Nicht zu vergessen: (Zitat Anti-SPIEGEL v. 31.01.2020) “...Kiew besteht darauf, dass der Donbass zur Ukraine gehört und dass die Menschen dort Ukrainer sind. Gleichzeitig hat Kiew aber schon im Sommer 2014 die Auszahlung aller Sozialleistungen inklusive Renten an die Menschen im Donbass gesperrt, was zu einer Hungersnot geführt hätte, wenn Russland nicht angefangen hätte, humanitäre Hilfe zu schicken…” und weiter: “Ein weiteres Problem ist, dass Kiew sich geweigert hat, den Menschen im Donbass [Personen-] Dokumente auszustellen. Was aber tun, wenn Ausweispapiere ablaufen und man keine neuen mehr bekommen kann? Die von den selbst ernannten Rebellen-Republiken ausgestellten Ausweise erkennt praktisch niemand – und Kiew erst recht nicht – an. Diese Situation brachte die russische Regierung unter Druck und so hat die sich schließlich nach langem Zögern dazu entschieden, den Menschen im Donbass anzubieten, ihnen russische Pässe auszustellen, was sie automatisch zu russischen Staatsbürgern macht…” Und ausserdem: “Am 18. Mai hat der ukrainische Präsident das Gesetz über die „Einheimischen Völker“ ins Parlament gebracht, das inzwischen auch angenommen wurde. Laut diesem Gesetz werden die Bürger der Ukraine nach völkischen Kriterien in drei Kategorien eingeteilt, die auch unterschiedliche Rechte haben. [....] Die erste Kategorie sind natürlich die ethnischen Ukrainer. Die zweite Kategorie sind einige kleine Volksgruppen, die auf der Krim leben. Da liegt die Vermutung nahe, dass die keine eigene Kategorie bekommen hätten, wenn die Krim noch zur Ukraine gehören würde. [...] Die dritte Kategorie sind alle anderen Minderheiten, also Russen, Polen, Ungarn, Rumänen und so weiter. Mit dem Gesetz sind unterschiedliche Rechte verbunden, zum Beispiel die Eröffnung von Bildungseinrichtungen in der eigenen Sprache (was Kategorie drei nicht erlaubt ist) und vor allem auch finanzielle Unterstützung durch den Staat. ...”
Die Ukraine ist nur Bauer auf dem Schachbrett der Geostrategen. Für die Geopolitik der USA „lautet das Gebot, keinen eurasischen Herausforderer aufkommen zu lassen, der den eurasischen Kontinent unter seine Herrschaft bringen und damit auch für Amerika eine Bedrohung darstellen könnte.“ So schreibt Zbigniew Brzezinski´, Sicherheitsberater mehrerer US-Präsidenten in seinem 1997 erschienen Buch „The great Chessboard“, in dem der die Grundlagen amerikanischer Geostrategie darlegt. Im Vorwort seiner erst 2015 erschienenen deutschen Ausgabe schreibt Hans-Dietrich Genscher „Nur eine Zusammenarbeit zwischen den Staaten von Vancouver bis Wladiwostok kann auf Dauer Sicherheit, Wohlstand und Stabilität garantieren.“ Und in der “Charta von Paris” steht: „Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes Teilnehmerstaates ist untrennbar mit der aller anderen verbunden.“Dergleichen argumentiert Genscher auch in seinem kurz vor seinem Tod erschienenen Buch eine Sicht der Dinge“, in dem er auch für ein Wiederbeleben der OSZE eintritt. Nur gegenseitiges Vertrauen sowie die Anerkennung der jeweiligen Sicherheitsbedürfnisse und darauf beruhende Abkommen können ein friedliches Zusammenleben gewährleisten. Diese Sicherheitsbedürfnisse, die nicht nur militärische, sondern auch wirtschaftliche Bedürfnisse einschließen, führte zum Versuch der USA, Kuba zu besetzen, zum Überfall auf Grenada, zum Irakkrieg mit gefälschten Geheimdienstunterlagen und weiteren Konflikten. Aus diesem Grunde wurde auch die „Sicherheit Deutschlands am Hindukusch“ verteidigt. Und so hat auch Russland Sicherheitsbedürfnisse, nicht nur mititärische, sondern auch wirtschaftliche, nämlich die Sicherung des Seeweges über Mittel- und Schwarzes Meer zur eigenen Versorgung über den einzigen immer frostfreien Hafen, dessen Zugang von der Krim aus gesichert oder, bei deren Zugehörigkeit zur NATO, ebenso verhindert werden kann. Diese Bedürfnisse hat Putin klar benannt und zur Diskussion gestellt.
Was die ukrainische Regierung da macht mit der Unterdrückung beziehungsweise Marginalisierung der russischen Sprache in der Ukraine ist eindeutig Linguzid, eine Vorstufe vom Genozid. Was Sprachunterdrückung bedeutet und wohin sie führt, kann man an der Geschichte Südtirols studieren aber auch der des sogenannten Vielvölkerstaates der Habsburger Monarchie. Dort betraf es die tschechische Sprache. - Statt 5000 Helme in die Ukraine zu schicken oder rum zu faseln, dass man in der jetzigen problematischen Situation „an der Seite der Ukraine stehe“, sollte sich z,B, der gerade „wiedergewählte Brückenbauer“ Frank-Walter ans Werk machen und diesen Selenski, der übrigens russischsprachig aufgewachsen ist, dringend auffordern, dieses bösartige Sprachgesetz zu kassieren. Und Wolodimir sollte darauf aufmerksam gemacht werden, dass es sehr erfolgreiche Länder gibt mit unterschiedlichen Sprachen der Bevölkerung wie z.B die Schweiz.
Es gibt ja in Deutschland wichtige Politiker und auch Medien, die die Ukraine für eine Demokratie halten und dort freiheitlich-westliche Werte verteidigen wollen. Sprachregeln und -verbote gehören ja neuerdings auch zu unserer Demokratie.
Ich bin mit einer russischsprachigen Ukrainerin verheiratet. Sie fühlt sich durch und durch als Ukrainierin, obwohl mindestens die Hälfte Ihrer Verwandten russiche Staatsbürger sind. Sie berichtet mir immer wieder, dass im Alltag es für die Menschen überhaupt keine Rolle spielt, ob russisch oder ukrainisch gesprochen wird. Das Ganz ist politisch vom Ex-Staatschef aus populistischen Gründen initiiert worden. Allerdings gibt es den Russen nicht das Recht, die territoriale Unversehrtheit anzugreifen, so wie dies die russiche Propaganda als Begründung teils anführt.
Mein Eindruck ist nicht, dass Putin die hier beschriebene innere Spaltung der Ukraine lösen möchte. Vielmehr benutzt er diese Spaltung – wie er jede Spaltung in den freiheitlichen Staaten Europas benutzen möchte – um die Ukraine zu destabilisieren und damit Russlands relative Macht zu erhöhen. Es geht hier nicht nur um die Ukraine, sondern um alle Staaten des ehemaligen Ostblocks, genauso wie es Hitler beim Münchener Abkommen nicht einfach um das Sudentenland ging. Appeasement wird sich auch bei Putin rächen.
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