Der Geheimdienst droht damit, den Informationsfluss in Länder zu kappen, in denen die AfD regieren oder mitregieren darf.

Was in der Nacht zum Donnerstag über Vorhaben des Verfassungsschutzes berichtet wurde, mutet wenig verfassungsgemäß an. In verschiedenen Medien heißt es, dass im Falle der Regierungsbeteiligung der AfD nach den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen oder Brandenburg das jeweilige Landesamt für Verfassungsschutz vom Informationsfluss der anderen Verfassungsschutzämter abgeschnitten werden würde. Selbiges will das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) aus Sicherheitskreisen im Bund und in den Ländern erfahren haben. Eine entsprechende Entscheidung wäre bereits getroffen worden, hieß es.

Die Verfassungsschutzämter in Bund und anderen Ländern würden demnach also eine verfassungsgemäß gebildete Regierung nach einer ebenso verfassungsgemäßen demokratischen Wahl boykottieren wollen, wenn ihnen das Ergebnis nicht passt? Das ließe auf ein recht fragwürdiges Verfassungsverständnis des Verfassungsschutzes schließen. Das entspricht eher jenem Geist, der die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel 2020 dazu brachte, zu fordern, die verfassungsgemäße Wahl eines Ministerpräsidenten Kemmerich "rückgängig zu machen", was das Bundesverfassungsgericht nach ihrer Amtszeit als verfassungswidrig bewertete.

Begründet werde der Verfassungsschutz-Boykott damit, dass die AfD in Sachsen sowie Thüringen als "gesichert rechtsextrem" und in Brandenburg als rechtsextremistischer Verdachtsfall gilt. Es besteht die Sorge, dass die AfD im Falle einer Regierungsbeteiligung Erkenntnisse eines Landesamtes für Verfassungsschutz an den Bundesverband oder andere Landesverbände weitergeben könnte. Diese könnten darauf reagieren, insofern wäre ein Stopp des Informationsflusses nur logisch, hieß es weiter.

Das klingt zwar plausibel, hat aber dennoch ein Geschmäckle, denn die Verfassungsschutzämter begründen ihr Vorgehen mit Einstufungen, die sie selbst vorgenommen haben, ohne dass sie von einer unabhängigen Instanz inhaltlich geprüft wurden. Das, was die jeweiligen Landesämter für Verfassungsschutz öffentlich als Begründungen für ihre Einstufungen vorlegen, ist bislang recht dürftig. Dass sie ihre Ermittlungsergebnisse und damit möglicherweise die Art des Erkenntnisgewinns nicht unbedingt der Öffentlichkeit preisgeben wollen, mag nach geheimdienstlichem Verständnis ebenfalls vollkommen logisch sein. Nur passt es eben nicht zu einer freiheitlich-demokratischen Ordnung, dass sich solche Behörden öffentlich in die politische Meinungsbildung einmischen, ohne dies auch ebenso öffentlich hinreichend begründen zu können.

In dem Beitrag vom Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) wird darauf verwiesen, dass es in Thüringen schon einmal Zweifel an der Verlässlichkeit des Verfassungsschutzes gegeben hätte, und zwar von 1994 bis 2000, als man den damaligen Präsidenten des Landesamtes der mangelnden Distanz zu rechtsextremistischen Kreisen verdächtigte.
Das war damals in der Tat ein Thema, nur ging es da um einen im Amt befindlichen Verfassungsschutz-Chef. Hier werden aber präventiv vor einer Wahl Maßnahmen angekündigt, die greifen sollen, wenn die Wähler aus der Sicht der Planer falsch wählen. Und indem diese es an die Öffentlichkeit bringen, versuchen sie, diese Wahlen zu beeinflussen. Oder ist es tatsächlich so, dass es deutschen Geheimdienstlern nicht mehr gelingt, ihre eigenen Pläne geheim zu halten? Von der theoretischen Möglichkeit, dass diese Meldung aus dem RND nicht stimmen könnte, wollen wir hier gar nicht reden.

Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com