Günter Ederer / 24.11.2012 / 10:32 / 0 / Seite ausdrucken

Umverteilungsunternehmen für Biedermeier-Sozialisten

Wochen der verbalen und personellen Aufrüstung für die Bundestagswahl liegen hinter uns. Die Liberalen prügeln sich dabei um die wenigen Plätze, die es vielleicht noch im Rettungsboot gibt, wie angetrunkene Matrosen, die Linken spulen langweilig ihre auswendig gelernten Parolen ab, die SPD übt mit einem instinktlosen Monetenfreund an der Spitze Klassenkampfrhetorik, und die CDU reagiert mit richtungslosem Pragmatismus. Der Ausgang der Wahl aber wird bestimmt vom Ergebnis der Grünen. Je nachdem, wie viele Wähler sich von den Biedermeier-Sozialisten anlocken lassen oder ob die grüne Machtgier sie sogar in die Arme der Union treibt, entscheidet im Endeffekt darüber, ob Merkel oder Steinmeier siegt. Deshalb lohnt es sich, vor allem am grünen Lack zu kratzen. Erst einmal muss neidlos anerkannt werden, dass es den grünen Profis gelungen ist, fast alle Themen, die mit dem täglichen Leben zu tun haben, zu besetzen. Für alles haben sie positiv klingende Lösungen, um die anderen Parteien damit vor sich herzutreiben.

Ein Schwerpunkt im grünen Wahlkampf wird die soziale Gerechtigkeit. Also mehr für Hartz-IV-Bezieher, mehr für ledige Mütter, mehr für arme Rentner und so weiter. Im_Gegenzug mehr Steuern für die Reichen, mehr Abgaben für die „Umweltverschmutzer“ usw. Als Lösungen für zweifelsfrei vorhandene Probleme fällt den Grünen aber nichts anderes ein, als den Staat noch mächtiger zu machen und ihn in ein Umverteilungsunternehmen umzufunktionieren.
Ja, wir haben ein Steuerrecht, das Kapitalerträge begünstigt und Arbeit bestraft. Als Professor Paul Kirchhof dagegen sein Steuerrecht vorstellte, das jedes Einkommen gleich behandelt, haben ihn die Grünlinken diffamiert und lächerlich gemacht. Es geht ihnen nämlich nicht um mehr Gerechtigkeit, sondern um mehr Macht für die Bürokratie, die sie dann leichter kontrollieren können als unabhängige Bürger.

Sie schreien nach mehr Gleichheit und Entlastung der unteren Einkommensschichten, aber sind gegen jegliche Veränderung des Energie-Einspeisegesetzes, das wie kaum eine anderes eine brutale Umverteilung von unten nach oben betreibt. Eine klare Subventionierung ihrer Klientel. Aber da sich alle Parteien dem grünen Gutmenschentum angepasst haben – siehe die oben beschriebene Machtperspektive –,_wagen sie keinen freiheitlichen, marktwirtschaftlichen Gegenentwurf. Nach den wüsten Attacken des grünen Führungspersonals auf die CDU/CSU nach ihrem Parteitag bewies sich ein CDU-Spitzenpolitiker wenigstens als guter Christ: Norbert Röttgen hielt nach den linken Ohrfeigen der Grünen auch noch die rechte Wange hin und meinte, es gebe doch noch sehr viele Gemeinsamkeiten, die für eine Koalition reichten. Statt eine überzeugende freiheitliche Alternative anzubieten, beschränken sich die Machtstrategen auf eine Wählerbewirtschaftung ohne ordnungspolitischen Rahmen. Dies wird vor allem beim Thema „Bildungspolitik“ deutlich. Ich lese ständig über Reformen der Schulsysteme, aber so gut wie nichts über die Bildungsinhalte. Es geht immer nur um mehr Geld vom Staat. Aber wo ist ein überzeugendes Modell, welches einkommensschwachen Schichten das Studium ermöglicht, ohne dass die wohlsituierten Bildungsbürger mitsubventioniert werden?

Die Grünen haben erkannt, dass der größte Teil der deutschen Bildungsbürgerschicht aus der verstaatlichten angestellten Intelligenz stammt, nicht aus dem Unternehmertum, nicht von Handel und Handwerk. Es besteht aus verbeamteten Professoren und Lehrern und mit staatlich festgelegten Gebühren geschützten sogenannte Freiberufler. Und wo diese Berufsgruppen sehr stark sind, feiern die Grünen ihre Wahlerfolge.

Wo ist die Alternative? Wer bietet ein zeitgemäßes Modell an, das dem Menschenbild von Ludwig Erhard und dem sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Handeln entspricht? Wer erklärt, dass bei Erhard die Reichen nicht reicher und die Armen nicht ärmer wurden, weil es mehr Markt und Eigenverantwortung gab als heute? Die Politiker machen es jedenfalls nicht.

Erschienen in der Fuldaer Zeitung

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