Walter Krämer / 02.12.2020 / 16:00 / Foto: Tomaschoff / 27 / Seite ausdrucken

Unstatistik des Monats: Der Impfstoff ist „zu 90 Prozent wirksam“

Die Unstatistik des Monats November befasst sich mit Aussagen zur Wirksamkeit von Corona-Impfstoffen. Die gute Nachricht des Monats dazu kam von BioNTech und Pfizer mit dem vorläufigen Ergebnis, dass ihr Impfstoff gegen Covid-19 „zu 90 Prozent wirksam“ sei. Inzwischen haben BioNTech und andere Hersteller berichtet, dass Impfstoffe gar zu 95 Prozent wirksam seien. Das sind alles erfreuliche Ergebnisse. Aber was bedeutet „zu 90 Prozent wirksam“?

In verschiedenen Medien, darunter Bayerischer Rundfunk und „Berliner Zeitung“, wurde erklärt: „Das heißt, 9 von 10 Menschen können durch die Impfung vor einer Infektion geschützt werden.“ Demnach wäre der Impfstoff bei 90 Prozent aller Menschen, die sich impfen lassen, wirksam. Das würde bedeuten, wenn man alle 83 Millionen Deutschen impft, dann sind davon 90 Prozent geschützt; nur die restlichen 8,3 Millionen können sich anstecken. Das wären aber immer noch weit mehr Infizierte als es bisher der Fall ist. Also kann das nicht gemeint sein.

Die 90 Prozent beziehen sich nicht auf die Gruppe der Geimpften, sondern auf jene der Infizierten. BioNTech berichtete, dass insgesamt etwa 43.000 Menschen an der Studie teilnahmen, etwa die Hälfte davon wurde geimpft und die andere erhielt ein Placebo. Sieben Tage nach der zweiten Dosis gab es insgesamt 94 bestätigte Covid-19-Fälle.  Im Studienprotokoll von Pfizer findet man die Definition der Wirksamkeit: Hierzu wird der Anteil der Covid-19-Fälle in der Impfgruppe dividiert durch den Anteil der Covid-19-Fälle in der Kontrollgruppe. Dieser Wert wird von 1 abgezogen und mit hundert multipliziert, so dass man es bequem in Prozenten ausdrücken kann. Daraus folgt, es muss in der Impfgruppe 8 Fälle und in der Placebogruppe etwa 86 Fälle gegeben haben, was einer Reduktion von rund 90 Prozent entspricht (bei den 95 Prozent waren es dann 8 versus 156 Fälle). 

Anteil an Infizierten, nicht Anteil an Geimpften

Das „zu 90 Prozent wirksam“ bezieht sich also nicht auf 9 von 10 Menschen, die zur Impfung gehen, und auch nicht auf alle Teilnehmer der Studie oder alle Menschen, die sich in Deutschland impfen lassen. Sie ist eine relative Risikoreduktion, die sich auf die Zahl der Infizierten bezieht, aber keine absolute Reduktion, die sich auf alle Geimpften bezieht.

Der Unterschied zwischen relativer und absoluter Risikoreduktion ist für viele Menschen schwer zu verstehen. Er wird vielleicht am Beispiel der Grippeschutzimpfung für Menschen zwischen 16 und 65 Jahren nochmals klarer. In einer Saison mit geringer Verbreitung des Grippevirus liegt die Wirksamkeit der Grippeschutzimpfung etwa bei 50 Prozent. Diese Zahl bedeutet aber nicht, dass 5 von 10 Geimpften vor der Grippe geschützt sind. Sie bedeutet, dass von je 100 Personen ohne Impfung zwei eine bestätigte Influenzainfektion bekamen, und von je 100 Personen mit Impfung nur eine (s. dazu auch die Informationen des Harding-Zentrum für Risikokompetenz). 

Es ist auch wichtig zu verstehen, dass sich die von BioNTech und Pfizer berichteten „zu 90 Prozent wirksam“ auf die Reduktion von Infektionen, nicht von schweren Erkrankungen oder gar Todesfällen bezieht. Wir können nur hoffen, dass diese Reduktion in gleichem Maße auf schwere Erkrankungen durchschlägt, aber das wird in den derzeitigen Studien nicht untersucht.

 

Mit der „Unstatistik des Monats“ hinterfragen der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, der Dortmunder Statistiker Walter Krämer, die STAT-UP-Gründerin Katharina Schüller und RWI-Vizepräsident Thomas K. Bauer jeden Monat sowohl jüngst publizierte Zahlen als auch deren Interpretationen. Alle „Unstatistiken“ finden Sie im Internet unter  www.unstatistik.de und unter dem Twitter-Account @unstatistik.

Foto: Tomaschoff

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Sabine Schönfelder / 02.12.2020

Wenn sich die Wirksamkeit des Impfstoffes nur auf die „Infizierten“ bezieht, reichte es völlig aus, wenn nur derjenige zur Impfung ginge, der sich krank fühlt und nachweislich Symptome entwickelt. Wenn sich ABER die Reduktion von Infektionen durch Impfung „nicht auf schwere Erkrankungen oder gar Todesfällen bezieht“, fragt sich der gesunde Menschenverstand WOZU ÜBERHAUPT ein Mensch diese Impfung erhalten soll??? WARUM soll ein GESUNDER MENSCH ein GESUNDHEITSRISIKO für einen brandneuen, ungetesteten Impfstoff für eine ohnehin jährlich stattfindende Erkältung eingehen ??? Grippe und Lungenentzündungen sind trotz dieser Impfung nicht vom Tisch, denn es existieren noch jede Menge andere Bakterien und Viren, die Husten, Schnupfen, Fieber und Halsschmerzen auslösen! Und wer sagt mir, daß ich den Aussagen dieser Pharmkonzerne Glauben schenken kann, nachdem man mit allen Mittel den medizinischen Diskurs unterdrückte und, ähnlich wie einst bei Trump, von der ersten Sekunde an PANIK verbreitete. Mit einem höchst zweifelhaften Test schuf man KRANKHAFT Pseudoinfizierte, drängelt jetzt mit restriktiven Maßnahmen wie Zwangsmasken, Reiseverboten und Ausgangssperren, den Verzicht auf Spaß und Kultur die Bevölkerungen WIE SCHAFE zur Zwangs-Impfung. Das ALLES STINKT BIS ZUM HIMMEL. Die Tatsache, daß die Pharmaindustrie Ihre Verantwortung für ihr schlecht getestetes Produkt an die Staaten abtrat, der Bürger bei Impfschäden die eingeklagten Schmerzensgelder über das Steuersystem auch noch SELBST zahlen muß, ist vom marktwirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet GENIAL; vom moralisch-menschlichen aus, eine RIESENSAUEREI Es ist einfach e n t z ü c k e n d wie sich der Staat um unsere Gesundheit sorgt!

Dipl.-Ing. Erwin Obermaier / 02.12.2020

Was mich verwundert hat ist, daß BioNTech von 43.538 Probanten spricht, Pfizer aber von 43,998. Das kann ja ein Tippfehler sein, 5,3 und 9 liegen ja auf der Tastatur fast unmittelbar nebeneinander, erhöht mein Vertrauen in den Impfstoff aber nicht wirklich. Noch eine Frage an Herrn Krämer: Habe ich das richtig verstanden, je höher die Virenkonzentration in der Umwelt ist, desto höher ist die Wirksamkeit? Mit anderen Worten, ein Rückschluß auf den Schutz der Bevölkerung ist mit den oben genannten Zahlen nicht möglich?

Frances Johnson / 02.12.2020

Interessant auch die Kurven im Stück von Jörg Phil Friedrich, w-on: “Aber das Wachstum ist nach wenigen Wochen nirgends exponentiell, unabhängig davon, ob in den Ländern harte Maßnahmen der Einschränkung des sozialen Lebens getroffen wurden, ob auf die Eigenverantwortung der Menschen vertraut wird oder ob die Politik gar nicht reagiert hat. In der Schweiz, wo in der zweiten Welle kein Lockdown verhängt wurde, blieb die erwartete exponentielle Katastrophe bislang aus, die Zahlen sinken sogar wieder.”

Frances Johnson / 02.12.2020

Maxeiner hat die Sendung Corona-Quartett vom 29.11. verlinkt. Gucken Sie mal die Inzidenzkurven der Schweiz und von Österreich an bei Minute 23. Die verlaufen bei vollkommen unterschiedlicher Poltik exakt parallel zueinander. Ich würde daraus den Schluss ziehen, dass Lockdowns nichts bringen, weil Geographie, Klima und Wetter einen wesentlichen Einfluss haben. Würde mich freuen, wenn Sie dazu etwas schreiben würden.

Silas Loy / 02.12.2020

Menschenkinder. Die 90 Prozent beziehen sich weder auf die Gesamtbevölkerung noch auf die Infizierten, sondern auf die anschliessend Nicht-Positiv-Getesteten der Referenzgruppe mit der Impfung. 90 Prozent dieser Gruppe wurden Nicht-Positiv getestet. Was sagt das? Gar nichts, weil der Test keine Infektion nachweisen kann, wie sich immer noch nicht herumgesprochen zu haben scheint. Auch werden keine Kranken mit Covid-19 (das ist die Bezeichnung für die von SARS-CoV-2 ausgelöste Krankheit) an einem klinischen Impftestverfahren teilnehmen. Natürlich nicht. Die 90 Prozent sind wieder nur einer dieser Taschenspielertricks aufgrund des ungeeigneten PCR-Testverfahrens und auch die Autoren hier fallen immer noch darauf herein. Wenn mir ein Test sagen kann, ob Teile eines Briefes mit Tinte geschrieben worden sind, dann weiss ich trotzdem nicht, ob der ganze Brief mit Tinte geschrieben wurde (oder nur die Unterschrift), welche Farbe die Tinte hat (ist es das gesuchte seltene lila oder nicht einfach das ähnliche und gewöhnliche blau?) und ob die Tinte frisch und lebendig ist oder alt und verstorben. Von einer akuten Infektion des ganzen Briefs mit frischer lila Tinte kann überhaupt keine Rede sein.

Dietmar Schubert / 02.12.2020

Wie sagte mein Mathelehrer, “Aus Summen kürzen nur die Dummen”. Die 7-Tage Inzidenz beträgt für die geimpfte Gruppe 37 (es wurde der Status 7 Tage nach Impfabschluss bewertet und die zwei Gruppen habe ich hälftig aufgeteilt), für die ungeimpfte Gruppe 400 und für beide zusammen 218. Aber, und da liegt der Fehler des Autors, man kann zwei Gruppen mit unterschiedlicher Basis nicht additiv zusammen fassen. Die Geimpften haben immer eine 7-Tage-Inzidenz von 37, unabhängig davon, wie vielen Ungeimpften sie gegenüberstehen. Sie stehen um 90% besser gegenüber den Ungeimpften da, bezogen auf 7-Tage-Inzidenz 400. Allein dadurch, dass sich 50% haben impfen lassen, fassen die Ungeimpften eine Verbesserung von 50% ab, auch bezogen auf 7-Tage-Inzidenz400, ohne etwas dafür tun zu müssen. Sollte man im Hinterkopf haben und mal drüber nachdenken.

Frances Johnson / 02.12.2020

Diese Erläuterung finde ich wichtig und gut. Vielen Dank.

Sabine Heinrich / 02.12.2020

Mein Kommentar hat mit dem Thema so gar nichts zu tun, dennoch muss ich meinem Unverständnis darüber Luft machen, dass die Amokfahrt von Trier mit inzwischen - habe ich gehört - 5 Toten und unzähligen Verletzten hier mit keinem Wort “gewürdigt” wird. Aber ich bin sicher, dass das morgen noch kommt und derzeit die Mitarbeiter der Achse mit Recherchen beschäftigt sind. Der Mörder ist natürlich ein Moslem - wetten, dass? Wie ich zu dieser dreisten Behauptung schon gestern gekommen bin, verrate ich, wenn der Mehrfachmord von Trier morgen hier thematisiert wird. - Mit bedrückten Grüßen - SH

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