Die politische Auseinandersetzung in den USA ist derzeit etwas rau, doch das Schlimmste kommt vielleicht erst noch. Der Restwahlkampf dürfte vor allem von der Debatte über die Neubesetzung des Supreme Court geprägt werden. Die Demokraten im Senat werden ab nächster Woche versuchen, die Kandidatin Amy Coney Barrett, Mutter von sieben Kindern, mit allem möglichen Schmutz zu bewerfen.
Der Supreme Court ist der Oberste Gerichtshof und das Verfassungsgericht der Vereinigten Staaten. Durch die – auch bei uns zu beobachtende – Politisierung der Rechtssprechung, die Richter de facto oft zu Regenten macht, ist die Frage, welche Rechtsmeinung dort bei entscheidenden Fragen die Mehrheit hat, von Brisanz.
Am 18. September war eine langjährige Richterin am Supreme Court gestorben, Ruth Bader Ginsburg. Präsident Donald Trump nominierte am 26. September die Bundesrichterin Amy Coney Barrett als Nachfolgerin. Barrett ist seit 2017 Richterin am Berufungsgericht des Siebten Gerichtsbezirks mit Sitz in Chicago, zu dem die Bundesstaaten Illinois, Wisconsin und Indiana gehören. Vorher war sie Juraprofessorin an der Notre Dame Law School. Die 1869 gegründete Einrichtung ist die zweitälteste römisch-katholische rechtswissenschaftliche Fakultät der USA. Dort hatte Barrett 1997 das juristische Examen als Klassenerste mit summa cum laude bestanden.
Nun muss Barrett vom Senat – wo die Republikaner eine knappe Mehrheit von 53 der 100 Sitze haben – bestätigt werden. Der Zeitplan sieht so aus: Ab heute, 15 Uhr deutscher Zeit, wird der Justizausschuss des Senats über die Nominierung Barretts beraten. Am 22. Oktober soll der gesamte Senat gehört werden, und schon für den 26. Oktober – acht Tage vor den Wahlen – ist die Bestätigung geplant.
Amy Coney Barrett wäre die erste Richterin am Supreme Court, die schulpflichtige Kinder hat. Zwei ihrer sieben Kinder – Vivian und John Peter – haben sie und ihr Ehemann Jesse aus einem Waisenhaus auf Haiti adoptiert. Vivian war zum Zeitpunkt ihrer Adoption in ihrer Entwicklung weit zurückgeblieben, wog im Alter von 14 Monaten nur sechs Kilogramm und konnte keine Laute von sich geben. Wenige Wochen nach dem verheerenden Erdbeben auf Haiti von 2010 adoptierte das Ehepaar den damals dreijährigen John Peter.
Rufmordkampagne gegen Barrett
Für diese Adoptionen wird Barrett nun von einigen Demokraten angefeindet, ein Hinweis darauf, wie schmutzig die Schlacht im Senat werden wird. Dana Houle, ehemaliger Stabschef zweier demokratischer Kongressabgeordneter, unterstellte auf Twitter, Barrett und ihr Ehemann hätten möglicherweise unethisch oder illegal gehandelt:
Ich würde gerne wissen, über welche Adoptionsagentur Amy Coney Barrett und ihr Ehemann die beiden Kinder adoptiert haben, die sie aus Haiti hierher gebracht haben. Also hier ist eine Frage: Untersucht die Presse überhaupt Details von Barretts Adoptionen aus Haiti?
In einem weiteren Tweet schrieb Houle:
Einige Adoptionen aus Haiti waren legitim. Viele waren höllisch lückenhaft. Und wenn die Presse erfahren würde, dass sie unethische und möglicherweise illegale Adoptionen sind, würden sie darüber berichten? Oder nicht, weil es ihre Kinder betrifft?
Er schloss:
Würde es jemanden kümmern,, wenn ihre Kinder von ultra-religiösen Amerikanern aufgegriffen worden wären oder die Amerikaner keine gewissenhaften Vermittler wären und die Kinder genommen worden wären, obwohl sie Familie in Haiti gehabt hätten?
Der Antirassismus-Guru Ibram X. Kendi, Professor aus Boston, Autor des Bestsellers How to Be an Antiracist und Kommentator bei CBS News, unterstellte auf Twitter ebenfalls finstere rassistische Motive:
Einige weiße Kolonisatoren „adoptierten" schwarze Kinder. Sie „zivilisierten" diese „wilden" Kinder auf die „überlegene" Art und Weise der Weißen, während sie sie als Requisiten in ihren lebenslangen Bildern der Verleugnung verwendeten und die leiblichen Eltern dieser Kinder aus dem Bild der Menschheit herausschnitten.
Die Historikerin Ruth Ben-Ghiat, die für zahlreiche linksliberale Medien (CNN, MSNBC, ABC, PBS, Atlantic, Huffington Post) arbeitet, sekundierte Kendi bei seiner „antirassistischen“ Rufmordkampagne auf Twitter:
Viele Autoritäre haben farbige Kinder beschlagnahmt, um sie von weißen Christen adoptieren zu lassen. Pinochets Regime hat das mit indigenen Kindern gemacht und Nazis nahmen arisch aussehende Kinder von Polen für deutsche Familien. Trump nimmt Migrantenkinder, um sie von Evangelikalen adoptieren zu lassen.
Ein Kommentator der Heritage Foundation macht unterdessen darauf aufmerksam, dass zahlreiche weiße Hollywood-Stars ebenfalls schwarze Kinder adoptiert haben – ohne sich deshalb solchen Ermittlungen aus linken Kreisen ausgesetzt zu sehen.
Mit schmutzigen Mitteln
Die Verleumdungskampagne gegen Barrett hat Präzedenzfälle: Schon die Wahlen zum Unterhaus und dem Senat im November 2018 hatten im Zeichen des Kampfes um den Supreme Court gestanden. Als im Sommer 2018 einer von dessen Richtern, Anthony Kennedy, aus Altersgründen sein Ausscheiden ankündigte, nominierte Präsident Trump Brett Kavanaugh, einen angesehenen Richter am Bundesberufungsgericht in Washington, D.C. Um Kavanaugh zu verhindern und im Wahlkampf Punkte zu sammeln – was ihnen nicht gelang –, starteten die Demokraten eine Schmutzkampagne. Sie überzogen Kavanaugh mit unbelegten Vorwürfen, wonach dieser sich als Teenager auf Partys an Gruppenvergewaltigungen beteiligt habe. Das FBI fand dafür keine Belege, zudem konnten die vermeintlichen Zeuginnen weder belegen, dass sie Kavanaugh zum fraglichen Zeitpunkt – irgendwann „Anfang der 1980er Jahre“ – überhaupt gekannt hatten noch irgendwelche sonstigen näheren Angaben machen: nicht über den Ort, nicht über den ungefähren Zeitpunkt der vermeintlichen Tat, nicht darüber, wie sie zu dem Ort gefahren und wieder nach Hause gekommen waren, nicht über irgendwelche Zeugen, die hätten bestätigen können, dass die betreffende Party überhaupt stattgefunden hatte – nichts.
Der Tiefpunkt war die Kampagne der damaligen Senatorin der Demokraten für North Dakota, Heidi Heitkamp. Sie veröffentlichte in Zeitungen einen offenen Brief an ihren republikanischen Gegner Kevin Cramer, in dem sie die Namen von 120 Vergewaltigungsopfern publik machte – ohne deren Wissen und Zustimmung. Das brachte viele dieser Frauen in eine extrem unangenehme Situation: Einige von ihnen waren tatsächlich vergewaltigt worden, hatten das aber ihren Partnern und Familien verschwiegen und wurden von Heitkamp gegen ihren Willen auf traumatisierende Weise geoutet. Andere der Frauen auf Heitkamps Liste waren in Wahrheit nie vergewaltigt worden – auch für sie war es äußerst unangenehm, nun von aller Welt auf ihre angebliche Vergewaltigung angesprochen zu werden und klarmachen zu müssen, dass diese nie stattgefunden hatte. Lexi Zhorela, eine der Frauen, deren Namen auf der Liste auftauchte, sagte in einem Interview mit dem Fernsehsender CNN, sie verstehe nicht, wie jemand „so rücksichtslos und unbedacht“ handeln könne wie Senatorin Heitkamp.
Es war nicht das erste Mal, dass die Demokraten mit unfairen Mitteln arbeiteten, um einen obersten Richter zu verhindern. 1987 stoppten sie, ebenfalls durch diffamierende persönliche Angriffe, den von Ronald Reagan nominierten Richter Robert Bork. Der demokratische Senator Ted Kennedy behauptete in einer live im Fernsehen übertragenen Rede:
„Robert Borks Amerika ist ein Land, in dem Frauen zu Abtreibungen in finsteren Seitengassen gezwungen würden, Schwarze an getrennten Mittagstischen sitzen würden, eine skrupellose Polizei bei mitternächtlichen Haussuchungen die Türen der Bürger einbrechen könnte, Schulkinder nicht die Evolution gelehrt werden könnte, Schriftsteller und Künstler nach Lust und Laune der Regierung zensiert werden könnten, und die Türen der Bundesgerichte Millionen von Bürgern verschlossen würden.“
Die damalige Rufmordkampagne gegen Bork bescherte der englischen Sprache ein Neuwort: to bork bzw. borking. Laut dem Wörterbuch Merriam-Webster bedeutet es,
(einen Kandidaten für ein öffentliches Amt) durch eine organisierte Kampagne harscher öffentlicher Kritik oder Verleumdung unfair anzugreifen oder zu besiegen.
Als Präsident Georg H.W. Bush 1991 den Schwarzen Clarence Thomas nominierte, warfen die Demokraten im Senat Thomas vor, gegenüber einer Frau, die zeitweise für ihn gearbeitet hatte, über pornografische Filme und die Größe seines Geschlechtsteils gesprochen zu haben. Dennoch wurde Thomas von einer knappen Senatsmehrheit zum Richter ernannt. Seither sind nie wieder Vorwürfe gegen Thomas aufgetaucht. Das ist ein auffälliger Unterschied zwischen den Anschuldigungen gegen Clarence Thomas und Brett Kavanaugh auf der einen Seite und den vielen, vielen Vorwürfen gegen den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden auf der anderen: Die gegen Thomas und Kavanaugh tauchten aus dem Nichts auf, just, als es eine Nachfrage danach gab, weil die beiden für den Supreme Court nominiert worden waren und es galt, sie mit allen Mitteln zu stoppen – keinen Tag eher. Kavanaugh ist nun seit zwei Jahren oberster Richter, Thomas seit fast 30 Jahren. In beiden Fällen hätten die Demokraten sehr viel Zeit gehabt, nachträglich den Beweis zu erbringen, dass sie doch Recht gehabt hätten und die von ihnen erhobenen Vorwürfe stimmten. Das ist nie passiert, es sind auch keine neuen Vorwürfe mehr aufgetaucht. Zum Vergleich: Joe Biden ist im Lauf seiner Karriere regelmäßig und von vielen verschiedenen Frauen der sexuellen Belästigung beschuldigt worden – und wie Biden kleine Mädchen nötigt und in Angst und Schrecken versetzt, indem er sie küsst und begrapscht, ist allgemein bekannt, weil er das sogar vor laufenden Fernsehkameras tut.
Durfte Trump einen Richter vorschlagen?
Im Fernsehduell zwischen Trump und Biden war der Supreme Court das zweite von fünf Themen an diesem Abend, gleich nach der Frage der Bilanz von Trumps Amtszeit. Moderator Chris Wallace wollte vom Präsidenten wissen, ob es richtig sei, im Wahljahr einen neuen Richter für den Supreme Court zu ernennen. Der Hintergrund der Frage war offenbar, dass der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, im Februar 2016, nachdem der als konservativ geltende Richter Anthonin Scalia verstorben war, es abgelehnt hatte, über einen von Präsident Barack Obama nominierten Kandidaten auch nur abstimmen zu lassen. Da später im Jahr Wahlen stattfänden, sollte diese Frage vom nächsten Präsidenten und dem neu zusammengesetzten Senat entschieden werden, argumentierte McConnell damals. Weil sie es diesmal anders halten wollen, wird den Republikanern vonseiten der Demokraten „Heuchelei“ vorgeworfen. Aber die Situation ist eine andere: Damals hatte Präsident Obama keine Mehrheit im Senat und konnte seinen Kandidaten deshalb nicht durchsetzen. Diesmal hat Präsident Trump eine Mehrheit der Senatoren hinter sich. Auf die Frage des Moderators antwortete Trump dann auch zutreffend, dass er für vier Jahre gewählt sei und nicht für drei.
Wenn die Demokraten nun sagen, so kurz vor der Wahl dürfe kein neuer Richter ernannt werden, dann muss man daran erinnern, dass sie selbst noch im Februar diesen Jahres den gewählten Präsidenten mit ihrem Impeachment-Zirkus stürzen wollten.
Im Februar hatte Nancy Pelosi, die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, bei der Rede des Präsidenten zur Lage der Union das Manuskript der Präsidentenrede zerrissen, um auf kindischste Weise öffentlich ihre Opposition gegen die Politik der Regierung zu demonstrieren. Die Demokraten haben sich auch nicht um Gepflogenheiten gekümmert, als Harry Reid, ihr Mehrheitsführer im Senat, 2013 bei der Ernennung von Richtern für die Bundes- und Appellationsgerichte die „nukleare Option“ zog, wie es im Washington-Jargon heißt. Die Demokraten hatten damals die Mehrheit im Senat, aber keine Mehrheit von 60 der 100 Senatoren (Supermajority), die notwendig ist, um das sogenannte Filibuster zu verhindern. Abgestimmt werden darf im Senat nämlich erst, wenn es keine Reden mehr gibt. Filibuster bedeutet, dass Senatoren durch lange und/oder zahlreiche Reden verhindern bzw. verzögern, dass eine Vorlage zur Abstimmung gelangt. Um Filibuster zu verhindern und die Bestätigung von Richtern zu beschleunigen, änderten Reid und seine Demokraten einfach die Geschäftsordnung des Senats, so dass die Richter mit einer einfachen Mehrheit der Senatoren bestätigt werden konnte. Die New York Times sprach damals von der „fundamentalsten Regeländerung in mehr als einer Generation“. So konnten die Demokraten zahlreiche Bundes- und Berufungsrichter ernennen. Die Republikaner revanchierten sich vier Jahre später, indem sie das Filibuster auch bei Ernennungen zum Supreme Court abschafften und den von Präsident Trump nominierten Neil Gorsuch mit ihrer einfachen Mehrheit bestätigten, wie dann später auch Kavanaugh und Ende des Monats, wenn alles gut geht, Amy Coney Barrett.
Demokraten planen Umbau der politischen Ordnung
Die Demokraten planen noch größere Regeländerungen. Sollten sie die Macht erlangen, könnten sie das Filibuster im Senat komplett abschaffen und damit die Rolle der Senatoren im System der Checks and Balances erheblich beschneiden. Das hat Kamala Harris vorgeschlagen, die bei einem Wahlsieg der Demokraten als Vizepräsidentin nur „einen Herzschlag vom Präsidentenamt entfernt“ (eine in den USA übliche Umschreibung der Verantwortung eines Vizepräsidenten, unabhängig davon, wie alt der Präsident ist) wäre. Der Zweck, der das Mittel heiligt, ist der Green New Deal. Dahinter verbirgt sich der Krieg gegen Erdgas, Öl und Kohle, deren Nutzung verboten wird, wenn es nach Kamala Harris geht. Laut dem Programm von Bidens und Harris’ Mitstreiter Bernie Sanders, dem sozialistischen Senator aus Vermont, wird dies die öffentliche Hand 16,3 Billionen (!) US-Dollar kosten. Um den Green New Deal gegen den Widerstand der Republikaner durchzusetzen, sei sie bereit, den Filibuster abzuschaffen, so Harris. Auch der demokratische Minderheitenführer im Senat, Chuck Schumer, sagte, nach der Wahl sei alles möglich („nothing is off the table“). Joe Biden hat es in der Fernsehdebatte abgelehnt, dazu Stellung zu nehmen, als der Moderator ihn fragte. Er hat die Frage einfach unbeantwortet gelassen.
Biden wollte auch nicht das sogenannte Court Packing ausschließen. Was bedeutet das? Die amerikanische Verfassung sagt nichts darüber, wie viele Richter es am Supreme Court zu geben hat. In der Geschichte waren es nicht immer neun; mal waren es nur fünf, einmal waren es zehn.
In der Demokratischen Partei sind viele dafür, nach einem möglichen Wahlsieg die Regeln zu ändern und beliebig viele Getreue zu Verfassungsrichtern zu ernennen, um die in den letzten Jahren verlorene „progressive“ Mehrheit zurückzugewinnen. Sollte Joe Biden als Präsident das nicht tun, wird es Kamala Harris machen, sobald Biden das Amt aus Altersgründen an sie abgegeben hat. In der Fernsehdebatte zwischen Vizepräsident Mike Pence und Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris am Dienstagabend wurde Harris mehrmals gebeten, ihre Position zum Court Packing zu erklären – und weigerte sich. Letzten Freitag sagte Biden sogar gegenüber einem Reporter, die Wähler „verdienen es nicht“, seinen Standpunkt über das Court Packing zu erfahren. Klar haben die Demokraten das vor. Harris plant noch mehr. Sie will den zweiten Verfassungszusatz, der den Bürgern das Tragen von Waffen erlaubt, ignorieren und Waffengesetze notfalls per präsidialem Dekret ändern.
Als Joe Biden in einer Fernsehdebatte bei den Vorwahlen der Demokraten sagte, dass sie das wegen der Verfassung nicht tun könne, hat Harris nur gelacht. Zudem will sie „Klimaleugner“ verfolgen. In ihrer Zeit als Attorney General von Kalifornien hat sie das bereits getan: Sie verklagte den Energiekonzern Exxon-Mobil, weil dieser – so Harris – den Aktionären und der Öffentlichkeit Jahrzehnte lang nichts vom „Klimawandel“ erzählt habe, was laut Harris dessen Pflicht gewesen wäre. Ziel des Verfahrens, das noch nicht abgeschlossen ist, ist, dass Energiekonzerne von Demokraten regierte Städte für den Klimawandel „entschädigen“ sollen. Es handelt sich also um eine Art Schutzgelderpressung.
Um reichlich Macht zu haben, ihre weitreichenden Ziele zu verwirklichen, wollen die Demokraten sogar die Zahl der Bundesstaaten erhöhen: Er würde „es lieben“, Washington D.C. und Puerto Rico zu Bundesstaaten zu machen, sagt der demokratische Minderheitenführer im Senat, Chuck Schumer. Auf diese Weise hätte Schumer dauerhaft vier zusätzliche Stimmen im Senat und somit eine fast unüberwindliche Mehrheit.
Angriffe auf den Glauben
Es ist zu erwarten, dass die Demokraten Amy Coney Barrett auch wegen deren katholischen Glaubens angreifen werden (obwohl auch Joe Biden und Nancy Pelosi Katholiken sind).
Das haben sie schon im September 2017 getan, als Barrett zur Richterin am Berufungsgericht ernannt wurde. Die kalifornische Senatorin Dianne Feinstein belehrte die Juraprofessorin Barrett damals, dass „Dogma und Gesetz“, „zwei verschiedene Dinge“ seien. „Und ich denke, um was für eine Religion es auch immer geht, sie hat ihr eigenes Dogma. Das Recht ist etwas völlig anderes.“ Dann sagte Feinstein: „Das Dogma lebt laut in Ihnen, und das ist Grund zur Sorge“ („The dogma lives loudly within you, and that's a concern“). Der Satz wurde seither berühmt: Auf Amazon können Katholiken Tassen bestellen, auf denen wahlweise steht: The dogma lives loudly within you oder The dogma lives loudly within me.
Wenig scheint Feinstein darüber zu wissen, dass laut Artikel 6 der amerikanischen Verfassung bei der Einstellung von Richtern oder anderen Staatsdienern „keine religiösen Tests“ erlaubt sind. Noch schlimmer benahm sich Kamala Harris bei den Anhörungen von katholischen Anwärtern auf Richterämter. Die Senatorin wollte von ihnen hören, dass sie „das Recht von Frauen zu wählen“ – also das Recht auf Abtreibung auf Verlangen – nicht in Frage stellen, und dass sie sich gegen katholische Einrichtungen stellen, die Harris’ Meinung nach „LGBTQ-Paare diskriminieren“.
Amy Coney Barrett hat mehrfach gesagt, dass ihr Glaube keinen Einfluss auf ihre Entscheidungen bei Gericht hat, dass sie sich allein an das Recht der Vereinigten Staaten gebunden fühlt, worauf sie ja auch einen Eid geschworen hat. Trotzdem ist zu erwarten, dass Kommentatoren weiter darüber spekulieren werden, ob Amy Coney Barrett vorhat, die Grundsatzentscheidung Roe vs. Wade – mit der der Supreme Court 1972 die Abtreibungsgesetze aller 50 Bundesstaaten aufhob, Abtreibung auf Verlangen ohne Einschränkung legalisierte und sich selbst zum Gesetzgeber machte, auf der Grundlage eines „Rechts auf Privatheit“, von dem in der Verfassung nirgendwo etwas steht – aufzuheben. Es wäre für Amerika zwar gut, wenn es dazu käme, denn dann könnte der Streit endlich dorthin zurückgebracht werden, wo er hingehört: in die Legislative. Doch Barrett hat deutlich gemacht, dass sie Roe vs. Wade als settled law, als Ständige Rechtsprechung, betrachtet, an der sie nicht rütteln werde. Präsident Trump hat das in der Fernsehdebatte bekräftigt.
Unbeschränkte Macht für die Demokraten?
Dennoch werden die Demokraten vor einer Machtübernahme von vermeintlichen christlichen Fundamentalisten warnen. Sie werden das tun, um zu verschleiern, wie kurz sie selbst davor sind, unbeschränkte Macht zu erlangen:
Dass sie bei den Wahlen am 3. November das Repräsentantenhaus behalten werden, ist fast sicher; dass sie die Mehrheit im Senat erlangen werden, sehr gut möglich. Wenn sie dann auch noch den Präsidenten stellen, werden sie sich, wie angekündigt, daranmachen, die amerikanische politische Ordnung umzukrempeln: Sie werden den Supreme Court mit neuen Richtern fluten, den Filibuster abschaffen, die Verfassung durch präsidiale Dekrete aushebeln und sogar neue Bundesstaaten anerkennen, um den Senat zu vergrößern. Sobald sie ihre Macht konsolidiert haben, werden sie ohne jeden Widerstand linke Lieblingsprojekte durchsetzen – wie den Green New Deal zur Deindustrialisierung Amerikas oder die Abschaffung der Polizei (die in Minneapolis schon beschlossene Sache ist). Früher haben die Demokraten der Bevölkerung gesagt: Ihr braucht keine Waffen, ihr habt ja die Polizei. Jetzt wollen sie die Bevölkerung entwaffnen und die Polizei abschaffen, während bewaffnete Antifas seit mehr als drei Monaten brandschatzend, plündernd und mordend durch die Städte ziehen.
Amerika steht auf der Kippe: Die Bestätigung von Amy Coney Barrett im Senat wird nur dann kein Pyrrhussieg für die Republikaner, wenn sie ihnen dabei hilft, acht Tage später die Wahlen zu gewinnen. Sinnbildlich für die Lage Amerikas ist eine Szene, die dieser Tage jemand mit seinem Mobiltelefon gefilmt hat: Eine junge Afroamerikanerin, die in Portland von einer konservativen Kundgebung kommend mit ihrem Star-Spangled Banner auf dem Nachhauseweg ist, wird von Antifa-Schlägern angegriffen. Zwei großgewachsene, kräftige Männer versuchen, ihr die Fahne zu entreißen. Jemand reißt die zierliche Frau gar an den Haaren zu Boden – doch sie lässt einfach nicht los. Amerika dieser Tage ist wie in der amerikanischen Nationalhymne beschrieben: Die Bomben explodieren, doch noch weht das Star-Spangled Banner über dem Land der Freien und der Heimat der Tapferen. Wie lange noch? Ebenso gleichnishaft für den Angriff auf das Fundament der Union: In Portland, Oregon, haben Linksextremisten in der Nacht auf Montag die fast hundert Jahre alte bronzene Statue von Abraham Lincoln gestürzt.