Umzingelt von europäischen Schuldenprojekten

Die Ampelkoalition knickt schon wieder vor den Forderungen aus Brüssel nach Gemeinschaftsschulden ein und der Kanzler nuschelt sich durch.

Zwei „europäische“ Kommissare, der Italiener Gentiloni und der Franzose Thierry Breton, hatten sich die FAZ ausgesucht, um einen Versuchsballon zu starten. Deutschland solle nicht souverän über seine Ressourcen in Gestalt einer schuldenfinanzierten Gaspreisdeckelung entscheiden dürfen, sondern müsse sich zum einen darüber mit den „Partnern“ der EU abstimmen und ferner nach „solidarischen“ Formen der Krisenbewältigung durch einen neuen, gemeinsamen Schuldenfonds suchen. Bemerkenswert an dieser Initiative ist nicht nur, dass ein deutsches Leitmedium willig die Plattform für diese Ingerenz der Brüsseler Magnaten in deutsche Fiskalpolitik – einer exklusiv nationalen Domäne – stellte. 

Aufschlussreich ist ebenso, dass der Franzose Breton, der sich bislang in Brüssel als selbstbewusster Wahrer französischer Industrie-Interessen hervortat, und der Italiener Gentiloni, dessen Ehrgeiz darauf zielt, den Stabilitätspakt zu streichen, es wagen, zu einem Zeitpunkt, an dem nicht einmal 20 Prozent des ersten gemeinsamen Schuldenprojektes „NextGenerationEU“ ausgezahlt worden sind, einer weiteren EU-Verschuldung das Wort zu reden. Sie konnten damit rechnen, dass sie nicht nur von dem diabolo Draghi, sondern auch vom polnischen Ministerpräsidenten unterstützt werden würden. So unterschiedlich die Interessen in Europa sind, in einem sind sich fast alle EU-Länder einig: Die Deutschen müssen zur Kasse gebeten werden. Finanzminister Hans Matthöfer berichtete dem Verfasser dieser Zeilen 1988: „Immer, wenn es ums Geld ging, richteten sich begehrliche Blicke auf mich. Keine Bundesregierung war bisher willens, dieses Attentat auf deutsche Steuerzahler offensiv abzuwehren.“

Kaum ist die Diskussion über den ersten EU-Schuldenfonds, der vom Bundesverfassungsgericht noch auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz überprüft wird, verklungen, da scheinen die Brüsseler Allmächtigen darauf zu setzen, dass die deutsche Bevölkerung vergessen hat, was 2021 feierlich versprochen wurde: Es sei ein „einmaliges“ Schuldenprojekt und werde ab 2026 in toto zurückgezahlt werden (Laufzeit 30 Jahre). Jedenfalls weiß angesichts dieser Brüsseler Propaganda die deutsche Bevölkerung nunmehr eines: Aus dem Brüsseler Maschinenraum der „europäischen Integration“ kommen nur Lügen.

Deutschland, das „dienende Mitglied“ der EU

Aufschlussreich auch die Haltung der deutschen (!) Kommissionspräsidentin von der Leyen. Sie erteilt Deutschland – meistens auf Englisch – Belehrungen und ermahnt es, den Wettbewerb im Binnenmarkt nicht durch zu hohe Subventionen an seine Industrie und Verbraucher zu gefährden. Wie innig die Beziehung von Frau von der Leyen zu Deutschland ist, war bereits 2020 deutlich geworden, als sie mit großer Wucht ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen des PSPP-Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2020 einleitete. 

Der Bundeskanzler beantwortete die dreisten Vorstöße des französischen Interessenvertreters Breton mit dem norddeutsch unterkühlten Hinweis, Herr Breton komme aus einem Land, in dem seit Jahren die Industrie subventioniert werde. Scholz hofft, sich auch in dieser Angelegenheit – wie in allen Krisen – durchnuscheln zu können. Währenddessen beherrschen die französischen Hegemonialpolitiker und in ihrem Windschatten die italienischen Trittbrettfahrer die Medien und machen für die propagierte Plünderung deutscher Ressourcen hehre europäische Ziele geltend. Immer wenn es darum geht, deutsche Steuerzahler zur Kasse zu bitten, wird der Zusammenhalt Europas geltend gemacht. Dazu passt, dass im Ampel-Koalitionsvertrag Deutschland als „dienendes“ Mitglied der Europäischen Union bezeichnet wird. 

Statt diesen vertragswidrigen Einmischungen der Brüsseler Kommissare in die nationale Fiskalpolitik mit wirkmächtiger Rhetorik entgegenzutreten, hofft Scholz – vielleicht, weil ihm die rhetorischen Mittel fehlen –, dem Showdown mit Frankreich genauso zu entkommen wie der Reparationsforderung der polnischen Regierung über 1,3 Billionen Euro. 

Deutschland kann der permanenten Umzingelung nur dann entkommen, wenn es den Ausbruch mit einem angemessenen Diskurs ankündigt. Jedoch sind die rhetorische Mittelmäßigkeit des Kanzlers, die Märchenerzählungen des Wirtschaftsministers und die Conférencier-Plattitüden des Finanzministers ungeeignet, jenen Eindruck in Europa zu hinterlassen, der notwendig ist, um unserem Land Respekt zu zollen.  

Leserpost

netiquette:

Klaus Keller / 14.10.2022

... „solidarischen“ Formen der Krisenbewältigung… Solidarität ist, was man über das hinaus tut, was man ohnehin muss. Wer Solidarität erwartet weis, das er keine Rechtsgrundlage für seine Forderung hat. Das die umstrittene faz als Basis für europäische Ballonfahrten genutzt wird, überrascht mich allerdings nicht. Man kann nur hoffen das ihnen dabei bald die heiße Luft ausgeht. Ich nehme sie allerdings auch zur Orientierung darüber was deutsche Leidmedien so schreiben.

Hans Meier / 14.10.2022

Machen sie ein Interview mit HANS WERNER SINN. Der kann ihnen erklären das Deutschland schon vor 10 Jahren für 12 BILLIONEN EURO fremder Länder haften muss.Können diese jemals ihre Schulden bezahlen wenn es nicht mal D. schafft?NEIN!Was heisst das?Deutschland ist das höchstverschuldete Land der Welt! ps:Zypern könnte das einzige Land sein das seine Schulden selbst zahlen kann dank den Gasfunden,wird aber nicht viel helfen…

Roland Müller / 14.10.2022

So langsam dämmert es mir, dass jeder der Klopapier hortet, auf dem richtigen Weg ist. Mit jedem Tag steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Klopapier bald wertvoller als die bunt bedruckten Papierschnipsel ist.

R. Reiger / 14.10.2022

Kein großes Industrieland schneidet so schlecht ab wie Deutschland: IWF-Prognose vom 11.10.2022 für 2023: Der Internationale Währungsfonds erwartet für 2023 eine stagnierende Weltwirtschaft und eine hartnäckige Inflation!! „Das Schlimmste kommt noch“, heißt es in seinem Ausblick. Der IWF prognostiziert zusätzlich zur Inflation eine Rezession!!: Kein großes Industrieland schneidet der Prognose zufolge schlechter ab als Deutschland. Die größte Volkswirtschaft Europas schrumpft im kommenden Jahr sogar um 0,3 Prozent nach einem unterdurchschnittlichen Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent in diesem Jahr. Italien ist das einzige andere große Industrieland, für das der IWF eine Rezession im kommenden Jahr prognostiziert.

Enrique Mechau / 14.10.2022

Am Schluss unterschreibt der auf Befehl des grünen Strippenziehers ALLES und wir müssen - wie immer - alles auch bezahlen. Der Popanz ist dann mit seiner fetten Pension dann schon über alle Berge!

Dr. Joachim Lucas / 14.10.2022

“Der Euro ist wie der Versailler Vertrag nur ohne Krieg” (Die Franzosen). “Das Problem am EU-Sozialismus ist, dass ihm irgendwann das Geld der Deutschen ausgeht” (Margaret Thatcher). So ist es. Aber Deutschland ist dann pleite, ruiniert von den europäischen “Freunden” und Habecks Grünen. Lang kann es nicht mehr dauern.

Rainer Niersberger / 14.10.2022

“Ausbruch”? Ich schlage den Dexit vor, der ist uebrigens alternativlos, es sei denn, man moechte unseren “Freunde” dabei helfen, dieses Land zu ruinieren. Der Anfang dazu (zum Ruin) oder sogar etwas mehr als das wurde ja bereits gemacht, eingeleitet mit dem erstaunlicherweise hochgelobten Herrn Kohl. Es gibt ausserhalb der AfD keinen “deutschen Politiker”, der diesen Weg beenden wuerde und diese Erkenntnis wuensche ich auch dem Autor. Er kann kritisch schreiben, wieviel er will, sachlich ja durchaus auch zutreffend, die Messe ist schon lange gesungen. Die Erpressungen der Freunde, nichts anderes sind die, mit den ueblichen Narrativen und Ressentiments in Sch’land immer wirksam, haben bislang vollen Erfolg und es gibt keinen Anlass zur Annahme, dass die Nationenaufloeser der Gruenen daran etwas aendern. Inzwischen muessen die Freunden nicht einmal mehr etwas andeuten, weil der Reflex frei nach Pawlow, auch hier immer mal wieder zu bestaunen, auch so, ohne verbale Trigger, funktioniert. Der “Deutsche” weiss, was er zu tun hat und wo er hingehört, zumindest solange, als er noch entbeint werden kann. Und das dauert, denn noch gibt es etwas zum Versilbern. Oder will hier jemand “rechts” sein und vergessen, was war? Hinfort deutscher Satan!  Und die Alternative, den notorisch klammen, permanent alimentationsbeduerftigen, club mediterrane in die Hände der Chinesen zu treiben, wird wohl keiner ernsthaft erwaegen. Immerhin steht das EUimperium, ein schon vor der formalen Realisierung morbides Gebilde, das man, vom Markt der 500 Mio Konsumenten abgesehen, inkl seiner “Währung” nicht mehr ernst nehmen muss, auf dem Spiel.

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