Claudio Casula / 09.09.2023 / 10:00 / Foto: Pressens bild / 45 / Seite ausdrucken

„Verkehrsadern der kapitalistischen Infrastruktur sabotiert“

Ein mutmaßlicher Unfall am Donnerstag und mehrere Anschläge in der Nacht zum Freitag haben den ohnehin nicht eben zufriedenstellend laufenden Bahnverkehr in Deutschland noch heftiger als gewohnt beeinträchtigt. Die Sabotage geht laut Bekennerschreiben von Linksextremisten aus.

Zahllose Zugausfälle und Verspätungen aus allen möglichen Gründen von „Personen im Gleis“ über „verspätetes Personal aus vorheriger Fahrt“ bis zu „Reparatur am Zug“ sind Millionen Bahnkunden gewohnt. Gar nicht schön, wenn dann noch selbsternannte „Revolutionär_innen“ meinen, einen „realen Angriff auf das ausbeuterische System“ ausführen zu müssen,„als Experiment aber auch als Vorschlag [sic!], die lokalen Kämpfe gegen Neokolonialismus und Klimazerstörung zu intensivieren.“

Der Kampf gegen den globalen Kapitalismus, insbesondere in der „kapitalistischen Metropole Hamburg“ sah dann so aus: Die „Revolutionär_innen“ verursachten an drei verschiedenen Stellen Brände in Kabelschächten, die zu „möglichst langfristigen Ausfällen oder Einschränkungen beim Transport von zum Beispiel im Zuge neokolonialer Ausbeutung und erdzerstörendem Extraktivismus beschafften Rohstoffen führen“ sollten, wie es die Täter in ihrem Selbstbezichtigungsschreiben auf Indymedia formulierten.

Die wegen ihrer linksextremistischen Inhalte von Verfassungsschutzbehörden beobachtete Plattform ist natürlich genau das richtige Medium für die Kämpfer von linksaußen, ist sie doch aus „globalisierungskritischen“ Bewegungen hervorgegangen. „Der globale Kapitalismus wird diesen Planeten weiter zerstören, ob nun mit fossilen Energieträgern oder der neuen „grünen“ Erdausbeutung“, schreiben die Täter. Darauf, gegen die „neokoloniale Ausbeutung“ zu Felde zu ziehen, wollen sie nicht verzichten, auf die Kommaregeln hingegen schon:

Als Revolutionär_innen sehen wir uns hier in der Verantwortung den Reichtum des globalen Nordens anzugreifen. Wir sollten das Fortlaufen der kapitalistischen Industrie in ihrem Herzen sabotieren wo es nur geht.“

Wann tritt das erste „Kommando Luisa Neubauer“ in Erscheinung?

Wenig Verständnis bringt der Leiter Konzernsicherheit der Deutschen Bahn, Hans-Hilmar Rischke, für die Motivation der Saboteure auf: „Wir verurteilen den Brandanschlag auf unsere Infrastruktur heute Nacht in Hamburg auf das Schärfste“, wird er in der FAZ zitiert. „Menschen, die mit uns reisen möchten – mit einem der klimafreundlichsten Verkehrsmittel –, sind massiv von Zugausfällen und Verspätungen betroffen und erreichen ihre Ziele nicht.“ Was den kapitalismuskritischen Kämpfern aber offensichtlich ziemlich egal ist. Anschläge auf die ohnehin marode Infrastruktur im Land mehren sich schon länger, nicht nur, wenn man die gefährlichen Eingriffe der „Letzten Generation“ in den Straßen- und den Flugverkehr dazuzählt. So sagte schon ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt im Oktober 2022 aus gegebenem Anlass:

„In der Vergangenheit gab es immer wieder Anschläge gegen die Infrastruktur der Deutschen Bahn – ganz häufig aus dem linksextremen Bereich.“

Anschläge auf die Bahn – das ist, als träte man einer durch zehn Messerstiche und vier Schüsse geschwächten Person noch zusätzlich in die Kniekehle. Nicht schön! Aber man sollte nicht hoffen, dass die vollkommen mit dem Kampf gegen rechts und gegen missliebige Mitarbeiter beschäftigte Innenministerin Nancy Faeser jetzt kapitalismusfeindlichen Linksextremisten aufs Dach steigen könnte, nur um einen einigermaßen funktionierenden Fernverkehr zu gewährleisten. Vielmehr passt die Aktion ins Muster der Planetenretter. „Der globale Kapitalismus wird diesen Planeten weiter zerstören, ob nun mit fossilen Energieträgern oder der neuen ,grünen' Erdausbeutung“ ist ein Satz, der auch aus dem Munde der mehr oder weniger telegenen, von den Medien hofierten „Klimaaktivistinnen“ stammen könnte. Mal sehen, wann die erste Terror-Gruppierung als „Kommando Luisa Neubauer“ in Erscheinung tritt.

Bereits am Donnerstagvormittag hat übrigens eine beschädigte Oberleitung ein stundenlanges Bahnchaos am Münchner Hauptbahnhof und damit massive Zugausfälle und Verspätungen verursacht, weil offenbar ein Baggerfahrer bei den Bauarbeiten für eine S-Bahn-Strecke mit dem Auslegearm seiner Baumaschine den Fahrdraht abgerissen und damit den Zugverkehr zu dem Bahnknotenpunkt weitgehend lahmgelegt hatte. Jetzt ermittelt die Bundespolizei gegen den Baggerfahrer wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr. Er sollte sich tunlichst damit herausreden, das Klima retten zu wollen.

Immerhin wird dem Bahnreisenden dieser Tage erspart, mit einem Axt- oder Messerangriff (etwa hier und hier) oder einer chaotischen Evakuierung über Stunden rechnen zu müssen, wenn der Zug gar nicht erst kommt. 

 

Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten.

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Leserpost

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Jürgen Fischer / 09.09.2023

Es sind schon Witzfiguren. Die eine Hälfte der Linken will uns vom Privat-PKW auf die „öffentlichen“ Verkehrsmittel umerziehen, während die andere, noch radikalere, Hälfte durch ihre Sabotageakte genau das verhindert. Aber das scheint ein Kannzeichen der Linken zu sein, dieser Mangel an Abstimmung. Wie damals in Hamburg, bei diesem komischen „Gipfel“, als der Schlumpf versicherte, Hamburg sei sicher, und schwupp, hat halb Hamburg gebrannt. Wie sagte Erni Singerl in der gleichnamigen „Monaco Franze“-Folge? Machts nur so weiter! Die ukrainischen Flüchtlinge, die bei uns ankommen, werden begeistert sein: Hier schaut’s ja genauso aus wie bei uns! Und das alles ohne Krieg und ohne Putin, Respekt!

Willy Kronberg / 09.09.2023

Ohne von ganz oben gedeckt zu sein passiert das nicht !

Sabine Schönfelder / 09.09.2023

„Die Sabotage geht laut Bekennerschreiben von Linksextremisten aus.“ DET GLOOBSCH NI ! So was gibt es doch gar nicht.  Linke sind nur AKTIVISTEN. Das waren Bundesbahnaktivisten !! Hollerdatri-üüüühüüü ! Die wollen die Bahn schützen ! Vor CO2, Russen, Kapitalisten und Ungeimpften….MANN, MANN, MANN. Seid Ihr schwer von Begriff…Ihr Schwurbler, Ihr Rechtsradikale und VERSCHWÖRUNGSTHEORETIKER, boaaah…., das sagˋ ich der Nancy, bäääähhh !

Regina Becker / 09.09.2023

Globaler Kapitalismus; neokoloniale Ausbeutung… so ein Geschwafel habe ich schon lange nicht mehr gehört. Was ist denn Kapitalismus? Was sind all die anderen Dinge mit dem Suffix “-ismus”? Idealvorstellungen von Gesellschaftssystemen, von Gesellschaften, die das Zusammenleben von Menschen regeln. Ein Kapitalist ist ja angeblich jemand, der ein gesichertes Leben führen kann, ohne seine Arbeitskraft verkaufen zu müssen, ohne Mehrwert zu schaffen. Und nun mal ehrlich: trifft das nicht auf Bürgergeldempfänger genauso zu wie auf Mitglieder von Königsfamilien? Kapitalismus, Sozialismus, Islamismus, Katholizismus, Buddhismus, Feudalismus… entscheidend sind immer die Besitzverhältnisse und die Rechtsprechung. Der heutige Kapitalismus versorgt auch diejenigen, die sich nicht in die Gesellschaft einbringen - und mache von denen träumen trotzdem von der Weltrevolution. Sie wollen alles kippen und ihr Modell aufziehen. Revoluzzer, die nichts, aber auch gar nichts besser machen können.  Das Problem sind nicht die versponnenen Theorien, sondern das alltägliche Leben der Menschen. Menschen beherrschen Menschen und schränken sie ein. Das Problem ist und bleibt der Mensch an sich. Er will es immer anders haben als gegenwärtig. Um dann festzustellen, dass er eine Verschlechterung seines Lebens gewählt hat. Ist ja in der aktuellen Situation auch eindeutig zu erkennen. Die Bahn, naja. Loks mit politischen Botschaften habe ich schon häufig gesehen… früher hat man auf solchen Flächen für Produkte der Bahn geworben oder für kulturelle Ereignisse. Heute sind dort bunte Flaggen und politische Slogans. Personal und Kundschaft scheinen diese Parolen und Meinungen zu teilen. Mir wäre eine politisch neutrale Bahn lieber. Es wollen doch immer alle Zeichen setzen - vllt sollte die Bahn bei zweigleisigen Strecken grundsätzlich auf dem linken Gleis fahren und nicht rechts. Das wäre doch mal ein Bekenntnis.

H. Nietzsche / 09.09.2023

“Es liegt ein Bekennerschreiben vor.” MDR-Fernsehen 22 Uhr gestern. “Es liegt ein Bekennerschreiben auf einer linksextremen Webseite vor.” BRFernsehen zur gleichen Zeit.

Frank Baumann / 09.09.2023

Der/die/das Täter hatten doch ehrenwerte Motive, das wird ihnen von jedem weisungsgebundenen Richter dieser bunten Republik bestätigt werden. Insofern ist eine Fahndung zu 100% Ressourcenverschwendung.

Heiko Loeber / 09.09.2023

Deutschland liebt seine indymedia-Linksextremisten! So sehr, dass man sogar einheitlich und ohne Widerspruch deren seltsame, konstruiert wirkende, Gender-Kunstsprache übernommen hat! - Kein Mitleid daher für die Buntebahn! Geliefert wie bestellt.

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