Ursula von der Leyen: Queen of Doppelmoral

Die zur Schau gestellte moralische Überlegenheit der EU-Repräsentanten ist vor dem Hintergrund des vernichtenden EuGH-Urteils zur Intransparenz der EU-Kommission mehr als verfehlt.

Nun ist es amtlich: Die EU-Kommission muss ihre bislang geheim gehaltenen Impfstoffdeals offenlegen. Heute urteilte das Gericht der Europäischen Unio (Rechtssache T-36/23), dass die Entscheidung der Kommission, einer Journalistin der New York Times den Zugang zu zwischen Präsidentin von der Leyen und dem CEO von Pfizer ausgetauschten Textnachrichten zu verweigern, für nichtig erklärt wird. Zum Hintergrund: Im Fokus des Rechtsstreits steht ein Deal zwischen der EU-Kommission und dem Impfstoff-Hersteller BioNTech/Pfizer aus dem Frühling 2021 über die Lieferung von bis zu 1,8 Milliarden Dosen Corona-Impfstoff im Wert von rund 35 Milliarden Euro. Die Verhandlungen darüber hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über geheime SMS-Nachrichten geführt. 

Gestützt auf die Verordnung über den Zugang zu Dokumenten hatte Matina Stevi, eine für die Tageszeitung The New York Times tätige Journalistin, bei der Europäischen Kommission Zugang zu allen in der Zeit vom 1. Januar 2021 bis zum 11. Mai 2022 ausgetauschten Textnachrichten zwischen Ursula von der Leyen und Pfizer-Chef Albert Bourla beantragt. Die Kommission hatte diesen Antrag jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass sie nicht im Besitz der von dem Antrag erfassten Dokumente sei. Frau Stevi und The New York Times beantragten daraufhin ihrerseits beim Gericht der Europäischen Union, die Entscheidung der Kommission für nichtig zu erklären. Mit seinem Urteil hat das Gericht der Klage nun stattgegeben. 

Begründet wird das Urteil wie folgt:

„Im vorliegenden Fall beruhen die Antworten der Kommission zu den angeforderten Textnachrichten während des gesamten Verfahrens entweder auf Hypothesen oder auf wechselnden oder ungenauen Informationen. Dagegen haben Frau Stevi und The New York Times relevante und übereinstimmende Anhaltspunkte dafür vorgelegt, dass im Rahmen des Kaufs von Impfstoffen durch die Kommission bei Pfizer während der Covid-19-Pandemie zwischen der Kommissionspräsidentin und dem Chief executive officer von Pfizer ein wiederholter Austausch, insbesondere in Form von Textnachrichten, stattgefunden hat. Damit ist es ihnen gelungen, die Vermutung der Nichtexistenz und des Nichtbesitzes der angeforderten Dokumente zu entkräften.“

In einer solchen Situation könne sich die Kommission nicht mit der Behauptung begnügen, dass sie nicht im Besitz der angeforderten Dokumente sei, sondern müsse plausible Erklärungen abgeben, die es der Öffentlichkeit und dem Gericht ermöglichen, zu verstehen, warum diese Dokumente nicht auffindbar sind. Die Kommission habe weder im Detail erklärt, welche Art von Nachforschungen sie betrieben hat, um diese Dokumente zu finden, noch wo sie nach ihnen gesucht hat. Somit habe sie keine plausible Erklärung gegeben, um den Nichtbesitz der angeforderten Dokumente zu rechtfertigen.

Darüber hinaus habe die Kommission nicht hinreichend klargestellt, ob die angeforderten Textnachrichten gelöscht wurden und ob in diesem Fall die Löschung freiwillig oder automatisch erfolgt ist oder ob das Mobiltelefon der Präsidentin inzwischen ausgetauscht wurde. Schließlich habe die Kommission auch nicht plausibel dargelegt, warum sie der Ansicht war, dass die im Zusammenhang mit dem Kauf von Covid-19-Impfstoffen ausgetauschten Textnachrichten keine wichtigen Informationen oder solche Informationen enthielten, die Folgemaßnahmen nach sich gezogen hätten und deren Aufbewahrung sichergestellt werden müsse.

Zu einem Zeitpunkt, an dem sich europäische Politiker besonders moralisch geben

Diese juristische Schlappe vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) als dem höchsten europäischen Gericht kommt zu einem Zeitpunkt, an dem sich Ursula von der Leyen und weitere hochrangige europäische Politiker besonders moralisch geben und US-Präsident Donald Trump vorwerfen, die Wissenschaftsfreiheit zu beschädigen.

So warb von der Leyen gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron am 5. Mai in der renommierten Pariser Sorbonne-Universität offensiv um den Zuzug von Wissenschaftlern in die EU. Sie kündigte Investitionen in Höhe von 566 Millionen Dollar an, um Europa in den nächsten zwei Jahren zu einem „Magneten für Forscher“ zu machen.

Das Geld, so sagte sie, werde „die Besten und Klügsten“ aus der ganzen Welt unterstützen. Dabei sprach sie zwar nicht konkret aus, welche Zielgruppe sie besonders im Auge hatte. Doch von der Washington Post bis zum Guardian ist man sich einig, worauf von der Leyen in ihrer Abschlussrede zur Veranstaltung „Choose Europe for Science“ hinauswollte: Ihr Appell an Spitzenkräfte aus Wissenschaft und Forschung, nach Europa zu kommen, richtete sich zuerst an eine ganz bestimmte Zielgruppe, nämlich an all jene, die durch Trumps Richtungswechsel in den USA gerade ihre Stelle verlieren. 

Macron wurde da schon deutlicher und behauptete: „Vor einigen Jahren hätte sich niemand vorstellen können, dass eine der größten Demokratien der Welt Forschungsprogramme unter dem Vorwand streichen würde, weil das Wort Diversität in diesem Programm steht.“ Es sei unglaublich, so Macron in Anspielung auf den Entzug von Forschervisa in den Vereinigten Staaten weiter, dass eine Nation, deren Wirtschaft so stark von der freien Wissenschaft abhänge, einen solchen Fehler begehe. The New York Times titelte entsprechend: „Europa wirbt um Wissenschaftler, die von den USA gemieden werden.“ Weiter heißt es hier: „Die führenden Politiker des Kontinents hoffen, davon zu profitieren, dass die Trump-Regierung die Unterstützung für die Forschung kürzt und Universitäten wie Harvard und Columbia mit dem Einfrieren von Bundesmitteln droht.“

Trump hatte vor allem die Finanzierung der sogenannten „DEI“-Programme gestoppt. Diese Abkürzung steht für „Diversität, Gleichheit und Inklusion“. Die US-amerikanischen Bundesbehörden wurden angewiesen, mit der Entlassung von Angestellten in Diversitätsprogrammen zur Förderung von Minderheiten und Frauen zu beginnen. Die Leiter aller Abteilungen sollten Maßnahmen ergreifen, um Büros und Arbeitsplätze, die sich mit Diversität und Umweltgerechtigkeit befassen, innerhalb von 60 Tagen im gesetzlich zulässigen Umfang aufzulösen.

Es liegt also auf der Hand, wer nun tatsächlich nach Europa kommen wird: Raketenwissenschaftler wohl eher nicht, sondern linke Sozial-, Gender- und Klimawissenschaftler. Die zur Schau gestellte moralische Überlegenheit der EU-Repräsentanten ist vor dem Hintergrund des vernichtenden EuGH-Urteils zur Intransparenz der EU-Kommission allerdings mehr als verfehlt.

 

Martina Binnig lebt in Köln und arbeitet u.a. als Musikwissenschaftlerin (Historische Musikwissenschaft). Außerdem ist sie als freie Journalistin tätig.

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Leserpost

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Sam Lowry / 14.05.2025

@T.Plath: Bademantel immer griffbereit…

Fend Georg / 14.05.2025

Leider sind diese westlichen Politiker ein Spiegelbild der westlichen Bevölkerung.

Dr. Markus Hahn / 14.05.2025

Die EU Blase ist paradigmatisch für das grundsätzliche Dilemma des westlichen Eigenverständnisses. Eigennutz, Heuchelei und Haltung sind Surrogate für verantwortliches, rationales und konstruktives Handeln. Sie fühlen sich ermächtigt, sind aber nicht einmal gewählt. Dass ausgrechnet vdL zu all den Posten kam, beweist, dass das Dilemma nicht korrigierbar ist. Dass der Gerichtshof so entschied, kann vielleicht auch damit zu tun haben, dass alles Inopportune gelöscht wurde.

MarcusCato / 14.05.2025

Die Laiin hat, woimmer sie tätig war, Transparenz und Compliance vermissen lassen! Die Liste ihrer Verstöße qualifiziert sie für ihren Job, weil sie deshalb steuerbar ist. Es gibt zu viele Vorgänge, die ihr das Genick brechen würden, wenn sie ans Tageslicht kämen. Dasselbe gilt für die EZB Präsidentin. Das Ende der DEI-Initiativen in den USA liegt vor allem an einigen Entscheidungen des Supreme Courts, denen zufolge Affirmative Action (positive Diskriminierung), die zur Übervorteilung eines Menschen zugunsten einer vermeintlich benachteiligten Gruppe führt, rechtswidrig ist. Die US Administration muss diesen Erkenntnissen Folge leisten, um nicht selbst verurteilt zu werden, was auch wegen Zuwendungen für DEI-praktizierende Universitäten erfolgen kann.

T.Plath / 14.05.2025

Da hat ein Gericht sich seiner Aufgaben besonnen, nämlich Recht zu sprechen.  Danke EuGH.  Zu dieser Frau von der Leyen sage ich lieber nichts. Denn wer als einfacher Bürger die Wahrheit sagt, läuft bekanntlich Gefahr, mit den Mächtigen und deren Gefolgsleuten eine Menge Ärger zu bekommen.  Eines will ich dennoch kundgeben:  Ich wünsche dieser Frau, dass sie irgendwann ihre gerechte Strafe bekommt.  Auf Erden oder beim lieben Gott.

U. Frey / 14.05.2025

Es wird eng für die, die glauben, dass alles “gut” wird, wenn sie es nur ins Gegenteil verteilen/verkehren. Die Achse des Guten ist ein bescheidener Journalistenverein. Mehr haben sie auch nie behauptet. Möge Justizia ein gerechtes Urteil fällen und ein Volk finden, das es vollstreckt.

Emil.Meins / 14.05.2025

@Klar: “Zum Hintergrund: Im Fokus des Rechtsstreits steht ein Deal zwischen der EU-Kommission und dem Impfstoff-Hersteller BioNTech/Pfizer aus dem Frühling 2021 über die Lieferung von bis zu 1,8 Milliarden Dosen Corona-Impfstoff im Wert von rund 35 Milliarden Euro. Die Verhandlungen darüber hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über geheime SMS-Nachrichten geführt.” Nun kommt einer daher, der ja sehr wohl lesen kann, das mit den Milliarden hat er ja auch begriffen, und sät Zweifel, stellt in Frage, will durch Verunsicherung irritieren, vom Wesentlichen abzulenken, obwohl klar sein dürfte, worum es geht. Sicher wurden Verträge gemacht, um den ganzen Deal “offiziell” abzuwickeln und in trockene Tücher zu bringen. Das hat aber nichts damit zu tun, wie dieser Deal zustande gekommen ist, und genau damit befasst sich der Autor! Lumpereien hinter den Kulissen per SMS. Also, was soll das, diese Fakten in Frage zu stellen? Ich habe schon zu Ihrem Kommentar über den Artikel zum Angriff auf den Juden in Frankreich ein paar passende Worte geschrieben.

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