Der demokratische Senator John Fetterman gilt in Washington als einer der entschiedensten Verteidiger Israels und Kämpfer gegen den Antisemitismus.
Der amerikanische Senator John Fetterman ist bekannt dafür, immer einen schwarzen Kapuzenpulli zu tragen. Im November 2022 gewann er für die Demokraten die Wahlen für einen der beiden Sitze Pennsylvanias im Senat. Während seines Wahlkampfs erlitt er einen Schlaganfall, der zu einer Auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) führte, die es ihm erschwert, flüssig zu sprechen oder gesprochene Worte schnell zu verstehen. Deshalb verwendet er nun eine Spracherkennungssoftware, die Untertitel in Echtzeit bereitstellt.
Derzeit macht Fetterman Wahlkampf für Vizepräsidentin Kamala Harris. Daneben hat er sich in Washington als einer der entschiedensten Verteidiger Israels einen Namen gemacht.
Er kritisierte die Universität Harvard für deren Duldung von Studenten, die auf dem Campus Slogans wie „Lang lebe die Intifada“ skandierten, denn dies sei „der Slogan der Hamas“ und „eine üble Hassrede“. Harvard sei nicht bereit, sich mit der „Normalisierung des Antisemitismus“ auseinanderzusetzen, bemängelt der Senator.
„Die Hamas kapert Hilfsgüter“
Im Mai machte er sich über antisemitische Studenten an amerikanischen Elitehochschulen lustig, denen eine von den Huthi geführte Universität im Jemen angeboten hatte, sie aufzunehmen, falls sie exmatrikuliert würden. Auf dem Kurznachrichtendienst X schrieb er:
„Wenn ein mörderischer, aus dem Iran finanzierter Terror-Stellvertreter deine College-Ausbildungskosten übernehmen will, solltest du deine Meinung wirklich noch einmal überdenken.“
Als Anti-Israel-Demonstranten im Januar sein Haus belagerten, hielt er ihnen vom Dach aus eine Israel-Flagge entgegen. Ein nach eigenem Bekunden „marxistischer, antiimperialistischer Free-Palestine-Aktivist“ schrieb damals auf X: „John Fetterman verbrachte die Nacht damit, auf einem Dach in Pennsylvania zu stehen und Demonstranten mit einer israelischen Flagge zuzuwinken. Einfach ein unglaublicher Anblick.“
Vergangenen Dienstag trat der demokratische Senator auf X dem Vorwurf entgegen, Israel liefere nicht genügend Hilfsgüter in den Gazastreifen, als er schrieb:
„Ich weise jeden Vorwurf zurück, Israel habe versucht, irgendjemanden ,auszuhungern‘. Die Hamas kapert Hilfsgüter und verkauft sie an verarmte und hungrige Palästinenser weiter. Wo sind die Empörung und die Anklagen für das, was sie tun?“
„Ein großes Geschenk an die Republikaner“
Fettermans Darstellung ist durch Videoaufnahmen und Aussagen von NGO-Mitarbeitern aus dem Gazastreifen belegt. Mena-Watch hat darüber mehrfach berichtet; die New York Post präsentierte Anfang Oktober Drohnenaufnahmen, die zeigen, wie Lastwagen mit Hilfsgütern von Bewaffneten gekapert werden, sobald sie in Rafah ankommen. Auf jeden Zivilisten, der sich nähert, wird geschossen. Ein Bewohner des Gazastreifens sagte der Nachrichtenwebsite The Media Line, die Menschen sähen, wie Hilfsgüter nach Gaza gelangen, aber sie „wissen nicht, wohin sie gehen“.
„Sie gehen an die Banden. Die Hamas kontrolliert siebzig Prozent davon, der Rest geht an Händler, die es auf dem Markt verkaufen. Wir erhalten keine Hilfsgüter, außer ein paar Sachen in seltenen Fällen. Der Rest ist für die Hamas, und die Händler gehören zur Hamas. Die Preise sind sehr hoch, und deshalb können wir sie nicht kaufen.“
Weil Fetterman darauf hinwies, wer schuld an der Not im Gazastreifen ist, wird er in zahlreichen Kommentaren auf X bezichtigt, von einer israelischen Lobby „gekauft“ zu sein. Mehrere Nutzer forderten Fetterman, der 2023 öffentlich über seine schweren Depressionen gesprochen hatte, gar indirekt auf, sich das Leben zu nehmen (hier, hier, hier und hier).
In einem ausführlichen Interview, das die New York Times nun wenige Tage vor den Präsidentschafts- und Kongresswahlen mit ihm geführt hat, erklärte der Politiker, warum er sich nicht als „Progressiven“ bezeichnet. Einige der Demokraten, die sich selbst als „progressiv“ bezeichneten, hätten „extreme Positionen“ angenommen. Als Beispiel nannte er die Forderung nach der „Streichung des Polizeietats und solche Dinge“:
„Das war ein großes Geschenk an die Republikaner. Und jetzt protestieren einige von ihnen. Sie unterstützen offen die Hamas oder rufen zur Intifada auf und dergleichen extrem absurde Dinge. Und sie unterstützen Regime, die Werte leben und durchsetzen, die im Widerspruch zu ihrer progressiven Lebensweise stehen.“
Die „Bösartigkeit“ der Hamas
Von der Journalistin Lulu Garcia-Navarro nach den Gründen gefragt, warum er als einer von zwei Senatoren der Demokraten im Januar gegen eine Resolution für die Schaffung eines palästinensischen Staates gestimmt hat, meinte er, er wünschte, es könnte zwei Staaten geben, die friedlich zusammenleben.
„Aber so, wie sich die Dinge entwickeln, bin ich mir nicht sicher, ob das überhaupt möglich ist. Ich bin zuversichtlich, aber ich bin nicht überzeugt, dass das überhaupt machbar ist. Aber was wahr zu sein scheint und eine der bleibenden Wahrheiten ist, ist, dass Israel weiterhin mit der Art des einzigartigen Bösen konfrontiert ist, das sich am 7. Oktober manifestiert hat. Und sie haben das Recht, die Hamas und jetzt die Hisbollah zu zerstören.
Wissen Sie, alle Experten beschreiben die Hisbollah als den ultimativen Badass, und Israel hat sie vernichtet. Und es gibt keine Führung mehr. Und das sind die Arten von harten Dingen, denen man sich endlich stellen muss, wenn man jemals einen dauerhafteren Frieden haben will.“
Garcia-Navarro entgegnete, offenbar einen „Zwischenton“ nicht verstanden zu haben. Die Hamas und die Hisbollah zu zerstören sei das eine, aber man müsse doch auch sehen, wie „hoch der Preis“ dafür sei, was Tod und Zerstörung im Gazastreifen betreffe. „Es gibt keinen Zwischenton“, erwiderte Fetterman.
„Sie meinen, der gezahlte Preis sei angemessen?“, wollte Garcia-Navarro wissen. Der Preis sei furchtbar, antwortete Fetterman.
„Es ist furchtbar. Das ist Geschichte. Und das ist Krieg. Und Israel war gezwungen, gegen einen Feind zu kämpfen, der feige ist. Sie verstecken sich in Tunneln. Sie verstecken sich in Schulen und in Flüchtlingslagern. Sie sind an solchen Orten und das zwingt das israelische Militär, dorthin zu gelangen. Sie müssen durch diese Zivilisten hindurch.“
Darin bestehe die „Bösartigkeit“ der Hamas. Sie habe das so geplant:
„Der Tod und die Zerstörung und das Elend wurden von der Hamas geplant. Sie wussten, dass das passieren würde. Es ist ihnen egal. Wir sind uns also beide einig, dass das Elend und die Todesfälle in Gaza furchtbar sind. Und, wissen Sie, manche Leute geben Israel die Schuld. Nun, ich gebe der Hamas die Schuld.“
Im Juni war Fetterman zum ersten Mal nach Israel gereist und hatte sich mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu getroffen. Was er von ihm halte, wollte die Journalistin wissen. Er habe es „wirklich merkwürdig“ gefunden, dass die Demokraten das Gefühl gehabt hätten, sie müssten Israel politisch kritisieren, aber das wäre schwierig.
„Also dachten sie sich: ›Nun, wir konzentrieren uns einfach auf Netanjahu.‹ Und man kann ihn für einen schlechten Führer oder einen schlechten Menschen oder was auch immer halten, aber er ist nun einmal der demokratisch gewählte Regierungschef Israels. Und er ist auf unserer Seite. Das ist unser Verbündeter.
Und wenn man sich aussuchen müsste, wen man kritisieren möchte, dann sollte man die Hamas kritisieren. Man sollte den Iran anprangern oder man sollte die Hisbollah anprangern. Sicherlich nicht unseren Verbündeten. Ich denke, das war unglaublich wenig hilfreich.“
Volle Unterstützung
Als der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad im September mit Sprengstoffexplosionen, die mithilfe manipulierter Pager herbeigeführt wurden, Hunderte Terroristen der Hisbollah tötete und verletzt hatte, erklärte Fetterman:
„Ich möchte klarstellen, dass ich Israels Entscheidung, die Pager und Walkie-Talkies in die Luft zu jagen und die Mitglieder und die Führung der Hisbollah gezielt zu eliminieren, absolut unterstütze. Tatsächlich liebe ich es.“
Auch darauf sprach ihn die Journalisten an: „Im vergangenen Monat veröffentlichten die Sektionen des Council on American Islamic Relations (CAIR) in Philadelphia und Pittsburgh eine gemeinsame Erklärung, in der Sie für Ihre Äußerung verurteilt wurden, Sie begrüßten die Pager-Angriffe Israels auf die Hisbollah im Libanon.“ „Das tue ich. Absolut“, antwortete Fetterman. Garcia-Navarro zitierte aus der CAIR-Erklärung: „Wenn unsere gewählten Amtsträger anfangen, den Verlust von Zivilistenleben zu dulden, wird unser kollektiver moralischer Kompass irreparabel geschädigt.“
Das kam, wohlgemerkt, von CAIR und damit von einer Organisation, die dazu aufruft, „zionistische Synagogen„ anzugreifen und „Tel Aviv zu befreien„ und die auch gute Kontakte zum iranischen Regime hat. Fetterman stellte klar: „Es war auf Mitglieder der Hisbollah ausgerichtet.“ Niemand außer der Hisbollah benutzte die Pager. – „Ein kleines Kind wurde getötet“, widersprach die Journalistin, worauf Fetterman erwiderte:
„Leider, tragischerweise, weil Papa Mitglied der Hisbollah war. Er brachte diese Gefahr und das Böse in ihr Zuhause. Und das führte tragischerweise zum Tod des armen Kindes. Und das ist das Schreckliche. Sie hat den Preis bezahlt, weil ihr Vater ein Terrorist der Hisbollah war.“
Im November 2023 war John Fetterman einer von 300.000 Teilnehmern der großen Pro-Israel-Demo in Washington. Auf X ist ein Foto zu sehen, wie er, in eine israelische Fahne gehüllt, die Hand eines alten Mannes schüttelt. Dazu das Zitat: „Natürlich bin ich hier. Wie könnte ich nicht.“
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.
Stefan Frank, geboren 1976, ist unabhängiger Publizist und schreibt u.a. für Audiatur online, die Jüdische Rundschau und MENA Watch. Buchveröffentlichungen: „Die Weltvernichtungsmaschine. Vom Kreditboom zur Wirtschaftskrise“ (2009); „Kreditinferno: Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos“ (2012)