Manfred Haferburg / 17.02.2021 / 06:05 / Foto: DonkeyHotey / 142 / Seite ausdrucken

Uups: Bill Gates, Elon Musk und finnische Grüne für Kernkraft

Achgut.com berichtete bereits vor einem halben Jahr, dass der Dual-Fluid-Reaktor (DFR) die völlig vergurkte Energiewende retten könnte und dafür vielfach Widerspruch geerntet hat. Einige Kritiker waren der Meinung, dass Kernenergie prinzipiell nicht geht. Andere warfen den Energieversorgern vor , dass sie die Gewinne einstreichen und die Entsorgung dem Steuerzahler anlasten. 

Dabei scheint völlig in Vergessenheit geraten zu sein, dass der Staat bereits 2016 die Entsorgungsrückstellungen der EVU’s einkassiert und die Verantwortung für die Endlagerung übernommen hat. Das waren immerhin fast 24 Milliarden Euro, auf die speziell die Grünen immer scharf waren. Sechs Milliarden Risikozuschlag waren einbegriffen. Die von den Energieversorgern überwiesenen Milliarden sind in der Hand des Staates mit Lichtgeschwindigkeit verdampft, und so muss der Steuerzahler tatsächlich die Entsorgung bezahlen. Zum Vergleich: Das Finnische Endlager Onkalo kostet einen Bruchteil der Summe, die von den deutschen Energieversorgern zur Verfügung gestellt wurde und geht nächstes Jahr in Betrieb.

Nun jedoch bekommt die Kernenergie prominente Argumentationshilfe – nämlich von dem bei Grünen und Linken hochbeliebten Multimilliardär Bill Gates. Deutsche Medien berichten: „Umstrittene Technologie – Bill Gates setzt im Kampf gegen den Klimawandel auf Atomkraft“ (wer vergibt eigentlich das Prädikat „umstritten“?) Der Microsoft-Gründer fordert massive Investitionen in den Klimaschutz und hält die Kernkraft dabei für unerlässlich (wie übrigens auch der ebenfalls mit einem grünen Heiligenschein versehene Elon Musk).

Bill Gates will beim Kampf gegen den Klimawandel eingreifen und dazu in den kommenden fünf Jahren zwei Milliarden Dollar in Start-Ups und andere Projekte investieren. Es gelte, mit Innovation eine Klimakatastrophe zu verhindern, sagte er dem "Handelsblatt". 

Wie sagte doch der Energie-Doppelwender Herr Altmaier?

In dem Interview begräbt Bill Gates ganz nebenbei auch gleich ein wesentliches Axiom der deutschen Energiewender: „Deutschland habe der Welt mit der Subvention des Solarpanels zwar "einen großen Gefallen getan", sagte Gates. Allerdings reichten Solar- und Windenergie wegen ihrer Unzuverlässigkeit bei der Stromerzeugung bei Weitem nicht aus. Die von Umweltschützern abgelehnte Kernkraft sei deshalb unerlässlich.

Das bedeutet, dass die deutsche Doppelwende des Ausstiegs aus Kernenergie und Kohle gleichzeitig zwar gut gemeint ist, aber leider nicht klappen wird. Wie sagte doch der Energie-Doppelwender Herr Altmaier? „Wir haben vor etwa zehn Jahren, …  den endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Im Jahre 2022 werden die letzten Kernkraftwerke vom Netz gehen. Wir haben jetzt gemeinsam beschlossen, dass wir bis spätestens 2038, vielleicht schon bis 2035, ebenfalls aus der Kohleverstromung aussteigen. Auch das macht kein anderes vergleichbares Industrieland“. 

Natürlich macht das kein anderes Industrieland. Weil es aus physikalischer Sicht Blödsinn ist und weil damit unglaubliche Ressourcen durch den Schornstein gejagt werden. Selbst die Grünen in Finnland befürworten inzwischen die Kernenergie. In Finnland geht in diesem Jahr ein neuer Reaktor in Betrieb, und nächstes Jahr wird das finnische Endlager für hochradioaktive Abfälle Onkalo in Olkiluoto eröffnet.

Zwei weitere finnische Reaktoren sind in Planung. Damit sind auch aus Sicht der finnischen Grünen die Voraussetzungen dafür geschaffen, mithilfe der Kernenergie die Umstellung auf nicht fossile Energieträger zu schaffen: „Wir sind auf gutem Wege mit unserer Energiepolitik“, sagt der grüne Abgeordnete Atte Harjanne. Dieser Meinung sind die finnischen Grünen allerdings erst seit letztem Jahr.

Immer öfter nahe am Blackout.

Gar nicht davon zu reden, dass mehrere Nachbarstaaten Deutschlands Kernkraftwerke in der Planungspipeline haben (hier) und (hier) und (hIer). Und ganz abgesehen davon, dass derzeit weltweit über 50 neue Kernkraftwerke im Bau sind. Und weiterhin davon abgesehen, dass von vielen Ländern neue Reaktortechnologien entwickelt werden. Die Kernkraft ist nicht an ihrem Ende, sondern an ihrem Anfang. Und es ist der Welt ziemlich egal, ob mit oder ohne Deutschland. (Falls jemand Zugang zum Bunker von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat, bitte mal die Nachricht überbringen). 

Man stelle sich vor – noch vor 10 Jahren hatte Deutschland eine Flotte von 17 Weltspitze-Kernkraftwerken im geschätzten Wert von über 30 Milliarden Euro – kein Mensch weiß das so genau – die etwa ein Drittel der Elektroenergie des Industriestandortes Deutschland zu vernünftigen Strompreisen produzierten. Viele von ihnen hatten 2010 eine Laufzeitverlängerung bekommen und Millionen in neueste Sicherheitstechnik investiert. Nach Fukushima kam die Merkelsche Atomwende mit der Anweisung, acht Kernreaktoren umgehend stillzulegen. Die Stilllegung war in Teilen verfassungswidrig, nun muss der Steuerzahler für den Regierungspfusch haften.

Ende nächsten Jahres geht auf Beschluss einer mit Fachkenntnis unterversorgten Regierung das letzte deutsche KKW für immer vom Netz, das investierte Kapital wird unwiederbringlich vernichtet, die hochqualifizierten Arbeitskräfte werden in alle Winde zerstreut. Neue Kernenergie-Fachleute werden nicht mehr ausgebildet, der Faden ist, wie von den Politikern gewollt, gerissen.

Der Strompreis hat sich seit Beginn der Energiewende verdoppelt, Tendenz: ins Uferlose weiter steigend. Dafür ist die Versorgungsicherheit, die vor 10 Jahren zu den besten der Welt gehörte, heute dank Zappelstrom und systematisch größer werdender Versorgungslücke immer öfter nahe am Blackout. Die deutsche Energiewende ist nichts weiter als ein Salto-rückwärts in die Mangelwirtschaft des Stromsozialismus.

In nicht allzu langer Zeit werden die geprellten Deutschen anfangen, die Frage zu stellen; „Wer waren eigentlich die „WIR“, die diesen Unfug beschlossen haben?“ Es ist allerdings anzunehmen, dass die WIR-Beschließer dann längst mit ihren „Aufwandsentschädigungen“ ein persönliches Endlager in fernen sonnige Gefilden aufgesucht haben.

Foto: DonkeyHotey CC BY 2.0 via Wikimedia Commons

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Horst Brackholz / 17.02.2021

Herr Gates tritt primär für die totale Elektrifizierung von Energieverbrauchern ein und damit sekundär für Atomkraft als Stromlieferant. Heißt u.a.: Ende des Verbrennungsmotors, Ende der auf Verbrennung basierenden Wärmeerzeugung (Gruß geht raus an alle Eigenheimbesitzer). Um mit Rilkes zu sprechen: “Wer jetzt kein Haus hat baut sich keines mehr”

Nico Schmidt / 17.02.2021

Sehr geehrter Herr Haferburg, der Dual-Fliud-Reaktor kann noch mit den Abfallstoffen aus den jetzigen Reaktoren betrieben werden. Der restliche Abfall strahlt dann noch 300 Jahre und damit kann ich gut leben. Wahrscheinlich wird man selbst für diese reste noch eine bessere Lösung finden. Ist aber egal, die Deutschen sind gut und frei von Kompetenz. Herr Minister Altmaier ist dafür nun wirklich das größte Beispiel. MfG Nico Schmidt

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