Dirk Maxeiner / 17.06.2017 / 06:04 / 5 / Seite ausdrucken

Under 4 Eyes: In Memoriam Helmut Kohl

Von Dirk Maxeiner. Als ich Helmut Kohl das erste mal sah, stand er leibhaftig vor mir: Als frisch gebackener Rheinland-Pfälzischer Ministerpräsident stattete er 1969 dem Cusanus-Gymnasium in Wittlich einen Besuch ab. Er traf auf eine ziemlich reservierte Oberprima, denn links von uns gab es allenfalls noch Ho Chi Min. Kohl machte das nix aus, Zeit seines Lebens hatte die talkende Klasse nur Verachtung für ihn übrig – auch wenn sie in den nächsten Tagen vermutlich etwas anderes heuchelt. Da ging es ihm ganz ähnlich wie Ronald Reagan. Kohl ließ sich relativ gleichgültig als "Birne" durchs Dorf kicken, ohne auf die Idee zu kommen, dass es sich dabei eventuell um Hatespeech handeln könnte. Nur einmal platzte ihm der Kragen, als er in Halle mit Eiern beworfen wurde. Da schickte er allerdings nicht seine Bodyguards los, sondern ging dem Missetäter höchst persönlich an den Kragen. Kohl konnte – zumindest nach außen – Spott und Häme ertragen, die Lektüre des "Spiegel" hatte er allerdings schon frühzeitig eingestellt. Inzwischen sind eine halbe Million Leser seinem Beispiel gefolgt. Statt eines Nachrufes deshalb ein wunderbarer Video-Sketch aus dem Jahre 1985. Helmut und Ronnie im vertraulichen Gespräch (entdeckt bei bei Sciencefiles).

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Leserpost

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Heinz Maier / 17.06.2017

Besonders verlogen der Text von Frau Merkel, mal wieder ohne jede Emphatie von Blatt abgelesen, die ja einen großen Beitrag dazu geleistet hat, dass der arme Mann noch so viele schreckliche Jahre erleben mußte, Der aus heutiger Sicht kleinliche Schwarzgeldvorgang (siehe Schwarzer und besonders Hönes, der sogar wieder Bayernpräsident ist) hat ‘unserer’  Kanzlerin gereicht ,ihren Mentor eiskalt abzuservieren und ihm sogar den Ehrenvorsitz abzuerkennen. Wie muss er darunter gelitten haben.

Hubert Bauer / 17.06.2017

Als ich von Tod Helmut Kohl erfahren habe, habe ich mir auch überlegt, was ich dazu schreiben soll. Aber das politische Leben von Kohl war zu lange und zu intensiv für einen üblichen Leserkommentar und in Sachen Lobhudelei sind Berufspolitiker einfach besser als ich. Ich wollte - ungelogen - auch sowas schreiben wie Herr Maxeiner. Kohl musste zweifelsfrei viel mehr Kritik von den Medien und Kabarettisten aushalten als alle heutigen Politiker zusammen. Trotzdem ist er nie auf die Idee gekommen etwas gegen den “Rotfunk” zu unternehmen (Internet gab es ja kaum). Er war sich bewusst, dass verschiedene Menschen unterschiedlich denken und dass Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt notwendiger Bestandteil einer echten Demokratie sind. Er hatte die Größe das auszuhalten, was den heutigen Politikern fehlt. Ein zweiter Punkt ist, dass Kohl zwar ein überzeugter Europäer war; er aber die Souveränität und die Gleichheit der europäischen Nationen nie in Frage gestellt hat.

Ralf Grossklaus / 17.06.2017

Wenn man Helmut Kohls Reaktion in Halle mit der von Claudia Roth in Dresden vergleicht, wird das Problem der heutigen Politik, und der Grund warum viele Menschen sich nach Alternativen sehnen überdeutlich. Kohl hat nie versucht das Volk zu erziehen. Er stand zu seiner politischen Agenda und ist nicht beim kleinsten Gegenwind umgekippt. Damit hat er polarisiert, und er wurde auch ziemlich persönlich angegangen. Die Rechten beschimpften ihn (und Genscher) nach der Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze als Vaterlandsverräter und die Linken verachteten ihn aus Prinzip (man erinnert sich an ein Lied der Band “Die Ärzte”). Aber Kohl kohl blieb sich immer treu und wurde gerade auch deshalb 4 mal gewählt. Falls dieses Kunststück im September auch Angela Merkel gelingen sollte, dann geschieht nicht aus den selben Gründen wie bei Kohl, sondern schlicht aus Mangel an wirklichen Alternativen. Das ist die eigentliche Tragik: Kohl, der Lehrer, war ein streitbarer Mensch, der sich auch im größten medialen Gegenwind treu geblieben ist. Seine “Schülerin” ist die Beliebigkeit in Person, die die Positionen der Opposition immer dann vereinnahmt, wenn der Wind mal aus einer anderen Richtung kommt.

Hartmut Laun / 17.06.2017

Das ist der Unterschied, den jeder nach seiner Fasson interpretieren darf: Helmut Kohl war DER Kohl, ohne Helmut, Bundeskanzler weglassen war die Regel, Der Dicke, Die Birne. Merkel ist Die Mutti, Die Bundeskanzlerin Merkel in der Regel, Die Kanzlerin als solche, auch ohne Merkel hinten dran.

S. Barth / 17.06.2017

Ein wunderbarer Nachruf! Wohltuend anders als viele der Heuchelnachrufe, die jetzt aus allen politischen Ecken tönen. Ihre Erinnerungen, Herr Maxeiner, treffen genau meine Erinnerungen an Helmut Kohl. Besonders Kohls Echtheit und auch seine Wehrhaftigkeit (zum Beispiel gegen die Eierwerfer 2008 in Halle) haben mir damals imponiert. Danke besonders für den Helmut-Ronnie-Sketch!

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