Ausgezeichnete Analyse, vielen Dank! Hoffentlich liest Mutti Merkel, deren Realitätssinn völlig abhanden gekommen ist, diese Zeilen.
“Der Nukleus des Nazikompensationskomplexes ist der Wunsch nach Strafe und Bestrafung.” “Nur im eigenen Verschwinden werden wir Deutschen wieder rein und schuldlos.” Mir kommt diese Herleitung der gegenwärtigen Situation eigentlich auch plausibel vor. Nur: Was ist mit Schweden los?
Einfach großartig, das macht die Achse so unbezahlbar, Texte wie dieser. Ein tiefer Blick in die deutsche Psyche. Geteilt und weiterverschickt.
Ich finde diesen Kommentat wirklich sehr zutreffend. Natürlich geht es aber auch um den altbekannten Klassenkampf und die Erringung von Macht über seine Mitmenschen. Am System “Schuldkult” hängen inzwischen auch etliche Existenzen bei Medien, Politik und in der “Wissenschaft”. Tritt wie derzeit eine politische oder gesellschaftliche Konkurrenz neu auf, so werden die bekannten Rituale noch inbrünstiger aufgeführt und man erfindet einen Kanon von Gut und Böse. So herrschte auch die Kirche bis vor nicht allzu langer Zeit.
Ein sehr interessanter Artikel! Meine Anmerkungen dazu: Es sind nicht die “Zuordnungen” an sich, die der deutsche Tugendheld zu verabscheuen vorgibt, sondern alle Zuordnungen, bei denen er wittert, daß sie mit wertenden Abgrenzungen einhergehen. Juhu, wir sind zwar Juden, aber wir laden alle Sportler Europas auf unser Sportfest ein… und die Maccabi Games wären auch für unsere linksgestrickten Tugendhelden a la Burmester kein Problem gewesen. Die momentane Grenzabschaffung ist auch nichts anderes als gelebte Beseitigung einer wertenden Ausgrenzung Einwanderungswilliger. An Grenzen zu sagen: “Wir wollen Dich hier nicht haben, du mußt draußen bleiben” ist wertende Ausgrenzung par excellence. Eine Asylobergrenze wäre eine Wiedereinführung von wertender Ausgrenzung, und ist daher für den linken Tugendbold inakzeptabel. Abschiebungen sind wertende Ausgrenzungen, deswegen finden sie größtenteils nicht statt, d.h. praktisch nur, wenn es sich bei den Entscheidern nicht selber schon um Tugendhelden handelt (was es ohnehin nur noch selten gibt), und die Öffentlichkeit soweit nichts mitbekommt, daß nicht ein paar andere Tugendbolde ihre Empörung lautstark kundtun, sodaß die Abzuschiebenden dann doch bleiben dürfen. Eine der für den deutschen Tugendhelden schlimmsten wertenden Abgrenzungen ist der Nationalismus. Der kann nicht zu selbstbewußtem Miteinander mit anderen selbstbewußten Nationen führen, sondern nur zu Krieg. Wertende Abgrenzungen auf nationaler Ebene sind allenfalls möglich, wenn die Wertung nicht auf persönlichen Vorlieben beruht, sondern auf Fußballergebnissen oder auf Zahlen im Ausland verkaufter Autos. Gehen sie mit Emotionen einher, bleiben sie aber dennoch sehr suspekt… es gehört zum Tugendheldentum, die Sorge beständig ausdrücken zu müssen, hier könne es sich vielleicht nicht lediglich um eine harmlose Freude z.B. über eine gewonnene Fußball-WM handeln, sondern um Einübungsvorgänge wertender Ausgrenzungen, die, wenn linke Tugendhelden die Vorgänge nicht sorgsam verfolgen und bei Bedarf einhegen, irgendwann zu Kriegen mit anderen Nationen führen werden. Der Rassismus hat sich schon längst von seiner klassischen Definition entkoppelt. Höhnisch (der Dieb will sich davonstehlen, aber wir haben ihn dennoch ertappt) wird von Tugendhelden oft konstatiert, daß Rassisten nicht mehr nach Rassen wertend abzugrenzen wagen, nachdem dieses Konzept nicht nur wissenschaftlich, sondern mehr noch geschichtlich diskreditiert ist, sondern nunmehr anhand kultureller Unterschiede zwischen Menschengruppen ihren Rassismus ausleben. Die völlige Abwesenheit von Rassentheorien würde aber nichts daran ändern, daß es sich um Rassismus handelt (bzw. angesichts der großen Palette wertender Abgrenzungen wird inzwischen von “Rassismen” gesprochen). Für den Tugendhelden steht wertende Abgrenzung im Verdacht, mehr oder weniger zwangsläufig zu Auschwitz zu führen… besonders wenn sie von Deutschen ausgeht. Um das nächste Auschwitz zu verhindern, besteht also Pflicht zur ständigen Überwachung des öffentlichen Lebens auf wertende Abgrenzungen, “Rassismen” hin, und - einmal erkannt - müssen schließlich auch Gegenmaßnahmen erlaubt sein, die - nüchtern betrachtet - den Eindruck des Hysterischen abgeben (Also es etwa als verpönenswert darzustellen, wenn Sportler jüdischen Glaubens sich auf einem Sportfest treffen und Nichtjuden da nicht mittun können). Den Begriff “Hysterie” nimmt aber in den Augen des Tugendheldentums nur der in den Mund, der nicht akzeptiert, daß man bei der Verhinderung des nächsten Auschwitz sorgsam und gründlich vorgehen muß (Wehret den Anfängen, egal wie unbedeutend sie erscheinen mögen). Wer die Tugendheldenhysterie in diesen Dingen also so benennt, gerät selber sofort unter den Verdacht, es mit der Verhinderung des nächsten Auschwitz nicht so ernst zu nehmen… ein Unmensch also. Sicher, ohne wertende Ausgrenzungen kann es kein Auschwitz geben, aber nicht in jeder wertenden Ausgrenzung gleich das Potential eines neuen Auschwitz zu erkennen… das zeugt dem Tugendhelden wenigstens von einer bodenlosen Leichtfertigkeit. Es handelt sich beim Nationalmasochismus oder anderen Selbsterniedrigungsritualen der Deutschen und beim Ausgrenzungsverfolgungswahn nicht lediglich um irgendwie lustbesetzte, lange eingeübte Pawlowsche Reaktionen, sondern es gibt eine filigrane ideologische Untermauerung… der Tugendheld ist überzeugt, daß nur er es ist, der die Menschheit vor Krieg und dem nächsten Auschwitz retten wird.
Ein ganz famoser Beitrag, Herr Vahlefeld. Herzlichen Dank dafür.
Diese “Psychoanalyse” des deutschen “Naziwahns” scheint mir die im Grunde plausibelste Erklärung für die ruinöse, selbstzerstörerische Politik Merkels zu sein, obwohl sie ja Ostdeutsche ist und diesen Wahn weit weniger teilen müsste. Es erklärt jedenfalls, warum der linke westdeutsche Mainstream von Käßmann bis Slomka Merkels Politik so kritiklos anhimmelt, so dass darüber jede aus früheren Zeiten gewöhnte Auseinandersetzung verstummt.
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