Thilo Schneider / 02.05.2021 / 13:00 / Foto: Timo Raab / 43 / Seite ausdrucken

Vergleichen Sie selbst!

Der Schatz sagte einst: „Der Vergleich ist der Tod des Glücks.“ Da ist etwas dran, denn wenn der Schatz heute hergeht und mal vergleicht, was er außer mir hätte sonst noch haben können, dann ärgert er sich vielleicht und ich verliere Haus und Hof und die Geduld. Andererseits sind Vergleiche wichtig, wenn sie uns beispielsweise helfen, Zahlen korrekt einzusortieren oder uns eine plastische Vorstellung übermitteln sollen.

So sagte Markus Söder am 25.11.2020: Die Todeszahlen sind aktuell so hoch, als würde jeden Tag ein Flugzeug abstürzen.“ Niemand hat damals allerdings gefragt, ob es sich hier um eine Cessna oder eine Boeing 737 handelt. Bei einer Cessna würde ich das für eine jetzt nicht so schlimme Sache halten, aber man hat sich stillschweigend intern wohl auf eine Boeing geeinigt. Würde jeden Tag eine Boeing 737 auf den Boden klatschen, würde man sie zu Recht verbieten. Von Cessnas weiß ich es nicht. Ich nehme aber an, dass jeden Tag irgendwo auf der Welt ein Kleinflugzeug die Sache mit dem „Landen“ nicht so richtig hinbekommt.

Ein anderer Vergleich wurde am 17.07.2019 von der Kolumnistin Katharina Schwirkus im „Neuen Deutschland“ bemüht: Wussten Sie, dass der CO2-Ausstoß einer Katze 1.400 jährlichen Fahrtkilometern entspricht? Und dass Sie mit einem Hund sogar 3.700 Kilometer fahren könnten? Wir haben zwei Katzen, was also in etwa dem CO2-Ausstoß der Jahresfahrleistung von zwei Kleinwagen entspricht. Aber wir geben die Katzen trotzdem nicht ab, auch, wenn ich gerne ein Motorrad hätte. Aber nur 80 ccm. Zu mehr reicht der Führer:Innen-Schein nicht.  

Andererseits naht auch eine Lösung, denn: „Der ökologische Fußabdruck einer europäischen Katze ist im Durchschnitt genauso groß wie der eines Ägypters.“ Ich kenne jetzt keine ägyptischen Füße, aber wenn ich es richtig verstanden habe, hätte ich also nur warten müssen, bis zwei Ägypter sterben und mir dann die Katzen zulegen können, dann wären sie klimaneutral gewesen. Die Katzen. Nicht die Ägypter. Also in der Gesamtrechnung. Unterm Strich. Aber ich kann mir ja erstens schlecht irgendwelche wildfremden Ägypter raussuchen und was den Informationsfluss zwischen mir und den ägyptischen Einwohnermeldeämtern angeht, besteht durchaus noch Nachholbedarf. Allerdings könnte man ja Ägypten auflösen und alle Ägypter zu Israelis erklären, dann hätten die europäischen Katzen nicht mehr so einen ökologischen Pfotenabdruck-Druck und wir hätten im Vorbeigehen den Nahen Osten ziemlich befriedet.

750 Milliarden Euro in 45 Minuten durchgewinkt

Der Bundestag hat – mit den Stimmen der FDP, die eigentlich dagegen war, aber aus Prinzip dafür gestimmt hat, damit es nicht wieder „irgendwie Nazi“ heißt und sie am Ende versehentlich mit der AfD stimmt und dann das Geschrei wieder groß ist – ein „europäisches Hilfspaket mit 750 Milliarden Euro Volumen verabschiedet“. Hier kommt mein Vergleich, Obacht, Bleistifte gespitzt und zugehorcht:

750 Milliarden Euro haben in Hundert-€-Scheinen ein Gewicht von 750.000 Tonnen oder 375 Milliarden Skorpionen oder 150.000 Elefanten. Zum Vergleich: Das größte Kriegsschiff der Welt, die USS Gerald Ford, hat nur rund läppische 100.000 Tonnen Wasserverdrängung. Allerdings hätte sich die EU für den Preis der „Gerald Ford“ rund 57 Flugzeugträger dieser Klasse kaufen können. Oder komplett Ägypten und seine afrikanischen Anrainerstaaten. Um das CO2-Katzenproblem zu lösen. 750 Milliarden Euro sind so unfassbar viel Geld, dass sich dafür der komplette Erste Weltkrieg gleich rund viermal hätte führen lassen. Und das winken die in 45 Minuten im Bundestag durch.

Wie lange die Strecke von 750 Milliarden Euro in Hundert-€-Scheinen (bei einer Länge von 14,7 cm) ist und wie oft Sie diese um den Globus legen können, erspare ich Ihnen, das rechnen Sie jetzt schön selbst aus. Allerdings ist auch diese Rechnung für die CO2-Katz, da sowieso nur insgesamt 215 Milliarden Euro in Hundertern im Umlauf sind. Warum, glauben Sie, ist denn die EU so scharf darauf, das Bargeld abzuschaffen? Pixel auf Ihrem Bildschirm wiegen nichts. Was das alles kostet…

Was können Sie nun mit Ihrem durch diesen Artikel neu erworbenen Wissen anfangen? Leider nichts. Ich habe Ihnen nur Zeit gestohlen. Bitte nehmen Sie die Zeit, die Sie für das Lesen dieses Artikels gebraucht haben, setzen Sie sie ins Verhältnis zum Durchschnittseinkommen in Deutschland und zur geschätzten Leserzahl dieses Artikels („2.000“ halte ich für eine vertretbare Rechengrundlage) und schon haben Sie den volkswirtschaftlichen Schaden, den dieser Artikel angerichtet hat. Sie können das Ganze aber auch in Lebensjahre umrechnen und schon wissen Sie, wie viele Leute ich buchstäblich zu Tode gelangweilt habe.

Und das nur, weil ich meine Katzen behalten will.

(Weitere haltlose Vergleiche des Autors unter www.politticker.de)  

Von Thilo Schneider ist soeben in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

Foto: Timo Raab

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Leserpost

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Oskar Kaufmann / 02.05.2021

@Klaus Keller, Saarländer nennt man auch “Heckenfranzosen”. (Duck und wech).

D. Schmidt / 02.05.2021

Herr Schneider! Sie haben niemandem die Zeit gestohlen, sondern nur mal wieder den Blinden die Augen geöffnet. Mit ihrer Rechnung erreichen sie allerdings nur eines unter Deutschen: Die fangen jetzt an ihre Rechnung in Frage zu stellen und machen wieder ihre eigene Rechnung auf, doktern daran herum und glauben wieder besser rechnen zu können als sie. Ändern tut es an dem Problem NULL. Anstatt endlich mal das zu machen, was wirklich relevant ist. Mein Vorschlag: Raus aus dem Fiat Geld, rein in die Kryptowährung, Bitcoin und Co.. Keine Empfehlung für den “großzügigen Staat” sondern für den Bürger.

Steffen Kwasnitza / 02.05.2021

Hallo Herr Schneider, wieder ein wunderbarer Artikel. Vielen Dank für die Worte, wenn der Umstand auch wütend macht. Ich denke jedoch einige sollten noch einmal den Rechner zur Kontrolle in die Hand nehmen.

Karla Kuhn / 02.05.2021

Lieber Felix Kost, Herrn Schneiders Satiren sind meistens etwas speziell, sie sind der Gegensatz , zum alltäglichen “Politschwachsinn. ” Ohne Sarkasmus, Satire und Humor wäre der meiste Politschwachsinn nicht mehr zu ertragen. Aber vielleicht paßt sich Herr Schneider auch der “genialen” Baerbock an ?? Das soll diese “geniale Person” sinngemäß gesagt haben, “Jeder EW Deutschlands stößt jährlich 9 Gigatonnen CO² aus.”

Norbert Meiß / 02.05.2021

Uneingeschränkt: Schöner Text - Chapeau!

Karla Kuhn / 02.05.2021

“.....ein „europäisches Hilfspaket mit 750 Milliarden Euro Volumen verabschiedet“. Hier kommt mein Vergleich, Obacht, Bleistifte gespitzt und zugehorcht:..”  Tonnen hin oder her, wahrscheinlich werden demnächst die Fürze von allen 84 Millionen Menschen, der größte Teil davon offenbar Sklaven, mittels einem Furzzähler gezählt und wer sich erdreistet mehr als zwei Mal “Luft” abzulassen, wird zur Kasse gebeten. Übrigens für die 750 MILLIARDEN HAFTEN offenbar die Deutschen, denn mit diesem Geld sollen wahrscheinlich ITALIEN und SPANIEN im EURO !! gehalten werden. Wenn jetzt schon Pleiteländer mit Milliarden im TEURO gehalten werde müssen, kann sich wohl jeder mit einem gesunden Menschenverstand ausrechnen. WIE lange es dauert, bis der TEURO ENDLICH UNTERGEHT. Ergo, UNTERGANG des TEURO vermutlich gleich UNTERGANG der EU !  “Hast Du einen Opa, schicke ihn nach Europa” Süddeutsche Zeitung, 13. Mai 2015, “Die EU gilt vielen als eine Art Seniorenheim für ausgemusterte Politiker. ”  Ist nicht die Leyen das BESTE Beispiel dafür ?? Bei solchen “Koryphäen” wäre der Untergang der EU besser als jahrelanges Wachkoma ! Ende aus und NEUANFANG mit einer runderneuerten EWG, OHNE Pleiteländer, ohne Wasserkopf ! Dann wären zwar SEHR viele Politiker arbeitslos aber lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Besagte Politiker könnten dann zeigen, wie sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und im Leben zurechtkommen, ohne die fürstlichen Diäten des Steuerzahlers.

Helge Jörn / 02.05.2021

“Wussten Sie, dass der CO2-Ausstoß einer Katze 1.400 jährlichen Fahrtkilometern entspricht? ... Wir haben zwei Katzen, was also in etwa dem CO2-Ausstoß der Jahresfahrleistung von zwei Kleinwagen entspricht.” 1400 km im Jahr? Ernsthaft? Das sind keine 4 km am Tag! Ich weiß ja nicht, wofür Sie Ihr Auto benutzen. Bei der Auslastung würde ich mir ein Fahrrad kaufen und mir noch eine dritte Katze zulegen. Oder auch nicht? Wer weiß, wie lange Sie noch Haustiere halten dürfen, wenn erst Ernst gemacht wird mit dem Klimaneutralschutzermächtigungsgesetz.

Udo Lange / 02.05.2021

50 dieser Scheingelde übereinander gestapelt ergeben exakt die Höhe dreier usbekischer Fußballfelder. Das haben wir genau nachgerechnet.

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