Max Roland, Gastautor / 10.08.2019 / 06:25 / Foto: Tim Maxeiner / 121 / Seite ausdrucken

US-Abzug: Hochmesse des Antiamerikanismus

Deutschland ist kein verlässlicher Bündnispartner – das ist, glaube ich, allgemein bekannt. Ob es nun um das 2-Prozent-Ziel oder die Mission in der Straße von Hormus geht – die Bundesrepublik lässt ihre Partner im Stich. Doof nur, dass mit Donald Trump ein Präsident im Weißen Haus sitzt, der sich das nicht mehr gefallen lässt. Mit Richard Grenell hat er auch noch einen Mann nach Berlin geschickt, der das gerne direkt und offen an- und ausspricht.

Es ist vielleicht nicht immer sehr freundlich, aber dennoch richtig, was der US-Botschafter sagt – immerhin ist es de facto so, dass der Amerikaner am Ende unsere Verteidigung bezahlt und trägt. Genau so, wie es dem deutschen Otto-Normalverbraucher schwer zu vermitteln ist, dass wir immer mehr Geld in südeuropäische Pleiteländer schicken, wird der amerikanische „Average Joe“ wohl auch nicht einsehen, warum die USA effektiv das bezahlen, wofür sich die größte Volkswirtschaft Europas zu schade ist. 

Kurz vor Trumps Europareise (Deutschland besucht er übrigens nicht) haben die USA ihren Ton in der Debatte um die deutschen Verteidigungsausgaben jetzt nochmal berechtigterweise verschärft.  Grenell brachte gegenüber der „DPA“ einen Abzug der US-Soldaten in Deutschland ins Spiel. „Es ist wirklich beleidigend, zu erwarten, dass der US-Steuerzahler weiter mehr als 50.000 Amerikaner in Deutschland bezahlt, aber die Deutschen ihren Handelsüberschuss für heimische Zwecke verwenden“. Punkt, denn dem ist nichts hinzuzufügen. Die „Tagesschau“ meldete dies und teilte die Nachricht auch per Twitter: Die Kommentare von vielen Twitter-Nutzern sind erschreckend und bezeichnend. 

So schrieb eine Frau, Grenell sei ein „primitiver Erpresser und Hetzer, wie sein Nazi-Herrchen in Washington.“ Viele andere jubelten. „Und Tschüss!“, schrieben einige, andere proklamierten, dass „74 Jahre Besatzung“ genug seien. Den Amerikanern wird entgegengeschleudert: „Niemand braucht euch in Deutschland!“ oder direkt das „bye forever“ ausgesprochen. Oder man freut sich direkt, dass „die Parasiten“ gehen. So oder so: Wenn die Twitter-Kommentare bei der Tagesschau repräsentativ sind, dann kann man getrost sagen, dass die antiamerikanische Politik der Bundesregierung auf eine deutliche Mehrheit in der Bevölkerung bauen kann. Eine kurzsichtige, naive Mehrheit, aber halt eine Mehrheit. Eine Mehrheit, in deren Angesicht ich mir große Mühe geben muss, nicht direkt zu den Antideutschen zu konvertieren. 

Die Haltung einer pubertierenden 14-Jährigen

Amerika garantiert unsere Sicherheit – die „74 Jahre Besatzung“ sind in Wirklichkeit 74 Jahre Frieden und Sicherheit, die wir Washington zu verdanken haben. Im Schatten der amerikanischen Militärmacht – und, ja, auch der amerikanischen Atomwaffen – haben wir unseren Wohlstand aufgebaut. Und anscheinend die Haltung eines pubertierenden 14-jährigen Mädchens kultiviert, die ihre Eltern hasst und verflucht, weil sie ihr nicht eine neue Prada-Handtasche kaufen wollen. Es klingt komisch, aber der Vergleich ist treffend. Wir toben und schimpfen, weil die Amerikaner nicht mehr der Zahlmeister für unsere Sicherheit sein wollen. 

Wenn das 14-jährige Mädchen, getrieben von ihrem Prada-Frust, nun von zu Hause wegläuft – was passiert dann? Nun, die Realität des Lebens macht sich bemerkbar: Sie wird wahrscheinlich schnell merken, dass sie auf ihre Eltern doch angewiesen ist. Genau so sieht es auch für Deutschland aus. Ja, schmeißen wir die Amerikaner hinaus – und dann? Wir werden wahrscheinlich überraschend feststellen, dass unsere Bundeswehr die Abwehrfähigkeiten der Krabbelgruppe des Sternschnuppen-Kindergartens hat. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung scheint auch die Weitsicht und deren Bewusstsein über Konsequenzen dieser Krabbelgruppe zu teilen.

Zutage tritt ein unfassbarer Provinzialismus, eine Dekadenz und vor allem eine Naivität, die wir von den Deutschen ja schon zur Genüge kennen. Wozu ernsthaft Gedanken über die Energieversorgung machen – der Strom kommt ja aus der Steckdose. Wozu über eine funktionierende Wirtschaft nachdenken – Geld kommt ja vom Konto. Und Frieden? Ist doch selbstverständlich. Nein, eben nicht. Der Frieden in Europa ist „Made in USA“ – schon seit 74 Jahren. Nicht, die EU, sondern die NATO und damit letztendlich „der GI Joe“ haben verhindert, dass Europa zum Spielball und Schlachtfeld für die Russen wurde. Das sollten gerade wir Deutschen aus unserer Geschichte heraus wissen – Stichwort Westberlin. Aber das Land, das doch angeblich so gerne Lehren aus der Geschichte zieht, scheint genau das vergessen zu haben.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Jugend- und Schülerblog Apollo-news.

 

Max Roland (19) ist Abiturient aus Bremen und schrieb diesen Beitrag zuerst für Apollo-News.

 

Foto: Tim Maxeiner

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Leserpost

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Wilfried Sander / 10.08.2019

Lieber Max, meine absolute HOCHACHTUNG für Ihren Mut in dem Alter , und dann auch noch aus Bremen, so sachlich und historisch korrekt diesen Artikel zu schreiben. Was müssen Sie dafür erdulden,  vielleicht so gar erleiden.??? Der HASS auf die USA ist spätestens seit Vietnam Tradition bei den Intellektuellen oder denen die sich dafür halten. Jahrelang wurden wir von diesen regiert, jetzt hat es allerdings eine PERVERSITÄT angenommen die grauenhaft ist, Stichwort HASSPREDIGER aus höchstem Munde und vieles mehr.  Ich kann jedem nur das Buch von Leon Uris, anfang der 60iger Jahre geschrieben, ENTSCHEIDUNG IN BERLIN , empfehlen. Hängt mit der Luftbrücke zusammen deren Jahrestag ja in diesem Deutschland entsprechend…..gefeiert wurde, habe mich dafür geschämt. Morgenthau und Marshall standen zur Debatte, kann heute die Amis verstehen wenn sie bedauern sich für Marshall entschieden zu haben. Ein übriges noch, all die AMERIKAHETZER brauchen nichts zu befürchten, auch das haben sie den Amerikanern zu verdanken…

Leo Hohensee / 10.08.2019

@ A.S.Sawa: “Für drei bis viertausend IS Kämpfer ist zum richtigen Zeitpunkt, Deutschland leichter zu übernehmen als Syrien, ..” – hallo Herr Sawa - da muss ich echt drüber nachdenken(?)  Völlig richtig ist, da sind ja noch andere Spieler als dieser „Überaggressor“ - Russland. Zum Beispiel der IS verbunden mit dem „Geburtendschihad“.  Eine Idee zu haben von Islamisierung ist ja unterste Schublade. Wir werden uns der Entwicklung nicht mehr entziehen können …  Angela lebe hoch – drei mal hoch

Gerald Pesch / 10.08.2019

Und woran keiner denkt, in Paris knallen die Korken! Deutschland ohne US-Armee, alleine militärisch schwächer als die Niederlande, steht einem mit Atomwaffen bestückten Frankreich gegenüber. Die Briten sind raus aus der EU, die einzige verbleibende militärische und diplomatische Grösse ist dann Frankreich. Deutschland wird dann endgültig zum Zahlmeister der Französischen Diplomatie. Vive la France et ses voisins….

Harald Oczko / 10.08.2019

Passt schon. Die deutschen Wohlstandsbürger lieben es, von anderen stets mehr Verantwortung und Engagement zu fordern, als sie selbst bereit sind, einzubringen, etwa um ihren Wohlstand, ihren Lebensstandard und/oder ihre Freiheit zu gewährleisten. Antiamerikanismus hat hierzulande Tradition. Die neudeutsche Moraloffensive und Weltrettungshysterie tun ein übriges. Steht allerdings der Russe” mal wieder vor der Tür, kann`s gar nicht genug US-Beistand geben, wetten das ? Dieses Volk hierzulande ist an sich nur zu bemitleiden.

Gerhard Hotz / 10.08.2019

Europa, nicht nur Deutschland, kann sich einfach nicht selber helfen. Immer muss Uncle Sam uns aus der Patsche ziehen, sei es bei Hitler oder Stalin. Auch bei den Balkankriegen mussten die Amis wieder helfen, weil wir unfähig waren oder uns die Finger nicht dreckig machen wollten. Damit halten sie uns natürlich den Spiegel vor und wir reagieren darauf mit Antiamerikanismus, weil man denjenigen, der einem hilft, unbewusst hasst.

S. Marek / 10.08.2019

Lieber Herr Max Roland, sehr treffender und einsichtiger Artikel. Ich hoffe, daß noch mehr junge Leute in Ihrer Umgebung und auch außerhalb,  ähnlichen geschichtlich korrekten und durch die aktuelle Realität gefestigten Politischen Standpunkt haben gibt.  Vielleicht, aber nur vielleicht, ist es noch nicht zu spät das Ruder dieses riesigen Kreuzfahrtschiffs ohne allzu gewalttätigen Kämpfe von der fanatisch zugekifften Feiergesellschaft zu übernehmen und es vor dem Kurs auf die mit paradiesischer Graffiti bemalten Felswand wegzulenken.

Karl-Heinz Vonderstein / 10.08.2019

Gestern sagte einer von der SPD im Fernsehen, der Botschafter Grenell sei eine Witzfigur, den in Berlin sowieso keiner ernst nehme. Auf Facebook habe ich schon sehr viele Kommentare gelesen, in denen die User die Meinung vertreten, dass nicht die USA unser Freund seien, sondern Russland.Das hat wohl auch damit zu tun, dass in den Mainstream-Medien in Deutschland ein kritischeres bis hin zu negatives Bild von den USA sich breit gemacht hat und ich glaub, das hat nicht nur allein mit Trump zu tun. Ich glaub, kulturell sind wir Deutsche den USA praktisch verfallen, aber politisch und was Symphatie betrifft, entfernen wir uns immer mehr von ihnen. Die heutige jüngere Generation weiß nicht mehr, was wir Deutsche und auch Europäer den USA zu verdanken haben. Durch ihr Eintreten in den Zweiten Weltkrieg verkürzten die Amerikaner damals den Krieg in Europa und waren einer der Befreier vom Nationalsozialismus und haben anschließend mit dem Marshall-Plan, Westdeutschland und Westeuropa geholfen, wieder auf die Beine zu kommen.Ich erinnere auch an West-Berlin, was vorallem die Amerikaner monatelang aus der Luft versorgt haben, als die Russen die Zufahrtswege nach West-Berlin blockierten (Luftbrücke). Heute stehen bei uns die USA nur so da, als wenn sie nur noch eigene Interessen verfolgten und ihnen Menschenrechte dabei am Arsch vorbeigingen.Und das überträgt man dann immer mehr auf die Geschichte des 20.Jhr., was die USA dann historisch als imperialistisch hinstellt, die nur ein Interesse daran hat, die Welt zu kontrollieren und zu beherrschen. Wenn man dann noch Israel mit einbezieht und die, wie es heißt, einflussreichen Juden in Amerika, sind wir dann wieder schnell bei der jüdischen Weltverschwörung angelangt.

Max Wedell / 10.08.2019

Einige kommentieren hier, die USA hätten immer “nur” ihre eigenen Interessen verfolgt. Das kann man so sehen, aber inwiefern war das denn ein Problem, als Deutschland noch genau die gleichen Interessen hatte? Nämlich in Freiheit nach demokratischen politischen und marktwirtschaftlichen ökonomischen Prinzipien leben zu können. Dieses Interesse wurde lange Zeit von der Sowjetunion aufs äußerste gefährdet. Nicht die USA haben eine Vasallentreue von Deutschland gefordert, sondern kluge deutsche Politiker haben sich für die Westbindung entschieden. Wer heute behauptet, dies sei für die Deutschen nachteiliger als eine Ostbindung gewesen, ist in Anbetracht der Existenzbedingungen im real existierenden Sozialismus, die ja nun wirklich für niemanden mehr ein Geheimnis sein sollten, nicht ernstzunehmen. Das einzige Mal, daß Roland im Artikel “die Russen” sagt, bezieht sich auf jene Zeit, in der sie tatsächlich eine große Gefahr für uns waren, da auch sie “nur” ihre eigenen Interessen verfolgt haben… und das Hauptinteresse bestand nun mal darin, die globale Alleinherrschaft des kommunistischen Systems zu erreichen, mit Moskau als Zentrale. Wäre der freie Teil der Welt damals so naiv gewesen, wie heute viele geschichtsvergessen sind, und obendrein noch so pazifistisch wie die Deutschen heute, so wäre es ihnen ganz sicher gelungen. Wie das ausgesehen hätte, davon konnte man 1953 in Berlin, 1956 in Ungarn und 1968 in Prag einen Vorgeschmack bekommen…. Panzer gegen Menschen bei der geringsten Unbotmäßigkeit gegenüber den kommunistischen Diktatoren. Was Putins Rußland heute ist oder nicht ist, kann das klare Urteil über die kommunistische Sowjetunion doch nicht im geringsten beeinflussen. Es sagt im Übrigen auch nichts darüber aus, was für Herausforderungen in der Zukunft auf Menschen zukommen werden, die, von anderen unbehelligt, in Freiheit in demokratischen Systemen leben wollen. Es wäre nur vernünftig, wenn diejenigen, die dasselbe wollen, sich zusammentäten.

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