Cora Stephan / 03.09.2018 / 10:30 / 36 / Seite ausdrucken

Unterstellungen statt Vernunft

Ist der Kampf gegen Rechts wirklich das, was am wichtigsten ist in unserem Land? Dieses von Politik und Medien gepflegte Narrativ hat nicht erst seit Chemnitz Schaden genommen. Viele glauben längst, dass damit von anderem abgelenkt werden soll: insbesondere von den Kollateralschäden der deutschen Migrationspolitik.

Wo sonst geradezu penetrant zu „Besonnenheit“ aufgerufen wird, wusste man bei Chemnitz, einer Stadt in „Dunkeldeutschland“, in Windeseile Bescheid: Nicht das Niederstechen dreier Chemnitzer durch Zugewanderte war Thema empörungsbereiter Politiker und Journalisten, sondern die „Aufmärsche“ Rechtsradikaler, die Menschenjagd mit Pogromcharakter veranstaltet hätten. „Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft“ ließ die Bundesregierung umgehend aufs Schärfste verurteilen. Gut so. Besser wäre gewesen, man hätte sichergestellt, dass es die auch gegeben hat. Auch das Gerücht, die Polizei habe die Kontrolle über die Geschehnisse in Chemnitz verloren, ist im Unterschied zu den G20-Krawallen in Hamburg 2017 für Chemnitz nicht zu belegen. 

Kann man nicht mal in aller Ruhe abwarten, bevor das hysterische Geschwätz wieder losgeht? Einen Generalverdacht sollte es auch gegenüber Deutschen, Sachsen und Chemnitzern nicht geben. Oder muss man, wenn es gegen Dunkeldeutsche geht, nicht allzu pingelig sein, was gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit betrifft? Da wird schon mal getwittert: „Ich will Bomben auf Ostdeutschland“. Oder „Bomber Harris, hilf uns doch, Chemnitz gibt es immer noch“. Oder gar „Mauer um Sachsen, AfD rein, Dach drüber, Napalm und Tür zu“.

Ist das jetzt ein höheres Niveau als das, was ein Schmerbauch zeigt, der den Arm zum Hitlergruß hebt? Ich jedenfalls finde die Ausfälle auf beiden Extremen unerträglich und ich finde nicht, dass „wir“ jetzt „radikal werden“ müssen, wie eine Politikerin twitterte, die Antifa gibt es nämlich auch schon.

Rassismus ist keine deutsche Spezialität

Radikalität haben wir mehr als genug, auf allen Seiten, es mangelt eher an Vernunft. Am wichtigsten wäre die ruhige Analyse der Lage, in der wir uns spätestens seit dem Herbst 2015 befinden. Man mag die weit ausgebreiteten Arme der Willkommenskultur ja edel finden – aber es geht nicht an, ihre Kosten zu unterschlagen, die materiellen wie die sozialen. 

Die Einwanderung seit 2015 erfolgte überwiegend unkontrolliert – und vor allem ungeplant und unorganisiert. Die dafür nötigen Strukturen waren und sind nicht vorhanden, eine Überforderung der Sozialsysteme und des Rechtsstaats zeichnet sich längst ab. Migrationsforscher wissen, dass Einwanderung in ein gefestigtes soziales Gefüge ab einer bestimmten Größenordnung disruptiv wirkt, vor allem dann, wenn unterschiedliche kulturelle Muster aufeinanderprallen.

Wer junge Männer in eine alternde Gesellschaft einlädt, die allein deshalb die friedlichere ist, lädt sich Konfliktstoff auf – auch übrigens die oft gewalttätig ausgetragenen Konflikte innerhalb der Migrationsgruppen selbst. Rassismus und Antisemitismus sind keine deutsche Spezialität, man findet sie auch bei Menschen aus dem arabischen Raum. Dass massenweise dringend benötigte Fachkräfte zu uns gekommen seien, glaubt mittlerweile kaum noch jemand, auch nicht, dass Vergewaltigungen oder das Tragen und Anwenden von Messern bei Einheimischen genauso oft vorkommt wie bei Zugewanderten. 

Kann man es jemandem übelnehmen, dass er von „Staatsversagen“ spricht, wenn man bedenkt, dass einer der beiden mutmaßlichen Messerstecher von Chemnitz schon längst hätte abgeschoben werden können? Warum geschah nicht, was hätte geschehen müssen? Auf diese Fragen muss es eine Antwort geben. 

Ich glaube nicht, dass wir Deutschen massenweise „Hetzjagden auf Menschen anderer Herkunft“ machen würden, wenn die reichlich vorhandenen Konflikte mit Migranten endlich offen diskutiert würden – und mir wäre lieb, Politiker und Medien würden das nicht dauernd unterstellen. Es treibt die Spaltung in diesem Land voran – und womöglich sind es gerade die propagandaerfahrenen Ostdeutschen, die darauf am empfindlichsten reagieren. Bei manchen Linken hat man langsam das Gefühl, sie nehmen den Ossis noch immer übel, dass sie ihre DDR nicht behalten wollten.

Nein, nicht „die Rechten“ sind daran schuld, wenn das Vertrauen in Politik, Institutionen und Medien Schaden nimmt, sondern die ständigen Ausweichmanöver, mit denen das Problem bei den „schon länger hier Lebenden“ verortet wird. Friedensfördernde Maßnahmen sind das jedenfalls nicht.

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Leserpost

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M. Haumann / 03.09.2018

Manchmal habe ich den beunruhigenden Eindruck, dass wir hier mittlerweile zwischen “Wahrheitssystemen” (frei nach M. Kretschmer) flottieren, die miteinander nicht mehr viel Berührungspunkte haben. Frau Slomka erklärt uns gestern im Heute-Journal, die ganzen Nazis in Chemnitz hätten doch einen Mitbürger wie Daniel wegen seiner mixed race auch noch “gejagt”, hätten sie ihn lebend erwischt (ein geradezu perfider Grobversuch, Täterschaften suggestiv umzuleiten).  Dann lese ich bei Professor Patzelt, der sich im Gegensatz zu den schäumenden Journalisten die Mühe einer umfassenden Faktensichtung gemacht hat, die Story mit der wilden Migrantenjagd seien, grob zusammengefasst, mehr oder weniger von Antifa-Journalisten platzierte und von vielen bis in höchste Stellen ungeprüft multiplizierte Fake News. Wer hier wohl mit einer “ruhigen Analyse der Lage” versucht zu helfen und wer mit schon ziemlich bösartig wirkenden Unterstellungen das gesellschaftliche Klima weiter spaltet und vergiftet?

Martin Lindner / 03.09.2018

Falsche Reakion. Solange Sie sich verteidigen, haben Sie den Vorwurf bereits akzeptiert. Die richtige Reaktion wäre es, darauf zu verweisen, dass die einzige Hetzjagd in Chemnitz das rudelweise Einprügeln und Einstechen auf Daniel Hillig und seine Freunde war. Wenn also SPD, Grüne & Co tatsächlich ein Problem mit Vorurteilen und Hetzjagten hätten, müssten sie Demos gegen die Täter abhalten.

Frank Volkmar / 03.09.2018

Ich kann Ihnen da nur zustimmen Frau Stephan. Problematisch sehe ich nur das mit den “friedensfördernden Maßnahmen”, die eigentlich von den sogenannten Eliten kommen müssten. Wenn aber wie von Herrn Gauck “messerscharf” analysiert wird : “Die Eliten sind gar nicht das Problem, die Bevölkerungen sind momentan das Problem” dann vermute ich, das man bei den “Eliten” eher die Notwendigkeit sieht, die die auf dem Irrweg sind auf den richtigen Weg zurückzuholen.

Marcel Seiler / 03.09.2018

Für solche Appelle an die Vernunft ist es zu spät. Die Linke (die hier inklusive Frau Merkel bis in die Mitte der CDU reicht) benutzt Einwanderung, um Deutschland zu zerstören. Die Dämonisierung Andersdenkender betreibt diese Linke aus dem gleichen Grunde. Eine “vernünftige” Debatte, die diese Zerstörung Deutschlands in Frage stellen würde, prallt deshalb an der Linken ab. – Ergebnis: Die wirkliche Mehrheit muss die Herrschaft zurückgewinnen, in den Parlamenten, aber auch auf der Straße. Zu beachten ist, dass die Linke sich an rechtsstaatliche Maßstäbe (etwa durch Einsatz ihres gewalttätigen Arms, der Antifa) schon länger nicht mehr hält.

Frank Stricker / 03.09.2018

Wer gestern Anne Will gesehen hat ,  weiß, dass da in naher Zukunft keine Besserung zu erwarten ist. Schon allein die Besetztungsliste war schon zum gruseln. 2 SPD-Gruftis , ein Ministerpräsident der vom “Wahrheitssystem” labert , ein selbsternannter Experte zum Thema Rechtsextremismus und ein primitiver Provokateur namens Somuncu , der schon seit Jahren sinnfrei durch die Talkshows tingelt. Das war in etwa so , als wenn 5 Metzger über veganes Essen reden…….

Cora B. Hermann / 03.09.2018

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