Thomas Rietzschel / 29.07.2019 / 16:30 / Foto: Kuhlmann/MSC / 30 / Seite ausdrucken

Unkenrufe aus dem deutschen Krähwinkel

Wie die USA sieht Großbritannien finsteren Zeiten entgegen. Der wirtschaftliche Aufschwung Amerikas seit der Wahl Donald Trumps ist nur ein Strohfeuer, ein teures Täuschungsmanöver auf dem Weg ins Jammertal. Die Engländer müssen den Gürtel enger schnallen, Schlange stehen und froh sein, nach dem Brexit ab und an Fish and Chips auf den Teller zu bekommen.

Für die deutschen Blockparteien, schwarze, rote, grüne und rot-rote, steht das außer Frage. Von der Vorsehung erleuchtet, haben sie ihre Prophezeiung des drohenden Elends in Stein gemeißelt. Als Endlosschleife läuft sie in den kollaborierenden Medien, bei ARD und ZDF, in der SZ, der ZEIT und mittlerweile sogar bei der FAZ, dem Blatt, hinter dem sich einst die „klugen Köpfe“ verschanzten. 

Gebrochen sind die Dämme des Anstands. Noch die Provinzpresse haut da gern auf die Pauke. Erst am vergangenen Wochenende wieder hat der Chefredakteur des Darmstädter Echo Lars Hennemann den Briten die „Schussfahrt ins Desaster“ garantiert – eine letzte Warnung, kurz bevor „der verzogene Elite-Schulen Eleve“ Boris Johnson „die Insel versenkt“. Offenbar war der Sudel-Feder eine Statistik entgangen, die zwei Tage vorher in ihrem eigenen Blatt stand. Weiß der Teufel, wie sie dahin gelangen konnte. 

Ein Sündenfall kommt nicht allein

Denn obwohl wir doch längst wissen, dass die USA und das Vereinigte Königreich nach ihrem Sündenfall, der Wahl Trumps 2016 und der Entscheidung für den Brexit im gleichen Jahr, von der Weltwirtschaft links liegengelassen werden, offenbarte die Grafik das Unerhörte: Nach wie vor fließen die meisten Direktinvestitionen aus anderen Ländern nach Amerika. 2018 waren das schlappe 252 Milliarden Dollar.

Mit 139 folgte China auf dem zweiten Platz. Großbritannien behauptete sich in der Mitte. Mit 64 Milliarden belegte es den sechsten Platz unter den Ländern, denen die größten Inventionen von außen zugutekamen, während Deutschland im Ranking der UNCTAD, der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung, gar nicht mehr unter den ersten Zehn auftaucht. Abgeschlagen rangiert es weit hinter Indien unter ferner liefen. 

Das ist umso bemerkenswerter, als es sich bei den Direktinvestitionen nicht einfach um Kapitalanlagen, den Erwerb von Beteiligungen handelt, sondern um den Aufbau neuer Unternehmen im Ausland. Entscheidend für den Kapitaltransfer ist die wirtschaftliche Attraktivität der Zielgebiete, die Aussicht, dort unternehmerisch erfolgreich sein zu können. An den nötigen Mitteln dazu fehlt es auch den Deutschen nicht. Auf der Seite der Geldgeber belegten sie 2018 laut der UNCTAD-Erhebung mit 77 Milliarden immerhin noch den fünften Rang. Dass die Unternehmen dabei einen weiten Bogen um Amerika und England machten, mag glauben, wer sich von der politischen Propaganda bereits um den Verstand hat bringen lassen. 

Das pure Wunschdenken

Betrachtet man die Zahlen dagegen nüchtern, offenbaren sich die Vorhersagen eines Schiffbruchs für die amerikanische wie die britische Wirtschaft als pures Wunschdenken, schlimmstenfalls als Versuche, das Unheil herbeizureden. Peinlich erinnern die Kommentare deutscher Politiker und Journalisten an das Singen verängstigter Kinder im finsteren Wald. Die Rückbesinnung der Abtrünnigen auf ihre nationale Selbständigkeit treibt unseren „Eliten“ den Angstschweiß auf die Stirn. Mit vorgetäuschtem Mitleid, öfter noch hochmütig, erwehren sie sich ihrer Panikattacken. 

Weil sie das deutsche Krähwinkel für die Welt halten, haben sie den Blick für die Welt verloren. Mit der Hand vor den Augen bellen sie den Mond an. Allesamt lächerliche Figuren, steuern sie mit ihren Unkenrufen auf das Desaster zu, das sie den Anderen an den Hals wünschen. Ein Treppenwitz der Geschichte, über den man sich vor Lachen ausschütten könnte, würden wir, das Volk, dafür nicht in Haftung genommen. 

PS: Wie das Münchner Ifo Institut gerade meldet, ist der Geschäftsklimaindex im Juli abermals um zwei Punkte gefallen. „Bereits im zweiten Halbjahr 2018 schaffte die deutsche Wirtschaft nicht mehr als Stagnation“, schreibt SPON unter der Überschrift „Das Land mit der roten Laterne“. Direktinvestoren, die gewillt wären, den Trend umzukehren, sind kaum in Sicht. Die Banker, für deren massenhafte Umsiedlung nach Frankfurt Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, der Einfaltspinsel in Merkels Entourage, hunderte von Luxuswohnungen bauen wollte, haben sich bisher nicht blicken lassen. Eben erst zog die Frankfurter Börse im Wettstreit mit ihrem britischen Konkurrenten, der London Stock Exchange (LSE), abermals den Kürzeren. Der Finanzdatenanbieter Refinitiv möchte sich lieber von den potenteren Engländern als den Deutschen aufkaufen lassen. Geld regiert die Welt.

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Leserpost

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Leo Hohensee / 29.07.2019

@ Werner Geiselhart richtig! Das find ich auch bedrohlich. Irgendwelche Künstler /Mimen in Opern , sonstiger Musik und Schauspieler geben ihre aufgeregte Meinung an Presse, Funk und Fernsehen. Da diese (öffentlichen) Personen beim Empfänger eine ganz andere Wirkung erzielen, steht ihnen einfach nicht zu, sich dümmlich zu äußern. Kenntnisse wollen erworben werden! Das ist eine mühsame Sache. Und mal eben nach der Abendveranstaltung oder auf dem Weg über einen “roten Teppich” seine Anhängerschaft zu betexten, dokumentiert nur, dass unsere Medien kein fachkundiges Personal haben und das dargebotene “Blech” zur Sicherung der allgemeinen Aufmerksamkeit veröffentlichen.

Werner Arning / 29.07.2019

Die Mächtigen dieses Landes und ihre Verbreiter einer veröffentlichten Meinung betrachten die Welt mit den Augen pubertierender Jugendlicher. So wie diese in ihrer Bewertung der Realität häufig daneben liegen, so lassen sich auch unsere Verantwortlichen von Gefühlen leiten, die für einen Jugendlichen als angemessen erscheinen, jedoch bei einem Erwachsenen kindisch und verantwortungslos wirken. Anstatt ruhiger Abwägung und Abschätzung der Konsequenzen des jeweiligen Handelns, wird übereifriges, gutgemeintes, aber unbedachtes Agieren an den Tag gelegt. Anstatt sich begründeter Kritik zu stellen, wird geschmollt, gezetert und die Schuld bei Anderen gesucht. Das sind sehr adoleszente Verhaltensweisen. Sie sind das Markenzeichen des heutigen Deutschland. Wunschdenken, Einbildung und Idealisierungen ersetzen verantwortliches Handeln. Auf diese Art wird ein Land vor die Wand gefahren. „Kinder an die Macht“? Das ist schon längst passiert.

Mike Loewe / 29.07.2019

Die Zeitungsschreiberlinge, die permanent über andere Länder herziehen, sind Nazis. Sie versuchen sich reinzuwaschen, indem sie permanent von Klimawandel und Flüchtlingselend schwadronieren.

Max Wedell / 29.07.2019

Gottseidank leben wir im Land mit den weltbesten Experten für Berechenbarkeit in den Medien. Kürzlich erfuhr ich von ihnen, warum wir Deutschen Merkel so schätzen: Wegen ihrer Berechenbarkeit. Egal ob Kernkraftnutzung oder Einwanderung, Merkels Berechenbarkeit ist legendär. Anfangs dachte ich von Trump Ähnliches. Egal ob Klima, Einwanderung, Steuerpolitik, Kampf gegen unfaire Zölle, Iran-Deal, israelische US-Botschaft… der Mann machte eigentlich nur, was er immer schon angekündigt hatte. Doch dann erfuhr ich von unseren Experten in den Medien, daß Trump völlig unberechenbar ist. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Trump verbirgt eine kolossale Unberechenbarkeit hinter einer dünnen Maske der Berechenbarkeit, von der keiner sagen kann, wie lange sie noch hält. Was England angeht, ist die Sachlage auch klar, wieder dank zahlloser Berechenbarkeits-Experten in den Medien. Hunt, der einst für Remain gestimmt hatte, aber jetzt doch unbedingt den Brexit durchführen wollte, wäre ja noch ein berechenbarer Premierminister gewesen, aber Johnson, der für den Brexit Wahlkampf gemacht hatte, für ihn gestimmt hatte und ihn jetzt auch noch durchführen will? Unberechenbarer gehts doch nicht mehr. Bzw. da ist sie wieder, die Maske der Täuschung. Wie die Experten ja auch sagen: Der ist so wie Trump, nur mit etwas mehr Kenntnissen im Altgriechischen. Aufgrund der gigantischen Unberechenbarkeit Johnsons und der Gefahr ihres Auffliegens ist etwas anderes als ein Brexit am 31.10. gar nicht denkbar.

Karl-Heinz Vonderstein / 29.07.2019

In der Heute Show haben sie sich vor ein paar Sendungen kurz damit befasst und sich gefragt, warum Deutschland für beruflich hochqualifizierte Ausländer nicht so attraktiv sei und zeigten als Antwort auf die Frage Bilder eines Aufmarsches von Neonazis. Als ob das jetzt der Grund wäre.  

Dr. Günter Crecelius / 29.07.2019

Warum sollte jemand in einem Land investieren, das eine geregelte Energieversorgung abschafft, seine Schulen von der Grundschule bis zur Universität verkommen lässt und das Lehrpersonal nach Parteiproporz auswählt. Das schlußendlich seine Zukunft im Import von Millionen von Analphabeten sieht, die es auf Kosten der paar arbeitswilligen Einheimischen hätschelt, von der Beachtung der Gesetze freistellt und fürstlich alimentiert. Und als Werkbank für die aufstrebenden Volkswirtschaften ist der Nachwuchs, so er dann nicht eher das Weite in prosperierenden Ländern sucht, zu dumm und zu faul. Die ‘Migranten’ sind in der großen Mehrzahl weder arbeitswillig noch fähig.

Sepp Kneip / 29.07.2019

Die typischen Unkenrufe von jemandem, der den Allerwertesten nicht mehr hoch kriegt. Das gilt für Deutschland und die EU. Man vergräbt sich in seinen Schützengräben und feuert aus allen Rohren auf Trump und Johnson. Aber weil es Platzpatronen sind, richten sie keinen Schaden an. Trump und Johnson haben die Ärmel hoch gekrämpelt und können sich über Heckenschützen nur amüsieren. Sie führen ihre Nationen in eine gute Zukunft, während diese in der EU unter der Rezession, dem Finanz-Crash und einem Multikulturalismus begraben wird. Ich weiß nicht, wer diese Wahnsinnspolitik hier noch aufhalten soll. Vielleicht sollte auch Salvini den Italexit ankündigen. Möglicherweise würde man dann wachgerüttelt und könnte mit Reformen anfangen. Deutschland steigt in kein Rettungsboot. Es bleibt auf der Titanic EU bis sie untergegangen ist. Und der dumme Michel hält treu die Wache.

Leo Hohensee / 29.07.2019

“Mit der Hand vor den Augen bellen sie den Mond an. Allesamt lächerliche Figuren…” - was soll man sagen? Es ist doch schlicht unmöglich, dass einfach alle Altparteien-Parlamentarier ihren Verstand - verleugnen / begraben haben, oder doch? Mir will das einfach nicht in den Kopf. Parteiräson (?) - ein paar Figuren an der Spitze geben eine Marschroute vor und der Parlamentarier leistet keinen Widerspruch? Er ist quasi von seinem eigenen Verstand abgeklemmt. Selbstkritik, Verantwortungsbewusstsein, Grundrechenarten - alles futsch? Ohne Widerspruch im Parlament mit dabei sein, das Volk an den Rand der Klippen zu führen? - Haben die alle ihren Verstand verloren? Meinungsbesoffen / machtbesoffen sind sie konzertiert augenscheinlich alle. Wie kann es sein, dass selbst ehemals kritische Politiker verleumderisch tätig sind gegen andere Meinungen? Wie kann es sein, dass sie ohne eingehende Grundlagenprüfung das Staatsvolk verkaufen an Heilsprediger jeder Couleurs? Ich sagte es hier schon einmal, ich habe gelernt, zu einer These gehört es dazu, die Antithesen zu suchen. Bei abwägen der Vor- und Nachteile wird eine Synthese gebildet.  Fehlen zuverlässige Kenntnisse so sind spezielle Untersuchungen anzustellen. Diese Untersuchungen müssen ergebnisneutral durchgeführt werden!! Es ist ein Unding, Ergebnisse in ihrer Aussage zu bestellen! Schellnhuber, Latif, Rahmstorf, Lesch - das sind alles Clowns, die eine “Religion” verkaufen - schön alarmistisch aufgemacht und mit dem Brandzeichen einer Erbschuld versehen. Wo bleibt eine Kritik vom Parlament? Wo bleiben Aufträge für eine umfassende Grundlagenarbeit unter Einschluss konträrer Wissenschaftler? Wo bleibt der Schutz für das Staatsvolk vor Pharisäern?

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