Stefan Frank / 17.10.2020 / 12:00 / Foto: Stefan Klinkigt / 14 / Seite ausdrucken

USA unterstützen Griechenland gegen die Türkei

Gemeinsam mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis besuchte Pompeo am 29. September die amerikanisch-griechische Marinebasis Souda im Westen Kretas. Dort wurde er mit militärischen Ehren empfangen.

Souda ist, an der Zahl der Schiffe gemessen, die zweitgrößte Marinebasis Griechenlands und der bedeutendste Stützpunkt der USA im östlichen Mittelmeer. In einer Rede unterstrich Pompeo die Bedeutung der militärischen Beziehungen zwischen den USA und Griechenland, die sich darin zeige, dass die USS Hershel „Woody” Williams, „die neueste Expeditionsbasis der US-Marine, Souda Bay ihr zu Hause nennen wird“, wie Pompeo sagte.

Symbolische Unterstützung für Griechenland

Diese Ankündigung dürfte den türkischen Präsidenten Erdogan aufhorchen lassen, zumal die USA nicht viele Schiffe dieser Klasse besitzen. Die USS Hershel „Woody” Williams ist ein 239 Meter langes Expeditionsbasisschiff mit einem 4.800 Quadratmeter großen Landeplatz, einem Treibstoff- und Ausrüstungslager, Magazinen sowie Reparatur- und Missionsplanungsräumen. Sie hat Arbeits- und Wohnräume für mehrere hundert Mann und kann kleine Schiffe in See setzen und wieder aufnehmen.

Zudem ist auf ihr das Kipprotorflugzeug V-22 Osprey stationiert, das wie ein Hubschrauber starten und landen kann, während es gleichzeitig in der Lage ist, mit nach vorne gekippten Rotoren so schnell zu fliegen wie ein Turboprop-Flugzeug. Die V-22 Osprey hat sich bei humanitären Einsätzen wie etwa den Rettungsmissionen nach dem Hurrikan Dorian auf den Bahamas 2019 bewährt, könnte aber auch militärische Einsätze unterstützen – beispielsweise Navy Seals auf einer Insel absetzen.

Die außenpolitische Korrespondentin der New York Times, Lara Jakes, sieht in der Stationierung der USS Hershel „Woody” Williams auf Kreta einen „Schritt, den man als symbolische Unterstützung für Griechenland in der Konfrontation mit der Türkei werten könne. Jakes weist darauf hin, dass das Schiff weniger als tausend Kilometer von der türkischen Küste entfernt stationiert wird. Die Hershel „Woody“ Williams sei laut Jakes zwar

„nicht die Art von Schiff, die in einen Konflikt von hoher Intensität eingreifen könnte, falls die zunehmenden Spannungen zwischen der Türkei und Griechenland überkochen sollten … Doch sein Einsatz in der Nähe des Ortes, an dem die Türkei Anfang dieses Jahres Vermessungs- und Bohrschiffe zur Suche nach Erdgas sandte, könnte als symbolische Warnung vor der wachsenden Verärgerung Amerikas über Ankara verstanden werden.“

In seiner Rede sagte Pompeo, Souda sei „buchstäblich die perfekte Wahl und ein Symbol für eine Verteidigungspartnerschaft, die weiter expandieren und wachsen“ werde. Die Sicherheitskooperation beider Länder sei „besonders wichtig, da Russland die Region weiterhin destabilisiert, insbesondere in Libyen, wo die USA den Abzug aller ausländischen Streitkräfte und die Unterstützung der militärischen Deeskalation und der libyschen Aussöhnung fordern“.

Streitpunkt Erdgas

Pompeo bekräftigte „die Unterstützung der Vereinigten Staaten für die laufenden Bemühungen Griechenlands zur Diversifizierung der Energierouten und -versorgung in der gesamten Region“ – damit war der Plan einer Erdgaspipeline gemeint, die Israel und Ägypten mit Griechenland verbinden und über das von der Türkei bedrohte Zypern laufen soll.

„Freie Märkte“ sollten „anstelle der russischen Gazprom“ über die Energieversorgung entscheiden, so Pompeo. Dies ist als Anspielung auf die vom Kreml nach geopolitischen Gesichtspunkten geplanten Pipelineprojekte zu verstehen: die auch in Deutschland umstrittene Nord-Stream-Pipeline, die Russland über die Ostsee mit Deutschland verbinden soll und die TurkStream-Pipeline, die seit Anfang des Jahres russisches Gas über das Schwarze Meer in die Türkei und von dort nach Bulgarien transportiert.

In einer gemeinsamen Erklärung begrüßten Pompeo und Mitsotakis die eine Woche zuvor erfolgte Gründung des East Mediterranean Gas Forum (EMGF) und bekräftigten ihre Unterstützung für Kooperationen im Rahmen des „3+1-Formats“ zwischen Griechenland, Zypern, Israel und den USA.

Erst im Oktober 2019 hatte der amerikanische Außenminister Griechenland zuletzt besucht. Damals unterzeichnete er ein Militärabkommen, das eine seit 1990 bestehende bilaterale Partnerschaft erweitert und es den USA gestattet, griechische Militärbasen, darunter die Luftwaffenstützpunkte Larissa and Stefanovikio, zu nutzen.

40 Prozent des in der EU verbrauchten Erdgases kommt aus Russland

Das Abkommen, das im Januar 2020 vom griechischen Parlament ratifiziert wurde, beinhaltet die Ausbildung von Soldaten, das Auftanken von Flugzeugen und Schiffen, kurzfristige Wartungsarbeiten, Lagerung von Material und Einsätze bei Krisen. Auch amerikanische Drohnen dürfen auf den Flugplätzen starten und landen. Die USA hatten im Gegenzug angekündigt, Griechenland bei Manövern zu unterstützen.

Vereinbarungen, die bei Pompeos jetzigem Besuch getroffen wurden, betreffen unter anderem eine Modernisierung der griechischen F16-Kampfflugzeuge und der griechischen Werften.

Zudem wurde über das geplante schwimmende LNG-Terminal gesprochen, das mit amerikanischer Unterstützung bei Alexandroupolis, nahe der griechisch-türkischen Landgrenze in Thrakien, gebaut werden soll. Ab 2023 soll dort per Schiff verflüssigtes Erdgas (LNG) aus den USA angeliefert, regasifiziert und über Pipelines zu Verbrauchern in Europa geliefert werden.

Die USA produzieren weitaus mehr Erdgas, als sie verbrauchen, während die EU-Länder zur Deckung ihres Bedarfs auf Importe angewiesen sind. 40 Prozent des in der EU verbrauchten Erdgases kommt aus Russland, 18 Prozent aus Norwegen und 11 Prozent aus Algerien.

Gedenken in Thessaloniki

Einen Tag vor seiner Visite auf Kreta, am 28. September, war Pompeo in Thessaloniki eingetroffen. Dort hatte er gemeinsam mit seiner Ehefrau Susan, dem amerikanischen Botschafter in Athen, Geoffrey Pyatt, der US-Generalkonsulin in Thessaloniki, Elizabeth Lee, und Mitgliedern seiner Delegation das Jüdische Museum besucht, wo derzeit das griechische Holocaustgedenkmuseum entsteht.

Während der deutschen Besatzung wurden 1943 die 56.000 Juden der Stadt mit 19 Eisenbahnzügen in die Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz und Bergen-Belsen deportiert. Nur 2.000 Juden überlebten. Heute leben rund tausend Juden in Thessaloniki.

Es sei „etwas Besonderes“ für ihn gewesen, „Thessalonikis berühmte jüdische Geschichte zu würdigen“ und während der Besichtigung des jüdischen Museums „Jom Kippur begehen zu können“, sagte Pompeo bei seiner Rede in Souda. „Es war in der Tat eine ernüchternde Erinnerung an die notwendige Arbeit, die wir weiterhin leisten müssen, um den Antisemitismus zu bekämpfen und junge Menschen über die Geschichte und die Gräuel des Holocaust aufzuklären. In dieser Hinsicht freue ich mich darauf, dass Griechenland im Jahr 2021 den Vorsitz der International Holocaust Remembrance Alliance führen wird.“

Der Besuch des Museums endete mit einem Gesangvortrag einer Sopranistin. Rabbi Aharon Israel, der Oberrabbiner von Thessaloniki, sagte, er habe sich entschieden, den amerikanischen Außenminister zu empfangen, obwohl das für ihn wegen des Jom-Kippur-Feiertags mit Terminschwierigkeiten verbunden gewesen sei und er zunächst Bedenken gehabt habe:

„Jom Kippur ist ein Tag der Selbstbeobachtung und Ehrfurcht, der sowohl mit der Logistik als auch mit der Atmosphäre eines Staatsbesuchs unvereinbar ist. Natürlich kann ich nicht sagen, dass ich diesen Besuch mit beiden Händen angenommen habe. Ich habe andere Rabbiner konsultiert und bin zu dem Schluss gekommen, dass wir nicht Nein sagen sollten.“

Die 20-minütige Veranstaltung habe dann während einer Unterbrechung der Jom-Kippur-Gebete der Gemeinde stattgefunden und daher zu keinen Verstößen gegen das jüdische Gesetz geführt. „Ich konnte sehen, dass Pompeo von der Veranstaltung tief bewegt war, und wir waren wiederum bewegt von der Tatsache, dass es offensichtlich wichtig für ihn war, die Gemeinde zu besuchen“, so Israel.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

Foto: Stefan Klinkigt

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Frank Dom / 17.10.2020

Respekt. Von dieser Art Politik und Politiker dürfen wir hier nur träumen.

giesemann gerhard / 17.10.2020

Aber die Deutschen kuscheln weiterhin mit Erdogan, Respekt.

Klaus Keller / 17.10.2020

Mir persönlich wäre es lieber wenn die USA zwischen den Streithähnen vermitteln würde. Ich habe den Eindruck das man die Türkei nahezu in die Hände Moskaus treibt. ggf sagt Pompeo in Ankara aber auch etwas anderes. PS Zahlreiche europäische Juden haben die Nazizeit in der Türkei überlebt. Der bekannteste Deutsche (kein Jude) war Ernst Reuter. Der spätere Bürgermeister von Berlin.

Marcel Seiler / 17.10.2020

Die Türkei ist nur zu stoppen, wenn man ihr die militärischen Folterwerkzeuge vorzeigt – also Schiffe der Kriegsmarine, die im Mittelmeer die militärische Hoheit bewahren können. Die EU hat keine solche Kriegsmarine. Die müde Luft aus Merkels Munde vermag da nichts.

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