Gastautor / 11.01.2017 / 06:15 / Foto: Ken Teegardin / 5 / Seite ausdrucken

Veganer fordern: Schluss mit dem Schweinegeld!

Von Udo Pollmer.

Die süßen Glücksschweinchen mit dem goldigen Glückspfennig in der Schnauze fanden zum Jahreswechsel wieder viel Zuspruch. Doch wie kommt das Geld zum Schwein – sonst will ja auch niemand Perlen vor die Säue werfen? Der Eber ist seit alters ein heiliges Tier des Abendlandes, er verkörperte Fruchtbarkeit und Stärke, und ist damit ein Zeichen für Wohlstand. Der Glückspfennig wurde einst an die Stalltür genagelt, um Hexen vom wertvollen Viehbestand fernzuhalten. Auch trugen ihn die Bauern im Frühjahr beim Kauf junger Schweine mit sich, damit diese gesund blieben. So entstand die Bedeutung, das Geld möge dem Besitzer des Glückspfennigs nie ausgehen.

Doch nun scheint es vorbei zu sein mit den tierischen Glücksbringern. In England hagelt es Proteste, weil ein Drucker kürzlich durchblicken ließ, zur Herstellung neuer 5-Pfund-Noten aus Kunststofffasern würde ein Quäntchen Rindertalg verwendet. Nicht nur die britischen Hindus nahmen daran Anstoß, sondern zum Chor der Empörten gesellten sich alsbald auch viele Vegetarier, und vegane Restaurants weigerten sich gar, talgverdächtige Scheine anzunehmen.

Da ist die Bank von England wohl in ein gewaltiges Fettnäpfchen getreten. Über 100.000 Menschen haben bereits eine Petition mit der kindischen Forderung nach fettfreiem Geld unterzeichner. Denn Talg – bisher als Frittenfett geschätzt – sei abstoßend und widerlich. Die Bank von England versprach Abhilfe. In Zeiten des Brexit hat sie gerade nichts Wichtigeres zu tun.

Was am Geld klebt: Blut, Drogen, Viren – Tierfett

Geld ist ein dankbares Thema für ethische Fragen. Darf man Geld akzeptieren, das in Metzgereien den Besitzer wechselt? Da bleibt doch sicherlich auch ein klein wenig Fett von den Wurstfingern dran haften. Doch am Geld klebt weitaus mehr – und vor allem Gravierenderes: Zum Beispiel Blut oder Drogen.

Die Kokaingehalte reichen auf gepflegten britischen Pfundnoten bis zum Hundertfachen dessen, was an Fett in den neuen Scheinen steckt. Doch niemand rümpft darüber die Nase. Kokain wird aus Kokablättern gewonnen, es ist damit rein pflanzlich und folglich tierethisch einwandfrei. Am meisten Koks soll an spanischen Scheinen kleben. Die Deutschen hingegen haben ein Näschen für Crystal Meth, manchmal wurde davon so viel geschnupft, dass die Euroscheine vor Erreichen ihrer Mindesthaltbarkeit brüchig werden und zerbröseln.

Geld ist ein unsauberes Geschäft: Als in New York im Rahmen des Dirty-Money-Projektes Dollarscheine auf Keime getestet wurden, fanden die Mikrobiologen 3.000 verschiedene Arten von Bazillen darauf – am häufigsten den Erreger von Akne. Schweizer Virologen ergänzen, Papiergeld sei ein beliebtes Biotop für Influenza-Viren. Die Grippe lauert also im Portemonnaie – da, wo die Scheine stecken. Auf gebrauchten britischen Banknoten hat sich der Fäkalkeim E. coli eingenistet und befleckt das Konterfei der Queen. Von wegen „Geld stinkt nicht“ …

Aus hygienischer Sicht schneiden Banknoten am besten ab, die nicht wie üblich aus Baumwolle oder Leinen erzeugt wurden, sondern aus Kunststoff. Genau diese Scheine waren es, die in England den Shitstorm auslösten. Wozu Hygiene in einer urbanen Gesellschaft? Wir wollen Geld ohne Tier!

Wir brauchen Geldwäsche bei 60 Grad!

Denkt man die Ideenwelt des Zeitgeistes zu Ende, dann dürfen wir nicht beim Tierschutz stehenbleiben, dann ist auch der Schutz des Verbrauchers, des Klimas und der Meere unumgänglich. Eine staatliche Förderung der Geldwäsche – möglichst bei 60 Grad – wäre ein erster und alternativloser Schritt. Ziel muss eine klimafreundliche, fettreduzierte und gesundheitsfördernde Öko­-Währung sein, beispielsweise aus dreilagigem Recyclingpapier, bedruckt mit wasserlöslichen Naturfarben. So machen wir unser Geld fit für die Zukunft, damit die vielen Banknoten nicht als Plastikmüll die Meere verschmutzen.

Doch vorerst verschenken wir zu Neujahr lieber etwas Wertbeständiges: Rosige Glücksschweine aus Marzipan und bunte Marienkäfer aus Schokolade. Hygienisch verpackt und garantiert frei von Kokain versüßen sie uns das Neue Jahr! Auf dass Ihnen die Schweine, ach was, die Scheine nicht ausgehen mögen. Mahlzeit!

Dieser Text erschien zuerst als Hörbeitrag auf Deutschlandradio Kultur. Zu Hören hier.

Literatur

Hoffmann-Krayer E et al (Hrsg.): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. De Gruyter, Berlin 1987

Harrison J: Scottish banknotes ‚contain traces of animal fat‘ says printer. Evening Times 1. Dec. 2016

Daughton CG: Illicit drugs: contaminants in the environment and utility in forensic epidemiology. Reviews of Environmental Contamination and Toxicology 2011; 210: 59-110

Anon: Geldzerfall: Fraß durch Partydroge? Der Spiegel 2006; Heft 46: 22

Oyler J et al: Cocaine contamination of United States paper currency. Journal of Analytical Toxicology 1996;  20: 213-216

Lavins ES et al: Cannabis (marijuana) contamination of United States and foreign paper currency. Journal of Analytical Toxicology 2004; 28: 439-442

Maw D: Remove tallow from bank notes. Change.org Abgerufen am 13. Dezember 2016

Gedik H et al: Money and transmission of bacteria. Antimicrobial Resistance and Infection Control 2013; 2: e22

Thomas Y et al: Survival of influenza virus on banknotes. Applied & Environmental Microbiology 2008; 74: 3002-3007

Ebejer KA et al: Factors influencing the contamination of UK banknotes with drugs of abuse. Forensic Science International 2007; 171: 165-170

Taylor J: The bacteria in your wallet, and why dollar bills van be like a microbial playground. uBiome-blog 11. July 2016

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Leserpost

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Herwig Mankovsky / 11.01.2017

Und lehnen unsere muslimischen Dauergäste die Sch(w)einchen ab?

Hjalmar Kreutzer / 11.01.2017

Verehrter Herr Pollmer, schön von Ihnen auch hier etwas zu lesen! Am Bargeld klebt also Fett, Bakterien, Viren, Rauschgift im wort- und übertragenen Sinne, metaphorisch Blut aus Verbrechen, ja das haut dann voll in die Kerbe nicht nur der Veganer sondern auch der Bargeldabschaffer. Als rechtschaffener staatstragender Bürger hat man ja schließlich nichts zu verbergen und kann gefälligst alle seine Zahlungen bargeldlos per Schlaufernsprecher abwickeln, was ja in Zukunft auch langwierige Steuererklärungen und Bußgeldverfahren erspart, wird alles just in time und online abgebucht. Schöne Neue Welt!

Roland Müller / 11.01.2017

Irre ich mich oder wird die “westliche Wertegemeinschaft” tatsächlich jeden Tag noch ein bisschen infantiler als sie eh schon ist?

Wilhelm Entenmann / 11.01.2017

“Ziel muss eine klimafreundliche, fettreduzierte und gesundheitsfördernde Öko­-Währung sein.” Falsch! Schweden macht’s vor, elektronische Bezahlung selbst kleiner Beträge mit dem Smartphone, womit die Bürger transparent werden und zur Freude der Banken u.a. Geldautomaten eingespart werden können. Ich verkürze, religiöse Fanatiker, Veganer eingeschlossen, bahnen den Weg zum transparenten Bürger und reduzieren die Kosten der Banken.

Wilfried Cremer / 11.01.2017

Das Tier ist natürlicherweise dem Menschen untertan. Bei Veganern scheint das umgekehrt zu sein.

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