Verschärftes Straflager für Wladimir Kara-Mursa

Der russische Oppositionelle Wladimir Kara-Mursa, zu 25 Jahren Lagerhaft verurteilt, ist in eine sibirische Strafkolonie gebracht worden. Es ist zu befürchten: Hier soll ein weiterer Regimegegner vernichtet werden.

Kara-Mursa war im April 2023 unter dem Vorwurf des Hochverrats zu 25 Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Seit Jahren kritisierte er die Politik von Kremlchef Wladimir Putin und auch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. International gilt er als politischer Gefangener. Der 42-Jährige ist gesundheitlich schwer angeschlagen.

Nun wurde er seinem Anwalt zufolge in eine sibirische Strafkolonie verbracht. Für sechs Monate soll er unter erschwerten Haftbedingungen dort inhaftiert werden. Grund der Bestrafung: Kara-Mursa hatte seine Hände für einige Sekunden vom Rücken genommen, um seine Mütze an ihren vorgeschriebenen Platz zu legen – teilte sein ehemaliger Anwalt Wadim Prochorow am Mittwoch auf Facebook mit. Daraufhin folgte die Bestrafung. Eine paranoid wirkende Schikane, ein weiterer Beleg für die Brutalität der Putin-Justiz gegen Oppositionelle – und kein Einzelfall.

Die Verlegung in solche Strafzellen sind häufig genutzte Schikanen der Putin-Justiz, speziell für politische Gefangene. Die Bedingungen dort sind besonders hart. Die Zelle ist sehr beengt, die Benutzung der Betten nach dem Wecken verboten, der tägliche Spaziergang im Hof beschränkt. Zudem ist beispielsweise nur ein kurzes Treffen mit Verwandten im Halbjahr erlaubt – und auch dies nur mit Erlaubnis der Verwaltung. Kara-Mursas Schicksal erinnert an den in der Haft unter ungeklärten Umständen zu Tode gekommenen Oppositionellen Alexej Nawalny, der mit der gleichen Strafe belegt worden war.

Nach dem Tod Nawalnys hatte Kara-Mursa andere Oppositionelle aus dem Gefängnis heraus ermutigt, durchzuhalten: „Wenn wir uns der Düsternis und Verzweiflung hingeben, ist das genau das, was sie wollen.“ Die jetzige Bestrafungsaktion zeigt: Hier soll ein weiterer Regimegegner vernichtet werden.

 

Helmut Ortner hat bislang mehr als zwanzig Bücher, überwiegend politische Sachbücher und Biografien veröffentlicht. Zuletzt erschienen: „Widerstreit: Über Macht, Wahn und Widerstand“ und „Volk im Wahn – Hitlers Deutsche oder Die Gegenwart der Vergangenheit“. Seine Bücher wurden bislang in 14 Sprachen übersetzt.

Foto: Michał Siergiejevicz CC BY 2.0, Link

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Leserpost

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Klara Altmann / 20.06.2024

@ Dr. Ralph Buitoni: Ich spreche von den einen und den anderen, tat ich schon immer so. Ich spreche von jeder Menschenrechtsverletzung, die mir zur Kenntnis kommt und das auch schon immer. Das nennt sich Prinzip.

Franz Klar / 20.06.2024

@Margit Broetz : Ihr Kommentar erinnert mich an die Wahl zur Volkskammer der DDR 1986 . Die Wahlbeteiligung lag nach offiziellen Angaben mit 12.402.013 abgegebenen Stimmen bei 12.434.444 registrierten Wählern bei 99,74 % . Damit wurden 99,94 % Zustimmung (12.392.094 Stimmen) zum Wahlvorschlag der Nationalen Front gezählt ( zitiert nach Wikipedia ) . 3 Jahre später zerstörte der westliche Imperialismus dieses Paradies ....

Marc Munich / 20.06.2024

@Klara Altmann:  “Das erinnert stark an bösartige alte Gewohnheiten aus der Sowjet-Zeit, anscheinend hat man im Hinblick auf Menschenrechte in Russland noch immer nichts gelernt.. Es ist traurig zu sehen, in welche Richtung Russland abdriftet seit dem Ende der Schröder-Regierung.” ****  Sehr geehrte Frau Altmann! Solange Sie, Frau Altmann, die 27 Millionen von Deutschen ermordeten Russen aus Ihren Sowjet-Zeit-Erinnerungen ausklammern, betreiben Sie keinen Whataboutism und können beruhigt der nächsten Tagesschau in Ihrem - ich nehme an - halbdunkel bis rustikal gehaltenen - Wohnzimmer entgegenfiebern.  Versinken Sie aber dabei bitte nicht weiter nicht in Traurigkeit, auch wenn Russland ohne Deutschland vom rechten Weg abgedriftet ist. Herr Maar und Herr Klar kommen bestimmt jederzeit gern auf eine Tasse Kaffee vorbei und leisten Ihnen Gesellschaft ;-)  MfG.  MM ****

Margit Broetz / 20.06.2024

Dieser Artikel erinnert mich an die Meldungen der Wochenschau Verzeihung Tagesschau. Danke, Claudius Pappe! Wir sollten hier kleinere Brötchen backen. Wenn nach diesen Maßstäben Nawalny ein Oppositioneller in Rußland war, dann war ein anderer Oppositioneller in den USA der 1930er wohl Alfonso Capone. Und: nach westlichen Meinungsforschern stehen über 80% der russischen Wähler hinter Putin. Den nennen wir daher “Autokraten”. In Deutschland finden nicht mal mehr 30% der Wähler die “Ampel”-Regierung gut. Wir sind eben “Demokratie”.

Dr. Ralph Buitoni / 20.06.2024

@Lutz Herrmann / “War ja klar, dass jetzt der Whataboutism blüht.” War klar, dass irgendein Blitzdenker mit dieser Nichtdenker-Vokabel um die Ecke kommt. Es gibt keinen “Whataboutism”, sondern nur Standards, die man für alle oder für keinen anwendet. Ansonsten ist es billige Heuchelei

Dr. Ralph Buitoni / 20.06.2024

@Klara Altmann / “Es gibt Mindeststandards für die Behandlung von Gefangenen - ich rede hier nicht vom gefängniseigenen Fitnessstudio oder dem Großbildschirm für die Europameisterschaft. Wie er die politischen Gegner behandelt, ist ein wesentlicher Ausweis für die Qualität eines Staatsführers.” Sprechen Sie von Guantanamo?

Emil.Meins / 20.06.2024

Tja, man sollte doch eins erwarten können:  Putin sollte doch eher einen Stuhlkreis machen, ermunternde Worte sprechen, und Herrn Mursa zärtlich übers Köpfchen streicheln. oder er könnte ihn als verwirrten Einzeltäter in die Psychiatrie einweisen, wo er ihm aufopfernde Pflege angedeihen läßt, und ihn behutsam auf den rechten Weg zurückbringt, so wie wir das in Deutschland machen. Da wären unsere “Whataboutism”-Mahner doch sicher zufrieden. Zum Glück haben wir hier solche Probleme nicht und leben in Ruhe und Frieden, und haben eine Regierung, die nur unser Bestes will. Wie schön!

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