Vera Lengsfeld / 10.10.2021 / 06:05 / Foto: GlynLowe.com / 87 / Seite ausdrucken

Uns bleibt nichts erspart: James Bond mit Kuscheltier

Angeblich wollte sich Daniel Craig lieber die Pulsadern aufschneiden, als noch einmal James Bond zu spielen. Leider hat er sich für 50 Millionen Pfund von diesem guten Vorsatz abbringen lassen.

Angeblich wollte sich Daniel Craig lieber die Pulsadern aufschneiden, als noch einmal den britischen Geheimagenten mit der Lizenz zum Töten zu spielen. Leider hat er sich für 50 Millionen Pfund von diesem guten Vorsatz abbringen lassen. „Keine Zeit zu sterben“ ist ein Bond zum Abgewöhnen. Das scheinen die Zuschauer auch so zu sehen, denn am dritten Spieltag war das Kino nur spärlich gefüllt. Ein Kassenschlager sieht anders aus. Bond-Fans sollten den Film meiden, um sich eine kapitale Enttäuschung zu ersparen.

Ja, die Drehorte sind weiterhin spektakulär. Es gibt atemberaubende Bilder schon in der Pre-Title-Sequence in Italien von der ganz und gar außergewöhnlichen Kulisse der Stadt Matera in der süditalienischen Region Basilikata, am Absatz des italienischen Stiefels. Beeindruckend an diesem Drehort sind die sogenannten Sassi, Höhlensiedlungen der Altstadt, die vor vielen hundert Jahren in den Felsen geschlagenen wurden und als Wohnungen dienten. Hier dienen sie leider nur als Kulisse für öde Motorradrennen. In Gravia in Apulien stürzt sich James Bond mit Hilfe eines Seils von dem steinernen Aquädukt, um seinen Verfolgern zu entkommen.

Schöne Bilder gibt es auch vom verschneiten Norwegen. Weniger schön sind die von Santiago de Kuba, wo trotz Schummerbeleuchtung der ganze sozialistische Verfall zu sehen ist. Da ausgerechnet das sozialistische Kuba der Ort sein soll, wo sich die kriminellen Bösewichter der Welt zum Familientreffen einfinden – das kann nur einem Drehbuchautor einfallen, der keine Ahnung hat, oder zu wenig Phantasie, sich die Realitäten außerhalb Hollywoods vorzustellen.

Der Bösewicht ist Teil der LGBTQ-Community

Damit wären wir schon mittendrin, was an diesem Bond nervt.

Es ist sicher nicht einfach, den 25. Film über eine Figur zu machen. Da wirkt zu vieles einfach nur recycelt. Was neu ist, nervt aber noch mehr. Es gibt keine Bond-Girls mehr, sondern Bond-Women. Nun auch solche mit Kindern. In diesem Fall ist es Madeleine Swann, ausgerechnet die Tochter seines Erzfeindes Specter, was er aber nicht weiß. Als er es erfährt, setzt er sie in einen Zug, um sie nie wiederzusehen. Aber natürlich begegnet er ihr wieder. Ausgerechnet Madeleine ist die Psychotherapeutin von Blofeld, dem letzten Kopf der Spectre-Bande, der im Hochsicherheitsgefängnis einsitzt. Bei ihrem Anblick stockt James ganz unbondmäßig der Atem. Er ist nämlich schwer verliebt.

Die Handlung zu erzählen, lohnt sich nicht, denn die ist kaum zu entwirren. Am interessantesten ist noch, dass es um eine neue Mordwaffe geht, die aus Nanospektren besteht, mit denen gezielt Menschen mit einer bestimmten DNA getötet werden können. Der britische Gehimdienst hatte die entsprechenden Forschungen in Auftrag gegeben, um seinen Agenten die blutige Ballerei zu ersparen und die Feinde des Königreichs leise zu beseitigen. Aber natürlich bemächtigen sich die Bösen, kaum ist die Sache serienreif, dieser neuen Waffe. Um Schlimmeres zu verhindern, wird Bond aus dem Ruhestand geholt. Aber ach, seine Nummer 007 ist bereits an eine Agentin of Colour vergeben. Macht nichts, er trägt es heldenhaft und die Dame fordert am Ende selbst, das ihm sein Markenzeichen zum alleinigen Besitz retourniert werde. Moneypenny ist auch PoC, aber vor allem nicht mehr nur Vorzimmerdame, sondern bei allen wichtigen Entscheidungen dabei.

Q ist natürlich schwul und der Bösewicht Lyutsifer Safin hat sich noch nicht entschieden, welchem Teil der LGBTQ-Community er angehören will. Bond dagegen kann nicht entscheiden, ob er überhaupt Vater werden möchte, denn er ist es bereits seit knapp fünf Jahren. Die Tochter hat seine blauen Augen, Leugnen zwecklos. James bekommt nach dem ersten gemeinsamen Frühstück auch sofort die Gelegenheit, um seine neue Familie zu kämpfen.

Den Film insgesamt ruinieren

Dieser Kampf führt ihn auf eine öde Insel zwischen Japan und Russland, ein ehemaliger sowjetischer Raketenstützpunkt, wo die eben erst in London aus einem Labor entwendeten Nanobots bereits in Serienproduktion gegangen sind. Hierher hat der Safin Madeleine und Tochter entführt. Was man der Kleinen bei den Dreharbeiten zugemutet hat, sollte eigentlich den Kinderschutzbund auf die Barrikaden bringen. Den Drehbuchautoren scheinen selbst erhebliche Zweifel gekommen zu sein, denn plötzlich lässt der Bösewicht das Mädchen einfach laufen. Die Kleine landet wohlbehalten bei ihrer Mama, hat aber ihr Kuscheltier verloren.

Im Finale werden Bond und seine Lieben wiedervereinigt, aber nur, bis er sie in ein Boot gesetzt hat, mit dem sie von der Hölleninsel fliehen können. Er muss zurückbleiben, um die Insel für einen erfolgreichen Raketenangriff zu präparieren. Dafür legt er ungefähr ein halbes hundert Bewaffnete um, ehe er auf Safin trifft, der Bond im Handgemenge mit einem Nanospektrum infiziert, das Madeleine und seine Tochter töten würde, sobald er ihnen zu nahe kommt. Das Zeug wird er nie wieder los, wie Q ihm noch bestätigt, ehe er Bond mit Madeleine verbindet.

Es folgt das große Finale. Bond findet das Kuscheltier, steckt es an seinen Gürtel, statt einer Pistole, öffnet die Schleusen, damit die Raketen, die in wenigen Minuten eintreffen, nicht abprallen und steigt dann ganz nach oben, während er mit Madeleine Liebesschwüre tauscht. Das Ganze erinnert fatal an den Schluss von „Blood Diamonds“, wo der tödlich verwundete Leonardo DiCaprio auf einem Berg mit seiner Geliebten telefoniert und ihr die schöne Aussicht schildert.

Bond genießt die Aussicht auch, und als die Raketen endlich eintreffen, gehen sie nieder wie ein Silvesterfeuerwerk und die Zuschauer sind erleichtert, dass sie den Film endlich überstanden haben. Jedenfalls sprangen bei der Vorstellung, die ich besucht habe, alle sofort auf und verließen schnell den Saal, statt noch ein Weilchen den Abspann zu genießen.

Die Bond-Reihe hätte mit „Skyfall" beendet werden sollen, waren wir uns einig. Aber der nächste Bond ist schon in der Mache. Den werde ich mir aber gewiss nicht antun. „Keine Zeit zu sterben“ ist ein Beispiel dafür, dass die Political Correctness dabei ist, den Film insgesamt zu ruinieren.

Foto: GlynLowe.com CC BY 2.0 via Wikimedia Commons

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Andrej Stoltz / 10.10.2021

Matera sehe ich mir lieber bei Francesco Rosi an. Oder in Pasolinis Matthäus. Der einzige Kommunist, der Kreativität und Stil besass, sowie zur Differenzierung fähig war.

Wolfgang Schüler / 10.10.2021

Demnächst in Ihrem Kino: James Bond - ICH BIN KEIN PIMMEL!

Wolfgang Nirada / 10.10.2021

Normalerweise bin ich kein Freund von Leuten die einem vorher den Inhalt von Filmen erzählen die mich interessieren… Aber in dem Fall pfeifen es inzwischen schon die Spatzen vom Dach daß dieser “Agenten-Thriller” ein angewärmter Flop ist… die Ahnung hatte ich schon als die Diskussion aufkam dass der/die/das nächste Bond unbedingt eine schielende stotternde lesbische Negerin im Rollstuhl sein müsste… Wieder ein paar eingesparte Euros mehr in der Auswanderungskasse… Danke James… war eine schöne Zeit mit Dir… Zeit Dich zu begraben…

S.Wietzke / 10.10.2021

“Da wirkt zu vieles einfach nur recycelt.” Das sehen Sie falsch. Ein Serienfan will genau das. Aber ansonsten danke ich für die Warnung. Ich plane gerade die Anschaffung der vollständigen Serie auf DVD. Da war immer die Frage, ob ich noch warte bis der neueste Bond auch dazu gehört. Schön zu erfahren, dass ich die Serie nun mit Skyfall als abgeschlossen betrachten kann.

Dirk Weidner / 10.10.2021

Der Film bot mir 165 Minuten kurzweilige Unterhaltung, ich hatte beim Anschauen nicht ein einzige Mal das Bedürfnis, auf die Uhr zu schauen, was für mich ein Qualitätsmerkmal darstellt. Zudem bietet die Reihe mit Daniel Craig erstmals eine sich über fünf Filme erstreckende und dabei zugleich in sich geschlossene Handlung. (Er spiegelt zudem in sehr schöner und gelungener Weise einen der besten Filme der Reihe, “Im Geheimdienst ihrer Majestät”, aus dem Jahr 1969.) Während der letzten fünf Filme hatte ich erstmals das Gefühl, dass James Bond ein Mensch aus Fleisch und Blut ist und kein unsterblicher Superheld aus dem Marvel-Comics. Zudem spiegeln die Filme seit 1962 stets den aktuellen Zeitgeist wieder. Insofern gab es Zeiten, in denen die Bond-Girls vom Helden erstmal eine kanllige Ohrfeige bekommen haben, bevor sie sich ihm willig hingaben. Heute hebt er ein Kuscheltier auf, weil er um seine Bedeutung für ein traumatisiertes Kind weiß. Es möge sich jeder aussuchen, was eher dem persönlichen Geschmack entspricht. Q ist schwul, so what? Was hätte es geändert, wenn er nicht “ihn”, sondern “sie” zum Abendessen erwartet hätte? Der von Craig dargestellte Bond hat am Ende des vorherigen Films die Chance auf ein privates Leben genutzt und den Dienst quittiert. Insofern hat der MI6 die Stelle neu vergeben, dieses Mal eben an eine schwarze Frau, womit sie zu einem Personenkreis gehört, den es in GB wahrhaftig wirklich geben soll. Allen, die hier den Kniefall vor PC bemängeln, scheinen nicht zu bemerken, das James Bond am Ende dieses Films ganz konservativ für die klassische Familie steht, bestehend aus Vater, Mutter, Kind.  Ein Mann, der bereit sich, selbst zum Wohl anderer, vor allem seier Familie (!) zu opfern. Vieleicht ist das Ende des Films somit sogar eine sehr subervise Kritik an unserer aktuellen PC-Woke-Gender-Gesellschaft ;-)

Uta Buhr / 10.10.2021

Diesen Mist werde ich mir gar nicht erst antun. Die frühen Bonds mit Sean Connery, dem bondigsten aller Bonds, und Roger Moore fand ich wegen ihrer politischen Unkorrektheit und Chuzpe durchaus amüsant. Die zum großen Teil absurden Handlungsstränge wurden immer durch ein Augenzwinkern neutralisiert. Dass Daniel Craig sich aus diesem total ausgelutschten Genre zurückziehen will, ist nur vernünftig. Aber wahrscheinlich erliegt er am Ende doch noch dem unwiderstehlichen Charme von 50 Millionen Pfund Sterling. Pecunia non olet. Daran hat sich seit der Einführung der Klosteuer durch Imperator Vespasian im antiken Rom nichts geändert.

K. Schroeder / 10.10.2021

Daß es auch bei Bond nicht ohne PoC gehen würde, war ja nach dem ganzen jahrelangen Affentheater zu erwarten. Ich jedenfalls gucke mir schon seit geraumer Zeit aus diesem Grund keine Hollywood-Filme mehr an, sondern lieber russische Filme mit englischem oder deutschem Untertitel. Davon gibts auf YT reichlich - und sie sind nicht nur überraschend gut, sondern kommen auch ohne den PoC-Mist aus.

Wilhelm Welzin / 10.10.2021

Das Argument mit den Pinkelpausen im Heimkino hat Gewicht. Mir fällt immer mal wieder gerne ein, wie Teile von “Der Morgen stirbt nie” in Hamburg gedreht wurden. Zu der Zeit habe ich täglich die ausländischen Tageszeitungen an einen Kiosk im “Terminal 4” des nachmalig nach dem immer noch legendären Altkanzler benannten “airport” gebracht. Plötzlich war ganz vorn in der Halle ein weiterer Zeitungsstand zu bewundern, an dem nichts weiter passierte. Brosnan hat dort die unschwer als “Morgenpost” identifizierbare Zeitung gekauft, deren Schlagzeile offenbar relevant für seine Ermittlungen war. Den Damen im echten Laden ganz weit hinten in der Halle, und fensterlos, konnte ich mit einem charmanten Unterton mitteilen: ihr seid die echten Heldinnen, in eure Höhle hier traut sich nicht mal Commander Bond. Musste dann den Film in der Originalfassung ansehen, meine Tochter bestand darauf. Weil (ebenfalls an diesem Flughafen) der Spion, den wir mal liebten, zu einem der Bediensteten einen Satz auf Deutsch sagen würde. “Lass dich nicht verarschen.” Das werde ich mal als das Vermächtnis von 007 im Hinterkopf behalten.

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