Und nun das Wort zum Sonntagsbraten

Fleisch ist ungesund, vor allem, wenn es rot ist oder (zu Wurst) verarbeitet. Das weiß jedes Kind. Oder zumindest jeder Erwachsene, der ein gesteigertes Bedürfnis empfindet, sich „bewusst“ zu ernähren. Und jetzt soll das plötzlich nicht mehr stimmen?!

In einer großen internationalen Studie, die ausgerechnet am Weltvegetariertag veröffentlicht wurde, sind Forscher des NutriRECS-Konsortiums aus sieben Ländern zum Schluss gekommen, dass es keinen Grund gibt, Mäßigung und Verzicht zu üben. Wenn es überhaupt gesundheitliche Vorteile durch den Verzehr von weniger Rind- und Schweinefleisch gebe, so seien sie so klein, dass sich der Einzelne nichts davon versprechen sollte. Die seit Jahrzehnten propagierten entsprechenden Ernährungsrichtlinien hätten keine solide Basis. „Die Richtlinien basieren auf Arbeiten, die vermutlich sagen, dass es Beweise dafür gibt, was sie sagen, aber es gibt sie nicht", fasste Dr. Dennis Bier, Direktor des Children's Nutrition Research Center am Baylor College of Medicine in Houston und ehemaliger Herausgeber des American Journal of Clinical Nutrition, die Ergebnisse zusammen.

Interessant, könnte man sagen, dann kommt jetzt mal ein bisschen Bewegung in die Ernährungsforschung. Das kann man nur begrüßen, das bringt das Feld vielleicht voran. Doch das war nicht die typische Reaktion. Ganz im Gegenteil. Vertreter der Orthodoxie reagierten wenig erfreut auf die Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Annals of Internal Medicine.

Der „Ärzteausschuss für verantwortungsvolle Medizin“ (Physicians Committee for Responsible Medicine), ein Verein mit 12.000 Ärzten, reichte bei der Federal Trade Commission (FDC) eine Petition ein, um „falsche Aussagen über den Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch zu korrigieren, die von den Annals of Internal Medicine, einer Veröffentlichung des American College of Physicians, veröffentlicht wurden.“ In der Petition wurde gefordert, dass die FTC den AIM dauerhaft untersagt, die fragliche Botschaft zu verbreiten, und sie stattdessen öffentlich widerrufen werden soll.

„Sei kein Verarbeitetes-Fleisch-Risiko-Leugner"

Das Physicians Committee for Responsible Medicine hat, gelinde gesagt, sehr feste Überzeugungen im Hinblick auf den Verzehr von Fleisch. Der Verein forderte schon vor zwei Jahren in einer Kampagne auf: „Sei kein Verarbeitetes-Fleisch-Risiko-Leugner" („Don’t Be a Processed-Meat-Risk Denier“). Es betreibt Webseiten wie DropTheHotDog.org und produziert Videos wie „Bacon is a Killer".

Der Verein war aber nicht der einzige, der aktiv wurde, um die Menschheit vor der gefährlichen Botschaft der Fleischleugner zu schützen. Der World Cancer Research Fund startete eine Unterschriftensammlung. „Als Reaktion auf die Behauptung des NutriRECS-Konsortiums, dass die Menschen ihre Aufnahme von rotem und verarbeitetem Fleisch nicht mäßigen müssen, fordert der WCRF Gesundheitsexperten auf, die in den letzten 30 Jahren gesammelten Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen diesem Fleisch und Krebs zu unterstützen, indem sie ihren Namen unter unsere Erklärung setzen.“ Die Kernaussage des Statements lautet: „Top-Gesundheitsorganisationen und globale Krebsexperten fordern die Öffentlichkeit auf, der Empfehlung, die Aufnahme von rotem Fleisch auf drei Portionen pro Woche zu begrenzen und wenig oder gar kein verarbeitetes Fleisch zur Krebsprävention zu essen, weiterhin zu folgen.“ Ich würde sagen, es spricht nicht gerade für die Top-Organisationen, dass sie ihre Wahrheit per Unterschriftensammlung retten möchten.

Laut New York Times versuchten andere Wissenschaftler schon vorab, die Veröffentlichung der Studienergebnisse zu verhindern, die „die Glaubwürdigkeit der Ernährungswissenschaft schädigen und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die wissenschaftliche Forschung untergraben." Es hat alles nichts geholfen. Wir Fleischliebhaber und Liebhaber offener Debatten und freier Entscheidungen in Sachen Lebensstil freuen uns. Und es scheint auch in den Medien noch viele von uns zu geben. Die Blätter – bzw. das Netz – sind voller Überschriften wie „Red Meat Not So Bad For You After All", „You DON'T need to cut out red meat: Scientists say [ …]" oder „Is red meat really bad for you? New research says it's not" oder „Rotes Fleisch macht fast unsterblich" (Harald Schmidt).

Doch es konnte natürlich nicht lange dauern, bis wir uns daran erinnerten, dass es beim Fleischverzicht ja gar nicht mehr nur um die Gesundheit, sondern mehr und mehr ums Große und Ganze der Welt geht. Die New York Times schob schnell einen Text hinterher: „The Real Problem With Beef. An extensive study confirms that red meat might not be that bad for you. But it is bad for the planet, with chicken and pork less harmful than beef." Der eigentliche Patient ist also mal wieder der Planet. Und Fleischleugner sind letztlich auch nur Klimaleugner.

Dieser Beitrag ist zuerst in Novo erschienen.

Foto: Antoshananarivo CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Immo Sennewald / 06.10.2019

Nachdem der Quotenwahn die Verblödung der Medien und ihrer Konsumenten zügig vorangebracht hat, wird nun bald auch die Wissenschaft nicht mehr an aufklärerischen Zielen und deren Nutzen für die Menschheit gemessen, sondern nur noch am “Wir sind mehr” anti-aufklärerischer “Bewegungen”. Alte und neue Religionen binden die Hoffnung von Jugendlichen, ohne Bildung und Leistung an der Macht teilhaben zu dürfen, weil sie dem Banner von Weltenrettern hinterherlaufen oder -hüpfen an ihre totalitären “Transformationen”. Große Zeiten werfen ihre Schatten voraus. Sehr schwarz, sehr dunkel: abgrundtief.

Steffen Huebner / 06.10.2019

Es erhärten sich Hinweise, dass auch die regionale Herkunft der Fleischprodukte ausschlaggebend für die Gesundheit des Verbrauchers ist und ob der Verzehr zuträglich ist. Wie wir kürzlich aus den Medien entnehmen konnten, soll Deutschland wiedermal keine gute Rolle dabei spielen. Persönlich sollte man deshalb nach Möglichkeit keine Erzeugnisse aus Regionen/ Ländern verzehren, deren Behörden im Dauerschlaf sind bzw. gerne Wegschauen, um die Arbeitsplätze der von Listerien, Kotz, Schimmel und anderen Siff betroffenen Unternehmen zu sichern. Mein Vertrauen in Fleisch ist gut, mein Vertrauen in Hersteller und Kontrollbehörden der Bundesrepublik aber eher gering!

Rolf Lindner / 06.10.2019

Anti-Carnivoren müssen irgendwoher ihren Eiweißbedarf decken. Normalerweise stehen dafür Hülsenfrüchte zur Verfügung, die jedoch bei der Verdauung deutlich mehr klimaschädliche Gase erzeugen als Fleisch, deren Absonderung die Umwelt unmittelbar belastet.

Marcel Seiler / 06.10.2019

Was zählt die Wahrheit, wenn sie das Weltbild großer und mächtiger NGOs in Frage stellt? Nichts! – Ich lese gerade in Douglas Murrays “Wahnsinn der Massen” wie die Wissenschaft bekämpft wird, wenn ihre Ergebnisse nicht die Kampagnen bestimmter NGOs unterstützt. Erschreckend. Man fängt an, gar nichts mehr zu glauben.

Dr. Gerhard Giesemann / 06.10.2019

Dr. Dennis Bier - das ist vetrauenerweckend für Unsereins, wenn die Wies’n vorbei ist, kann man auch mal wieder in eine echte boarische Kneip’n gehen und als Augustiner, Paulaner, Franziskaner wieder raus kommen, schiere Glaubenssache. Die Amis aber sind sicher entsetzt: Der Mann heißt “bier” - und das heißt “Bahre” bei denen. Für die Leichen, die Bierleichen! Ach hieß er doch Dr. Beer, mit Schweinsbraten als Beilage. Hockt ein Bayer beim Schweinsbraten mit Knedel, greift sich noch dazu eine Breze aus dem bereit stehenden Körbchen Größe E oder F, beißt rein, merkt sofort: Die ist alt. Also: Sie, Freilein, die Brezn do is’ aber von gestern, gä? Und die: Jo freile. Der: I will aber oine von heit. Die: No muast hoid morgen no amoi geh’, oider Depp. So schaut’s aus bei uns hier herunt’. Der globalisierte Schwachsinn ist eben nur mit gutem Englisch halbwegs verstehbar.

Jürgen Althoff / 06.10.2019

@Volker Altenöhr: So weit sind wir doch schon lange beim Klima: “9/%  der Wissenschaftler können nicht irren” oder “Wenn 1 Million Menschen freitags auf die Straße gehen, dann muss ihre Forderung berechtigt sein”. Streng verboten muss es aber sein, Nachfragen zu stellen. Und wer an die (angebliche) BILD-Schlagzeile “Sch… schmeckt gut, Milliarden Fliegen können nicht irren” erinnert, wird sofort in einer Talkshow einer Übermacht aus Gutmenschen mit dem Wahrheitsgen vorgeworfen.

Günter Hölzer / 06.10.2019

Ein Engländer sagte mal zu mir: “Arguing with a vegetarian is like wrestling with a pig in the mud. After a certain period you realize: the pig enjoys it…”

Gerhard Döring / 06.10.2019

Ich lasse mir durch dumme Nieten den Fleischverzehr doch nicht verbieten denn nur mit Zucker und Chemie werd ich genauso krank wie die

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