Johannes Kandel, Gastautor / 14.10.2020 / 11:00 / Foto: Arild Vågen / 21 / Seite ausdrucken

Versammlungsrecht à la Rot-Rot-Grün

Das Land Berlin bekommt ein neues Versammlungsrecht. Der Titel hört sich zwar gut an – „Versammlungsfreiheitsgesetz“ – aber den Gesetzestext trägt alles andere als ein liberaler Geist. Er ist einäugig, behindert die Polizei beim Vorgehen gegen nicht-rechte gewalttätige Aufmärsche, erleichtert Gegendemonstranten die direkte Konfrontation und damit de facto auch die Störung von ihnen missliebigen Kundgebungen und lockert das Vermummungsverbot. Eigentlich müsste es höchst umstritten sein, doch wie so viele andere wichtige Themen in dieser Zeit wird es überdeckt von der Corona-Krise und wird deshalb in der Öffentlichkeit kaum angemessen wahrgenommen. Denn auch wenn es „nur“ um ein Berliner Gesetz geht, so kann das ja durchaus für andere Länder Vorbildwirkung haben. Es lohnt sich also, einen genaueren Blick in den Berliner Gesetzesentwurf zu werfen. Der Politikwissenschaftler und Historiker Dr. Johannes Kandel hat dies für uns getan:

Anmerkungen zum Entwurf eines neuen Berliner Landes-Versammlungsfreiheitsgesetzes (VersFG BE)

Von Dr. Johannes Kandel.

Fundamentales Freiheitsrecht

Unsere für Republik und Demokratie kämpfenden Vorfahren sahen die Freiheit, sich friedlich und unbeschränkt zu versammeln und Meinungen öffentlich kundzutun, als ein zentrales Menschenrecht und Grundrecht eines Volkes. Keine Demokratie ohne Meinungs- und Versammlungsfreiheit! Schon im berühmten Offenburger Programm der südwestdeutschen Demokraten vom 10. September 1847 wurde „das Recht des Volkes, sich zu versammeln und zu reden“ gefordert. Der anfängliche große Erfolg der „bürgerlichen Revolution“ 1848 verdankte sich entscheidend den zahllosen, oft tumultuarischen Volksversammlungen. In der ersten demokratischen Verfassung Deutschlands („Paulskirchenverfassung“ von 1849) hieß es im § 161 ausdrücklich: „Die Deutschen haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln; einer besonderen Erlaubnis bedarf es nicht.“ (Satz 1) In dem von der Nationalversammlung eingesetzten Ausschuss zum Entwurf der Grundrechte war es zu einer hitzigen Debatte über die Frage gekommen, ob Versammlungen unter freiem Himmel von den Ortsbehörden genehmigt werden sollten und ob diese auch beschränkt werden könnten. Der Kompromiss lautete dann in der deutschen Reichsverfassung: „Volksversammlungen unter freiem Himmel können bei dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verboten werden.“ (§ 161, Satz 2).

Diese Prinzipien wurden in die Weimarer Reichsverfassung 1919 mit leichten Ergänzungen übernommen. Den Deutschen wurde das Recht zugestanden, sich „ohne Anmeldung und besondere Erlaubnis friedlich und unbewaffnet“ zu versammeln (Artikel 123, Absatz 1). Versammlungen unter freiem Himmel konnten per Reichsgesetz „anmeldepflichtig“ gemacht und „bei unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verboten werden.“ (Artikel 123, Absatz 2). Im Artikel 8, Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) von 1949 wurden diese Grundsätze bestätigt, wobei nach dem Gesetzeswortlaut dieses Grundrecht ausdrücklich für „alle Deutschen“, nicht aber für Ausländer garantiert wurde. Für diese galt die „allgemeine Handlungsfreiheit“ nach Art. 2, Absatz 1 GG. Durch Gesetzesvorbehalt im Artikel 8, Absatz 2 war auch die Möglichkeit der Beschränkung des Grundrechts für Versammlungen unter freiem Himmel vorgesehen. Zu beachten waren die gesetzlichen Regelungen für Versammlungen in Bund und Ländern. Seit 2006 (Föderalismusreform) haben die Länder die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz im Versammlungsrecht.

In der Verfassung von Berlin vom 23. November 1995 (letzte Änderung 2016) wird die Versammlungsfreiheit im Artikel 26 ausdrücklich zugestanden: „Alle Männer und Frauen haben das Recht, sich zu gesetzlich zulässigen Zwecken friedlich und unbewaffnet zu versammeln. Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.“ Das Berliner Versammlungsgesetz, erstmals 1953 beschlossen, bekräftigte in der Fassung vom 15. November 1978 die Grundsätze des Artikels 8 GG und der Berliner Verfassung, Art. 26, wobei die Formulierung, dass „Jedermann“ das Recht habe „öffentliche Versammlungen und Aufzüge zu veranstalten und an solchen Veranstaltungen teilzunehmen“, im § 1 offen ließ, ob mit „Jedermann“ nur Deutsche oder auch Ausländer gemeint waren.

Das neue „Versammlungsfreiheitgesetz“ (VersFG BE)

Die linksgrünen Gesetzesautoren nahmen am „Jedermann“ Anstoß. Im Entwurf der Fraktionen der SPD, der Grünen und der Linkspartei für ein neues „Versammlungsfreiheitsgesetz“ (VersFGBE) vom 2. Juni 2020 heißt es jetzt: „Jede Person hat das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen mit anderen zu versammeln und Versammlungen zu veranstalten“ (§ 1). Es ist Linksgrün besonders wichtig, die „Liberalität“ des neuen Gesetzes schon dadurch hervorzuheben, dass mit „jeder Person“ auch „alle Formen der geschlechtlichen Identität und Diversität“ gemeint seien (Drucksache 18/2764, S. 20). Es haben somit Männer und Frauen sowie sämtliche „Diverse“ das Recht, sich zu versammeln. Das gilt auch für Ausländer, die jetzt im Rahmen des neuen Gesetzes ausdrücklich als „Grundrechtsträger“ bezeichnet werden. Das Gesetz unterstreicht die Versammlungsfreiheit als „Jedermann-Recht“, nicht als exklusives „Deutschen-Recht“. Ausländer könnten sich auch auf völkerrechtliche Regelungen berufen, etwa den Artikel 11 der „Europäische Menschenrechtskonvention“. Doch bleibt dies ein verfassungsrechtlich umstrittener Punkt.

Hat sich der kritische Leser durch das schreckliche Juristenkauderwelsch der Begründungen des Gesetzes („verwaltungsakzessorisch“) erst einmal durchgekämpft, so wird ihm auffallen, dass es im Gesetzentwurf eine Reihe von Regelungen gibt, welche die linksgrüne Handschrift der Autoren nur allzu deutlich erkennen lassen. Damit werden einige politisch einseitige Bewertungen zur gesetzlichen Grundlage, z.B.

  • Fortgesetztes Misstrauen gegenüber der Polizei
  • Erleichterung von „Gegenversammlungen“, sprich Gegendemonstrationen
  • „Beschränkungen, Verbot und Auflösung“ von Versammlungen, vorzugsweise von solchen mit „rechten Inhalten“ und „rechter Symbolik“.
  • Lockerung des Vermummungsverbots.

Im Blick auf linksgrüne „political correctness“ hat sich ja Justizsenator Dirk Berendt als ideologisch gefestigter Vorkämpfer profiliert. Die grüne Eminenz beschädigt die staatliche Neutralität, indem er im Gerichtssaal das Kopftuch erlaubt, und zwingt die Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst qua „Diversity Management“ zu widersinnigsten Sprachregelungen (z.B. „Einwohnende ohne deutsche Staatsbürgerschaft“ = ehemals „Ausländer“). Da im vorliegenden Gesetzentwurf auch noch hier und da alte Sprache verwendet wird, müssen seine Mitarbeiter den Entwurf dahingehend noch überarbeiten.

Fortgesetztes Misstrauen gegenüber der Polizei

Dass Linksgrün unserer Polizei nicht freundlich gesinnt ist, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Immer wieder wird die Polizei in der Stadt wegen vermeintlicher „Übergriffe“ attackiert, Polizeibeamte beleidigt und angezeigt. Auch „klammheimliche Freude“ ist gelegentlich erkennbar, wenn es linken Hausbesetzern und Demonstranten wieder einmal gelungen ist, der Polizei ein Schnippchen zu schlagen. Jüngstes Beispiel für die Abneigung gegenüber unseren Freunden und Helfern ist das am 4. Juni 2020 beschlossene „Landes-Antidiskriminierungsgesetz (LADG), das die Beweislast für vermeintliche Diskriminierungen schlicht umkehrt. Die Polizei muss beweisen, dass sie nicht diskriminiert hat, und wenn das nicht plausibel dargelegt wird, hat das „Opfer“ Anspruch auf Entschädigung.

Die Kastration der Polizei setzt sich fort. Im § 3 des Gesetzentwurfes wird der Polizei erstmalig ein gesetzliches „Deeskalationsgebot“ verordnet. Innensenator Andreas Geisel (SPD) war über diesen Passus besonders glücklich. Die Sicherheitsbehörden dürfen nicht mehr nach Maßgabe eigener Einschätzungen und Bewertungen der Sicherheitslage entscheiden, sondern werden gesetzlich zur „Deeskalation“ verdonnert. Das „Deeskalationsgebot“ steht insofern in Spannung zu den in § 3 genannten Schutz- und Gewährleistungsaufgaben und dem in § 8 deutlich formulierten „Störungsverbot“ einer Versammlung. Präventive Maßnahmen werden dadurch erschwert, und „hartes Durchgreifen“ gerät sogleich in den Verdacht des Gesetzesbruchs. Es ist jetzt schon klar, dass bei rund 5.000 Demonstrationen jährlich in Berlin und einer zunehmenden Brutalisierung des Demonstrationsgeschehens (in erster Linie von „links“) das Leben und die Sicherheit der Bürger mit „Deeskalation“ nicht zu schützen ist. Insofern ist es befremdlich, warum das „Deeskalationsgebot“ ausgerechnet dem § 3 zugeordnet wird, der die „Schutz- und Gewährleistungsaufgabe“ der Berliner Verwaltung formuliert. Es droht eine Flut von Klagen, dass die Polizei nicht genügend „deeskaliert“ und somit die Gefahrenlage durch „hartes Durchgreifen“ noch verschärft habe. Oder dass sie zu viel „deeskaliert“ und damit Versammlungsteilnehmer nicht ausreichend geschützt habe. Die Doppelmoral unseres freudigen Innensenators zeigte sich schon beim „harten Durchgreifen“ im Zuge der sogenannten „Anti-Corona-Demonstrationen“. „Deeskalation“? Die gilt wohl nur bei politisch genehmen Demonstrationen.

Bild- und Tonaufzeichnungen sind nach Beendigung einer Versammlung auch „unverzüglich zu löschen“ (§ 25, Absatz 2), es sei denn, diese würden noch zur Verfolgung von Straftaten oder der Gefahrenabwehr benötigt. Das muss natürlich begründet und die von einer Bild- und Tonaufzeichnung betroffene Person darüber in Kenntnis gesetzt werden. Die Polizei wird ferner einer sehr bürokratischen „Dokumentationspflicht“ bei Anfertigung (und auch Löschung) von Bild- und Tonaufzeichnungen unterworfen, welche die Zahl der Überstunden der damit befassten Beamten deutlich erhöhen dürfte.

Erleichterung von „Gegenversammlungen“, sprich Gegendemonstrationen

Im Zusammenhang mit der „Schutz- und Gewährleistungsaufgabe“ wird im Entwurf formuliert, dass bei Versammlungen, die sich „örtlich und zeitlich überschneiden“ ein „schonender Ausgleich zwischen der Versammlungsfreiheit und den Grundrechten Dritter“ geschaffen werden muss. Um welche „Grundrechte Dritter“ es sich konkret handelt, wird nicht gesagt. Es bestehe auch ein Grundrecht zur Durchführung von Gegenversammlungen. Neu ist die Regelung, dass die „Durchführung einer Gegenversammlung ... in Hör- und Sichtweite der Ausgangsversammlung ermöglicht werden“ soll (§ 3, Absatz 3), Warum eine solche Regelung? Das kann man als gesetzliche Ermutigung zur lautstarken und sichtbaren Gegendemonstration verstehen, was alleine schon seltsam ist, gleichwohl angesichts des Berliner Demonstrationsgeschehens der letzten Jahre ganz offensichtlich die linken Gruppen bis hin zur „Antifa“ begünstigt.

Wie soll zwischen verfeindeten Demonstrationsversammlungen ein Sicherheitsabstand gewährleistet werden, wenn gesetzlich eine „Hör- und Sichtweite“ zugelassen wird? Das ist praktisch gar nicht durchzuhalten, wie Demonstrationen der jüngsten Zeit zeigten. Da wurde z.B. den überwiegend linksradikalen Demonstranten gegen den „Marsch für das Leben“ die Chance eingeräumt, deren Teilnehmer unflätig zu beschimpfen, anzuspucken und mit Gegenständen zu bewerfen. Ein ausreichender Sicherheitsabstand war nicht gegeben, die Polizei musste das „Deeskalationsgebot“ einhalten und geriet damit in Konflikt mit ihren Schutzaufgaben, die in § 14 genannten Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und des öffentlichen Friedens zu verhindern – als ultima ratio durch Verbot der Gegenversammlung. Hier wurde offensichtlich die „Menschenwürde“ einer Gruppe dadurch angegriffen, dass sie, wie es im Gesetzentwurf heißt, „beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet“ wurde (§ 14, Absatz 2, 1b). Ein mögliches Verbot der Gegenversammlung der im Übrigen auch gewaltbereiten und gewalttätigen Gegendemonstranten unterblieb. Nahezu jede Demo wird inzwischen von einer „Gegen-Demo“ begleitet. Man mag sich kaum vorstellen, wie sich das Demonstrationsgeschehen bei einer zeitgleichen Kurden- und Türkendemonstration entwickelte, wenn in „Hör- und Sichtweite“ die übelsten Beleidigungen und Beschimpfungen hinüber und herüber fliegen würden.

„Beschränkungen, Verbot und Auflösung“ vorzugsweise bei „rechten Inhalten“

An erster Stelle steht die Gewährleistung von öffentlicher Sicherheit und Frieden. Erscheinen diese gefährdet, so dürfen die Sicherheitsbehörden einschreiten, Beschränkungen, Verbote und Auflösungen von Versammlungen vornehmen (§ 14, Absatz 1). Aufschlussreich ist nun, durch welche Tatbestände eine Gefährdung des öffentlichen Friedens angenommen wird. Unstrittig dürfte sein, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, wenn Versammlungsteilnehmer durch ihr Verhalten Gewaltbereitschaft signalisieren oder gar offen gewalttätig werden.

Schwieriger wird es, wenn gesetzlich bestimmt werden soll, welche inhaltlichen Positionen und Einstellungen es sind, mit denen „zum Hass aufgestachelt“, „zu Gewalt- und Willkürmaßnahmen aufgefordert“ oder die „Menschenwürde anderer“ dadurch angegriffen wird, dass sie aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder einem Teil der Bevölkerung „beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet“ werden. (§ 14, Absatz 2, 1a, 1b). Welche sind das? Die nicht kanonisch aufzufassende Benennung inkriminierter Einstellungen (durch das Wörtchen „insbesondere“ markiert) verwundert nicht: Es geht – natürlich – gegen „rechts“. Wenn sich Versammlungsteilnehmer „gegen eine nationale, durch rassistische Zuschreibung beschriebene, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe“ etc. wenden, ferner „die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft“ billigen, verherrlichen oder rechtfertigen, „auch durch das Gedenken an führende Repräsentanten des Nationalsozialismus“, dann muss die Versammlung verboten werden.

Unstrittig dürfte unter Demokraten sein, jedweden billigenden, verherrlichenden und rechtfertigenden Bezug auf den Nationalsozialismus unnachsichtig zu unterbinden, d.h. die Versammlung zu verbieten. Doch was heißt „rassistische Zuschreibung“? Vor dem Hintergrund einer im politischen Meinungskampf geradezu inflationären Verwendung des Rassismusbegriffes öffnet diese Formulierung der Willkür Tür und Tor. Für die „Antifa“ sind alle, die nicht ihre verquere linksextremistische Ideologie teilen, ohnehin „Rassisten“ (und „Faschisten“). Und die zahllosen „antirassistischen“ NGOs mit ihren Dachorganisationen (z.B. Ferda Atamans Spielwiesen „Neue deutsche Organisationen“ und „Neue deutschen Medienmacher“) verstärken solche Tendenzen mit öffentlicher Wirkung. Begründungen bedarf es nach dem bloßen Vorwurf des „Rassismus“ schon nicht mehr!

Auf diese Weise wird auch nur sachliche Kritik an der linksgrünen Migrations- und Integrationspolitik als „rassistisch“ abgewertet und Versammlungen mit solchen kritischen Inhalten mit Verbot bedroht. Das gilt genauso für Kritik an islamistischen (salafistischen etc.) Gruppen, denn inzwischen hat der sogenannte „antimuslimische Rassismus“ im öffentlichen Diskurs fast den Status eines nicht hinterfragbaren Dogmas erreicht, auch dank der unablässigen „wissenschaftlichen Recherchen“ eifriger „Rassismus“-Jäger des mit üppigen öffentlichen Mitteln ausgestatteten „Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin“.

Herausragend auf diesem Gebiet ist auch das „Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM)“, das mit öffentlichen Subventionen großzügig unterstützt wird und viele Querverbindungen in wissenschaftliche Netzwerke und in die Politik aufweist. Chefin ist die mit Preisen überhäufte Professorin Naika Foroutan, Multifunktionärin „antirassistischer“ Projekte und Initiativen, die sich stets wortreich engagiert, wenn es um den „Kampf gegen Rassismus“ geht. Dass die Grünen, v.a. mit ihrer „Heinrich-Böll-Stiftung“, diesen uferlosen und denunzierenden „Antirassismus-Diskurs“ noch flankieren, ist beängstigend und demokratiegefährdend. Schließlich: Wenn auf „nationale“ und „ethnische Herkunft“ abgehoben wird, so müssen sich alle Versammlungsorganisatoren vorsehen, nicht durch offene Kritik an z.B. arabischen Terrororganisationen wie z.B. Hamas und Hisbollah der ethnischen Markierung (und damit des Rassismus!) bezichtigt zu werden. Gleiches gilt für Kritik an türkisch-nationalistischen Gruppierungen wie etwa die „Grauen Wölfe“.

NS-Symbole sind schon strafbar

Auch wenn eine Versammlung „in ihrem Gesamtgepräge an die Riten und Symbole nationalsozialistischer Gewaltherrschaft anknüpft und dadurch einschüchternd wirkt oder in erheblicher Weise gegen das sittliche Empfinden der Bürgerinnen und Bürger und grundlegende soziale oder ethische Anschauungen verstößt“, kann sie verboten werden (§ 14, Absatz 2, 3, 2). Es ist unstrittig und ja schon jetzt strafrechtlich relevant, dass, wenn nationalsozialistische Symbolik verwendet wird, Versammlungen und Aufzüge verboten werden können. Doch was ist mit kommunistischer Symbolik, den sprachlichen und bildlichen Demonstrationen totalitärer Gewaltherrschaft? Rote Fahnen mit Hammer und Sichel, Stalin- und Mao-Bilder, Lobesbanner für den „Sozialismus/Kommunismus“? Verherrlichung der „Weltrevolution“? In der Aufzählung im § 14 Fehlanzeige! Und was ist „das“ sittliche Empfinden der Bürger und was sind „grundlegende soziale oder ethische Anschauungen“? Warum nehmen die Gesetzesautoren nicht schlicht Bezug auf den im GG Artikel 2, Absatz 1 genannten Rechtsbegriff des „Sittengesetzes“? Das „Sittengesetz“ als formal grundlegende Freiheitsschranke hat offensichtlich im linksgrünen Rechtsverständnis wegen des noch immer geltend gemachten Bezugs zu herrschenden Moralvorstellungen, vor allem hinsichtlich sexueller Orientierungen, keine Konjunktur.

Bevor man sich also in eine juristisch zweifelsohne sehr schwierige Erörterung zur Bestimmung „des“ Sittengesetzes einlässt, vermeidet man lieber den Begriff. Doch der nunmehr gewählte Terminus ist ob seiner geisteswissenschaftlichen Bedeutungsvielfalt und Interpretationsoffenheit noch problematischer, zumal damit eine fatale Nähe zu nationalsozialistischer Semantik („gesundes Volksempfinden“) geschaffen wird. Ob es auch einen Konsens über „grundlegende soziale und ethische Anschauungen“ geben kann und soll, ist höchst umstritten. Hier wären aber wenigstens einige Stichworte hilfreich gewesen, um besorgte Bürger nicht im Nebel widerstreitender sozialer und politischer Prinzipien und Ideen zu belassen.

Eine problematische Regelung zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr findet sich in § 14, Absatz 4 des Gesetzentwurfs. Ich erspare es dem Leser, sich in das Labyrinth juristischer Formulierungen begeben zu müssen. Es geht letztlich darum, dass, wenn ein die öffentliche Sicherheit gefährdender Angriff auf eine friedliche Versammlung stattfindet und es den Polizeikräften aus Land und ggf. Bund nicht gelingt, diesen abzuwehren, dann die „Ausgangsversammlung“ aufgelöst werden kann. Das soll, was selbstverständlich ist, zunächst dem Schutz der Versammlungsteilnehmer dienen; allerdings könnten sich militante Gruppen dadurch gerade noch ermutigt fühlen, die Versammlung zu attackieren, nach dem Motto: „Macht nur ordentlich Randale, dann wird die Polizei die Versammlung schon auflösen!“ Auf diese Art und Weise könnten z.B. militante „Antifaschisten“ missliebige Versammlungen sprengen.

Lockerung des Vermummungsverbots

Über ein Vermummungsverbot ist lange und heftig gestritten worden, aber es hatte lange Bestand. Nunmehr wird es gelockert, d.h. es soll in erster Linie der „Identitätsfeststellung“ und dem „Verwaltungszwang“ dienen, wenn es darum geht, Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu verhindern. Ein, wie es heißt, „ausnahmsloses Vermummungsverbot“ widerspräche dem „grundrechtlichen Schutzauftrag“ (Drucksache 18/2764). Im Klartext: es gibt also ein „Grundrecht auf Vermummung“, weil z.B. der Arbeitgeber gegen einen teilnehmenden Mitarbeiter Sanktionen verhängen, bzw. der Staat die politische Gesinnung von Versammlungsteilnehmern erfassen könnte. Das verstehe, wer will. Einerseits sollen zur Verhinderung von Straftaten „Identitätsfeststellungen“ möglich sein, andererseits soll „das Mitführen sowohl von Gegenständen, die Anonymität ermöglichen“ und auch solchen „die Schutz vor Verletzungen durch Dritte gewähren“ gestattet sein. Wie jetzt? Vermummung und „Schutzausrüstung“ möglich? Dürfen z.B. Helme und Schilde mitgeführt sowie stahlkappenbewehrtes Schuhwerk und Astronautenanzüge getragen werden? Trotzdem sollen „Identitätsfeststellungen“ möglich bleiben! Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Wie das angesichts des immer brutaler werdenden Demonstrationsgeschehens funktionieren soll, das wissen nur die Gesetzesautoren. Vielleicht denken sie an die Formulierung einer detaillierten Kleiderordnung. Damit könnte sich doch dann ein Ausschuss oder eine Kommission fruchtbringend noch monatelang beschäftigen...

Fazit:

Dieser Gesetzentwurf kommt mit dem Versprechen der Liberalisierung daher. Er löst es nicht ein. Unser Versammlungsrecht ist schon jetzt höchst liberal und zugleich im Großen und Ganzen zur Gefahrenabwehr tauglich. Es bedarf keiner Neufassung durch linksgrüne Eiferer, die einseitig auf das rechte Lager zielen, jedoch auf dem linken Auge so gut wie blind sind.

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Sabine Lotus / 14.10.2020

Lied auf einer Demo Fr@u Schneider? Nix da, singen ist verboten. (paßt auch gut zum Gesichtsburkagebot und Alkoholverbot). Was machen eigentlich die Transen, wenn sie auf ihren CSDs keine Bikinis und Ar…freien Chapps mehr tragen dürfen?

Ulla Schneider / 14.10.2020

Na, wenn das so ist: Mich stört die Übernahme der Kirchensteuer und der Lohnsteuer aus einer gewissen Zeit. Da gäbe es bestimmt noch viel mehr, ausser Fahnen. Wenn diese netten Herr- und Damenschaften etwas für die Bürger tun wollen und schon streichen, dann aber richtig, so wie es 1946 angemahnt wurde. Für die Fomulierung der Kleiderordnung wäre adrett in blauem Rock oder Hosen möglich. Das Landeszeichen auf dem weissen Kragen eingestickt, passend zum Bindeschlips, die Gitarre im Anschlag und ein Lied auf den Lippen,während einer Demo.  Gilt natürlich für beide Seiten dieses Landes. Kann mir hier mal jemand sagen, ob diese ” Menschen” nichts anderes zu tun haben?

Jörg Themlitz / 14.10.2020

Unfähigkeit in der Regierung war jahrelang ein Tabuthema. Jetzt beginnen die Ersten sich zu outen und an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Dunkelziffer scheint viel höher, als bisher vermutet. Was ist der eigentliche Sinn der Gesetzesänderung? Für die Auslegung bzw. Anwendung eines Vertrages / eines Gesetzes ist immer der Stärkere zuständig. Das sind in Berlin derzeit die Roten und die Grünen. Die haben das bisher ausgiebig praktiziert und sich einen Schei.. um den eigentlichen Grundgedanken der jeweiligen Gesetze gekümmert. Wozu also die Änderungen?  Für die Zeit danach. Das heisst, wenn die mal abgewählt werden (was wohl unwahrscheinlich scheint, weil mit jedem neuen Zug ein Doofer mitkommt), haben die für ihre undemokratischen Machenschaften, Unfähigkeit eine gesetzeskonforme Rechtfertigung. So wurde Erich Mielke für den Mord von 1931 verurteilt und nicht für seine “Verbrechen” in der DDR. Denn diese waren DDR gesetzeskonform. Selbst die nationalen Sozialisten haben sich Gesetze geschaffen, die den Anklägern im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess erhebliche Schwierigkeiten bereiteten.

Bernhard Büter / 14.10.2020

..das unumstößliche Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit schließt das Recht ein, gegen oder für alles mögliche demonstrieren zu können. Es ist die nicht trennbare Einheit zur Meinungsfreiheit als weiteres Grundrecht. Hier versucht der links- grüne merkelsche SED- Sozialismus nichts anderes als genau diese Grundrechte abzuschaffen nach dem Vorbild der staatlich genehmen DDR Demonstrationen unter Ausschluss aller von Bürgern ausgehenden Demonstrationen. Verräterisch doch der SED-SPD-Innensenator Geisel der nur seiner MauerindenRückenschießende Partei genehme und abgesegnete Demonstrationsthemen erlauben will. Typisch Sozialisten, ob braun, rot oder DDR- dumm? Warum wählen sich die Berliner einen solchen demokratiezerstörenden politischn Schrott in den Senat und Rathäuser? I   Der Wunsch DDR- Bürger zu werden? Irgendwie einfach nur dumm und/ oder krank?

E. Albert / 14.10.2020

Berlin übertrifft täglich jegliche “Verschwörungstheorie”...

Bastian Kurth / 14.10.2020

Sehr geehrter Dr. Kandel, herzlichsten Dank für Ihre Ausführungen. Selbst mir als Nichtjuristen sind Ihre Ausführungen verständlich. Das “Rumgewurstel” gewisser Kreise in den bestehenden Gesetzen ist mir nicht nachvollziehbar. Sicher, Zeiten und damit Gepflogenheiten ändern sich aber man sollte sich hüten Grundwahrheiten zu “interpretieren” und dem sogenannten Zeitgeschmack anzupassen, oder? Ein Schaf bleibt ein Schaf, auch wenn manche Leute es vielleicht als Transgendernichtmenschlicheswesenmitanimalischemhintergrund bezeichnen wollen…..

Claudius Pappe / 14.10.2020

Berlin: Ursprung des Wortes: Sumpf…..Neudeutsch: Shithole…............Umgangssprachlich: Sche….......fen

Marcel Seiler / 14.10.2020

Wir sind auf dem Weg in eine sozialistische Diktatur. Der Wähler will es so.

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