Mobilfunkbetreiber alle Hebel in Bewegung setzen, um deren Zahl zu erhöhen. Das steigert meinen Quartalsumsatz, und ich bekomme einen hochdotierten Folgevertrag. Was danach passiert, ist mir egal.

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