Max Roland, Gastautor / 13.05.2019 / 14:00 / 47 / Seite ausdrucken

Verdammt, ich verteidige Alice Schwarzer!

Von Max Roland.  

Dass ich mal den Feminismus verteidige, hätte ich nicht gedacht. Ganz ehrlich, das war für mich ungefähr so wahrscheinlich wie eine Kuh, die für Rindfleischkonsum eintritt, oder wie ein Kevin Kühnert, der das Eigentumsrecht verteidigt. Kurzum: Kein Szenario, mit dem man ernsthaft hätte rechnen können. 

Aber das Leben steckt voller Überraschungen. Und so kommt es, dass ich jetzt tatsächlich in die Tasten haue, um eine der bekanntesten Vertreterinnen des Feminismus zu verteidigen: Alice Schwarzer, die Ikone der Frauenbewegung der 70er.  Denn momentan zirkuliert im Internet und in den Medien ein Video, welches für scharfe Angriffe auf Schwarzer sorgt: Aus ihrem eigenen Lager. Warum? Weil sie sich gegen das Kopftuch ausgesprochen hat. 

Was für jeden, der an die Gleichberechtigung der Frau glaubt, eigentlich selbstverständlich sein sollte, wird für Schwarzer zum Skandal. Im Rahmen einer Konferenz zum Kopftuch an der Uni Frankfurt gerät Schwarzer in ein Wortgefecht mit einer demonstrierenden Muslima. Die gute Frau trägt ein Kopftuch, und das anscheinend mit Stolz. Meinetwegen! Warum sollte eine freie Gesellschaft nicht auch das Stockholm-Syndrom tolerieren? Aber zurück zum Thema. 

Eine dieser neuen Wortkreationen

Schwarzer äußerte sich auf der Konferenz kritisch zum Kopftuch – daran entzündete sich der Protest. Nachdem die Szenen des Wortgefechtes im Internet verbreitet wurden, begann ein Shitstorm gegen die Frauenrechtlerin. Der Vorwurf: „Antimuslimischer Rassismus“. Das ist eine dieser neuen Wortkreationen aus der Sprachschmiede der Linken, die zwar keinen Sinn macht (eine Religion und Ideologie ist keine Ethnie oder Rasse), aber nichtsdestotrotz umso häufiger als eine Art sinnbefreites Störfeuer in den öffentlichen Diskurs geworfen wird, um Kritiker mundtot zu machen. 

Dabei ist das, was Alice Schwarzer gemacht hat, doch genau das, was Alice Schwarzer machen sollte: Feministische Positionen zu vertreten. Denn man kann einer Frau wie Schwarzer sicherlich viel vorwerfen – dass sie ihre Werte verraten hat, gehört nicht dazu. Damit ist sie ein wahrlicher Einzelfall unter linken Feministinnen. Denn der moderne Feminismus schweigt zur islamischen Frauenunterdrückung – klar, wer die ganze Zeit darauf achtet, dass ein Mann bloß nicht zu viel Abstand zwischen seine Knie bringt, wenn er in der Bahn sitzt (nennt sich „Manspreading“ und ist wohl eines der Kernanliegen des modernen Feminismus), der hat eben keine Zeit, sich mit so Lappalien wie religiös motivierter Frauenunterdrückung zu beschäftigen. 

Alice Schwarzer hat sich davon jedoch immer abgehoben: Sie schwieg auch nie, wenn es darum ging, die frauenfeindlichen Elemente des Islam klar zu benennen. So soll sie gesagt haben, das Kopftuch sei eine Art muslimischer Judenstern für Frauen. Nun kann man sich über die Wortwahl streiten – aber nicht über den Inhalt, der treffender nicht sein könnte. Denn das Kopftuch ist nicht Mode, kein simples Kleidungsstück: Es ist ein Symbol, welches die Frau als „Besitz“ kennzeichnet und zum Menschen zweiter Klasse degradiert. Dass eine Feministin wie Schwarzer gegen ein solches Symbol ist, sollte selbstverständlich sein. Dass diese Position kontrovers ist, ist ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft – und ein Totenschein für den Feminismus. 

Die junge Muslima im diskutierten Video warf Schwarzer vor, keine Feministin zu sein: Wenn sie Feministin wäre, dann würde sie auch dafür kämpfen, dass sie ihr Kopftuch tragen könnte. Welch ein Hohn muss dieser Satz für die Frauen im Iran sein, die Freiheit und Gesundheit riskieren, um gegen ihre Unterdrückung in Form des Hijabs auf die Straße zu gehen.

Welch ein Schlag ins Gesicht für Millionen Frauen in der islamischen Welt, die nicht den Luxus haben, sich für ein Kopftuch zu entscheiden und beim Kaffeetrinken mit Gleichgesinnten darüber zu sinnieren, wie schlimm sie doch wegen ihres Kopftuch diskriminiert werden würden –, sondern die um ihr Leben fürchten müssen, wenn sie sich entscheiden würden, das Kopftuch abzulegen. Schwarzer hat das verstanden: Die modernen Feministinnen und alle, die beim Shitstorm gegen eine wahre Frauenrechtlerin fleißig mitmachen, haben das nicht. Vielleicht sind sie so naiv und halten den Hijab wirklich nur für ein Stück Stoff ohne Bedeutung. Ich will es fast hoffen.

Meinetwegen soll jede Muslima, die ein Kopftuch tragen will, das tun – und sich damit de facto selbst degradieren. Aber die Relativierung des Kopftuches ist gefährlich. Denn wer das Kopftuch verharmlost, verharmlost die Gesetze des Irans, welcher Frauen unter Haftandrohung unter den Hijab zwingt. Er relativiert die Gefahr, in die sich Muslimas weltweit begeben, die das Kopftuch ablegen: Das kann nämlich tödlich enden. „Feminismus“ und „Kopftuch“ passen am Ende des Tages nicht zusammen. Und selbsternannte Feministinnen, die Kritik am Kopftuch ablehnen, sind die wahren Verräter der Frauenrechtsbewegung – nicht Alice Schwarzer. 

Max Roland, 18, ist Schüler in Bremen. Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Schülerblog Apollo-News.

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Leserpost

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Gudrun Meyer / 13.05.2019

Der seit dem spanischen Bischof de las Casas (Mitte 16. Jh.) anlaufende Kampf gegen Sklaverei und Halbsklaverei war das erste Anliegen der modernen Linken, lange bevor sie sich “links” nannte. Das sehr viele unfreie Menschen ihre Situation für normal und sogar gottgewollt hielten, bewertete die Linke zu Recht als Folge einer Gehirnwäsche, die sie nicht davon abhielt, auch weiter auf Gesetze gegen die Sklaverei und die Umsetzung dieser Gesetze zu drängen. Heute befürwortet die Gender/Multikulti/Kampf gegen Rechts-Linke zumindest die Halbsklaverei, und dass hunderte von Millionen muslimischer Frauen sich in genau derselben Falle fangen wie die Sklaven und Sklavinnen früherer Gesellschaften (Sklaven und Sklavinnen, die es natürlich auch und gerade im Islam gab), soll “freiwillig” sein. Wo in einem System psychischen und sozialen Zwanges Freiheit und damit Freiwilligkeit vorkommen sollen, ist eine Frage, die sich unsere linken “Feministinnen” nicht stellen. Und wenn Necla Kelek und Alice Schwarzer es doch tun, werden eine totalitäre religiös-politische Ideologie und ihr Aushängetextil als, wenn ich das richtig verstehe, “Rassen"merkmale bewertet, einfach, um Schwarzer und Kelek im nächsten Zuge “Rassismus” vorwerfen zu können! Wenn Menschenrechte unteilbar sind, gehören die Sinnbilder der Unterwerfung und “Minderwertigkeit” muslimischer Frauen verboten.

S. Miller / 13.05.2019

Auch wenn’s nach Unkenrufen klingt; Schuld daran, daß jedes bekopftuchte Trampel, das ihre devote Haltung als Tugend versteht, eine Bühne bekommt, sind schlichtweg im Voraus die Medien TV, IN und Print. Wenn man extremistischen Knalltüten Raum für ihre kruden Überzeugung läßt, kommen eben solche Kruderien heraus. Schmierentheater der tiefsten Provinz. Und ja, auch ich hätte nie vermutet, mit der Schwarzer einmal in irgendeinem Punkt konform zu gehen. Aber sie verfügt über mehr Stehvermögen und Eier, als es die gesamte Riege pseudomännlicher Politiker. Und dem Autor ein “Reschpekt”. Mit 18 schon so wief. Hoffentlich bleiben Sie so stark und verkaufen ihre Ideale nicht, wenn Sie einst ein höheres Alter erreichen. Die Welt braucht solche, die hinschauen und Mist als Mist benennen.

Chris Groll / 13.05.2019

Sehr guter Artikel.  Finde es immer wieder großartig, dass so junge Menschen wie Sie sich nicht nur mit der “Klimarettung” sondern auch mit soIchen Themen befassen. Schließe mich im übrigen den Kommentaren der meisten Foristen an. Darum erübrigt sich auch ein Kommentar meinserseits.

Karsten Dörre / 13.05.2019

Als deutsche Mädchen, Frauen, Mütter und Großmütter noch Kopftücher trugen, war die Welt noch in Ordnung. Die letzte öffentlich, bekannte Kopftuchfrau war Else Kling alias Annemarie Wendl. Heutzutage wollen wir muslimische Frauen vom Kopftuch befreien. Haben wir noch mehr solch schwerwiegende Probleme? Kleiner Hörtipp: Falk - Im Biomarkt

Dr. Gerhard Giesemann / 13.05.2019

Hier trifft eben Sadismus auf Masochismus, was soll’s. Es gibt wohl eine Internationale des Sado-Maso-Macho-Feminismus - mir sei’s recht, bin Moslem seit Kurzem, kann so prima die Weiber schurigeln, muss meinen Harem nicht verdeckt, sondern kann ihn offen betreiben. G’rade ruft es herauf: Pascha, das Essen ist fertig! Ich geh runter, und später, wenn die Sonne unter gegangen sein wird, nehm’ ich die mit rauf, die gerade rallig ist - eine von den Vieren ist es immer. An Ramadan dito. Ab Sonnenuntergang, bin sunset-Moslem. Für die Kinderchen ist gesorgt, Allah hat die Kuffar derart programmiert, dass die’s zahlen. Schade, dass Alice was gemerkt hat, es soll doch immer so bleiben, in saecula saeculorum, Marshalla. Zum Programm: Geht nach Vorbild von toxoplasma gondii*, einmal infiziert, verliert ihr jegliche Angst vor so Leuten wie mir, leichte Beute, fett, dumm und wehrlos. *gucksdu wiki, eine NAFRI = nordafrikanische Infektion. Was bei Katz und Maus geht, das geht auch bei mir und Kuffar. Wassalam.

Manfred Lang / 13.05.2019

Gegen das Kopftuch zu sein, damit ist noch kein Menschenleben aufgewogen. Wer als Schreibtischtäterin in den 70er Jahren mit anderen feministischen Radikalinskis wie Senta Berger zumindest moralisch Schuld angesichts der millionenfachen Tötung ungeborener Kinder auf sich geladen hat, dessen Würde ist zwar immer und zu jeder Zeit zu verteidigen. Dennoch ist das nicht so einfach mit Haltung gegen das Kopftuch vergessen zu machen. Und wer wie Schwarzer im angeblichen Vergewaltigungsprozess gegen Kachelmann, der freigesprochen wurde, auf der Schuld des Freigesprochenen immer noch und nach dem Prozess immer wieder beharrte, der hat selbst massive Schuld auf sich geladen. Es kam von A.S. nie ein Ausdruck des Bedauerns oder gar eine Entschuldigung J.K. gegenüber. Starrsinnig und selbstgerecht. Wer aber andere gerne in den Dreck zieht, obwohl die Unschuld erwiesen wurde, sich aber in den Steuergesetzen so verhedderte, dass er strafrechtlich wegen Steuerhinterziehung belangt wurde, der sollte mit etwas kleinerer Münze zahlen und auch im Ton bescheidener werden. Das ist bei A.S. nicht zu bemerken. Vor all diesen Hintergründen wirkt es auf mich eher befremdlich, wenn sich diese Frau auf das Grundgesetz beruft. Und deshalb auch trotz ihrer Haltung zum Kopftuch keine Solidarität mit ihr. Ich hoffe, dass sich die Redaktion traut, dieses Statement für die Ungeborenen zu veröffentlichen. Denn es wäre dann das zweite Mal, dass eine meiner Positionierungen in diesem Blog nicht veröffentlicht wurde.

Sebastian Laubinger / 13.05.2019

Lieber Herr Roland, ich denke Ihnen für diesen sachlich-nüchtern geschriebenen, stringenten Text. Es ist sehr erfreulich, zu sehen, dass Sie sich auf diese Weise engagieren und sich nicht auf Deibel-komm-raus von der links/grünen Ecke vereinnahmen lassen. Bleiben Sie unbequem! Herrgott, wenn wir nur sehr viel mehr von Ihrer Sorte hätten… Mit freundlichen Grüßen, Sebastian Laubinger

Annett Schüler / 13.05.2019

Sehr geehrter Herr Roland, Sie verwenden in Ihrem Beitrag den Begriff “Muslima”, wie es in letzter Zeit in allen politisch korrekt erscheinend wollenden Medien verwendet wird. Vielleicht ist es Ihnen gar nicht bewusst. Die korrekte Bezeichnung einer weiblichen Anhängerin der muslimischen Glaubensrichtung in der deutschen Sprache ist “Muslimin” . Es heisst ja auch Christin, Jüdin, Hinduistin, Buddhistin und nicht Christa, Jüda, Hinduista oder Buddhista. In der Regel wird im Deutschen an eine weibliche Bezeichnung die Nachsilbe -in angehängt, so wie bei Architektin, Ingenieurin, Lehrerin, Polizistin. Warum gibt es diese Sonderform in der Bezeichnung nur bei einer bestimmten Religion? Handelt es sich dabei um eine bereits ins Unterbewusstsein eingedrungene Form der Unterwerfung?Mit freundlichen Grüßen Annett Schüler

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