Peter Grimm / 03.07.2019 / 06:24 / Foto: Kuhlmann/MSC / 128 / Seite ausdrucken

Uschi, die letzte Granate der EU

Es könnte immerhin eine gute Nachricht für die deutsche Bundeswehr sein: Ursula von der Leyen wird die neue EU-Kommissionspräsidentin. Das heißt, sie verlässt das Verteidigungsministerium und räumt den Posten vielleicht für einen fähigeren Nachfolger. Es wäre ja nicht schlecht, wenn eine Armee, die den Steuerzahler doch viele, viele Milliarden kostet, wieder einsatzfähige Hubschrauber, Flugzeuge, Panzer, Schiffe, U-Boote und Gewehre bekäme. Aber, ob das so kommt, hängt natürlich wiederum vom Nachfolger ab, und unter den möglichen Anwärtern sind auch nicht gerade viele Hoffnungsträger zu entdecken. Doch hier sollte am Anfang wenigstens etwas Positives stehen.

Ansonsten wirkt die Personalie, die sich die Staats- und Regierungschefs der EU augekungelt haben, wie eine schlechte Satire. Die so hoch gejubelten Spitzenkandidaten, die vor der „Schicksalswahl für Europa“ präsentiert wurden, hatten keine Chance. Einen Manfred Weber wollte der französische Präsident nicht und Frans Timmermans lehnten die Visegrad-Staaten ab. Ausgerechnet auf Ursula von der Leyen konnten sich alle einigen. Vielleicht wirkte eine Deutsche, die die deutsche Armee in die weitgehende Kampfunfähigkeit reformiert hat, auf Länder, die einst von der deutschen Wehrmacht überfallen wurden, irgendwie beruhigend.

Wer die EU nicht sonderlich mag, hat vielleicht in dieser Personalie auch eine Garantie für die nachhaltige Schwächung des Brüsseler Apparats gesehen. So ist es vielleicht zu verstehen, wenn beispielsweise die Welt berichtet, dass sich insbesondere Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban für die Personalie von der Leyen ausgesprochen haben soll. Orbans Sprecher habe demnach beispielsweise gestern getwittert, das neue Personalpaket um von der Leyen „gewinne Akzeptanz bei einer wachsenden Zahl von Mitgliedsstaaten“. Auch die EU-skeptische italienische Regierung habe sich zustimmend geäußert. Aus Sicht von Regierungschef Giuseppe Conte spreche für von der Leyen unter anderem ihre Erfahrung als frühere Familienministerin, wird ein EU-Diplomat zitiert. Vielleicht gilt es dort als hilfreich, wenn die Frau die EU-Gremien künftig führt wie eine Kindergartengruppe.

Einer, der selbst diesen Posten gern übernommen hätte und daran ebenso gescheitert ist, wie am angestrebten Einzug ins deutsche Kanzleramt, nämlich der Ex-Kandidat und Ex-SPD-Vorsitzende Martin Schulz, reagierte schon nach den ersten Berichten empört: "Ursula von der Leyen ist die schwächste Ministerin der Bundesregierung", sagt er dem Spiegel. "Eine derartige Leistung reicht offenbar, um Kommissionschefin zu werden." Heißt im Klartext, mit einer vergleichbar verheerenden Leistungsbilanz wie Uschi hätte er doch auch aufwarten können. Außerdem findet auch der Genosse Schulz: "Das ist ein Sieg von Viktor Orbán und den Osteuropäern".

"Erfüllungsgehilfin überschuldeter Staaten"

Die deutschen Sozialdemokraten mögen nun wütend sein, aber es ist kaum wahrscheinlich, dass sich alle ihre europäischen Genossen im Europäischen Parlament deshalb nun gegen von der Leyen auflehnen. Manche sind schließlich in den Regierungen vertreten, die für diesen Vorschlag verantwortlich sind.

Man kann also wahrscheinlich davon ausgehen, dass Frau von der Leyen EU-Kommissionspräsidentin wird. Dazu kann man im Moment kaum etwas Originelles sagen, denn der realsatirische Gehalt dieser Nachricht ist nicht so leicht mit Sprachwitz zu überbieten.

Der Kanzlerin ist dabei immerhin gelungen, was auch allen südeuropäischen Euro-Staaten, inklusive Frankreich, enorm wichtig war, nämlich den Bundesbankpräsidenten Jens Weidmann als Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) zu verhindern. Stattdessen soll es nun Christine Lagarde werden. Ein aktuelles Schlaglicht auf ihre Glaubwürdigkeit wirft vielleicht ihre Antwort, die sie noch vor wenigen Monaten auf die Frage gegeben hat, ob sie Interesse am EZB-Chefposten habe: „Nein, nein, nein, nein, nein“. Was ist von dieser Frau nun zu erwarten? Das fasst der Wirtschaftsredakteur der NZZ eigentlich ganz treffend zusammen:

„Die EZB ist zu einer Erfüllungsgehilfin überschuldeter Staaten geworden, indem sie den Regierungen deren Schuldpapiere abkaufte und quasi deren Ausgaben finanzierte. Wenn nun eine Ex-Finanzministerin ohne geldpolitische Expertise an die Spitze der formell unabhängigen Währungsbehörde stößt, erhält diese Politisierung des Euro gleichsam ein Gesicht. Der Entscheid nährt die Erwartung, dass sich die Staaten auch in Zukunft bei allen möglichen Problemen auf die stützende Hand der EZB werden verlassen können. Diese Aussicht dürfte kaum dazu führen, dass die Regierungen unbequeme Reformen endlich in Angriff nehmen. Für den seit Jahren dringend nötigen Aufbruch im Euro-Raum ist es das falsche Signal.“

Wer auf den Niedergang der EU und des Euro gewettet hat, kann sich jetzt wahrscheinlich freuen. Alle anderen könnten demnächst in die Stimmung verfallen, die in der Bundeswehr längst herrscht. Verglichen mit all den hehren Worten, mit denen die EU-Bürger zur Europaparlamentswahl am 26. Mai gerufen wurden, wirkt Ursula von der Leyen wie das letzte Aufgebot. Jeder EU-Skeptiker kann sich bestätigt fühlen.

Foto: Kuhlmann/MSC CC BY 3.0 de via Wikimedia Commons

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Okko tom Brok / 03.07.2019

Warm sollte man sich über den Niedergang der EU, der tatsächlich in diesem letzten Aufgebot sichtbar wird, freuen? Es sind auch unsere Hoffnungen auf Frieden, Freiheit und Wohlstand, die dort vernichtet werden. Vor allem zeigt sich, dass die viel beschworenen „breiten Bündnisse“ offenbar längst nicht mehr so stark und effektiv sind, wie sie selbst immer gerne dröhnend verlautbaren lassen. Nicht einmal ein paar Apparatschiks auszutauschen funktioniert noch reibungslos.

Franck Royale / 03.07.2019

Spätestes mit dieser Nominierung zeigt sich, daß das Pensionierungsprogramm der EU („Hast du einen Opa, schick ihn nach Europa“) jetzt auch gleichberechtigt die Omas betreut - die SPD sollte sich also freuen. Konnte sie mit Katarina Barley doch ebenfalls eine überforderte Ministerin auf Kosten des europäischen Steuerzahlers an der Senne versorgen. Die droht nun auch folgerichtig in die Fußstapfen der grünen Frühpensionärin Franziska Keller zu treten, welche ihrerseits nicht ganz unberechtigt zu dem Schluss kommt: was der Martin Schulz konnte, das kann ich auch.

Stefan Zorn / 03.07.2019

“Weggelobt”...

Nico Schmidt / 03.07.2019

Guten Morgen Herrr Grimm, wer als Verteidigungsminister nichts hinbekommen hat, wird befördert! Mann, sind wir gut. MfG Nico Schmidt

Hubert Geißler / 03.07.2019

Mal eine kleine Hypothese: Gesetzt den Fall, das europische Parlament lehnt von der Leyen ab, dann ist die Kanzlerin maximal beschädigt. Lagarde hat ihren Job schon, Weidmann ist´s nicht geworden und Uschi geht nicht. Wär ich Macron oder Orban, hätte ich sie auch vorgeschlagen. H.Geißler

Leopold Hrdlitschka / 03.07.2019

Ich vermute dass diese Personalie durch rechte Netzwerke, also Europa- und Menschenfeinden, von langer Hand geplant und durchgezogen würde. Ein genialer Schachzug, welchen man den tumben Rechten gar nicht zugetraut hätte.

Matthias Braun / 03.07.2019

Verteidigungsministerin von der Leyen als EU-Kommisionspräsidentin? Ein ganzes HEER von Beraterfirmen reibt sich jetzt bestimmt schon die Hände. ATTACKE!

Frank Stricker / 03.07.2019

Am witzigsten fand ich , dass Herr Macron angeblich unsere Panzer-Uschi vorgeschlagen hat. Der Mann hat halt ein Faible für blonde Frauen im Rentenalter…………..

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