Dirk Maxeiner / 19.01.2016 / 06:30 / 2 / Seite ausdrucken

Umweltbundesamt: Juste Milieu mit schrumpeligen Äpfeln

Die neue Präsidentin des Bundesumweltamtes in Dessau, Maria Krautzberger, ist mit Daniel Wetzel von DIE WELT durch eine Berliner Markthalle geschlendert. In dem Interview, das dabei entstand, ist mir gleich eine Antwort von Frau Krautzberger aufgefallen:

„Der schrumpelige Bio-Apfel ist vielleicht nicht so schön, schmeckt aber viel besser“.

Ich finde diese Formulierung einer näheren Betrachtung wert, schließlich spricht hier nicht irgendwer, sondern die Leiterin einer der einflussreichsten Umwelt-Institutionen in Deutschland.

Zunächst einmal muss ich die Bio-Äpfel in Schutz nehmen: Ich kaufe auch öfters welche, gibt’s ja sogar bei Aldi und Lidl. Nur eins sind die nicht: schrumpelig. Es mag schrumpelige Bio-Äpfel geben, wer will, findet aber aber auch schrumpelige Nicht-Bio-Äpfel. Schmecken die auch besser?

In der Regel sind Bio-Äpfel inzwischen genauso prachtvoll und ansehnlich wie ihre Konkurrenten aus dem konventionellen Anbau. Doch kommen wir zum Geschmack: „Der schrumpelige Bio-Apfel schmeckt aber viel besser.“ Frau Krautzberger sagt nicht „schmeckt MIR aber viel besser“, sonder behauptet apodiktisch, „der Bioapfel schmeckt besser“. Das ist natürlich Quatsch. Die wissenschaftliche Untersuchung - oder auch nur die Blind-Verköstigung, die schlüssig nachweist, das Bioäpfel besser schmecken, möchte ich mal sehen.

»Auffällig war, dass Bio immer dann besser abgeschnitten hat, wenn die Leute wussten, dass es sich um Bioprodukte handelt«, heißt es dazu in einer großangelegten Studie, „in den Blindverkostungen wurde dieses Vertrauen jedoch nicht bestätigt. Biologisches Gemüse und Obst schnitt bei diesen Geschmackstest nicht besser ab als seine konventionellen Pendants.“

Geschmack ist nunmal eine ganz persönliche Sache, genau wie Geruch. Es gibt Leute, die können sich angesichts des Geschmacks und des Geruchs eines Trüffels wegwerfen vor Genuss - andere können Trüffel nicht ausstehen. Geschmack und Geruch hängen eng zusammen und sind eine Frage der Konditionierung. Wer das erste gesellige Beisammensein mit seiner ersten Freundin in einem alten Opel-Kadett erlebte, wird den Geruch so eines Autos für immer mit einem angenehmen Erlebnis verbinden. Für andere mieft so ein alter Opel wie ein fauler Schrumpel-Apfel. Die Aussage „Der schrumpelige Bio-Apfel ist vielleicht nicht so schön, schmeckt aber viel besser“ ist also schlicht und einfach Blödsinn, wird aber vom Recht auf freie Meinugsäußerung gedeckt.

Frau Krautzberger gibt schlicht zum Besten, was man im Juste Milieu („Stets sollte man sich der größeren Zahl anpassen, und niemals sich auffällig sehen lassen“) einer Kreuzberger-Biomarkthalle eben so sagt. Selbstverständlich parliert sie dabei mit ihrem italienischen Bäcker in fließendem Italienisch - geschäftstüchtige Pizzabäcker geben gerne die Bühne für solch prestigiöse Selbstdarstellung ihrer Gäste, die damit gerne ein überlegenes Maß an Weltläufigkeit und Lebensart unterstreichen.

Nun darf Frau Krautzberger nach Feierabend (so heißt die Welt-Serie) in jeder Sprache der Welt parlieren – und auch jeden erlesenen Quatsch zu Protokoll geben. Das tut sie auch und nimmt dabei sämtliche Wieselworte und Öko-Binsen in Anspruch, die an Kreuzberger Bio-Stammtischen so kurisieren („Turbomilchkühe“, „fairer Handel“, „Lebensmittel sind zu billig“, „Glyphosat“).

Andererseits ist man halt doch nicht so ganz privat unterwegs, wenn man als Chefin einer Behörde einer großen Zeitung ein Interview gibt. Schließlich ging es da auch um ernsthaftere Fragen:

„Allerdings sagt die konventionelle Landwirtschaft immer, dass Biobauern nicht die Welt ernähren können“, sagt Ihr Interviewer.

Antwort: „Das ist eine These, die man diskutieren kann. Das ist nicht unsere vorrangige Kompetenz im UBA, weil wir keine landwirtschaftliche Forschungseinrichtung sind.“ Und sie fügt hinzu: „Aber wenn man den Angaben der Welthungerhilfe oder der UN glaubt, gibt es genügend Nahrung in der Welt. Genug, um den Hunger zu beseitigen. Es geht immer nur um die Verteilung von Lebensmitteln. Ich halte die Stärkung der kleinteiligen, bäuerlichen Landwirtschaft für das Mittel der Wahl.“

Dazu ein paar kurze Fakten: Ja, es geht immer auch um die Verteilung von Lebensmitteln. Nein, die Welt lässt sich mit Biolandbau trotzdem nicht ernähren. Wenn die Bauern der Welt sich schon in der Vergangenheit auf kleinteilige Bio-Landwirtschaft beschränkt hätten, wären in Asien (wie man in den siebziger Jahren prognostizierte) hunderte von Millionen Menschen verhungert. Siehe hier. (Und was das hier und heute anbetrifft: Der größte Flächenkonkurrent für konventionelle- wie Bio-Bauern ist der Anbau von Energiepflanzen wie Mais und Raps für die vom UBA protegierte Energiewende).

Immerhin konstatiert die UBA-Präsidentin, dass man darüber „diskutieren“ kann. Allerdings nicht mit der Amtsleiterin: “Weil wir keine landwirtschaftliche Forschungseinrichtung sind”. Will sagen: Beim UBA ist man nicht für die Fakten zuständig, sondern für den Glauben. Und das gilt leider nicht nur für das Thema Landwirtschaft.

So hat sich der wissenschaftliche Leiter der jüngsten Studie des Umweltbundesamtes zum Thema Fracking erstaunt darüber gezeigt, dass die Behörde die Gasfördermethode als riskant und gefährlich einstuft. Maria Krautzberger hatte bei der Vorstellung des Papiers als Fazit verkündet. “Fracking ist und bleibt eine Risikotechnologie”.  Studienleiter Uwe Dannwolf widersprach ihr diametral: “In unserem Gutachten stehen solche Worte nicht drin”.

Man muss Frau Krautzberger dankbar für Ihr Interview in DIE WELT sein. Es zeigt, wie sich die Denkschule eines faktenresistenten Juste Milieu längst auch in den Institutionen des Landes durchgesetzt hat. Der Ökologismus als Religion beherrscht eine Behörde, deren vom Gesetzgeber formulierte Aufgabe die wissenschaftliche Expertise sein sollte.„Für Mensch und Umwelt″ heißt das selbstgewählte Motto der Behörde. Das ist nicht ganz zutreffend. Richtig muss es heißen: Für Mensch und Glaube.

 

 

 

 

 

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Engelbert Gartner / 19.01.2016

Zur Info: Nach dem 1973 abgelegten Abitur nahm Fr. Krautzberger ein Studium der Soziologie und Anglistik an der Universität München auf. Es folgte ein Studium der Verwaltungswissenschaften in Konstanz. Seit der Übernahme des UBA durch die Grünen ( H.Tritten ) ist aus dieser wichtigen Behörde eine, nicht mehr durch Naturwissenschaften geprägte, sondern religiöse Glaubensgemeinschaft geworden.

Waldemar Undig / 19.01.2016

Zuerst fragte ich mich, was denn das Umweltbundesamt mit der Lanmdwirtschaft zu tun hat, aber da lese ich es auch schon: Energiewende. Und für den Feinstaub ist wohl das Arbeitsamt zuständig?

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