Ramin Peymani, Gastautor / 11.02.2019 / 12:00 / Foto: Krd / 64 / Seite ausdrucken

Union der Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen

Mit dem Slogan „Sie kennen mich“ ging Angela Merkel einst für die Union auf Stimmenfang. Das funktionierte eine Weile, bis mancher Wähler die Vorstellung nicht mehr beruhigend, sondern eher beängstigend fand. Ihre Nachfolgerin als CDU-Vorsitzende kennt man hingegen noch nicht recht. Wer ist diese Annegret Kramp-Karrenbauer und wohin will sie? Selbst auf beharrliche Nachfrage ziert sie sich, ihre Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur zu bestätigen. Und auch politisch hat sie seit ihrer Kür zur Parteichefin noch keinen klaren Kurs erkennen lassen.

Zwar wartete „AKK“ mit der Feststellung auf, man müsse manches in der CDU auf den Prüfstand stellen, nicht zuletzt die Migrationspolitik, doch fällt es vielen schwer, an einen wirklichen Kurswechsel zu glauben. Daran ändern auch die nun stattfindenden „Werkstattgespräche“ nichts. In diesen sollen die Positionen der CDU zu den Themen Migration, Sicherheit und Integration diskutiert und überarbeitet werden. Man wird sehen, was dabei am Ende herauskommt.

Dass die Union durch die unmissverständliche Aufforderung an Zuwanderer, selbst zum Gelingen ihrer Integration beizutragen, oder ein klares Bekenntnis zum Rechtsstaat und zur Sicherung der Grenzen einen Koalitionsbruch mit der nach links rückenden SPD riskieren will, darf aber bezweifelt werden. Vor allem würde sie damit ihren grünen Wunschpartner verprellen, der als künftiger Mehrheitsbeschaffer parat steht. Die neue Vorsitzende steht von Beginn an unter Druck: Sie will einerseits nicht als Mini-Merkel enden, muss andererseits aber den konservativen Teil ihrer Partei hinter sich bringen.

Peinlich berührte Runde

Es macht die Aufgabe sicher nicht leichter, dass Kramp-Karrenbauer jedes Charisma abgeht. Sie ist verbindlich und ihre Sätze unterscheiden sich wohlwollend von den verdrehten Wortgirlanden ihrer Vorgängerin, bei der man sich nach jedem Statement die Frage stellt, was sie eigentlich sagen will. Doch so sehr die „Neue“ zur verständlichen Sprache neigt, so hölzern sind ihre Auftritte. Dabei wirkt sie zuweilen unsicher. Besonders anzumerken war ihr dies zum Auftakt der Gesprächsrunde, die sie ihrer CDU als „Reparaturwerkstatt“ verordnet hat.

Ob aber die Aufregung als Erklärung dafür ausreicht, dass sie sich im Kreis der eigenen Mitglieder bei der SPD wähnte? „Ich freue mich insbesondere, dass wir dies nicht nur als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten heute Abend hier unter uns tun, sondern dass wir dies gemeinsam mit Freundinnen und Freunden der CSU tun“, begrüßte Kramp-Karrenbauer die peinlich berührte Runde, um ihren Fauxpas erst zu bemerken, als Zwischenrufer sie daran erinnerten, dass dies eine Veranstaltung ihrer eigenen Partei sei.

Nun ist ein Versprecher nichts, womit man sich lange aufhalten müsste, ginge es hier nicht um die komplette Begrüßungsformel, die dank der eingeübten Praxis des sperrigen Genderings eben nicht nur ein flüchtig vertauschtes Wort enthält. Vor allem sollte eine Vorsitzende selbst im Tiefschlaf herunterbeten können, welcher Partei sie vorsteht. Es ist schon pikant, dass die neue Chefin der CDU, die nun so vieles anders machen will, um die Konservativen zu besänftigen, ausgerechnet in ihrem ersten großen Auftritt seit dem Parteitag die eigene Partei mit der des Koalitionspartners verwechselt.

Immer geringere Unterscheidbarkeit

Möglicherweise war es aber doch eher der selige Sigmund Freud, der aus dem Grab grüßte. So sehr ist die CDU inzwischen links zu verorten, dass eine Vorsitzende die eigenen Mitglieder schon einmal mit Sozialdemokraten verwechseln kann. Dass die SPD den immer enger werdenden Raum durch einen Linksschwenk wieder zu vergrößern versucht, bestätigt dies. Kramp-Karrenbauer hat Merkels Werk – zumindest sprachlich – vollendet und damit ihrer eigenen Glaubwürdigkeit in der kritischen Phase des Neuanfangs einen gewaltigen Dämpfer verpasst.

Sie hat außerdem alle Kritiker bestätigt, die eine immer geringere Unterscheidbarkeit der beiden ehemaligen „Volksparteien“ bemängeln. Die CDU-Vorsitzende versuchte ihren Ausrutscher übrigens anschließend damit zu erklären, „dass die Sozialdemokraten zur Zeit gerade dabei sind, ein großes Trauma ihrer Partei“, nämlich die Hartz-IV-Gesetze, aufzuarbeiten. Offenbar ist sie in Gedanken in diesen Tagen doch mehr bei der SPD als bei ihrer CDU. Irgendwie scheint sie sich nicht nur für ihre Partei, sondern auch für den Koalitionspartner verantwortlich zu fühlen.

In dem von der „Sozialdemokratischen Union“ angeführten Parteienblock spielt die Parteizugehörigkeit allerdings ohnehin keine besondere Rolle mehr. Querbeet hat man sich nur noch einer politischen Richtung verschrieben. Den Journalisten-„Millennials“, die dies bejubeln und Andersdenkende so erbittert bekämpfen, sei gesagt: Das Experiment mit einer Einheitspartei, die kaum noch wirksame Oppositionspolitik ermöglicht, ist zuletzt 1989 krachend gescheitert. Warum sollte es diesmal besser laufen?

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis Blog "Liberale Warte".

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Th. Radl / 11.02.2019

Der eigenen Glaubwürdigkeit einen Dämpfer verpasst? Aber doch nur, wenn man ernsthaft die Hoffnung hegte, dass mit Merkel 2.0 irgendwas anders würde. Vielfach wurde schon vor ihrem Antritt gemunkelt, es ändere sich gar nichts. Und dann darf einem auch schon mal unbedarft die Wahrheit rausrutschen. In meinen Augen ist da an Glaubwürdigkeit gar nichts verloren gegangen - geht übrigens auch gar nicht: Verloren gehen kann nur etwas, was auch da ist! Und dass AKK die Einheitspartei lebt und denkt, das wiederum halte ich für ziemlich glaubwürdig…

Michael Stoll / 11.02.2019

Ich liebe die neue CDU. Annegret outet sich als Sozialdemokratin mit Freundinnen und Freunden bei der CSU. Angela ist so grün wie ein Laubfrosch und der Daniel, mit dem Charisma eines Abiturienten, möchte mit den Genossinnen und Genossen der Linken koalieren. Sie sind jetzt so flexibel und können auf jedes Wahlergebnis mit jedem Koalitionspartner kompatibel reagieren. Angela hat es geschafft !!! Sie hat aus einer konservativen, bürgerlichen, werteorientierten Partei einen nassen Lappen gemacht.

Werner Arning / 11.02.2019

Die SPD hat sich ab September 2015 verleiten lassen, bei dem Spiel „Reise nach Jerusalem“ mitzuspielen. Alle laufen um ein paar Stühle herum. Auf ein Zeichen müssen sich dann alle ganz schnell hinsetzen. Es ist jedoch ein Stuhl weniger als Teilnehmer vorhanden. Und als sich die SPD wieder hinsetzen wollte, war ihr Stuhl besetzt. Auf dem einen saß die CDU, auf dem daneben saßen die Grünen, auf dem nächsten die Linke. Dann gab es noch einen, aber auf den setzte sich die AfD, weil die SPD zu zögerlich im Raum stand. Und so schied sie aus dem Spiel aus. Und da sich die CDU auf dem SPD-Stuhl so richtig wohl fühlt, ist es kein Wunder, wenn AKK die CDU jetzt auch schon SPD nennt. Klingt ja auch viel zeitgemäßer. „CDU“. Das hört sich so konservativ an. Irgendwie christlich. Fast schon rechts. Nein, dann nennen wir uns doch lieber „Sozialdemokraten“. Pech gehabt, echte SPD. Hättet ihr euch mal nicht auf Mutti Merkels Spielchen eingelassen ... Vielleicht gäbe es euch dann heute noch.

Donald Adolf Murmelstein / 11.02.2019

Dazu fällt mir eigentlich nur der König der Neudeutschen Romantik ein - SEMINO ROSSI. Drei Mal täglich SEMINO ROSSI und die Welt ist wieder in Ordnung : WARUM HAST DU NICHT NEIN GESAGT?... WARUM HAST DU NICHT NEINNNNN GESAAAAAAGT?

Jürgen Behm / 11.02.2019

Bei AchGut gibt es trotz der deprimierenden allg. Situation in D immer was zum Lachen oder Schmunzeln. Aber die Realsatire ist wiedermal nicht zu toppen. Ich habe wegen der Anrede von Fr. AKK schallend gelacht. Vielleicht ist das aber nur der eigenen Anspannung in diesen Land des Irrsinns geschuldet.

Lutz Herzer / 11.02.2019

Vermutlich hat AKK den Kopf nicht schief genug gehalten. Da kann es dann schon vorkommen, dass im Oberstübchen etwas durcheinander rutscht.

Susanne Rabl / 11.02.2019

“Den konservativen Teil ihrer Partei berücksichtigen”...? Von wem sprechen Sie, Herr Peymani?

Karla Kuhn / 11.02.2019

Bei KK merke ich immer mehr die “Zugehörigkeit” (nicht die familiäre) zu ihrer (gottgleichen?) Kanzlerin. Auch sie versprüht die gleiche Charismalosigkeit wie Merkel und die Wortbausteine scheinen sich auch beide zu teilen !!  Dann ist ja wieder alles in Butter, etwas jünger aber der gleiche Weg. Wenn es nicht so traurig wäre, würde ich jetzt herzlich lachen. Allerdings, ich werde trotzdem lachen, denn lachen ist gesund !!

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