Verfassungswidrige Ideen auf dem Impfgipfel?

Heute sprechen die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder wieder einmal miteinander. Bei den Zwangsmaßnahmen dürfen die Länderchefs ja nichts mehr entscheiden, es sei denn, sie wollen ihre Bürger noch mehr gängeln oder schärfer und länger einsperren, als es der Bund mittels Infektionsschutzgesetz und eventuell folgenden Rechtsverordnungen vorschreibt. Aber heute trifft sich die Runde als „Impfgipfel“. Dabei ist eine Debatten-Marke von Politik und Medien schon seit einigen Tagen gesetzt worden. Es geht um die Frage, ob Geimpfte ein paar Grundrechte zurück erhalten und wenn ja, welche?

In einem früheren Stadium der Debatte hatte man noch von Impf-Privilegien gesprochen. Dann fiel einigen Politikern und Meinungsbildnern auf, dass es sich bei all den in Rede stehenden „Privilegien“ ja um Grundrechte handelt, die eigentlich jedem Bürger zustehen, ihm aber seit mehr als einem Jahr – begründet mit dem Corona-Virus – entzogen wurden. Also heißt es jetzt, dass den Geimpften die entzogenen Grundrechte „zurück gegeben“ werden sollen. Dafür spricht sich jetzt scheinbar fast eine Allparteien-Koalition aus. Man könne ja, so heißt es, den Grundrechtsentzug für Geimpfte nicht mehr mit der Corona-Ansteckungsgefahr begründen, wenn jene nicht mehr ansteckend seien. Das klingt logisch und führt die Öffentlichkeit auf einen gefährlichen Pfad der Akzeptanz des Grundrechtsentzugs als Normalfall. Denn wer deren Rückgabe an eine Bedingung – in diesem Fall die Impfung – knüpft, macht aus ihnen eben gerade das, was sie in einem freien Land nicht sein dürfen: ein Privileg.

Grundrechte lassen sich nicht von der Obrigkeit zuteilen. Denn in dem Moment, in dem das geschieht, sind sie keine mehr. Grundrechte gelten für jeden, für jeden Gesunden und jeden Kranken. Ja, es gibt hier einige Voraussetzungen. Oft ist es die Staatszugehörigkeit zum grundrechtsgarantierenden Staat oder die Volljährigkeit, wie beispielsweise bei den freien und geheimen Wahlen. Doch innerhalb dieses allgemein anerkannten Rahmens müssen keine weiteren Bedingungen erfüllt werden, um sie in Anspruch nehmen zu können. Sie sind in einem freien Land ebenso fundamental wie selbstverständlich. Man muss, kann oder darf sie sich nicht kaufen, verdienen oder erschleichen, denn es ist die Kernaufgabe eines freiheitlich-demokratischen Staates, dafür zu sorgen, dass die Bürger ihre Rechte jederzeit in Anspruch nehmen können. Das gilt nicht für einige, sondern für alle Bürger. Und wenn eine gefährliche Notlage die teilweise Aussetzung der Grundrechte wirklich erforderlich machen sollte, dann muss der Normalzustand so schnell wie möglich und für alle Bürger wiederhergestellt werden.

Anrüchige Fragen

Von diesem Normalzustand entfernen wir uns nicht nur zeitlich immer mehr, sondern offenbar auch geistig. Wer ernsthaft darüber nachdenkt, zuzulassen, dass die Obrigkeit die früheren Grundrechte nun nach neuen Kriterien bestimmten Gruppen zuteilt und anderen verweigert, der verabschiedet sich von einer freiheitlich-demokratischen Ordnung und vom Grundgesetz. Das bleibt auch dann so, wenn man das Argument ins Feld führt, dass Covid-19 eine gefährliche Krankheit ist und die Impfung das Allheilmittel sei. Niemandem dürfen in einem freien Land Grundrechte entzogen werden, nur weil er sich nicht mit einem im Eilverfahren zugelassenen Vakzin, dessen Langzeitfolgen niemand kennen kann, impfen lassen will. Gefahren übersteht eine freiheitlich-demokratische Ordnung nicht, indem sie sich abschafft.

Ja, Covid-19 ist eine schlimme Krankheit, wenn es einen etwas schwerer erwischt. Dass sollte für Verantwortungsträger hinreichend Anlass sein, sich um die ausreichende medizinische Versorgung zu kümmern, also u.a. deren materielle und personelle Ausstattung zu verbessern. Dazu gehört natürlich auch, sich um Medikamente und Impfstoffe zu kümmern. Aber der gegenwärtig praktizierte Abbau von Klinikkapazitäten bei gleichzeitigen Restriktionen für die Bürger gehört nicht dazu. Und es ist auch keine anrüchige Frage, ob es verhältnismäßig ist, allen oder nur manchen Bürgern aus Infektionsschutzgründen die Grundrechte zu entziehen, obwohl nur 0,36 Prozent der Bevölkerung mit der in Rede stehenden Krankheit infiziert sind. Wenn nun die Geimpften, deren Zahl immer größer wird, tatsächlich immunisiert und nicht ansteckend sind, dann ist der Grundrechtsentzug von Tag zu Tag unverhältnismäßiger. Darüber müsste gesprochen werden.

Aber im gegenwärtigen gesellschaftlichen Klima oder besser in dem durch die veröffentlichte Meinung vermittelten gesellschaftlichen Klima sind solche Fragen anrüchig, und es gilt leider nicht mehr der Grundrechtsentzug, sondern die Inanspruchnahme der Grundrechte als erklärungsbedürftig.

Der Abstieg aus einem freiheitlich-demokratischen Land in eine obrigkeitsstaatliche Ordnung, aus einem Land der Grundrechte in ein Land zugeteilter Privilegien, kommt heute wahrscheinlich einen großen Schritt voran. Über Extra-Rechte für Geimpfte nachzudenken, ist falsch, denn es beinhaltet den Abschied vom Grundrechtsgedanken schlechthin. Es muss um die Wiederherstellung der Grundrechte für alle Bürger gehen, so wie sie im Grundgesetz stehen. Alles andere schließt die Akzeptanz verfassungswidriger Zustände ein.

 

PS zum den Beitrag illustrierenden Foto oben: Das Bild wurde bei einer subversiven Kunstaktion in Frankfurt aufgenommen.

Foto: Mini Misra/Satire/Kunstaktion

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Hans-Peter Dollhopf / 26.04.2021

Dieser Staat hat sich doch tatsächlich zum Klotz am Bein gemausert! Befreit Euch von ihm: Von seinen Parteien, von seinen Gesetzen, von seinen Steuern, von seiner Polizei. Macht Euch rein von ihrem Gestank!

Berta Zimmermann / 26.04.2021

Frau Merkel sagte einmal im Fernsehen (ich weiß leider nicht mehr wann und zu welcher Gelegenheit), es sei nicht selbstverständlich, dass wir immer in einer Demokratie leben werden. Jetzt ist sie da, die Diktatur. Grundrechte sind Abwehrrechte gegen den Staat. Wenn das nicht mehr gegeben ist, egal aus welchem Grund, dann ist es Diktatur.

S.Müller-Marek / 26.04.2021

Habe eben die Pressekonferenz nach dem verfassungswidrigen “Impfgipfel” auf ntv gesehen. Die Bundesabrissbirne samt Öder oder Müller (es frustet mich, dass dieser Depp den selben Namen hat wie ich), bewegen sich nicht EINEN MILLIMETER in Richtung Realität, NEIN, der selbe Mist wird wieder und wieder in Beton gegossen. Und die Fragen der anwesenden “Journalisten” waren so unerträglich artig, dass es mich ekelt!!!! Keine Achse, keine Demonstrationen, keine Schauspieleraktion, keine Gerichtsurteile, keine reellen Expertisen, keine WHO: NICHTS UND NIEMAND kann und wird diese VERBRECHERBANDE in ihrem Wahnsinn stoppen. Das Volk schon gar nicht!!

Rainer E. Hickel / 26.04.2021

Bin gespannt, wann Nicht-Impfwillige als Nazi beschimpft werden.

G. Böhm / 26.04.2021

@ Matthias Fischer: Ich befürchte, Sie irren in einigen Dingen sehr. (1) Wer,  und anhand welcher Kriterien, bestimmt, wann eine Epidemie vorliegt (z. B., wenn einer von 1.000 Schnupfen hat?). (2) Es dürfte noch nicht einmal geklärt sein, ob eine Pandemie vorliegt, selbige inkludiert nach Definition ein zeitlich begrenztes Auftreten der Erscheinung. Davon ist eher nicht mehr auszugehen. (3) Grundrechtseingriffe dürften erst dann, wenn überhaupt, zulässig sein, wenn alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind. Hiervon kann unter der Bedingung der Schließung von Krankenhäusern, der Stillegung von Behandlungskapazitäten (Intensivbetten), der Nichteinführung technischer Maßnahmen (z. B. in Räumen) u. a. wohl nicht die Rede sein. (4) Nicht einmal dann, wenn ich für mich selbst eine Gefahr darstellen würde (wie Sie schreiben), ist ein Grundrechtseingriff zulässig, d. h. über meinen Tod entscheide ich in freier Selbstbestimmung. (5) Wie kommen Sie darauf, daß Geimpfte weder erkranken noch die Aminosäuren-Nanopartikel (Virus) weitergeben könnten? (6) Man weiß doch schon heute, daß die Impfung eine mindestens halbjährliche Auffrischung erfordert. - Tja, worum geht es wirklich? Die Variante der ersten Wahl der ‘Verschwörungstheorie’ besteht darin, daß das Prozedere eine erste Grundübung im Rahmen des Codenamens GREAT RESET ist und der Sehnsuchtsort für die Mehrzahl der Menschen auf dieser Erde mutig und entschlossen Pionierarbeitet leistet, whatever it takes.

Karla Kuhn / 26.04.2021

“Wenn es mir doch auch nur so am Allerwertesten vorbeiginge, was mit diesem Land passiert…”  Liebe Frau Grimm, offenbar wurden Sie im Westen “sozialisiert”, wenn Sie eine “Ossi” wären, die bis 1989 diese “liebenswerten” Diktatoren, Blockwarte und STASIDENUNZIANTEN am eigen Lebne erfahren hätten, dann würde es Ihnen vielleicht auch gelingen, daß- NICHT ALLES!- aber vieles am Allerwertesten vorbeigehen würde.  Je länger der ganze Sch…. dauert, um so größer wird wahrscheinlich auch Ihr LMA Gefühl, das ist reiner Selbstschutz der Seele.

Leo Hohensee / 26.04.2021

Sehr guter Text, er erzeugt in einem neue Zuversicht - und - tolle Idee mit der Sitzbank. Ich habe schon ein paar Exemplare ausgedruckt und “dcfix-beschichtet”. Aber, Herr Grimm, ich glaube, diese Hirn-Erkrankung, gemeint ist der Glaube an die Notwendigkeit aller Staatsmaßnahmen, die ist in den Köpfen der Entscheider nicht mehr beeinflussbar. Sie sitzt als Notwendigkeit in deren Hirnen - teilweise - fest wie ein Engramm bei Scientology, und bei Anderen wiederum, genauso fest als taktisches Planungsdetail auf einem Weg nach - weiß nicht - Jericho ... Diese Leute halten sich auf jeden Fall berechtigt – dazu – ihre Wähler wie Dummköpfe zu dominieren. Ich glaube an keine Einsicht mehr. Der Plan ist - ich verweise auf meinen Beitrag bei Broders Spiegel von heute, die schrittweise Einführung eines digitalen Sozialkreditsystems.

Markus Schumann / 26.04.2021

Die AfD ist weiterhin wählbar. Nach wahlrecht.de machen 88% der Wahlberechtigten keinen Gebrauch von dieser Möglichkeit (weil? Höcke? MSM? schiere Dummheit? Berechnung gemäß eigener Situation?). Das deutsche Volk ist ersichtlich NICHT an Freiheit und Grundrechten interessiert, warum auch immer. Die “drüben” schon eher, was die höheren %-Zahlen belegen. Die Über-30-Jährigen wissen eben noch, wie es vorher war. Früher war das BVerfG der Garant. Heute, mit Gender-Baer und Herbarth, wird man sehen, was an Bollwerk noch geblieben ist, gegenüber der EU ersichtlich nichts. Gegenüber Berlin? Es wird ja geklagt. Vermutlich waren 1848 (nicht nur Marx, Paulskirche) und 1871 Schritte ins Verderben. Zentralisierung ohne wachen Geist schadet nur. Auch heute wieder.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Peter Grimm / 23.04.2024 / 06:05 / 94

Anleitung zum vorbeugenden Machtentzug

Was tun, wenn die AfD Wahlen gewinnt? Das Votum des Wählers akzeptieren? Oder vielleicht doch schnell noch mit ein paar Gesetzen dafür sorgen, dass sie…/ mehr

Peter Grimm / 12.04.2024 / 06:15 / 136

Kein Drama beim Höcke-Duell

Dass Thüringens CDU-Chef Mario Voigt mit seinem AfD-Pendant Björn Höcke in ein TV-Duell ging, sorgte für Aufsehen und Protest. Heraus kam eine ganz normale Fernsehsendung,…/ mehr

Peter Grimm / 11.04.2024 / 12:45 / 50

Die Rundfahrt eines Polizeibekannten

Der Irrwitz deutscher Asylpolitik zeigt sich zuweilen auch in absurden Geschichten aus dem Polizeibericht. Bei zu vielen Asylbewerbern drückt sich das Verhältnis zur Gesellschaft im…/ mehr

Peter Grimm / 09.04.2024 / 06:15 / 140

Droht eine Landesregierungs-Entmachtung nach AfD-Sieg?

Fünf Jahre nach dem „Rückgängigmachen“ einer Ministerpräsidentenwahl überlegen Juristen jetzt, wie man missliebige Landesregierungen mittels „Bundeszwang“ entmachten und zeitweise durch einen Staatskommissar ersetzen könnte. Sie…/ mehr

Peter Grimm / 03.04.2024 / 13:00 / 33

Wer darf Feindsender verbieten?

Wenn Israel das Gleiche tut wie EU und deutsche Bundesregierung zwei Jahre zuvor, dann ist selbige Bundesregierung plötzlich besorgt. Bei Doppelstandards ist Deutschland immer noch…/ mehr

Peter Grimm / 30.03.2024 / 09:00 / 75

Durchsicht: Die populärste Kommunistin?

Sahra Wagenknecht verteidigte als Kommunistin die DDR und begeistert heute selbst Konservative. Klaus-Rüdiger Mai beschreibt, wie die Frau zu verstehen ist. / mehr

Peter Grimm / 24.03.2024 / 12:00 / 77

Fürchtet Putin Angriffe aus verdrängten Kriegen?

143 Todesopfer hat der Anschlag auf ein Konzert in der Moskauer Region gefordert. Der Islamische Staat hat sich dazu bekannt, doch der Kreml hätte gern andere…/ mehr

Peter Grimm / 18.03.2024 / 10:00 / 78

Durchsicht: Migrationstheater im Bundestag

Am Freitag debattierte der Bundestag wieder einmal über die Migrationskrise. Die Selbstdarstellung der Nach-Merkel-CDU war, wie auch die Reaktion aus der SPD, bemerkenswert. Politisch wenig…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com