Georg Keckl, Gastautor / 26.11.2018 / 06:10 / Foto: Jmabel / 41 / Seite ausdrucken

Umwelt-Latein: Die Geschichte von den Bienchen

Es gibt ein Anglerlatein, ein Jägerlatein und neuerdings ein Umweltlatein. Im Anglerlatein werden die gefangenen Fische von Erzählung zu Erzählung größer, bei den Jägern die erlegten Hirsche immer kapitaler, und im Umweltlatein werden die Umweltkatastrophen von Bericht zu Bericht bedrohlicher.

Ein schönes Beispiel für die neue Amtssprache ist die phantastische Inflation bei den „vom Aussterben bedrohten“ Wildbienenarten. Laut den vom Bundesamt für Naturschutz geführten deutschen „Roten Listen“ sind 31 von 561 Wildbienenarten „vom Aussterben bedroht“, also knapp 6 Prozent. Nun meldet das Bundes-Landwirtschaftsministerium (BMEL) auf einer schülerfreundlichen Seite: „50 Prozent der Wildbienen sind vom Aussterben bedroht“. Weil man sich im Besitz der absoluten Wahrheit und im Kampf gegen Fakes wähnt, wird diese Falschbehauptung auch noch als Faktenrecherche („Bienenfakten“) verkauft!  Die Phrase „vom Aussterben bedroht“ ist keine beliebige Aussage, sie ist ein genau definiertes Kriterium der Roten Listen („RL“). Es ist die höchste Gefährdungseinstufung der Roten Liste („RL-1“) für noch existente Spezies. 

RL-0 bedeutet „ausgestorben / verschollen“; 39 Bienenarten; 7,0 Prozent

RL-1 „vorm Aussterben bedroht“; 31 Arten; 5,5 Prozent

RL-2 „stark gefährdet“; 78 Arten; 13,9 Prozent

RL-3 „gefährdet“; 85 Arten; 15,2 Prozent

RL-G „Gefährdung unbekannten Ausmaßes“; 34 Arten; 6,1 Prozent

RL-R „extrem selten“; 26 Arten; 4,6 Prozent

RL-V „nicht gefährdet aber Vorwarnliste“; 42 Arten; 7,5 Prozent

RL-D „Daten unzureichend“; 15 Arten; 2,7 Prozent

RL-* „ungefährdet“; 207 Arten; 36,9 Prozent

RL-/ „nicht bewertet“; 4 Arten; 0,7 Prozent

RL-Gesamtbestand Bienen: 561; 100 Prozent 

Quelle: Aktueller Stand der Roten Liste für Bienen

Es ist gewollt, dass die Gefährdungsstufungen bedrohlicher klingen als sie sind. In der deutschen Roten Liste (RL) trägt zum Beispiel der Feldhase eine „RL 3“, also die dritthöchste Gefährdungsstufe, obwohl 212.452 Feldhasen im Jagdjahr 2016/17 zur Strecke gebracht wurden. So sind die angespitzten Bezeichnungen einzuordnen. Wir befinden uns im Umwelt-Krieg. „Gefährdet“ bedeutet in den RL übrigens nicht, dass die Bestände abnehmen müssen, sie können auch zunehmen, es genügt schon, wenn sie selten sind. In den Roten Listen gibt es auch eine Einschätzung, ob eine Art bei anhaltender Tendenz innerhalb von 10 Jahren stark abnehmen könnte: die Spalte „RISIKO“ (Definition: Gefährdungsanalyse, Prognose der verstärkten Abnahme in den nächsten 10 Jahren). Von den 522 existenten Arten haben 462 kein Risiko, in den nächsten 10 Jahren stark abzunehmen, und für 43 Arten ist die Datenlage für eine Abnahmeeinschätzung zu dünn. Für nur 17 Arten wird die nächsten 10 Jahren mit einer stärkeren Abnahme gerechnet. Das BMEL schlägt nun viele mindere „Gefährdungseinstufungen“ (RL-2; RL-3; RL-G; RL-R und RL-V) dem Kriterium RL-1 „vom Aussterben bedroht“ zu, erreicht so 52,8 Prozent, verfälscht damit das Gesamtbild für eine sachunkundige Öffentlichkeit.

Von Hierarchiestufe zu Hierarchiestufe wird angeschärft

Schon bei der Datenerhebung wird nicht auf eine von Eigeninteressen freie Bestandsbewertung verzichtet. Vielfach werden dazu Biologen beauftragt, die umso eher auf Folgeaufträge hoffen können, je brisantere Daten sie erheben. Solche Daten sind auch für die Auftraggeber interessanter. Von Hierarchiestufe zu Hierarchiestufe im Bundesamt für Naturschutz (BfN) und dem vorgesetzten Umweltministerium (BMU) und von Wiederholung zu Wiederholung werden die Texte nun etwas angeschärft. Die Bundesregierung teilte 2016 in der Drucksache 18/7705 dem Bundestag mit: „Die Artengruppe der Wildbienen weist mit 40,9 Prozent der einheimischen Arten überdurchschnittlich viele in ihrem Bestand gefährdete Arten auf.“ Die 40,9 Prozent ergeben sich aus den Gefährdungsstufen RL-1 bis RL-G, und diese besagen nicht, dass alle Arten in diesen Einstufungen abnehmen, die können auch gefährdet sein, weil sie so selten sind.

Der nicht zu Untertreibungen neigende NABU vermeldete zum ersten Weltbienentag am 20. Mai 2018: „Jede dritte hier lebenden Wildbienen-Art ist gefährdet oder vom Aussterben bedroht.“ Der NABU summierte unter „gefährdet oder vom Aussterben bedroht“ also die Kategorien RL-1 bis RL-3. Der NABU übertreibt weniger als die offiziellen Stellen! Je höher die Hierarchiestufen in der Umweltverwaltung sind, umso kräftiger wird brambarisiert: 2017 berichteten die damalige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), Prof. Beate Jessel, auf einer Pressekonferenz:

"Heute sind mehr als die Hälfte der 561 Wildbienenarten in ihrem Bestand bedroht und werden deshalb in der Roten Liste Deutschlands geführt, mit steigender Tendenz.“  

Tatsächlich werden heute in der Roten Liste alle 561 lebenden oder irgendwann einmal hier gelebt habenden Wildbienenarten geführt. Welche davon „im Bestand bedroht“ sind, steht da nicht, ist da nicht definiert, wird nicht erhoben. Das Leben an sich ist „bedrohlich“, deswegen ist „bedroht“ eine völlig nichtssagende Beschreibung. Aber immerhin viermieden die beiden juristisch geschulten Damen mit der schmierigen Phrase „im Bestand bedroht“ die Falschaussage: „50% der Wildbienen sind vom Aussterben bedroht“. Den Unfug verbreitet nun das Bundeslandwirtschaftsministerium. So geht Umweltlatein, so werden aus 6 Prozent die 50 Prozent. Mathematik und präzise Kommunikation werden im Umweltbereich durch Mission, Schwindel und Geschwafel ersetzt.

Umweltlatein: In China sind die Bienen schon ausgestorbenen

Eine weitere Aussage der ehemaligen Bundesumweltministerin Hendricks von 2017 („DIE ZEIT“ 34/2017) ist ebenfalls reinstes Endstufen-Umweltlatein zu finden:

In China müssen die Obstbäume per Hand bestäubt werden, weil die Bienen ausgestorben sind".

Dieses Zitat ist unter der Zwischenüberschrift: "Die machtlose Ministerin warnt: In China werden Bäume schon von Hand bestäubt“ . Der hanebüchene Unsinn ist in vielen Veröffentlichungen zu lesen und wird meist als „Zukunftsvision“ einer Chemie-Landwirtschaft dargestellt, die in China schon heute zu besichtigen sei. Die Handbestäubung von Apfel- und Birnbäumen in China ist aber keine globale Zukunftsvision, sondern die Auslauferscheinung der brachial „modernisierten“ und schnell auf Mengen getrimmten Kleinbauern-Landwirtschaft in der VR China. Nach den Prinzipien des Umweltlateins wird die Handbestäubung in ihrer Bedeutung maßlos übertrieben. Andere Obstbaumarten lohnen wegen ihrer kleinen Früchte und ihrer noch hohen Fruchtbarkeit (Fertilität) keine Handbestäubung.

Moderne Apfel- und Birnensorten wurden züchterisch auf Varianten mit mehrfachen Chromosomensätzen selektiert. Das macht Früchte, Blumen, Getreidesamen und Gemüsearten schön groß, aber Birnen- und Apfelbäume werden deswegen sortensteril. Sie können nicht mehr mit dem Pollen der gleichen Sorte bestäubt werden, brauchen eine – meist weniger begehrte – „Bestäubersorte“ in unmittelbarer Umgebung. In Deutschland wird das durch eine Reihenmischung sich gegenseitig gut befruchtender Sorten und durch eingestreute Wildapfelsträucher erreicht. Die ungenießbaren, krummwüchsigen Wildäpfelchen blühen üppigst und liefern den fruchtbarsten Pollen. Man pflanzt sie an den Beginn der Reihen und um die Bienenkästenparkplätze, damit die Bienen zuerst die Wildäpfel besuchen und dann die Hochzuchtsorten. Das Prinzip der Handbestäubung ist seit der Entdeckung der Vererbung durch den Augustinermönch Johann Gregor Mendel 1865 in der Züchtung gang und gäbe. Viel mehr Menschen als in China waren in Indien mit der Handbestäubung der Baumwollblüten zur Gewinnung von Baumwoll-Hybridsaatgut eingesetzt. 

Wie kam es zur Mär von den „ausgestorbenen“ Bienen in China?

Dazu muss man etwas von der Geschichte Chinas wissen. Ab den 1980er Jahren ging es rasant aufwärts mit dem Obstanbau in China.  Deng Xiaoping regierte de facto von 1979 bis 1997. Auf sein Betreiben wurden 1978 die Volkskommunen abgeschafft. Es war ein längerer Prozess, bis wieder so was wie ein freies Bauern-Unternehmertum entstand. Zwar ist der Boden zur Besänftigung der Dogmatiker nach wie vor formal Kollektiveigentum, de facto aber wird mit der Vergabe von Nutzungsrechten über 15 und mehr Jahre doch eine Privatisierung durchgeführt. Mit Deng Xiaopings Reformen lohnte es sich für die Erzeuger wieder, mehr zu ernten, selbst zu vermarkten, sich um Obstbäume intensiv zu kümmern. Mit Qualitäts-Obst lassen sich mehr Menschen beschäftigen und lässt sich pro Hektar mehr Geld verdienen als mit Ackerbau. Zusätzlich hatten immer mehr Menschen auch Geld für mehr als nur sättigende Grundnahrungsmittel („Fresswelle“). Äpfel sind das wichtigste billige, lagerfähige Obst. Luxusprodukte, wie am Baum handverpackte und handbestäubte Einzelbirnen der selbststerilen, sehr wohlschmeckenden festen Sorte „Jinhuali“, fanden aber auch immer mehr Käufer. Vor Deng Xiaoping spielte die Sorte Jinhuali keine besondere Rolle, wurde von Bienen bestäubt. 

Der Anbau dieser gelben, runden, bissfesten Birnensorte nahm in der Umgebung der Stadt Hanyuan in der Provinz Sichuan ab den 1980er Jahren monokulturartig zu. Sollen Bienen diese Sorte befruchten, muss die Plantage mit 50 Prozent befruchtungsfähigen Birnensorten gemischt werden, am besten mit Pollen der unattraktiven Sorte „Yali“. Den Kleinbauern sind aber ihre Miniflächen zu schade für minderwertige Birnensorten, außerdem haben sie in der Regel viele Helfer, und der Preis für die Jinhuali lohnte auch den Einsatz von Wanderarbeitern zu Handbestäubung. Über die Handbestäubung lassen sich auch gewünschte Behangverteilungen an den Ästen besser steuern, die Handausdünnung überzähliger Früchte im Juli macht weniger Arbeit. Der Pollen für die Handbestäubung der Jinhuali-Plantagen wird von Yali-Bäumen in den Hausgärten der Bauern gewonnen.

Durch die starke Ausdehnung des Birnenanbaues wurden schwer bekämpfbare Schädlinge angezogen, speziell der Birnenblattsauger (Psylla pyri). Er zeigt sich durch missgebildete Blätter am Baum, die mit Honigtau und später mit Rußtau benetzt sind. Das macht auch schwarze Flecken auf den Birnen. Der Birnenblattsauger ist eine Flohart, die in der Rinde überwintert. Die Eier legen die Sauger in die Triebspitzen, die sich mit Beginn der Blüte öffnen. Befallene Blätter und Blüten müssen entfernt und vernichtet werden. Zugelassene Insektizide gegen den Birnenblattsauger gibt es bei uns nicht. Wanzen sind die natürlichen Feinde des Schädlings. In China gibt es Mittel, die aber extrem bienenschädlich sind. Die Obstbauern spritzten damit auch die Bienen tot, wussten das auch, alle Wanderimker blieben der Region fern, und die Obstbauern brachten ihre eigenen Bienen vor dem Spritzen auch in Sicherheit.

„Dokumentarfilme“ sind Meister des Umweltlateins 

Wir wissen das alles aus den Arbeiten von Prof. Tang Ya, College of Architecture and Environment, Sichuan University, China. 2003 erschien seine Arbeit: „Tang Ya, Xie Jia-sui, Chen Keming; Sichuan University, 2003; „Hand pollination of pears and its implications for biodiversity conservation and environmental protection – A case study from Hanyuan County, Sichuan Province, China". Die Handbestäubung interessierte auch Umweltaktivisten, konnten sie doch so Bienen und Obstbauern als Folge eines erhöhten Chemieeinsatzes in der allgemeinen Landwirtschaft darstellen, sozusagen als ihre Zukunftsvision für die globale Landwirtschaft. Die Arbeit von Prof. Tang Ya aus dem Jahr 2003 wurde von Umweltaktivisten für den Film „Silence of the Bees“ aus dem Jahr 2007 missbraucht. Das Märchen über die ausgerotteten Bienen in China nahm 2007 mit diesem US-Dokumentarfilm seinen Ausgang. 

Dass die Handbestäubung in den 1980er Jahren begann, wird in dem Film noch korrekt geschildert, auch dass es sich um ein regionales Problem handelt, aber dass die Obstbauern selbst die von ihrem Tun überzeugten Übeltäter sind, wird verschwiegen (Filmminute 42). Prof. Tang Ya erklärte den Filmemachern die Geschichte der Handbestäubung persönlich, er kommt auch in ihrem Film vor. Er ließ für das US-Filmteam das Prinzip der Handbestäubung per Bambusstöckchen mit Entenflaumfedern von einem Bauern demonstrieren. Da gerade keine Birnen blühten, an einer Gurke. Der Bauer bekam nun oft Besuch von Reportern, aber erst um 2015 wurde vereinzelt auch berichtet, dass die Birnenbauern selbst die Bienen vergiften, da ihnen makellose Birnen wichtiger als die Bienen sind.

Eine Kaskade eifernder Übertreibung machte nun aus einem lokalen Problem, das Problem vieler „Regionen“, „Südchinas“, ja ganz Chinas und Teilen von Japan. Machte aus einer unprofessionellen Notlösung findiger Bauern, die keine Zukunft hat, eine Zukunftsvision nach dem Motto: „wenn wir so weitermachen“. Diejenigen, die diese Fakes initiiert hatten, schwiegen dazu. Eine differenzierte Darstellung auf Basis der wissenschaftlichen Quellen hatte medial wenig Chancen. Filmemacher wollten ihr Produkt und ihre Botschaft verkaufen, Medien Quoten erzielen, NGOs und Politiker ihr Süppchen damit kochen.

Im April 2012 veröffentlichte Prof. Tang Ya eine weitere Arbeit über die Handbestäubung von Apfelbäumen, über die aber auch schon früher berichtet wurde: Uma Partap und Tang Ya, Sichuan University; 2012; "The Human Pollinators of Fruit Crops in Maoxian County, Sichuan, China". Hier wird deutlich beschrieben, dass die Handbestäubung in der Region Maoxian keine flächendeckende Praxis ist, dass sie in den letzten Jahren unwirtschaftlich wurde und abnimmt. Es wird ebenfalls geschildert, dass viele Bauern selbst Bienen halten, dass den Apfel-Kleinbauern oft der Platz für Befruchtersorten zu ihren hochpreisigen Sorten zu schade war und dass immer mehr Obstbauern auf fertilere Obstarten wie das Steinobst ausweichen.  

Von diesen Aussagen findet sich nichts in dem im November 2012 gestarteten Dokumentarfilm „More than Honey“ von Markus Imhoof. Der Film baut thematisch auf dem US-Film „Silence of the Bees“ auf, zeigt aber statt der Handbestäubung von Birnen die von Äpfeln. Er förderte den Fehlschluss, dass die „Spatzenkampagne“ von 1958 (Ausrottung der Spatzen) zu mehr Insekten führte, diese durch mehr Insektizide bekämpft wurden, was erst zu einer Ausrottung von Bienen geführt hätte. Die Geschichte ist so schön, dass sie seither immer wieder erzählt wird. Außerdem wird behauptet: „In ganz Europa, Nordamerika und China kann heute keine Honigbiene mehr ohne Medikamente überleben“ , was absurd ist. Der Regisseur und sein „Dokumentarfilm“ werden trotzdem von den Grünbewegten wie ehedem Baghwan („Osho“) verehrt. Die Glaubensgemeinde besucht den Film wie einen Gottesdienst. Dieser Film wurde wegen seiner Tieraufnahmen vielfach ausgezeichnet, aber er ist auch ein Propagandalehrstück, ein großartiges Volksverblödungskunstwerk, das gerne Schulkindern vorgeführt wird. 

Die Handbestäubungen, angefangen nach den Reformen des Deng Xiaoping, haben mit Maos Spatzenkampagne von 1958-62 nichts zu tun. Spatzen ernähren sich zu etwa 70 Prozent von Körnern; nur während der 26-tägigen Aufzuchtzeit werden die Jungen mit Insekten, Würmern etc., also mit kraftvollem tierischen Eiweiß, gefüttert. Während des „Großen Sprungs nach Vorne“ löste Mao mit seiner Kollektivierung der Landwirtschaft (Bauern wurden in „Volkskommunen“ gezwungen) 1958 die größte Hungersnot der Weltgeschichte aus.

Um aufkommenden Unmut von den kommunistischen Kadern abzulenken, wurde die Kampagne „Ausrottung der vier Plagen“ gestartet und damit Ratten, Fliegen, Stechmücken und Spatzen die Schuld an der Ernährungs- und Gesundheitsmisere zugeschoben. Bei Ratten, Fliegen und Stechmücken war das Ziel illusorisch, beim Kulturfolger Spatzen war 1960 die Population schon so stark eingebrochen, dass Spatzen aus der Liste der „vier Plagen“ flogen und durch die Bettwanzen ersetzt wurden. Das war eine große Katastrophe für die Spatzen, neben der 45 Millionen verhungerte Menschen gerne übersehen werden.

1961 wurde die Kampagne nach ihrem offensichtlichen Scheitern abgebrochen. Spatzen sind reiner Kulturfolger, leben für jeden sichtbar bei den Menschen, das wurde ihnen zum Verhängnis. Aber auch andere Singvogelpopulationen wurden in den Siedlungsgebieten der Menschen reduziert, allerdings zogen die aus dem Umland schnell wieder zu. Die ökologische Lücke der Spatzen wurde schnell wieder besetzt. Bis sich die Vogelpopulationen wieder erholten und sich wieder ein Gleichgewicht einstellte, gab es eine Insektenplage in den Siedlungen. Bei uns nehmen die Spatzen auch stark ab, sie finden in den immer selteneren und immer saubereren Bauernhöfen und Häusern immer weniger zu fressen. Ein Effekt, der sich auch nach Stadtteilsanierungen einstellt. Dass es wegen weniger Spatzen zu einer Insektenplage kommen würde, trifft weder bei uns noch traf es in China zu. 

Biene Maja ist altes Umweltlatein

Die Vermenschlichung des Verhaltes der Bienen („Anthropomorphismus“) nahm durch das über 100 Jahre alte Kinderbuch von Waldemar Bonsels und der darauf basierende Zeichentrickserie „Biene Maja“ irrationale Formen am. Biene Maja ist ein Tier! Im Herbst drängen die weiblichen Bienen die männlichen Bienen aus dem Stock. Diese betteln am Flugloch um Wiedereinlass oder versuchen es vergeblich bei anderen Völkern. Sie erfrieren und werden von Mäusen et cetera.gefressen. Die Bienen riechen die männlichen „Babys“ in ihren Waben und fressen sie vor dem Winter bei lebendigem Leib auf. Die Wintervorräte reichen sonst nicht und es genügt eine männliche Biene (Drohe) zur Begattung der Königin. Deswegen ist „Biene Maja“ keine kannibalische Kindsmörderin, sie ist Tier. Waldemar Bonsels hätte der „Drohnenschlacht“ im Herbst, wenn Biene Maja den faulen Willi tötet, noch ein Kapitel der Biene-Maja-Geschichten widmen sollen, damit sich dieser Anthropomorphismus nicht so in den Köpfen der Menschen festsetzt, auch wenn einige Kinder von einer solchen Folge Alpträume bekommen hätten. Das Leben ist weder ein Honigschlecken noch ein Ökotraum noch ein Bestseller von Maja Lunde, die ihren Roman „Die Geschichte der Bienen“, 2017 der meistverkaufte Roman, unter dem Eindruck des Filmes „More than Honey“ mit den Szenen aus China schrieb.

Das „Bienensterben“ ist ein Fake, überall auf der Welt nehmen die Honigbienen zu, durch Zahlen belegbar. Langsam glauben die Medien den Bienenforschern mehr als den Umweltaktivisten. Die spinnen nun das nächste Umweltlatein, denn eigentlich seien mit dem Bienensterben mehr die Wildbienen, von denen es keine genaue Zahlen gibt, gemeint gewesen. Nach dem Motto „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“ gehen heute Umwelt-NGOs auf Distanz zu der undankbaren, nicht aussterben wollenden Honigbiene. Auch hier ist wieder ein Minifünkchen Realität dabei, denn außerhalb der Blühtermine der „Monokulturen“ kann es zu Nahrungskonkurrenzen zwischen heimischen Wildbienen und den – so der NABU – aus „fremdländischen Rassen“ gezüchteten Honigbienen kommen. In vielen Naturschutzgebieten ist deshalb das Aufstellen von Honigbienenstöcken verboten. (Siehe hier und hier). Die NGOs würden gerne statt der verbreiteten Honigbienenrassen „heimische“ Rassen, wie die Heidebiene, bevorzugen. Weit verbreitet ist bei uns eine Rasse mit stark kärntner-slowenischer Genetik. Der große Vorteil dieser „Krainer Biene“ ist neben ihrem Fleiß die geringe Stechlust. 

Ab den 1990er Jahren kam es in Deutschland zur flächendeckenden Ausbreitung der über eine Bienenkönigin 1977 aus Asien eingeschleppten Varroa-Milbe. Als um die 2000er Jahre die Winterverluste bei den Honigbienen zunahmen, kam der Ruf auf, genau zu untersuchen, an was das liegt. Dazu wurde unter Führung der Wissenschaftler in den Bieneninstituten 2004 das „Deutsche Bienenmonitoring“ gegründet. Als nun die drei Hauptgründe für die erhöhten Winterverluste ermittelten waren: 1. Varroamilbe, 2. Varroamilbe und 3. Varroamilbe, wurden die Bienenforscher von den NGOs äußerst aggressiv und ehrabschneidend angegriffen.  Man wollte als Todesursache den Chemieeinsatz in der Landwirtschaft lesen. Daraus wird man gelernt haben und beim kommenden „Insektenmonitoring“ eine Vorauswahl der Monitoringstellen nach NGO-Wünschen vornehmen. Eine neue Generation von Imkern ist inzwischen im Umgang mit der Varroamilbe geschult – und die Bestände wachsen wieder. 

Die Medien brachten schon 2007 Schlagzeilen wie: „Aids im Bienenstock“, „Experten fürchten um die ganze Art“ , „Maja summt nicht mehr“ , bestärkten so eine Untergangsstimmung. Die Honigbienen müssten nach damaligen Verlustprognosen schon ausgestorben sein. Die Insekten sollen dann, bei Fortsetzung der seit 1989 „gemessenen“ Trends, 2025 ausgestorben sein. Beides hätte jeweils unabsehbare Folgen für unser Leben, ganz nach der Rhetorik der Bußprediger. So wenig wie der Wald gestorben ist, werden auch Bienen und Insekten aussterben. Wenn Sie künftig von Umweltkatastrophen lesen, prüfen Sie bitte, ob der Text in einer Schule für Umweltlatein verfasst wurde.

Bundeskanzlerin Merkel verkündete in ihrer Regierungserklärung vom 16. Mai 2018 vor dem Deutschen Bundestag: „Die Bienen stehen inzwischen pars pro toto für das, was wir unter Artenvielfalt, unter Natur, darunter, wie sie funktionieren muss und soll und wie wir sie schützen müssen, verstehen.” (siehe hier und hier). Wenn Sie nur wüsste, wie richtig sie damit liegt.

Georg Keckl ist Agraringenieur, arbeitet als Agrarstatistiker, ehemaliger landwirtschaftlicher Betriebshelfer und Gutsverwalter.

Lesen Sie morgen: Behörden-Latein – Schöne neue Wörter

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Heiner Gerlach / 26.11.2018

Sehr interessanter Artikel. Dafür bin ich gerne Pate. Könnten Sie in ähnlicher Weise auch das Insektensterben beleuchten?

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com