Henryk M. Broder / 31.03.2019 / 13:00 / Foto: achgut.com / 43 / Seite ausdrucken

Und der Unmut, der nimmt zu

Als ich den Namen Meron Mendel zum ersten Mal hörte, dachte ich, es handelt sich um eine Figur aus einem Roman von Scholem Alejchem oder Isaac Bashevis Singer, wie Herman Broder in Feinde – Die Geschichte einer Liebe. Aber nein, Meron Mendel gibt es wirklich. Der Erziehungswissenschaftler, Fahrradfahrer und Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt hat sich jetzt auf Twitter auch als Stimme der "jüd. Gemeinden" geoutet:

Es ist unfassbar, was für einen Schaden jüdische Rechte wie Weinthal& Broder für Antisemitismusbekämpfung anrichten. In den jüd. Gemeinden nimmt der Unmut über ihre Diffamierungen zu.

Unmut? In einigen jüd. Gemeinden fangen die Schabbat-Gottedienste am Freitagabend bereits mit einer Fürbitte an: "... und mache, dass Weinthal und Broder in den Fluten des Roten Meeres verschwinden!" Das ist schon mehr als Unmut. Trotzdem wüsste ich es gerne etwas genauer. Welche Gemeinden sind es? Und wie artikuliert sich der Unmut? Will mir die Kölner Gemeinde die Bar Mitzwa aberkennen? Ich denke schon darüber nach, in die Berliner Gemeinde einzutreten, nur damit die mich rausschmeißen kann. Kann ich darauf hoffen, als erster Jude seit Baruch Spinoza mit einem Cherem belegt zu werden? Das wäre doch lustig!

Nun muss man Meron Mendel zugute halten, dass er es nicht so meint, wie er es sagt, oder nicht so sagt, wie er es meint. Vor Kurzem hat er davor gewarnt, "dass gefangenen deutschen IS-Kämpfern, die Staatsangehörigkeit entzogen wird"; etwas Ähnliches wäre schon einmal passiert. Tatsächlich machten die Nazis großzügig Gebrauch vom Mittel der Ausbürgerung. In mehreren Wellen wurden insgesamt über 39000 Personen ausgebürgert - besonders Jüdinnen & Juden.

Diese vollkommen harmlose und unschuldige Analogie sorgte unter seinen Followern für einigen Unmut. Sie beschuldigten Meron Mendel, das Schicksal der ausgebürgerten Jüdinnen und Juden, darunter auch Albert Einstein, mit dem der Terroristen und Terroristinnen verglichen zu haben, die sich freiwllig dem IS angeschlossen hatten.

Worauf Meron Mendel erwiderte, nichts habe ihm ferner gelegen. Wir bedauern sehr, dass unsere textliche Vorlage diesen Interpretationsraum zuließ. Eine solche Gleichsetzung war selbstverständlich nicht unsere Absicht. 

Nein, war es nicht. Nur wissen wir seit Freud, dass es neben dem Ich und dem Über-Ich auch ein Es gibt. Und das geht manchmal eigene Wege. Um mit Faßbinder zu sprechen: So denkt es in ihm

Mendel, du bist ein Tembel.

PS. Dummheit und Blödheit treten nicht immer als Paar auf, aber meistens doch. Am Sonntag sah sich Dr. Meron Mendel wieder genötigt zu erklären, wie er etwas gemeint bzw. nicht gemeint hatte. Er twitterte:

Dass Juden für AS verantwortlich sind, habe ich nie behauptet. Dennoch: Wenn Antisemitismusbeauftragter @BlumeEvolution sich die ganze Zeit gegen Verleumdungen von Weinthal&Broder verteidigen muss, wird er in seiner Arbeit gehindert.

AS bedeutet in diesem Zusammenhang nicht etwa Alice Schwarzer oder Axel Schulz sondern Antisemitismus. Mendel, der Tembel, legt also Wert auf die Feststellung, er habe nie behauptet, dass Juden für AS veranrwortlich sind. Wirklich? Der Satz: Es ist unfassbar, was für einen Schaden jüdische Rechte wie Weinthal& Broder für Antisemitismusbekämpfung anrichten - kann aber durchaus so verstanden werden: Der total überbeschäftigte Herr Blume könnte noch viel mehr leisten, wenn er sich nicht die ganze Zeit gegen Verleumdungen von Weinthal&Broder verteidigen müsste. Das heisst, Broder und Weinthal hindern den Antisemitismus-Beauftragten an der kompletten Enfatung seiner Kräfte, lenken ihn von seiner eigentlichen Aufgabe ab und richten auf diese Weise Schaden an. Und eines Tages wird Herr Blume sagen können: "Es lag an Weinthal&Broder, dass ich gescheitert bin. Gott und Mendel sind meine Zeugen."

 

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Leserpost

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Gottfried Meier / 31.03.2019

Tembel gibt’s überall. Da lohnt es gar nicht, groß Gedanken darüber zu verschwenden.

Wolfgang Kaufmann / 31.03.2019

Bisher nahm der abendländische Intellekt für sich in Anspruch, der Wahrheit mehr oder weniger nahe zu kommen. – Im Modus des Kleinkinds hingegen wird die Realität zum Steinbruch, aus dem man sich beliebig bedienen kann, um mit magischen Beschwörungen seine Visionen zu zelebrieren und seine Ängste zu therapieren. Man sagt also, die Katze sei ein Vegetarier, weil man sich dies wünscht; und wenn nur genügend Leute fest dran glauben, so werde sie sich tatsächlich besinnen und aufhören zu mausen. – Das intellektuelle Präkariat gefällt sich also in einer religiösen Pose; hat aber nicht im entferntesten die Phantasie sich auszumalen, welches die realen Folgen sein werden. Die Katze jedenfalls jucken unsere infantilen Wünsche nicht.

Sabine Schönfelder / 31.03.2019

Meron Mendel, äußerlich jung, frisch und dynamisch, ist ein typischer Assimilationsjude unseres Zeitgeistes. Wohlan, er kennt seine Aufgabe, die Bekämpfung des Antisemitismus, allerdings straff mit seiner grün-linken Welt verbunden, versucht er, seine persönliche jüdische Mission in Einklang mit seiner politischen Linie auszurichten. Er ist ein Greenhorn, ohne gedankliche Übersicht, ein unsicherer, naiver Konstrukteur seines Mainstreamweltbildes, wo er gerade noch soviel Antisemitismus-Thematik unterzubringen vermag, wie es ins linke Weltbild paßt. Tippe, das württembergische Blümchen und er können ganz dicke Freunde werden. Schade, daß der Nachwuchs weder Toleranz noch Meinungsfreiheit pflegt, dicke Backen macht und glaubt, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Man haftet der irrigen Vorstellung an, daß Mehrheit zur Verifizierung einer Meinung beiträgt, und quatscht doch nur die Vorgabe der Politik nach. Selbstdenken ist nicht jedem gegeben ,und gedankenlose Anpassung in Zeiten des wachsenden Antisemitismus fördert die jüdische Sache nicht. Die eigenen Leute zu besudeln, stellt einen wesentlichen Schritt zur Selbstzerstörung dar. Mendel in den Senkel!

HaJo Wolf / 31.03.2019

Eigentlich vertrete ich die Auffassung, dass die Natur nicht irrt. Immer öfter allerdings denke ich, dass ich diesen Standpunkt überdenken sollte. Die Merkels und Mendels dieser Welt können nur ein fehlgeschlagenes Laborexperiment der Natur sein.

Ulla Smielowski / 31.03.2019

Eigenartig Herr Broder, dass es Sie trifft..  Warum knöpft sich eigentlich niemand eine Charlotte Knobloch vor, die sich so toll mit dem Grünen gemein macht.. Da kommt niemand auf die Idee, sie aus der Jüdischen Gemeinde auszuschließen zu wollen, oder auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden…  Sehr, sehr fahrlässig

Sanne Weisner / 31.03.2019

Man nimmt halt, was man in der Hand hat und schlägt damit umsich. Und bei den Verbandsjuden ist das eben die Nazikeule.

Thomas Schmied / 31.03.2019

Da bestimmte Leute offenbar nur im Schlagbereich der Nazi-Keule denken können, versuche ich es mal entsprechend: Gerade wir als Deutsche sollten, angesichts der Zeit von ´33 bis ´45, sehr wachsam sein, wenn der “Unmut” gegenüber Abweichlern wieder “zunimmt”. Davon mal abgesehen glaube ich auch nicht, dass Herrn Mendels Tweet als Stimme “der jüd. Gemeinden” representativ ist.

Archi W Bechlenberg / 31.03.2019

Danke für den Link zu den 80+ Common Hebrew Slang Words and Phrases. Davon kann ich einiges brauchen. Und mir fiel auf, dass das Wort M’tootam für “Heuchler” stark an #metoo erinnert. Wenn das mal nicht am Karma liegt.

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