Joachim Nikolaus Steinhöfel / 17.05.2021 / 06:00 / Foto: Imago / 205 / Seite ausdrucken

Unsere Mandantin wollte „Gesäßvioline“ schreiben

Meinungsfreiheit im Netz“ unterstützt eine Leserin der Achse des Guten, die sich, wie über 20 weitere Leser auch, aufgrund eines Kommentars unter einem dortigen Artikel einer Strafanzeige des weltberühmten Wuppertaler Bundestagsabgeordneten Helge Lindh (SPD) und einem Ermittlungsverfahren der Wuppertaler Staatsanwaltschaft ausgesetzt sieht. Wir dokumentieren hier, den Fall mit der Wiedergabe der anwaltlichen Stellungnahme.

Sehr geehrter Herr Kriminalhauptkommissar E.,

wir vertreten Frau Ursula S., unsere Vollmacht ist beigefügt. Dieser Text erscheint wortgleich auf „Die Achse des Guten“ und dient als „Beschuldigtenanhörung“. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal, die Sie mit der „Vernehmung“ unserer Mandantin beauftragt hat, dürfte ein eminentes Interesse daran haben, dass eine breite Öffentlichkeit davon Kenntnis erlangt, dass in Wuppertal die ganz heißen Eisen angepackt werden und Kriminalität, wo immer sie in Wuppertal ihr verbrecherisches Haupt zu zeigen wagt, mit aller Entschlossenheit und aller Härte des Gesetzes begegnet wird. 

Der in Wuppertal weltbekannte SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh hat Strafanzeige wg. „Beleidigung“ erstattet. Natürlich nicht nur gegen unsere Mandantin, sondern gegen 26 weitere Leserbriefschreiber, die es gewagt haben, sich auf Achgut.com – aus durchaus gutem Grund – über ihn lustig zu machen. Die Kommentare erfolgten unter den lesenswerten Texten „Lieber renitent als flatulent“ von Henryk M. Broder (Fla·tu·lenz, Substantiv, feminin [die], Gasbildung im Magen oder Darm, Blähsucht, Abgang von Blähungen) und Lindh zartbitter über Achgut.com im Bundestag. Unsere Mandantin hat daraufhin folgenden Kommentar verfasst:

Guten Morgen, Herr Broder, Kermit, der Frosch in menschlicher Gestalt!!! Das war zuviel satirische Vorstellung. Ich habe mir die links angesehen. Jetzt brauche ich eigentlich was. So eine A…..geige! Vertreter eines untergegangenes SPD- Wahlvolkes. also… Wenn wir nicht seiner Meinung sind, ist das keine Demokratie!! Habitus eines 12jährigen. Dem würde ich dringend tiefenpsychologische Tanz- und Ausdruckstherapie verschreiben. Warum? Um körperlichen und geistigen Nachholbedarf zu initiieren. Dringend. Aber - dann kommen wir nicht mehr in den Vorführgenuss dieser“ lustigen“ Person. LG.“

Wir wissen nicht genau, was daran strafbar sein soll. Vielleicht möchte Herr Lindh nicht mit Kermit dem Frosch verglichen werden. Dazu merken wir nicht nur zum Zwecke der Rechtsverteidigung, sondern aus voller Überzeugung an: Umgekehrt wird ein Schuh draus. Denn über Kermit gibt es durchaus Positives zu sagen. Und wir finden, er sieht auch besser aus als Herr Lindh. Aber das ist sicherlich eine der strafrechtlichen Überprüfung entzogene Geschmacksfrage.

Stellvertretender Vorsitzender des Festausschusses im örtlichen Karnevalsverein

Wie in dem Film „Kermit der Frosch (Kermit's Swamp Years)“ aus dem Jahre 2002 dargestellt, war er im Alter von 12 Jahren der erste seiner Geschwister, der den Sumpf verließ, und einer der ersten Frösche, die mit Menschen sprachen. Beides Fähigkeiten, die Herrn Lindh ersichtlich fehlen.

Kermit wurde außerdem von der First Lady Michelle Obama und dem damaligen Vorsitzenden der Joint Chiefs of Staff und damit aufgrund seiner Dienststellung ranghöchsten General der amerikanischen Streitkräfte, Michael E. Dempsey, im Weißen Haus empfangen.

Nun werden Sie mir sicher zustimmen, dass Herr Lindh ein ganz ungewöhnlicher Politiker ist, dessen Fähigkeiten die Position als stellvertretender Vorsitzender des Festausschusses im örtlichen Karnevalsverein Rot-Blaue-Funken Wuppertal in ideal entsprechen dürfte. Ins Weiße Haus kommt Helge Lindh auf legale Weise allenfalls mit einem Besucherticket für Touristen, soweit ihm die Einreise in die Vereinigten Staaten denn tatsächlich gestattet wird.

Daraus ergibt sich, dass Herr Lindh sich geschmeichelt fühlen kann, wenn man ihn mit diesem Frosch vergleicht. Während es vielmehr Kermit ist, der sich durch diesen Vergleich herabgesetzt fühlen könnte.

Eine Strafanzeige von Kermit gegen unsere Mandantin hätte daher durchaus eine gewisse Chance auf Erfolg. Und wenn Sie jetzt entgegenhalten, Frösche hätten in unserem Rechtsstaat nicht die Befugnis, Strafanzeigen wegen Beleidigung zu erstatten, dann frage ich Sie: Was für ein Rechtsstaat soll das sein? Ich bin im Übrigen guten Mutes, dass sich diese Antragsbefugnis im Grundsatzprogramm der Grünen schon irgendwo wird hineinlesen lassen. Und mit dem Rückwirkungsverbot sollte man in so einem Fall auch nicht so zimperlich sein.

Unsere Mandantin wollte tatsächlich „Gesäßvioline“ schreiben

Oder stößt sich Helge Lindh an dem unvollständigen Wort „A….geige!“, das durch die Auslassungen bereits eine bewusste Abschwächung zur Schonung des feinfühligen Wuppertalers enthält? Unsere Mandantin wollte tatsächlich „Gesäßvioline“ schreiben und wurde durch die Autokorrektur „überschrieben“, hat dann in einem kurzen Moment großer Unachtsamkeit auf „Senden“ gedrückt. Aber Spaß beiseite. Arschgeige wäre eine Meinungsäußerung, eine Einschätzung, der ein großer Teil der Bundesbürger vielleicht sogar zustimmen würde. Vor allem aber ist es eine vom Meinen und Dafürhalten geprägte Bewertung der verschiedenen Einlassungen des Herrn Lindh, die in dem Artikel zu finden sind, den unsere Mandantin kommentierte. Ein Politiker, auch ein zukünftiger stellvertretender Festausschussvorsitzender von Rot-Blaue-Funken Wuppertal, hat das hinzunehmen.

Aus dem Kontext ergibt sich deutlich, dass unsere Mandantin sich mit den in dem kommentierten Artikel befindlichen Links zu völlig indiskutablen und undemokratischen Einlassungen des Herrn Lindh auseinandergesetzt hat:

„Ich habe mir die links angesehen. Jetzt brauche ich eigentlich was. So eine A…..geige! Vertreter eines untergegangenes SPD- Wahlvolkes. also… Wenn wir nicht seiner Meinung sind, ist das keine Demokratie!!“

Das darf unsere Mandantin sagen und das hat Helge Lindh nach seinen öffentlich vorgenommenen intellektuellen Kapitulationserklärungen hinzunehmen. Bei dem Kommentar handelt es sich um eine zulässige Meinungsäußerung, die jeder, der sich in derartig indiskutabler Weise öffentlich präsentiert wie Herr Lindh, und erst recht so weltbekannte Politiker wie er, in stärkerem Maße hinzunehmen hat als der Normalbürger (vgl. OLG Köln, U. v. 9.12.2014 –15 U 148/14, Rdnr. 33).

Wussten Sie eigentlich, dass Herr Lindh im März 2018 schon einmal Opfer der organisierten Kriminalität geworden war? Damals erlangten Dritte Zugriff auf sein Amazon-Konto: „Das wiederum haben die Angreifer benutzt, um Korane, Hundekotattrappen und weitere Überraschungen an meine Adresse zu schicken – bezahlt mit meiner Kreditkarte.“ So Lindh gegenüber dem „Spiegel“. Was er mit den Hundekotattrappen gemacht hat, müsste noch ermittelt werden. „Man fühlt sich wehrlos und schutzlos“, ließ er die Öffentlichkeit mit einem Blick in seine aufgewühlte Gefühlswelt wissen. Während er also bei Hundekotattrappen zusammenklappt, gibt er auf Twitter den hartgesottenen Widerstandskämpfer:

„Lieber lasse ich mich von den ‚Türkenjägern‘ abknallen, als dass ich was an meiner Haltung änderte.“ 

Da soll er mal hier nicht so zimperlich sein.

Ob unsere Mandantin den Kommentar inzwischen gelöscht hat, wollten Sie noch wissen. 1. Kann Sie das gar nicht, weil sie keinen Zugriff auf die Inhalte eines der meistgelesenen politischen Blogs der Bundesrepublik Deutschland hat. 2. Warum sollte sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung durch die Schikaneversuche eines Hinterbänklers, der Kermit dem Frosch nicht das Wasser reichen kann, einschränken lassen?

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Nikolaus Steinhöfel

Foto: Imago

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K.Hauer / 17.05.2021

Karneval als Parteiprogramm ,Liederlichkeit als politische Einstellung und jemand wie der will ernst genommen werden? Ob ihn jemand als Eisverkäufer am Baggersee einstellen würde?

Rüdiger Barasch / 17.05.2021

Nur Tausend galante wie treffsichere Juristen wie Nikolaus Steinhöfel würden mir ausreichen,um wieder an eine zukunftsträchtige Demokratie zu glauben. Merci!

Martin Ruehle / 17.05.2021

Vor einiger Zeit in Pilatus Palast: “...chleudert den Purchen zu Poden! ... Ich gechtatte nicht, dass meine Freunde laecherlich gemacht werden von einem ordinaeren Chnoesel. Ist noch jemandem zumute nach einer kleinen Chelmerei? Wenn ich meinen liepen Freund erwaehne? Chwanzus, aeh, Longus? Und du Churke? Findest tu’s vielleicht pesonders komich? Wenn ich ihn sage diesen Namen? Schwanzus Longus? Hmm? Er hat eine choene Frau. Wisst ihr wie man sie nennt? -Mmmm, mhhelhhh, mhhhindh ...” MontyPython hätte seine Freude an Hellboys Kind!

Thomas Hechinger / 17.05.2021

Jedem seine Blase. Und bei den Freien Medien ist nun mal der Herr Lindh ein beliebtes Ziel des Spotts. Ist es fair, sich über seine körperlichen Unzulänglichkeiten lustig zu machen? Nein, ist es nicht. Hand aufs Herz - mancher, der da austeilt, würde, sollte man über sein Äußeres ebenso herziehen, gewaltig aufschreien. Wer kann schon von sich sagen, in allem oder auch nur im wesentlichen gängigen Schönheitsidealen zu entsprechen! Dem einen hängt ein Lid zu tief, beim andern ist der Nasenrücken nicht optimal gekrümmt, und dem dritten stehen die Zähne schief im Mund. Ich würde es daher vorziehen, daß man sich mehr den intellektuellen Fehlleistungen des Herrn Lindh zuwendet. Da gibt es genug zu spotten. Etwas anderes ist es, daß es selbstverständlich erlaubt ist, sich auch sonstwie über Herrn Lindh lustig zu machen. Als - ich weiß nicht - C-Prominenter? - muß er das einfach aushalten. Der AfD-Politiker, der in der heute-show in verfänglicher Situation in einer zusammengeschnittenen Sequenz vorgeführt wird, muß das auch ertragen. Das ist die Blase der Staatsmedien. Der Demonstrant, der aus der Masse der Corona-Demonstranten herausgesucht wird und wirres Zeug in die Kamera schwätzt, hat auch keine Chance auf Gerechtigkeit, wenn er dem Fernsehpublikum zum Spott preisgegeben wird. Also Herr Lindh: Anzeige zurückziehen und von jetzt ab vernünftige Reden halten. Damit wäre allen geholfen. So aber fügen Sie Ihrem lächerlichen Auftreten eine weitere Lächerlichkeit hinzu.

Bechlenberg Archi W. / 17.05.2021

Die SPD von heute ist offenbar zu einem Sammelbecken besonders bizarrer Gestalten geworden. Man denke nur an ______ oder _______ (beliebige Namen einzusetzen) Herr Lindh ist darunter eine löbliche Ausnahme, er steht eher in der Tradition von Schumacher, Wehner, Schmid, Schmidt und Brandt. Sollte das Willy Brandt Haus in Berlin nicht in Helge-Lindh-Haus umbenannt werden? Oder wenigstens ein Trafohäuschen in Wuppertal Uellendahl-Katernberg?

Dr.H.Böttger / 17.05.2021

Da hat eine begeisterte Kunstfreundin ihrem schwärmerischen Herzen Luft gemacht und Helge Lindh, den weltberühmten Superstar der Zunft der Geräuschschaffenden,  hoch verdientermaßen als “Anmutgeige” bejubelt, da haut wieder mal eines dieser kindisch-ärgerlichen Korrektursysteme dazwischen.  So ein Pech aber auch.

Karina Gleiss / 17.05.2021

Großartig! Man darf gespannt sein auf die Reaktion der Polizei.

Albert Sommer / 17.05.2021

Mit das Beste das ich seit langem lesen durfte. Dazu entspricht es auch noch zu 100% der Wahrheit. Nur der echte Kermit hätte ein Recht dazu Ihre Mandantin zu verklagen. Ich würde es mir jedenfalls nicht bieten lassen das man mich mit dem Fräulein Helg(a) Lindh vergleicht. Übler kann man kaum beleidigt werden. Bleiben abschließend noch zwei Fragen ungeklärt:  1. Hat sich der echte Kermit zwischenzeitlich von dem Schreck über den unverschämten Vergleich mit Herrn Lindh erholt? -Und 2. Besitzt die Fußhupe noch genügend der ihr von “Hackern” gespendeten, „künstlichen Hundehaufen“ oder wäre eine Spendeninitiative zum Zwecke des Nachschubes empfohlen?

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